Alle Ausgaben der HRRS, Aufsätze und Anmerkungen ab dem Jahr 2000.
HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Oktober 2005
6. Jahrgang
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Auch nicht angeklagtes und nicht abgeurteiltes Vorverhalten darf strafschärfend gewertet werden. Jedoch ist
dies nur zulässig, wenn es so genau mitgeteilt wird, dass dem Revisionsgericht die erforderliche Nachprüfung ermöglicht wird.
Der Ausländerstatus rechtfertigt nur bei Vorliegen besonderer Umstände eine Strafmilderung. Solche Umstände kommen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausnahmsweise dann in Betracht, wenn der Angeklagte bei Vollzug einer Freiheitsstrafe innerhalb der Haftanstalt erhebliche sprachliche Verständigungsschwierigkeiten zu gewärtigen hat oder der Kontakt zu seiner Familie erheblich erschwert ist (BGHSt 43, 233, 234; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Ausländer 2).
1. Die Abgrenzung des bedingten Tötungsvorsatzes vom Körperverletzungsvorsatz erfordert bei schwerwiegenden Gewalttaten eine sorgfältige Prüfung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Der Täter handelt mit bedingtem Tötungsvorsatz, wenn er den Eintritt des Todes als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt und ihn billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen mit ihm abfindet. Für den Nachweis stellt die offensichtliche Lebensgefährlichkeit einer Handlung einen Umstand von erheblichem Gewicht dar, so dass bei äußerst gefährlichen Gewalthandlungen der subjektive Tatbestand eines Tötungsdelikts sehr nahe liegt. Angesichts der hohen Hemmschwelle bei Tötungsdelikten bedarf die Frage der Billigung des Todes indes einer Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände, in die auch die psychische Verfassung des Täters bei der Tatbegehung sowie seine Motive mit einzubeziehen sind (vgl. BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 35, 38, 51; BGH NStZ-RR 2000, 165).
2. Die Strafmilderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB ist bei erheblicher Alkoholisierung zu versagen, wenn der Täter die für ihn besonders ungünstige Wirkung des Alkoholgenusses kannte und wusste oder wissen musste, dass er dann zu Gewalttätigkeiten oder anderen Straftaten neigt. Entscheidend ist, ob besondere Umstände in der Person des Täters im konkreten Einzelfall vorhersehbar das Risiko der Begehung rechtswidriger Taten signifikant erhöht haben (BGHSt 49, 239, 242). Dies ist auch bei Einnahme aggressivitätssteigernder Substanzen allein oder in Verbindung mit einer weiteren Enthemmung durch Alkoholgenuss in Betracht zu ziehen.
Auch nicht pathologisch bedingte Störungen können Anlass für eine Unterbringung nach § 63 StGB sein, wenn sie in ihrem Gewicht den krankhaften seelischen Störungen entsprechen (BGHSt 34, 22, 28). Die Diagnose einer wie auch immer gearteten Persönlichkeitsstörung lässt zunächst für sich genommen eine Aussage über die Frage der Schuldfähigkeit des Täters nicht zu (vgl. BGHSt 42, 385, 388). Vielmehr bedarf es einer Gesamtschau der Täterpersönlichkeit und ihrer Entwicklung, um feststellen zu können, ob die Persönlichkeitsstörung des Täters sein Leben vergleichbar schwer und mit ähnlichen Folgen wie eine krankhafte seelische Störung - auch im Hinblick auf seine Fähigkeit zu normgemäßen Verhalten - stört, belastet oder einengt (vgl. BGHSt 37, 397, 401; BGH NStZ 2000, 585).