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HRR-Strafrecht
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Februar 2003
4. Jahrgang
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Die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB setzt nicht notwendig eine Vorverurteilung zu einer Einzelstrafe von mindestens drei Jahren voraus. Als Vorverurteilung im Sinne dieser Vorschrift genügt eine entsprechend hohe Gesamtfreiheitsstrafe jedenfalls dann, wenn dieser ausschließlich Katalogtaten zugrundeliegen. (BGHSt)
1. Wegen der Verfassungswidrigkeit der Vermögensstrafe (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. März 2002 - 2 BvR 794/95) entbehren Verurteilungen zu einer Vermögensstrafe nunmehr der rechtlichen Grundlage.
2. Die Vermögensstrafe ist gegenüber einer Freiheitsstrafe die mildere Sanktion. Wegen des revisionsrechtlichen Verschlechterungsverbots (§ 358 Abs. 2 StPO) kann daher im Falle der allein zugunsten des Angeklagten eingelegten Revision die vom Tatgericht ohne Berücksichtigung der Vermögensstrafe eigentlich für tat- und schuldangemessen erachtete Freiheitsstrafe nicht ohne weiteres an die Stelle der Vermögensstrafe treten. Vielmehr ist eine erneute tatrichterliche Strafzumessung erforderlich.
3. Bei der erneuten Strafzumessung ist namentlich die Möglichkeit einer Verurteilung zu einer kumulativen Geldstrafe gem. § 41 StGB zu prüfen, da sie ihrerseits gegenüber der Vermögensstrafe die mildere Sanktion darstellt, so dass das Verschlechterungsverbot nicht entgegensteht.
1. Anders als bei der Begehung einer der in § 69 Abs. 2 StGB aufgeführten rechtswidrigen Taten begründet allein der Umstand, daß der Täter ein Kraftfahrzeug zur Begehung von Straftaten benutzt hat, nicht bereits eine Regelvermutung für seine charakterliche Unzuverlässigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen; die Rechtsprechung verlangt deshalb in diesen Fällen regelmäßig eine nähere Begründung der Entscheidung aufgrund einer umfassenden Gesamtwürdigung (st. Rspr.; zuletzt Senatsbeschluss vom 5. November 2002 - 4 StR 406/02).
2. Ein Erfahrungssatz, dass jeder Täter, der Betäubungsmittel in einem Kraftfahrzeug transportiert, deshalb zu besonders riskanter Fahrweise entschlossen ist, um sich im Zweifel auch um den Preis der Gefährdung anderer durch Flucht in einer Feststellung zu entziehen, besteht in dieser Allgemeinheit nicht (Senatsbeschluss vom 5. November 2002 - 4 StR 406/02).
1. Der ausdrücklichen Begründung, warum der Regelstrafrahmen und nicht der des Grundtatbestandes nach § 177 Abs. 1 StGB oder gar der des minder schweren Falles nach § 177 Abs. 5 StGB angewendet worden ist, bedarf es nur, wenn der Sachverhalt eine solche Prüfung nahelegt und eine Erörterung in den Urteilsgründen als Grundlage einer revisionsrechtlichen Nachprüfung geboten ist. Liegt die Heranziehung eines niedrigeren Strafrahmens in Anbetracht der gesamten Umstände fern, ist eine solche Erörterung aus sachlich-rechtlichen Gründen nicht geboten (BGH StV 1981, 541).
2. Der Freiheitsentzug durch Untersuchungshaft als solcher stellt bei Verhängung einer zu verbüßenden Freiheitsstrafe wegen der vollen Anrechenbarkeit nach § 51 StGB grundsätzlich keinen strafmildernd zu berücksichtigenden Nachteil für den Angeklagten dar (BGHR StGB § 46 Abs. 2 Lebensumstände 18; BGH wistra 2001, 105). Anders mag dies sein, wenn im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten wie eine besondere Beeindruckung eines Täters durch den Freiheitsentzug, die dazu führte, dass gegen ihn eine Bewährungsstrafe verhängt werden konnte (BGH NStZ 1994, 242).
1. Handelt es sich bei den Straftaten, die die formellen Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung begründen (sog. Symptomtaten), um solche ganz verschiedener Art, die überdies unterschiedliche Rechtsgüter verletzen, ist ihr Indizwert für einen verbrecherischen Hang des Täters besonders sorgfältig zu prüfen und zu begründen (vgl. BGHR StGB § 66 Abs. 1 Hang 10).
2. Einer Gefährdung der Allgemeinheit im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB stünde nicht entgegen, dass von der naheliegenden Gefahr erheblicher Übergriffe in erster Linie Menschen im sozialen Nahbereich des Angeklagten betroffen wären.
Die Vollstreckung einer wegen einer exhibitionistischen Handlung gemäß § 176 Abs. 3 Nr. 1 StGB verhängten Freiheitsstrafe kann trotz ungünstiger Zukunftsprognose (§ 56 Abs. 1 StGB) zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn zu erwarten ist, dass der Täter erst nach einer längeren Heilbehandlung keine weiteren einschlägigen Taten mehr begehen wird (§ 183 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 Nr. 2 StGB; vgl. BGH StV 1996, 605 f.; BGHR StGB § 183 Abs. 3 Heilbehandlung, längere 2, 3, 4).
Die gegebene positive Sozialprognose kann nach ständiger Rechtsprechung auch für die Beurteilung bedeutsam sein, ob Umstände von besonderem Gewicht i.S. von § 56 Abs. 2 StGB vorliegen (BGH NStZ 1997, 434 m.w.N.). Der Tatrichter darf die Frage daher nicht offen lassen.
Widerruft das Gericht im Rahmen einer erneuten Verurteilung die Bewährungsaussetzung einer Strafe aus einer früheren Verurteilung, so hat es gem. § 56 f Abs. 3 StGB darüber zu entscheiden, ob es im Rahmen der Bewährung bereits erbrachte Leistungen des Angeklagten anrechnet. Hierzu genügt es nicht, wenn im Urteil lediglich allgemein auf "§ 56 f StGB" Bezug genommen wird. Vielmehr ist die Anrechnung durch eine die Strafvollstreckung verkürzende Anrechnung auf die Gesamtfreiheitsstrafe zu bewirken.