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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
April 2004
5. Jahrgang
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1. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, nach der für die Annahme vollendeten Handeltreibens auch ernsthafte Verhandlungen über den Erwerb von zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmten Betäubungsmitteln ausreichen.
2. Der Senat sieht in seiner Mehrheit keinen Grund zu einer Änderung bei der Auslegung des Handeltreibensbegriffs im Betäubungsmittelrecht.
3. Einzuräumen ist allerdings, dass die unterschiedslose Anwendung des Strafrahmens für das vollendete Delikt dem unterschiedlichen Unrechtsgehalt der verschiedenen als vollendetes täterschaftliches Handeltreiben erfassten Begehungsweisen nicht immer gerecht wird. Angesichts
der Definition des Handeltreibens als jede eigennützige auf Umsatz gerichtete Tätigkeit ist die Abgrenzung von täterschaftlichem Handeltreiben und Teilnahmehandlungen insbesondere aber die vom Gesetz gewollte Abgrenzung zwischen Vollendung/Versuch/Vorbereitungshandlung problematisch.
1. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, dass zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln jede eigennützige den Umsatz des Betäubungsmittels fördernde Handlung gehört, ohne dass es zur Anbahnung bestimmter Geschäfte gekommen sein muss (BGHSt 29, 239).
2. Teilen des Senates erscheint - dem anfragenden Senat partiell folgend - eine Ausweitung der Versuchsstrafbarkeit zu Lasten eines vollendeten Handeltreibens vorzugswürdig.
1. Die Strafbarkeit der Verletzung inländischer Tonträgerherstellerrechte durch CD-Pressungen im Inland für einen Auftraggeber im Ausland und für den Export der CDs dorthin richtet sich wegen des im Urheberrecht geltenden Territorialitäts- und Schutzlandsprinzips ausschließlich nach deutschem Urheberrecht. (BGHSt)
2. Der strafrechtliche Schutz der §§ 106 ff. UrhG knüpft an den zivilrechtlichen Urheber- und Leistungsschutz an (Urheberrechtsakzessorietät). Abweichend von § 7 StGB sind daher nur im Inland begangene Verletzungshandlungen strafrechtlich relevant. (BGHSt)
3. Der Versand von unberechtigt hergestellten Tonträgern ins Ausland ist urheberrechtsverletzendes Inverkehrbringen im Inland. (BGHSt)
4. Hersteller eines Tonträgers ist, wer die Erstfixierung einer Tonaufnahme vornimmt (Masterband) und die organisatorische Verantwortung für die Aufnahme hat. Das können einzelne oder mehrere Personen gemeinsam, aber auch Unternehmen sein. (Bearbeiter)
5. Für die Frage, ob der persönliche Schutzbereich nach § 126 Abs. 3 UrhG i.V.m. dem Genfer Tonträger-Abkommen eröffnet ist, ist ebenso wie beim Urheberrecht stets die Staatsangehörigkeit des ursprünglichen Tonträgerherstellers maßgeblich, nicht die des Rechtsnachfolgers oder eines abgeleiteten Rechteinhabers (Lizenznehmers). Ansonsten könnte ein ursprünglich nicht geschützter Tonträgerhersteller einen Schutz nach dem Genfer Tonträger-Abkommen durch bloße Abtretung oder Lizenzierung erreichen. (Bearbeiter)
6. Der Sinn und Zweck der urheberrechtlichen Regelungen liegt darin, die ausschließlichen Befugnisse des Urhebers bzw. des Berechtigten eines Verwandten Schutzrechts so umfassend zu gestalten, dass möglichst jede Art der Nutzung seines Werks seiner Kontrolle unterliegt. Es soll in seiner Hand liegen, Art und Umfang der Nutzung zu überwachen und diese von der Zahlung einer Vergütung abhängig zu machen. (Bearbeiter)
7. Für eine Einschränkung der Strafbarkeit durch teleologische Reduktion des Merkmals des "Vervielfältigens" und "Verbreitens" - etwa im Hinblick darauf, dass eine Vermarktung der Tonträger von Anfang an nur im Ausland geplant war - besteht kein Anlass. (Bearbeiter)
8. Der Begriff der Gewerbsmäßigkeit ist in § 108 a UrhG ebenso auszulegen wie bei anderen Strafvorschriften. Die unerlaubte Verwertung im Rahmen eines Gewerbebetriebs ist daher nicht gleichbedeutend mit der gewerbsmäßigen Tatbegehung. Gewerbsmäßig im Sinne von § 108 a UrhG handelt vielmehr, wer sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang verschaffen will. Dabei kann es auch ausreichen, dass die Tat nur mittelbar als Einnahmequelle dient, der Täter sich also mittelbar geldwerte Vorteile über Dritte aus den Tathandlungen verspricht. (Bearbeiter)
9. Die Gewerbsmäßigkeit ist bei § 108 a UrhG ein strafschärfendes besonderes persönliches Merkmal; sie kann daher weder über § 28 Abs. 2 StGB noch über § 14 Abs. 1 StGB zugerechnet werden. (Bearbeiter)
1. Wird eine Verurteilung zu Jugendstrafe mit Bewährung nachträglich in eine Verurteilung zu Jugendstrafe
ohne Bewährung einbezogen, ist für einen die Strafvollstreckung verkürzenden Ausspruch über die Anrechnung von Bewährungsleistungen - anders als bei einer nachträglich gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe (vgl. BGHSt 36, 378) - kein Raum. (BGHSt)
2. Wird in eine nachträglich gebildete Gesamtfreiheitsstrafe ohne Bewährung eine zur Bewährung ausgesetzte Strafe einbezogen und ist für Bewährungsleistungen ein Ausgleich geboten, so hat dies durch eine die Strafvollstreckung verkürzende Anrechnung auf die Gesamtfreiheitsstrafe zu erfolgen (st. Rspr. seit BGHSt 36, 378). (Bearbeiter)
3. Ob, insbesondere im Hinblick auf den vorrangigen Erziehungsgedanken, im Falle des § 31 Abs. 2 JGG unabhängig etwa vom Gewicht sämtlicher Taten einerseits, dem Umfang der erbrachten Bewährungsleistungen andererseits und den übrigen Umständen des Einzelfalles die Berücksichtigung von Bewährungsleistungen stets ein im Sinne des § 54 JGG bestimmender und daher erörterungsbedürftiger Strafzumessungsgesichtspunkt ist, lässt der Senat offen. (Bearbeiter)
1. Im Rahmen des Schuldspruchs müssen bei der Steuerhinterziehung als verkürzte Steuern diejenigen Beträge angesehen werden, die auf die unrichtig erklärten oder verschwiegenen steuerlichen Vorgänge entfallen (Kompensationsverbot). Nur für solche Ermäßigungsgründe oder Steuervorteile, die im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den unzutreffenden Steuererklärungen stehen, bei denen es sich somit um die steuerrechtliche Beurteilung desselben Vorgangs handelt, gilt das Kompensationsverbot nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht.
2. Dies gilt auch dann, wenn infolge einer nachträglich eingeholten Genehmigung eine Steuerbefreiung eintritt: Eine nachträgliche rückwirkende schuldmindernde Berücksichtigung im Rahmen des Schuldspruchs kommt wegen des Kompensationsverbots nicht in Betracht.
3. Ermäßigungsgründe und Steuervorteile, die wegen des Kompensationsverbots nicht berücksichtigungsfähig sind, sind im Rahmen der Strafzumessung zu bedenken und strafmildernd einzustellen: Dem Täter einer Steuerhinterziehung sind nur die tatsächlichen steuerlichen Auswirkungen der Tat zur Last zu legen (vgl. BGHSt 47, 343, 350 f.; NJW 2002, 1963, 1965 f.).
4. Zur (richtlinienkonformen) Auslegung der § 4 Nr. 21 Buchstabe b UStG 1993; § 4 Nr. 21 Buchstabe a bb UStG 1999.
1. Der Abschluss eines mit einem Risiko behafteten Geschäfts erfüllt nicht schon wegen des Risikos als solchem oder wegen des Eintritts eines Verlustes den Tatbestand der Untreue. Wirtschaftlich vernünftige Ausgaben im Rahmen kaufmännischen Unternehmergeistes dürfen nicht ohne weiteres pönalisiert werden.
2. Ein riskantes Handeln, dessen Folgen einen anderen treffen, ist in der Regel pflichtwidrig, wenn der Handelnde den ihm gezogenen Rahmen nicht einhält, insbesondere die Grenzen des verkehrsüblichen Risikos überschritten hat. Ein von § 266 StGB erfasstes Risikogeschäft liegt insbesondere dann vor, wenn der Täter bewusst und entgegen den Regeln kaufmännischer Sorgfalt eine äußerst gesteigerte Verlustgefahr auf sich nimmt, nur um eine höchst zweifelhafte Gewinnaussicht zu erhalten (BGH NStZ 1990, 437 f.).
3. Für die Beurteilung des eingeräumten Spielraums ist das zugrunde liegende Treueverhältnis maßgebend. Danach beurteilt sich, wie weit das Eingehen oder Vermeiden von Verlustrisiken sich im Rahmen der im Innenverhältnis bestehenden Pflichten hält.
1. Ein Angeklagter kann nicht mit neuen noch unbewiesenen Angaben erst in der Hauptverhandlung den noch nicht eingetretenen Aufklärungserfolg mit Hilfe des Beweisantragsrechts erreichen (vgl. BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Aufdeckung 24).
2. Zur uneingeschränkten Geltung der Grundsätze des Beweisantragsrechts in derartigen Fällen.
Im Einzelfall kann ein Täter der Einfuhr, der damit aus eigennützigen Motiven fremde Umsatzgeschäfte fördert, hinsichtlich des Handeltreibens nur Gehilfe sein; dies setzt aber voraus, dass seine Rolle insoweit nur ganz untergeordnet ist (vgl. BGH NStZ 2000, 482).
1. Beendet im Sinne des § 78a StGB ist der Betrug mit Erhalt des angestrebten rechtswidrigen Vermögensvorteils und Abschluss der Tat im Ganzen. Entsteht der Schaden erst durch verschiedene Ereignisse und vergrößert er sich durch sie nach und nach, dann ist der Zeitpunkt des letzten Ereignisses für die Beendigung maßgebend (vgl. BGHSt 27, 342, 343; BGHSt 46, 159, 166/167; BGH wistra 2001, 339).
2. Ist der Angeklagte tatsächlich gar nicht in der Lage gewesen, seinen Buchführungspflichten zu genügen, lässt dies den Tatbestand des § 283b Abs. 1 Nr. 3 lit. b StGB entfallen (BGH NStZ 2000, 206 f.).
Gemäß § 85 Abs. 2 JGG geht die Zuständigkeit auf das Amtsgericht über, in dessen Bezirk der Verurteilte in einer Justizvollzugsanstalt einsitzt. Diese kraft Gesetzes eintretende Übergang der Vollstreckung wird nicht dadurch rückgängig gemacht, dass ein früher mit der Sache befasstes anderes Gericht einen Beschluss nach § 456 a Abs. 1 StPO erlässt. Ein unzuständiges Gericht kann nicht durch Erlass einer Entscheidung die kraft Gesetzes verlorene Zuständigkeit wieder an sich ziehen. Mag auch die Entscheidung wirksam sein, führt sie jedoch nicht dazu, dass das unzuständige Gericht für weitere Entscheidungen wieder zuständig würde.