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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
September 2004
5. Jahrgang
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1. Nach notwehrrechtlichen Grundsätzen ist der Angegriffene berechtigt, dasjenige Abwehrmittel zu wählen, das eine sofortige und endgültige Beseitigung der Gefahr gewährleistet. Unter mehreren Abwehrmöglichkeiten ist er auf die für den Angreifer minder einschneidende nur dann verwiesen, wenn ihm Zeit zur Auswahl sowie zur Abschätzung der Gefährlichkeit zur Verfügung steht und die für den Angreifer weniger gefährliche Abwehr geeignet ist, die Gefahr zweifelsfrei und sofort endgültig auszuräumen (st. Rspr.).
2. Das Gesetz verlangt von einem rechtswidrig Angegriffenen nur dann, dass er die Flucht ergreift oder auf andere Weise dem Angriff ausweicht, wenn besondere Umstände sein Notwehrrecht einschränken, beispielsweise wenn er selbst den Angriff leichtfertig oder vorsätzlich provoziert hat. Etwas anderes gilt auch nicht für Polizeibeamte (vgl. BayObLG MDR 1991, 367).
Die Anordnung des erweiterten Verfalls scheidet aus, wenn bestimmte Tatsachen die nicht nur theoretische Möglichkeit begründen, dass Vermögensgegenstände des Täters aus anderen Quellen als aus rechtswidrigen Taten stammen; es dürfen allerdings an die Überzeugungsbildung keine überspannten Anforderungen gestellt werden (BGHSt 40, 371, 373).
1. Die einzuziehenden Gegenstände sind in der Urteilsformel so konkret zu bezeichnen, dass für die Beteiligten und die Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht (vgl. BGHR StGB § 74 Abs. 1 Urteilsformel 1).
2. Wird eine Freiheitsberaubung als tatbestandliches Gewaltmittel zur Begehung eines Raubs begangen, so kommt § 239 StGB als der gegenüber § 249 StGB allgemeinere Tatbestand nicht zur Anwendung (BGHR StGB § 239 Abs. 1 Konkurrenzen 8).
1. Wer aus terroristischen Motiven gezielt an der politischen Auseinandersetzung unbeteiligte Dritte durch einen Sprengstoffanschlag tötet, handelt aus niedrigen Beweggründen (Sprengstoffanschlag auf die Berliner Diskothek "La Belle" im Jahre 1986). (BGHSt)
2. Der Maßstab für die Bewertung eines Beweggrundes ist grundsätzlich den Vorstellungen der Rechtsgemeinschaft der Bundesrepublik Deutschland und nicht den Anschauungen einer Volksgruppe, die die sittlichen und rechtlichen Werte dieser Rechtsgemeinschaft nicht anerkennt, zu entnehmen (vgl. BGHR StGB § 211 Abs. 2 Niedrige Beweggründe 41; BGH NJW 2004, 1466 - zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt - m.w.N.). (Bearbeiter)
3. Mittäterschaft liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann vor, wenn ein Tatbeteiligter nicht bloß fremdes Tun fördern will, sondern seinen Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils will. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte hierfür sind der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich von seinem Willen abhängen (BGHSt 37, 289, 291; BGH StV 1998, 540 m.w.N.). In Grenzfällen hat der Bundesgerichtshof dem Tatrichter für die ihm obliegende Wertung einen Beurteilungsspielraum eröffnet. Lässt das angefochtene Urteil erkennen, dass der Tatrichter die genannten Maßstäbe erkannt und den Sachverhalt vollständig gewürdigt hat, so kann das gefundene Ergebnis vom Revisionsgericht auch dann nicht als rechtsfehlerhaft beanstandet werden, wenn eine andere tatrichterliche Beurteilung möglich gewesen wäre (BGH StV 1998, 540 m.w.N.). (Bearbeiter)
4. Der Beschwerdeführer, der eine Verletzung des Verfahrensrechts geltend machen will, muss die den Mangel begründenden Tatsachen so vollständig und genau angeben, dass das Revisionsgericht allein aufgrund der Begründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden (BGHSt 3, 213, 214; 21, 334, 340; 29, 203). (Bearbeiter)
1. Heimtückisch handelt, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit des Tatopfers bewusst zur Tötung ausnutzt. Wesentlich ist, dass der Mörder sein Opfer, das keinen Angriff erwartet, also arglos ist, in einer hilflosen Lage überrascht und dadurch daran hindert, dem Anschlag auf sein Leben zu begegnen oder ihn wenigstens zu erschweren (BGHSt 39, 353, 368; BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 2 m.w.Nachw.). Das Opfer muss gerade aufgrund seiner Arglosigkeit wehrlos sein (BGHSt 32, 382, 384). Allerdings kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Opfer auch dann arglos sein, wenn der Täter ihm zwar offen feindselig entgegentritt, die Zeitspanne zwischen dem Erkennen der Gefahr und dem unmittelbaren Angriff aber so kurz ist, dass keine Möglichkeit bleibt, dem Angriff irgendwie zu begegnen (BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 3, 15). Maßgebend für die Beurteilung ist die Lage bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs.
2. Für das bewusste Ausnutzen von Arg- und Wehrlosigkeit genügt es, dass der Täter die Arg- und Wehrlosigkeit in ihrer Bedeutung für die hilflose Lage des Angegriffe-
nen und die Ausführung der Tat in dem Sinne erfasst, dass er sich bewusst ist, einen durch seine Ahnungslosigkeit gegenüber einem Angriff schutzlosen Menschen zu überraschen (BGH NStZ 2003, 535).
1. Entgelt im Sinne des § 182 Abs. 1 Nr. 1 StGB ist jede in einem Vermögensvorteil bestehende Gegenleistung (§ 11 Abs. 1 Nr. 9 StGB). Tatbestandsmäßig sind Vermögensvorteile jedweder Art. Für die Verwirklichung des Tatbestandes ist es ausreichend, dass sich Täter und Opfer vor oder spätestens während des sexuellen Kontakts darüber einig sind, dass der Vermögensvorteil die Gegenleistung für das Sexualverhalten des Jugendlichen sein soll. Auch das nur zur Täuschung des Jugendlichen dienende Angebot einer späteren Gage kann ein Entgelt darstellen.
2. Hierbei ist es unerheblich, ob die Vereinbarung rechtlich wirksam ist oder ob die Gegenleistung tatsächlich erbracht wird. Vielmehr genügt es, wenn der Jugendliche zur Duldung oder Vornahme der sexuellen Handlung durch die Entgeltvereinbarung wenigstens mitmotiviert wird, da er schon hierdurch die Erfahrung der Käuflichkeit sexueller Handlungen macht, die seine ungestörte sexuelle Entwicklung nachhaltig negativ beeinflussen kann (BGH NStZ 1995, 540; NJW 2000, 3726 f.).
3. Anders als bei der Begehung einer der in § 69 Abs. 2 StGB aufgeführten rechtswidrigen Taten begründet allein der Umstand, dass der Täter ein Kraftfahrzeug zur Begehung von Straftaten benutzt hat, nicht bereits eine Regelvermutung für seine charakterliche Unzuverlässigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen; die Rechtsprechung verlangt deshalb in diesen Fällen regelmäßig eine nähere Begründung der Entscheidung aufgrund einer umfassenden Gesamtwürdigung (st. Rspr.; vgl. BGH NZV 2003, 46 und 199).