HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Juni 2022
23. Jahrgang
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Vollständige Rechtsprechung im Strafrecht (Zurückliegender Monat)


Entscheidung

569. BVerfG 1 BvR 2650/19 (2. Kammer des Ersten Senats) – Beschluss vom 21. März 2022 (OLG Frankfurt am Main / LG Darmstadt)
Schutz der Meinungsfreiheit und Strafbarkeit wegen Beleidigung (ehrbeeinträchtigende Äußerungen über kommunale Amtsträger im Onlineforum einer Regionalzeitung; grundsätzliches Erfordernis einer Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrecht; kein genereller Vorrang der Meinungsfreiheit; Absehen von einer Abwägung nur in eng begrenzten Ausnahmefällen; Schmähung nur bei grundlosem Verächtlichmachen ohne Sachbezug; Privatfehde oder Verunglimpfung im Schutze der Anonymität des Internets; Formalbeleidigung als Verwendung einer absolut missbilligten und tabuisierten Begrifflichkeit; besonderes Schutzbedürfnis der Machtkritik; Schutz von Amtsträgern vor Verächtlichmachung und Herabwürdigung; Würdigung von Anlass, Form, Begleitumständen und Wirkung der Äußerung; Verbreitung im Internet).
Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG; Art. 10 Abs. 2 EMRK; § 185 StGB; § 193 StGB


Entscheidung

570. BVerfG 2 BvR 1705/20 (2. Kammer des Zweiten Senats) – Beschluss vom 25. April 2022 (BGH / LG Karlsruhe)
Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde (Darlegungen zur Einhaltung der Monatsfrist zur Erhebung und Begründung der Verfassungsbeschwerde; Vortrag zu allen Zugangszeitpunkten der strafgerichtlichen Entscheidung in Zweifelsfällen).
§ 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG; § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG


Entscheidung

571. BVerfG 2 BvR 1713/21 (1. Kammer des Zweiten Senats) – Beschluss vom 20. April 2022 (OLG Düsseldorf)
Auslieferung nach Schweden aufgrund eines Europäischen Haftbefehls zum Zwecke der Vollstreckung einer freiheitsentziehenden Maßregel (unionsgrundrechtliches Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit; Gefahr für die psychische Gesundheit des an einer paranoiden Schizophrenie leidenden Verfolgten; Pflicht zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof; Recht auf den gesetzlichen Richter; Verfassungsverstoß bei grundsätzlicher Verkennung der Vorlagepflicht; Erfordernis einer Begründung der Entscheidung über die Vorlagepflicht; Unvollständigkeit der Rechtsprechung; willkürliche Annahme eines „acte clair“ oder eines „acte éclairé“).
Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG; Art. 267 Abs. 3 AEUV; Art. 3 Abs. 1 GRCh; Art. 1 Abs. 3 RbEuHb; § 73 IRG


Entscheidung

572. BVerfG 2 BvR 1880/21 (3. Kammer des Zweiten Senats) – Beschluss vom 26. April 2022 (OLG Rostock)
Recht auf rechtliches Gehör (Hinweis auf fernliegenden rechtlichen Gesichtspunkt; schutzwürdiges Interesse nachträglicher Überprüfung freiheitsentziehender Maßnahmen); Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde (Rechtswegerschöpfung; Erfordernis einer Anhörungsrüge).
Art. 103 Abs. 1 GG; § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG; § 33a StPO


Entscheidung

573. BGH 1 StR 240/18 – Beschluss vom 3. Mai 2022
Unzulässige Anhörungsrüge.
§ 356a StPO


Entscheidung

574. BGH 1 StR 3/22 – Beschluss vom 9. März 2022 (LG Offenburg)
Computerbetrug (Vorliegen eines besonders schweren Falls: Geringfügigkeitsgrenze).
§ 263a Abs. 2 StGB; § 263 Abs. 3, Abs. 4 StGB; § 243 Abs. 2 StGB


Entscheidung

575. BGH 1 StR 403/21 – Beschluss vom 10. Februar 2022 (LG Karlsruhe)
Täter-Opfer-Ausgleich (erforderlicher kommunikativer Prozess zwischen Täter und Opfer auch bei Bemühen um Ausgleich).
§ 46a Nr. 1 StGB


Entscheidung

576. BGH 1 StR 455/21 – Beschluss vom 22. März 2022 (LG München I)
Strafzumessung (erforderliche Berücksichtigung einer gleichzeitig verhängten Maßregel).
§ 46 Abs. 1 Satz 2 StPO


Entscheidung

577. BGH 1 StR 466/21 – Beschluss vom 6. April 2022 (LG Bonn)
Ausschluss der Einziehung von Taterträgen wegen Erlöschen des Anspruchs des Verletzten (kein Ausschluss der Einziehung „für“ die Tat erlangter Taterträge bei vorheriger Rückzahlung der Tatbeute).
§ 73 Abs. 1 StGB, § 73e Abs. 1 Satz 1 StGB


Entscheidung

578. BGH 1 StR 483/21 – Beschluss vom 8. März 2022 (LG Traunstein)
Besonders schwerer Fall des Einschleusens von Ausländern (lebensgefährliche Behandlung: Begriff, erforderliche Feststellungen).
§ 96 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG; § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB; § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO


Entscheidung

579. BGH 1 StR 497/21 – Beschluss vom 10. März 2022 (LG Traunstein)
Raub (Finalzusammenhang zwischen Nötigungshandlung und Wegnahme; Zueignungsabsicht bei objektiv wertlosen Gegenständen).
§ 249 Abs. 1 StGB


Entscheidung

580. BGH 1 StR 512/21 – Beschluss vom 5. April 2022 (LG Tübingen)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO


Entscheidung

581. BGH 1 StR 515/21 – Beschluss vom 10. März 2022 (LG Bielefeld)
Steuerhinterziehung durch Unterlassen (Tatvollendung bei Veranlagungsteuern: Abschluss der Veranlagungsarbeiten im Wesentlichen); Einziehung (keine gleichzeitige Einziehung von Taterträgen und ersparter Aufwendungen durch auf die Taterträge nicht gezahlte Steuern).
§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO; § 73 Abs. 1 StGB


Entscheidung

582. BGH 6 StR 23/22 – Beschluss vom 20. April 2022
Antrag des Rechtsanwalts vor Antritt der Reise (Dienstreise zum Angeklagten im Revisionsverfahren).
§ 46 Abs. 2 RVG


Entscheidung

583. BGH 6 StR 26/22 – Beschluss vom 5. April 2022 (LG Verden)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO


Entscheidung

584. BGH 6 StR 61/22 – Beschluss vom 23. März 2022 (LG Halle)
Grundsätze der Strafzumessung (bestimmender Strafzumessungsgesichtspunkt: straffreies Vorleben des Angeklagten); Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (Hang: physische Abhängigkeit nicht erforderlich); Erweiterte Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern (Subsidiarität).
§ 46 StGB; § 267 Abs. 3 Satz 2 StPO; § 64 StGB; § 73a Abs. 1 StGB


Entscheidung

585. BGH 6 StR 65/22 – Beschluss vom 20. April 2022 (LG Saarbrücken)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO


Entscheidung

586. BGH 6 StR 75/22 – Beschluss vom 20. April 2022 (LG Rostock)
Erfolgreiche Wiedereinsetzung in den vorigen Stand; Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 45 Abs. 2 StPO; § 349 Abs. 2 StPO


Entscheidung

587. BGH 6 StR 77/22 – Beschluss vom 20. April 2022 (LG Lüneburg)
Zurückweisung der Anhörungsrüge als unbegründet.
§ 356a StPO


Entscheidung

588. BGH 6 StR 85/22 – Beschluss vom 20. April 2022 (LG Stendal)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO


Entscheidung

589. BGH 6 StR 99/22 – Beschluss vom 5. April 2022 (LG Hannover)
Versuchte besonders schwere räuberische Erpressung (Rücktritt vom Versuch: Fehlschlag des Versuchs; allein maßgebliche subjektive Sicht des Angeklagten); Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (negative Gefährlichkeitsprognose: Keine Wertung des Schweigerechts zum Nachteil des Angeklagten).
§ 253 StGB, § 255 StGB; § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB; § 24 Abs. 1 StGB; § 63 StGB


Entscheidung

590. BGH 6 StR 103/22 – Beschluss vom 5. April 2022 (LG Rostock)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO


Entscheidung

591. BGH 6 StR 104/22 – Beschluss vom 20. April 2022 (LG Halle)
Grundsätze der Strafzumessung (unterlassene Erörterung der Schuldangemessenheit einer nach der Strafhöhe aussetzungsfähigen Strafe).
§ 46 StGB; § 56 StGB


Entscheidung

592. BGH 6 StR 111/22 – Beschluss vom 20. April 2022 (LG Magdeburg)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO


Entscheidung

593. BGH 6 StR 115/22 – Beschluss vom 4. Mai 2022 (LG Dessau-Roßlau)
Bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln; Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge; Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte; Verhältnis von Betäubungsmitteldelikten und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.
§ 29 Abs. 1 Nr. 3 BtMG; § 30 Abs. 2 Nr. 2 BtMG; § 52 Abs. 1 StGB


Entscheidung

594. BGH 6 StR 118/22 – Beschluss vom 20. April 2022 (LG Lüneburg)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO


Entscheidung

595. BGH 6 StR 120/21 – Urteil vom 3. Mai 2022 (LG Cottbus)
Beweiswürdigung bei freisprechendem Urteil (DNA-Spuren: sekundäre oder tertiäre Übertragung; umfassende Gewichtung vorhandener Beweisanzeichen).
§ 261 StPO


Entscheidung

596. BGH 6 StR 124/22 – Beschluss vom 3. Mai 2022 (LG Neuruppin)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO


Entscheidung

597. BGH 6 StR 126/22 – Beschluss vom 20. April 2022 (LG Magdeburg)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO


Entscheidung

598. BGH 6 StR 131/22 – Beschluss vom 20. April 2022 (LG Hannover)


Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO


Entscheidung

599. BGH 6 StR 138/22 – Beschluss vom 20. April 2022 (LG Potsdam)
Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (unzureichende Darlegung der Voraussetzungen: Zweifelsfreie Feststellung der Tatbegehung im Zustand verminderter Schuldfähigkeit oder Schuldunfähigkeit; Darlegung der Anknüpfungs- und Befundtatsachen).
§ 63 StGB


Entscheidung

600. BGH 6 StR 147/22 – Beschluss vom 3. Mai 2022 (LG Frankfurt [Oder])
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Zahlung des Kaufpreises erst bei nächster Lieferung: konkurrenzrechtliche Wertung).
§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG; § 52 Abs. 1 StGB


Entscheidung

601. BGH 6 StR 150/22 – Beschluss vom 3. Mai 2022 (LG Potsdam)
Anwendung des mildesten Gesetzes (Günstigkeitsvergleich; Anwendung des milderen Gesetzes stets in seiner Gesamtheit); Verfolgungsverjährung.
§ 2 Abs. 1, Abs. 3 StGB; § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB


Entscheidung

602. BGH 6 StR 153/22 – Beschluss vom 3. Mai 2022 (LG Schweinfurt)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO


Entscheidung

603. BGH 6 StR 155/22 – Beschluss vom 4. Mai 2022 (LG Halle)
Grundsätze der Strafzumessung (zulässiges Verteidigungsverhalten; keine strafschärfende Berücksichtigung: Selbststellen des Angeklagten nach Auffinden von Beweismitteln, Angabe günstigerer Sachverhaltsvariante).
§ 46 StGB


Entscheidung

604. BGH 6 StR 478/21 – Urteil vom 6. April 2022 (LG Schweinfurt)
Keine strafschärfende Verwertung der Verwirklichung der Qualifikation (Grundsätze der Strafzumessung: Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot).
§ 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB a.F.; § 46 Abs. 3 StGB


Entscheidung

605. BGH 6 StR 542/21 – Urteil vom 4. Mai 2022 (LG Magdeburg)
Schwerer sexueller Missbrauch von Kindern (Schutzzweck der §§ 176 ff. StGB: Altersgefälle zwischen Täter und Opfer).
§ 176 StGB; § 176a StGB


Entscheidung

606. BGH 6 StR 567/21 – Beschluss vom 3. Mai 2022 (LG Schwerin)
Zurückweisung der Anhörungsrüge als unbegründet.
§ 356a StPO


Entscheidung

607. BGH 6 StR 611/21 – Beschluss vom 23. März 2022 (LG Magdeburg)
Unzulässige Verfahrensrügen betreffend Verwertung von Erkenntnissen aus Ermittlungsmaßnahmen nach § 100i Abs. 1 StPO und von Kommunikation über Krypto-Messengerdienst „EncroChat“; Erweiterte Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern (Würdigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten; 6uneingeschränkte Überzeugung aufgrund erschöpfender Beweiserhebung und -würdigung; keine Einziehung von mit einziehungsfähigem Bargeld erworbenen Surrogate).
§ 100i Abs. 1 StPO; § 73a Abs. 1 StGB; § 73c Satz 1 StGB


Entscheidung

608. BGH 6 StR 628/21 – Urteil vom 4. Mai 2022 (LG Magdeburg)
Besonders schwerer Raub (Wegnahme: Gewahrsam; Vollendung und Beendigung: Entdeckung des Täters und keine Fluchtmöglichkeit); Bewaffnetes Sichverschaffen von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
§ 249 Abs. 1 StGB; § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB; § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG


Entscheidung

609. BGH 6 StR 643/21 – Beschluss vom 3. Mai 2022
Keine Vorführung des Angeklagten in der Revisionshauptverhandlung; Waffengleichheit.
Art. 6 EMRK; § 350 StPO


Entscheidung

610. BGH 2 StR 156/21 – Beschluss vom 23. Februar 2022 (LG Kassel)
Absolute Revisionsgründe (Fehlen von Entscheidungsgründen: Verlust der unterzeichneten Urteilsschrift durch den Berufsrichter); Urteilsgründe (Beweiswürdigung: Ausführlichkeit).
§ 338 Nr. 7 StPO; § 267 StPO


Entscheidung

611. BGH 2 StR 157/21 – Beschluss vom 17. März 2022 (LG Hanau)
Unterlassen (Abgrenzung zum aktiven Tun: Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit, dolus subsequens); Schuldfähigkeit (Einschränkung).
§ 13 StGB; § 15 StGB; § 16 StGB; § 20 StGB; § 21 StGB


Entscheidung

612. BGH 2 StR 206/21 – Beschluss vom 18. Januar 2022 (LG Wiesbaden)
Gefährliche Körperverletzung (lebensgefährdende Behandlung: Würgen am Hals).
§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB


Entscheidung

613. BGH 2 StR 22/22 – Beschluss vom 15. März 2022 (LG Aachen)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO


Entscheidung

614. BGH 2 StR 243/21 – Beschluss vom 7. Dezember 2021 (LG Erfurt)
Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (Feststellung einer generellen gesicherten Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit: schizophrene Psychose, konkretisierende Darlegung, normalpsychologisch zu erklärendes strafbares Verhalten).
§ 63 StGB


Entscheidung

615. BGH 2 StR 28/22 – Beschluss vom 1. März 2022 (LG Wiesbaden)
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (Begründung der erforderlichen Erfolgsaussicht: Darlegung).
§ 64 StGB


Entscheidung

616. BGH 2 StR 292/21 – Urteil vom 30. März 2022 (LG Kassel)
Beweiswürdigung (beschränkte Revisibilität; Gesamtschau); sexueller Übergriff (entgegenstehender Wille: Erkennbarkeit zum Tatzeitpunkt, Bestimmung aus der Sicht eines objektiven Dritten, Entkräftung einer ausdrücklich erklärten Ablehnung durch nachfolgende entgegenstehende Handlungen oder Äußerungen; subjektiver Tatbestand: dolus eventualis, für möglich gehaltenes Einverständnis).
§ 261 StPO; § 177 Abs. 1 StGB


Entscheidung

617. BGH 2 StR 417/21 – Beschluss vom 28. April 2022 (LG Köln)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO


Entscheidung

618. BGH 2 StR 418/19 – Beschluss vom 13. Oktober 2021 (LG Köln)
Absolute Revisionsgründe (Hinderung des Richters zur Unterschrift aus Rechtsgründen: Ausschluss von der Ausübung des Richteramts); Ausschließung von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes (Rechtsfolge: Verwehrung jeder weiteren richterlichen Tätigkeit in der betroffenen Sache, keine rechtskonforme Herstellung der Urteilsgründe möglich; Zeitpunkt); Unterlassen (Garantenstellung des Bauherrn: Übertragung auf einen Bauunternehmer und eine Bauaufseher).
§ 338 Nr. 7 StPO; § 22 StPO; § 13 StGB


Entscheidung

619. BGH 2 StR 425/21 – Beschluss vom 2. März 2022 (LG Erfurt)
Gesamtstrafenbildung (Zäsurwirkung); Unterbringung in einer Entziehungsanstalt; Verständigung zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten (Absprache: umfassende rechtliche Prüfung durch das Gericht).
§ 54 StGB; § 64 StGB; § 257c StPO


Entscheidung

620. BGH 2 StR 430/21 – Beschluss vom 16. März 2022 (LG Marburg)
Verjährung (Zusammentreffen mehrerer Tatbestände: Tateinheit, selbstständiges Laufen der Frist für jedes Delikt; strafschärfende Berücksichtigung verjährter Taten).
§ 78 StGB; § 46 StGB


Entscheidung

621. BGH 2 StR 431/21 – Beschluss vom 15. März 2022 (LG Wiesbaden)
Verwerfung der Revision als unzulässig.
§ 349 Abs. 1 StPO


Entscheidung

622. BGH 2 StR 431/21 – Beschluss vom 15. März 2022 (LG Wiesbaden)
Verwerfung der Revision als unzulässig.
§ 349 Abs. 1 StPO


Entscheidung

623. BGH 2 StR 434/21 – Beschluss vom 9. Dezember 2021 (LG Aachen)
Strafzumessung (Doppelverwertungsverbot; Zäsurwirkung einer einzubeziehenden Vorverurteilung: Ausgleichen eines zu hohen Strafübels, Darlegung).
§ 46 StGB


Entscheidung

624. BGH 2 StR 442/21 – Urteil vom 2. Februar 2022 (LG Limburg an der Lahn)
Beweiswürdigung (eingeschränkte Revisibilität; Gesamtwürdigung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Indizien; Wiedererkennen eines Täters: suggestive Wirkung, erneute Identifizierung im Rahmen der Hauptverhandlung).
§ 261 StPO


Entscheidung

625. BGH 2 StR 451/21 – Beschluss vom 12. April 2022 (LG Darmstadt)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO


Entscheidung

626. BGH 2 StR 467/21 – Beschluss vom 29. März 2022 (LG Bonn)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO


Entscheidung

627. BGH 2 StR 483/21 – Beschluss vom 15. Februar 2022 (LG Aachen)
Urteilsgründe (Sachverständigenbeweis: Darlegung).
§ 267 StPO


Entscheidung

628. BGH 2 StR 494/21 – Beschluss vom 2. März 2022 (LG Köln)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO


Entscheidung

629. BGH 2 StR 496/21 – Beschluss vom 16. März 2022 (LG Frankfurt am Main)
Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts (verspätete oder formwidrige Einlegung der Revision); Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Rücknahmeerklärung).
§ 346 Abs. 2 StPO; § 44 StPO


Entscheidung

630. BGH 2 StR 537/21 – Beschluss vom 16. Februar 2022 (LG Frankfurt am Main)
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (Hang; symptomatischer Zusammenhang: Finanzierung des Drogenkonsums; konkrete Erfolgsaussicht: Gesamtwürdigung von Persönlichkeit und Lebensumständen, konkrete Anhaltspunkte).
§ 64 StGB


Entscheidung

631. BGH 2 ARs 376/21 2 AR 181/21 – Beschluss vom 23. Februar 2022
Zuständigkeitsbestimmung durch das gemeinschaftliche obere Gericht (Entscheidung über den Antrag auf Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe); Gesamtstrafenbildung (Ablehnung: Korrektur des Urteilsspruchs nur im Rechtsmittelzug).
§ 14 StPO; § 54 StGB


Entscheidung

632. BGH 4 StR 10/22 – Beschluss vom 15. März 2022 (LG Bochum)
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (Bewertungseinheit: natürliche Handlungseinheit, nicht einheitlicher

Verkaufsvorrat); Bestimmen eines Minderjährigen zur Förderung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln.
§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG; § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG


Entscheidung

633. BGH 4 StR 76/22 – Beschluss vom 11. April 2022 (LG Arnsberg)
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Wiedereinsetzung von Amts wegen: Voraussetzungen).
§ 45 Abs. 2 Satz 3 StPO


Entscheidung

634. BGH 4 StR 113/22 – Beschluss vom 26. April 2022 (LG Detmold)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO


Entscheidung

635. BGH 4 StR 202/21 – Beschluss vom 15. März 2022 (LG Hagen)
Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr (alte Fassung: erkaufte Verletzung von Pflichten durch Angestellte und Beauftragte von Unternehmen außerhalb von Wettbewerbslagen); Strafzumessung (überdurchschnittlich lange Verfahrensdauer); rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung (revisionsrechtliche Überprüfung ohne Verfahrensrüge).
§ 299 StGB a.F.; § 46 StGB; Art. 6 Art 1 Satz 1 EMRK


Entscheidung

636. BGH 4 StR 282/21 – Beschluss vom 17. Februar 2022 (LG Detmold)
Versuch der Beteiligung (Sich-bereit-Erklären); Beweiswürdigung.
§ 30 Abs. 2 StGB; § 261 StPO


Entscheidung

637. BGH 4 StR 325/21 – Beschluss vom 29. März 2022 (LG Schweinfurt)
Konkurrenzen (Betäubungsmitteldelikte: Subsidiarität).
§ 52 StGB


Entscheidung

638. BGH 4 StR 410/21 – Beschluss vom 28. April 2022 (LG Bochum)
Teileinstellung des Verfahrens bei mehreren Taten.
§ 154 Abs. 2 StPO


Entscheidung

639. BGH 4 StR 88/22 – Beschluss vom 28. April 2022 (LG Berlin)
Urkundenfälschung (Konkurrenzen: Herstellen einer unechten Urkunde, mehrfacher Gebrauch einer unechten Urkunde, Gesamtvorsatz).
§ 53 StGB; § 267 StGB


Entscheidung

640. BGH 2 StR 418/19 – Urteil vom 13. Oktober 2021 (LG Köln)
BGHSt; fahrlässige Tötung durch Unterlassen (Sorgfaltspflichtverletzung: Großbaustelle, Garantenstellung, Gefahrenquellen, Pflichtenübertragung, arbeitsteiliges Handeln, kein gänzliches frei werden des Verantwortlichen von seinen Pflichten, horizontale Verteilung von Aufgaben, vertikale Verteilung von Aufgaben, Zweifel an der Zuverlässigkeit eines Beteiligten, keine Überwachungspflichten bei horizontaler Arbeitsteilung, grundsätzlicher Vertrauensgrundsatz bei horizontaler Arbeitsteilung, Vorenthalten von maßgeblichen Informationen, Verpflichtung zur wechselseitigen Koordination und Information, Gefahren aus arbeitsteiligem Handeln selbst, Pflicht zur Vergewisserung von der Güte von Vorleistungen eines Mitwirkenden jedenfalls bei Vorliegen erkennbarer Unzulänglichkeiten, kein Schutz blinder Hoffnung, Schutz nur von berechtigtem Vertrauen, Information des Mitwirkenden genügt als belastbare Grundlage, Überwachungspflichten bei vertikaler Arbeitsteilung, Eigenverantwortlichkeit des Delegaten bei der Ausführung seiner Tätigkeit; hypothetische Kausalität); Kölner Stadtarchiv.
§ 222 StGB; § 13 StGB


Entscheidung

641. BGH 3 StR 16/22 – Beschluss vom 5. April 2022 (OLG Düsseldorf)
BGHR; keine automatische Pflichtverteidigerbestellung in Fällen der notwendigen Verteidigung von Amts wegen (Antragsstellung; fehlende Verteidigungsfähigkeit des Beschuldigten; individuelle Schutzbedürftigkeit; Ausländereigenschaft; faires Verfahren; europäisches Recht; Beschuldigtenvernehmung; Beweisverwertungsverbot bei zu Unrecht unterbliebener Bestellung).
§ 141 StPO ; Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK


Entscheidung

642. BGH 3 StR 375/20 – Urteil vom 24. März 2022 (LG Osnabrück)
BGHR; keine Verhängung von Geldstrafe neben der Freiheitsstrafe trotz Antrags (Ermessen; Absehen von der Begründung); Bestechung im geschäftlichen Verkehr (Vorteil; Drittvorteil; Unrechtsvereinbarung; Verjährung; Beendigung; besonders schwerer Fall; großes Ausmaß; Handlungseinheit); Beweiswürdigung; Strafzumessung (strafschärfende Berücksichtigung der fehlenden Bekundung von Reue bei geständigem Angeklagten).
§ 267 Abs. 3 Satz 2 und 4 StPO; § 41 StGB; § 299 StGB a.F.; § 300 StGB a.F.; § 52 StGB; § 78 StGB; § 46 StGB


Entscheidung

643. BGH 3 StR 452/20 – Beschluss vom 11. Januar 2022 (LG Dresden)
Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit (Schöffen; Pflicht zur Selbstanzeige; Anzeige von andere Verfahrensbeteiligte betreffenden Ablehnungsgründen; gesetzlicher Richter; rechtliches Gehör; auf Irrtum beruhender Verfahrensfehler; Revisibilität); psychische Beihilfe.
§ 24 StPO; § 30 StPO; § 31 StPO; § 338 Nr. 3 StPO; Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG; Art. 103 Abs. 1 GG; § 27 StGB


Entscheidung

644. BGH 3 StR 456/21 – Beschluss vom 8. März 2022 (LG Bad Kreuznach)
Gewerbsmäßige Bandenhehlerei (gemischte Banden; Absatzerfolg; Drittverschaffen); Einziehung von Wertersatz für Wertschwankungen unterliegende Einziehungsgegenstände.
§ 73 StGB; § 73c StGB


Entscheidung

645. BGH 5 StR 18/22 – Urteil vom 27. April 2022 (LG Dresden)
Verwenden einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs beim besonders schweren Raub; Beweiswürdigung (überspannte Anforderungen an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit.).
§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB


Entscheidung

646. BGH 5 StR 313/21 – Urteil vom 14. April 2022 (LG Dresden)
Strafzumessung (Zuständigkeit des Tatgerichts; Spielraum; begrenzte Revisibilität; Vertretbarkeitskontrolle;

untere Grenze des Strafrahmens); Aussetzung zur Bewährung.
§ 46 StGB; § 56 StGB


Entscheidung

647. BGH 5 StR 511/21 – Urteil vom 28. April 2022 (LG Bremen)
Sachlich-rechtlich fehlerhafte Beweiswürdigung bei freisprechendem Urteil; (Lückenhaftigkeit; isolierte Bewertung von Indizien; Fehlen einer umfassenden Gesamtwürdigung; Anwendung des Zweifelsgrundsatzes als Entscheidungs-, nicht Beweisregel).
§ 261 StPO


Entscheidung

648. BGH 5 StR 542/20 und 5 StR 207/21 – Urteil vom 7. Februar 2022 (LG Berlin)
„Berliner Wettbüromord“; kein zu kompensierender Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens durch nicht ausschließbar unterlassene präventive Maßnahmen zum Schutz eines späteren Mordopfers; Verwertbarkeit von Erkenntnissen aus einer Telekommunikationsüberwachung; sachlich-rechtlich fehlerfreie Beweiswürdigung (eingeschränkte Prüfung durch das Revisionsgericht; vom Tatgericht gezogene Schlüsse; Berücksichtigung von Nachtatverhalten; Videoaufzeichnung; lediglich teilweise glauben der Angaben des Mitangeklagten); Aufklärungshilfe; Mord (Mittäterschaft; niedrige Beweggründe).
Art. 6 Abs. 1 EMRK; § 261 StPO; § 100a Abs. 1 S. 1 StPO; § 25 Abs. 2 StGB; § 46b StGB; § 211 StGB


Entscheidung

649. BGH 5 StR 542/20 und 5 StR 207/21 – Urteil vom 7. Februar 2022 (LG Berlin)
„Berliner Wettbüromord“; kein zu kompensierender Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens durch nicht ausschließbar unterlassene präventive Maßnahmen zum Schutz eines späteren Mordopfers; Verwertbarkeit von Erkenntnissen aus einer Telekommunikationsüberwachung; sachlich-rechtlich fehlerfreie Beweiswürdigung (eingeschränkte Prüfung durch das Revisionsgericht; vom Tatgericht gezogene Schlüsse; Berücksichtigung von Nachtatverhalten; Videoaufzeichnung; lediglich teilweise glauben der Angaben des Mitangeklagten); Aufklärungshilfe; Mord (Mittäterschaft; niedrige Beweggründe).
Art. 6 Abs. 1 EMRK; § 261 StPO; § 100a Abs. 1 S. 1 StPO; § 25 Abs. 2 StGB; § 46b StGB; § 211 StGB

1. Aus dem Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK erwächst einem Straftäter kein Anspruch darauf, dass die Ermittlungsbehörden rechtzeitig gegen ihn einschreiten. Der Straftäter hat überdies keinen subjektiven Anspruch aus dem Grundgesetz oder der Menschenrechtskonvention gegen den Staat darauf, dass dieser die von ihm geplante Straftat (hier: ein Tötungsdelikt) durch gegen ihn oder das Opfer der beabsichtigten Tat gerichtete präventive Maßnahmen verhindert. Allenfalls das präsumtive Opfer eines Tötungsdelikts einen solchen subjektiven Anspruch auf Schutz seines Lebens haben kann.

2. Das Tatgericht ist von Rechts wegen nicht gehindert, einem Zeugen teilweise zu glauben und teilweise nicht. Denn es existiert kein Erfahrungssatz des Inhalts, dass einem Zeugen nur entweder insgesamt geglaubt oder insgesamt nicht geglaubt werden darf; für die Angaben eines Mitangeklagten gilt nichts anderes. Eine solche Beweiswürdigung bedarf jedoch besonders eingehender Begründung.

3. Aus einer Telekommunikationsüberwachung gewonnene Erkenntnisse dürfen nicht als Beweismittel verwendet werden, falls wesentliche sachliche Voraussetzungen für die Anordnung der Überwachungsmaßnahme fehlen. Die Nachprüfung durch das Revisionsgericht, ob die Anordnung rechtmäßig war und die Ergebnisse der Überwachung verwertbar sind, ist auf den Maßstab der Vertretbarkeit beschränkt. Der für die Anordnung erforderliche Tatverdacht muss dabei weder dringend noch hinreichend sein. Er muss allerdings auf bestimmten Tatsachen beruhen. Dem Gericht steht insoweit ein Beurteilungsspielraum zu.

4. Bei der Sperrung von Beweismitteln durch die Exekutive kommt ein Verfahrenshindernis allenfalls dann in Betracht, wenn dadurch die Beweisgrundlage derart verkürzt würde, dass auch unter Beachtung der Grundsätze vorsichtiger Beweiswürdigung und der Anwendung des Zweifelssatzes eine gerichtlich verantwortbare Überzeugungsbildung nicht mehr gewährleistet ist, die rechtsstaatlichen Anforderungen sowie der verfassungsrechtlich verbürgten Aufgabe der Strafgerichte genügt, den wahren Sachverhalt unbeeinflusst von Einflussnahmen der vollziehenden Gewalt zu ermitteln. Dies ist regelmäßig nicht der Fall bei Angaben einer Vertrauensperson, die insgesamt vage, ohne besondere Tatnähe und ohne die Möglichkeit sind, sie einem der Tatbeteiligten zuzuordnen.

5. Ob sich bei mehreren Tatbeteiligten das Handeln als Mittäterschaft darstellt, ist vom Tatgericht aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Dabei sind die maßgeblichen Kriterien der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betroffenen abhängen müssen. Nicht immer dann, wenn eines der Kriterien schwach oder gar nicht ausgeprägt ist, scheidet Mittäterschaft aus; vielmehr können Defizite in diesem Bereich – wie es im Wesen einer Gesamtbetrachtung liegt – ausgeglichen werden, wenn andere der in die Prüfung einzustellenden Kriterien stärker ausgeprägt sind.

6. Die Frage, ob Beweggründe zur Tat „niedrig“ i.S.d. § 211 StGB sind, also nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen, mithin in deutlich weiterreichendem Maße als bei einem Totschlag als verwerflich und deshalb als besonders verachtenswert erscheinen, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren, für die Handlungsantriebe des Täters maßgeblichen Faktoren zu beurteilen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt bei einer Tötung zur Durchsetzung von Macht- und Gebietsansprüchen eines „Rockerclubs“ im kriminellen Milieu, aus Rache für Beleidigungen, Provokationen, Bedrohungen und Angriffe gegen den Club sowie zur Wiederherstellung der „Clubehre“ und eines bedrohlichen Eindrucks als Grundlage weiterhin ungefährdeter wirtschaftlicher Betätigung der Clubangehörigen.

7. Bei der Ausübung des gerichtlichen Ermessens gem. § 46b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB sind Art und Umfang der

offenbarten Tatsachen und deren Bedeutung für die Tataufklärung, der Zeitpunkt der Offenbarung, das Ausmaß der Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden sowie die Schwere der Tat, auf die sich die Angaben beziehen, zu berücksichtigen und sodann in einem wertenden Akt in Bezug zu setzen zur Schwere der vom Täter begangenen Tat und seiner Schuld (§ 46b Abs. 2 Nr. 1 und 2 StGB). Dabei darf das Tatgericht nicht nur aufklärungsspezifische Kriterien in den Blick nehmen, sondern hat alle strafzumessungsrelevanten Umstände des Einzelfalls einzubeziehen.


Entscheidung

650. BGH StB 15/22 – Beschluss vom 20. April 2022 (Kammergericht)
Fortdauer der Untersuchungshaft (Schwerkriminalität; verfassungskonforme Auslegung; Fluchtgefahr; Verdunkelungsgefahr; Verhältnis der Dauer der Untersuchungshaft zur zu erwartenden Strafe; Berücksichtigung einer hypothetischen Aussetzung zur Bewährung).
§ 112 StPO

§ 112 Abs. 3 StPO ist wegen eines sonst darin geregelten offensichtlichen Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verfassungskonform dahin auszulegen, dass der Erlass eines Haftbefehls nur zulässig ist, wenn Umstände vorliegen, welche die Gefahr begründen, dass ohne die Verhaftung des Beschuldigten die alsbaldige Aufklärung und Ahndung der Tat gefährdet sein könnte. Genügen kann bereits die zwar nicht mit bestimmten Tatsachen belegbare, aber nach den Umständen des Falls doch nicht auszuschließende Flucht- oder Verdunkelungsgefahr, ferner die ernstliche Befürchtung, der Täter werde weitere Taten ähnlicher Art begehen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist die Feststellung, dass eine verhältnismäßig geringe oder entfernte Gefahr dieser Art besteht. Wenn allerdings nach den Umständen des Einzelfalls gewichtige Gründe gegen jede Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr (§ 112a StPO) sprechen, ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von einem Haftbefehl nach § 112 Abs. 3 StPO abzusehen.