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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
April 2004
5. Jahrgang
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Die bloße Kenntnis von der Begehung einer Tat durch einen anderen und deren Billigung, ohne einen die Tat objektiv fördernden Beitrag zu leisten, reicht für die Annahme von Beihilfe selbst dann nicht aus, wenn der Betreffende einen Teil der Beute beansprucht (BGH NStZ 1993, 385). Wenn ihm ein Anteil lediglich freiwillig überlassen wird, gilt dies erst recht.
1. Zum Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe bei ausländischen Tätern. (BGHR)
2. Bei der Gesamtwürdigung, ob ein Tötungsmotiv objektiv als niedrig einzuschätzen ist, kommt es nicht auf den kulturellen Hintergrund des Täters an. Zwar umfasst die Gesamtwürdigung, ob ein Beweggrund objektiv niedrig ist, neben den Umständen der Tat auch die Lebensverhältnisse des Täters und seine Persönlichkeit. Der Maßstab für die objektive Bewertung eines Beweggrunds als niedrig ist jedoch den Vorstellungen der Rechtsgemeinschaft der Bundesrepublik Deutschland zu entnehmen, in der Täter lebt und vor deren Gericht er sich zu verantworten hat, und nicht den Anschauungen einer Volksgruppe, die sich den sittlichen und rechtlichen Werten dieser Rechtsgemeinschaft nicht in vollem Umfang verbunden fühlt (vgl. BGHR StGB § 211 Abs. 2 Niedrige Beweggründe 29 zur "Blutrache"). (Bearbeiter)
3. In subjektiver Hinsicht muss der Täter die Mordmerkmale in ihren tatsächlichen Voraussetzungen erfassen. Bei der Prüfung der niedrigen Beweggründe gehört dazu, dass er diejenigen Umstände kennt und mit seinem Bewusstsein erfasst, welche die Bewertung seines Handlungsantriebes als niedrig begründen (ständige Rechtsprechung, u. a. BGHR § 211 StGB Niedrige Beweggründe 6, 13, 15, 23). (Bearbeiter)
4. Die Wertung selbst muss der Täter jedoch nicht unbedingt nachvollzogen haben. Er muss aber zu einer solchen Wertung angesichts seiner Persönlichkeit und seines Wertekanons überhaupt in der Lage gewesen sein. Die Fähigkeit dazu kann etwa bei einem Persönlichkeitsmangel oder bei einem ausländischen Täter, der den in seiner Heimat gelebten Anschauungen derart intensiv verhaftet ist, dass er die in Deutschland gültigen abweichenden sozialethischen Bewertungen seines Motivs nicht nachvollziehen kann, fehlen. (Bearbeiter)
1. Die sexuelle Nötigung gem. § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB setzt keine über die sexuelle Handlung hinausgehende gesonderte Nötigungshandlung voraus; die Nötigung erschöpft sich vielmehr in der Vornahme der sexuellen Handlung gegen den Willen des Opfers, wenn sich dieses in einer schutzlosen Lage befindet und der Täter dies zu der Tat ausnutzt (vgl. im einzelnen BGH 2 StR 248/99 = BGHSt 45, 253, 257 ff). Die sexuelle Nötigung im Sinne des § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB ist daher, anders als die Taten nach Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2, ein einaktiges Delikt.
2. Die sexuelle Nötigung im Sinne des § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB setzt nicht voraus, dass das Opfer seine Lage überhaupt als schutzlos erkannt hat und sich vor Zwangshandlungen oder Zufügung von über die sexuelle Handlung hinausgehenden sonstigen Übeln fürchtet (Abgrenzung zu BGH 3 StR 446/02 - Beschluss vom 27. März 2003).
3. Es kommt für sexuelle Nötigung gem. § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht darauf, ob der Täter die schutzlose Lage bewusst herbeigeführt.
Im Vergleich zu den auf eine Anwendung des Zivilrechts begründeten Varianten des § 174 Abs. 1 Nr. 2 StGB hat ein Angehöriger der öffentlichen Jugendhilfe höhere Anforderungen zu erfüllen (vgl. §§ 14 Abs. 2 Nr. 1, 27 ff., 72 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII), so dass im Hinblick auf das Doppelverwertungsverbot bedenkliche Erwägungen noch zu tolerieren sein können.
Die Bestechungsdelikte im weiteren Sinn (§§ 331 bis 335 StGB) setzen voraus, dass der Bestochene zur Zeit der Tat Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 (Nr. 3 und 4) StGB ist (vgl. für die Vorteilsannahme nach § 331 StGB bereits BGHSt 11, 345, 347). Der Gesichtspunkt nachwirkender Pflichten, der etwa bei denjenigen Amtsdelikten trägt, die während der Amtsträgerschaft erlangte Kenntnisse betreffen (§§ 353b, 355 StGB), greift bei den Bestechungsdelikten im weiteren Sinne nicht.
1. Ein besonders schwerer Fall des Totschlags setzt voraus, dass das in der Tat zum Ausdruck kommende Verschulden des Täters außergewöhnlich groß ist. Es muss ebenso schwer wiegen wie das eines Mörders. Hierfür genügt nicht schon die bloße Nähe der die Tat oder den Täter kennzeichnenden Umstände zu gesetzlichen Mordmerkmalen. Es müssen vielmehr schulderhöhende
Gesichtspunkte hinzukommen, die besonders gewichtig sind (BGH NJW 1982, 2264, 2265; StV 2000, 309; BGHR StGB § 212 Abs. 2 Umstände, schulderhöhende 1, 3, 4). Ob dies der Fall ist, kann nur unter Berücksichtigung der Gesamtheit der äußeren und inneren Seite der Tat beantwortet werden.
2. Die Nähe zu zwei Mordmerkmalen reicht nicht aus, um einen besonders schweren Fall des Totschlags in Betracht zu ziehen, wenn die erheblich eingeschränkte Schuldfähigkeit des Täters zur Ablehnung der subjektiven Voraussetzungen der Mordmerkmale führt. Die Umstände, welche die Verneinung von Mordmerkmalen zur Folge haben, können es nahelegen, auch die Nähe zu Mordmerkmalen zu verneinen (BGH NStZ 1981, 258).
1. Ausgehend von der Zielrichtung der Strafvorschrift, neben individuellen Rechtsgütern den Schutz der Sicherheit des Kraftfahrverkehrs auf den Straßen zu bezwecken, erfasst § 316a Abs. 1 StGB als taugliche Tatopfer nur den "Führer" oder den "Mitfahrer" eines Kraftfahrzeugs. Erforderlich ist, dass das Opfer diese Eigenschaft zum Tatzeitpunkt, d.h. bei Verüben des Angriffs, hat.
2. Mit dem Verüben des Angriffs ist § 316a Abs. 1 StGB vollendet. Für die Tatbestandsvollendung ist es unerheblich, dass das Raubdelikt erst später - außerhalb des Fahrzeugs - vollendet werden soll. Es genügt, dass der Täter im Zeitpunkt des Angriffs den Entschluss zu einer in ihren wesentlichen Zügen bestimmten Tat, die die Merkmale einer Raubtat (hier: einer räuberischen Erpressung) erfüllt, gefasst hatte (BGH NStZ 1997, 236, 237).
1. Ein Verstoß gegen das Vereidigungsverbot des § 60 Abs. 2 StPO oder die Aufklärungspflicht über ein Auskunftsverweigerungsrecht gem. § 55 Abs. 2 StPO stellt im Rahmen der Strafzumessung wegen Meineids einen Strafmilderungsgrund dar. Dies gilt unabhängig davon, ob der vernehmende Richter zu diesem Zeitpunkt einen entsprechenden Verdacht haben konnte, da allein maßgeblich ist, ob der Zeuge objektiv verdächtig bzw. objektiv ein Auskunftsverweigerungsrecht gegeben war.
2. Der Strafmilderung steht nicht entgegen, dass der Angeklagte sich als Zeuge nicht auf sein Aussageverweigerungsrecht nach § 55 StPO berufen hat (vgl. u.a. BGH StV 1982, 521; BGHR StGB § 157 Abs. 1 Selbstbegünstigung 1 und 6).
3. Diese Grundsätze gelten auch hinsichtlich des Zeugnisverweigerungsrechts nach § 384 Nr. 2 ZPO. Darauf, ob dem vernehmenden Gericht bekannt war, dass beim Angeklagten die Voraussetzungen des § 384 ZPO vorlagen, kommt es auch hier nicht an (vgl. BGH NStZ 1984, 134).
Ein "sich Verschaffen" im Sinne des Hehlereitatbestandes (§ 259 StGB) kann zwar auch bei der Erlangung von Mitbesitz und Mitverfügungsgewalt an einer gestohlenen Sache gegeben sein, etwa wenn der Vortäter die Sache mehreren Personen überträgt. Dies gilt aber nicht ohne weiteres, wenn der Vortäter selbst an der Sache Mitbesitz und Mitverfügungsgewalt behält. In einem solchen Fall kommt Hehlerei nur in Betracht, wenn jeder der Mitbesitzer für sich unter Ausschluss des anderen Teils verfügungsberechtigt sein soll.