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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
März 2005
6. Jahrgang
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Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels ist in Fällen, in denen das Revisionsgericht nach § 354 Abs. 1 b Satz 1 StPO verfährt, jedoch selbst keine Kostenentscheidung nach § 473 Abs. 4 StPO vornehmen kann, von dem für das Nachverfahren nach §§ 460, 462 StPO zuständigen Gericht zusammen mit der abschließenden Sachentscheidung zu treffen. (BGHR)
1. Der Senat hält an der bisherigen Rechtsprechung fest, wonach übereinstimmende dienstliche Erklärungen des Vorsitzenden und des Protokollführers allein nicht ausreichen, um die absolute Beweiskraft des Protokolls (§ 274 StPO) zuungunsten des Angeklagten zu erschüttern.
2. Der Senat neigt - unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung - der Auffassung zu, dass ein ordnungsgemäß berichtigtes Protokoll auch dann zugrunde zu legen ist, wenn dadurch einer erhobenen Verfahrensrüge der Boden entzogen würde. Danach könnte berücksichtigt werden, dass ursprünglich nur ein Mangel des Protokolls vorlag und kein Verfahrensfehler gegeben ist.
3. Die Feststellung einer "Spielsucht", "Spielleidenschaft" oder die Eigenschaft, "pathologischer Spieler" zu sein, führen nicht ohne weiteres dazu, dass beim Betroffenen eine krankhafte seelische Störung oder eine schwere andere seelische Abartigkeit im Sinne des § 20 StGB vorliegt. Maßgebend ist vielmehr, inwieweit das gesamte Erscheinungsbild des Täters psychische Veränderungen der Persönlichkeit aufweist, die pathologisch bedingt oder - als andere seelische Abartigkeit - in ihrem Schweregrad den krankhaften seelischen Störungen gleichwertig sind. Deshalb ist eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit beim pathologischen Spielen nur ausnahmsweise dann gegeben, wenn die Sucht zu schwersten Persönlichkeitsveränderungen geführt oder der Täter bei Beschaffungstaten unter Entzugserscheinungen gelitten hat.
4. Die verminderte Schuldfähigkeit darf als Rechtsfrage nicht zugunsten des Täters unterstellt werden, da bei Rechtsfragen der Zweifelssatz nicht gilt.
1. Es erscheint zweifelhaft, ob § 168 c Abs. 5 Satz 1 StPO im vorliegenden Fall eine Pflicht für die Ermitt-
lungsrichterin begründete, den Verteidiger vor Eintritt in die Vernehmung zu benachrichtigen: Der Wortlaut der Vorschrift ("vorher") und ihr Sinn und Zweck legen nahe, dass die Benachrichtigungspflicht nur in der Zukunft liegende Termine erfasst. Daran fehlt es jedoch, wenn die Vorführung bereits stattfindet und erst während dieses Termins durch die Bestellung des Verteidigers dessen Berechtigung zur Teilnahme begründet wird. Ob Grundsätze des fairen Verfahrens in einem solchen Fall es gebieten, mit der förmlichen Vernehmung innezuhalten, bis der Verteidiger Gelegenheit hatte zu erscheinen, ist eine Frage des Einzelfalls, die hier nicht zu entscheiden ist.
2. Die schriftlichen Urteilsgründe dienen nicht dazu, die gesamte Beweisaufnahme im einzelnen wiederzugeben. Der Tatrichter muss sich im Urteil nur mit den für die Entscheidung maßgebenden Umständen auseinandersetzen. Bleibt ein Beweismittel unerwähnt, so ist deshalb daraus nicht zu schließen, dass es übersehen worden ist.
Veranlasst der Staatsanwalt den Angeklagten zu einem Geständnis durch die Äußerung, er werde in diesem Fall eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten beantragen, während sich die Strafe ohne Geständnis auf sechs bis sieben Jahre belaufen könne, so liegt hierin ein Verstoß gegen § 136 a Abs. 1 Satz 3 StPO (Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils) und eine mit den Grundsätzen eines fairen Strafverfahrens nicht zu vereinbarende Androhung einer die Schuldangemessenheit übersteigenden Strafe. Denn ein so gravierender Unterschied in den Schlussanträgen ist mit der strafmildernden Wirkung eines Geständnisses nicht mehr erklärbar und als unzulässiges Druckmittel zur Erwirkung eines verfahrensverkürzenden Geständnisses zu werten. Dies hat dessen Unverwertbarkeit zur Folge (§ 136 a Abs. 3 Satz 2 StPO).
1. Tatmodalitäten, die kein eigenes Unrecht darstellen oder die allein für die Strafzumessung von Bedeutung sind (hier: gemeinschaftliche Begehung der Tat), sind aus Gründen der Übersichtlichkeit im Tenor nicht zu erwähnen (vgl. BGHSt 27, 287, 289). Derartige Angaben finden ihren angemessenen Platz vielmehr im Verzeichnis der angewendeten Strafvorschriften nach § 260 Abs. 5 StPO.
2. Eine bloße Bezugnahme auf die Strafzumessung bei einem Mitangeklagten neben der Aufführung der eigenen (hier fehlenden) Vorbelastung des Angeklagten genügt den Begründungsanforderungen des § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO nicht, wenn die jeweiligen Tatbeiträge der Angeklagten grundlegend verschieden sind.
Über die Kosten des Adhäsionsverfahrens ist nicht nach § 91 ZPO, sondern nach § 472 a StPO zu entscheiden.
Die Rücknahmeerklärung des Angeklagten erstreckt sich stets auch auf das Rechtsmittel des Verteidigers. Der jugendliche Angeklagte kann sein Rechtsmittel auch ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters zurücknehmen.
1. Besetzungsfehler, die objektiv nicht erkennbar waren oder erst im Laufe der Hauptverhandlung eintreten, sind von der Präklusionswirkung des § 222b Abs. 1 Satz 1 StPO ausgeschlossen.
2. Ein die Zweierbesetzung anordnender Beschluss ist, wenn er im Zeitpunkt seines Erlasses gesetzesgemäß war, jedenfalls nach Beginn der Hauptverhandlung nicht mehr abänderbar (vgl. BGHSt 44, 328, 333).