HRR-Strafrecht

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Februar 2003
4. Jahrgang
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IV. Nebenstrafrecht, Haftrecht und Jugendstrafrecht


Entscheidung

BGH 5 StR 127/02 - Beschluss vom 27. November 2002 (LG Bremen)

BGHSt; gewerbsmäßiger Schmuggel; Steuerhinterziehung (Verkürzungsvorsatz; Urteilsgründe; mittelbare Täterschaft; Besteuerungsgrundlagen; Ermittlung; Darstellung; Schätzung im Steuerstrafverfahren); Begriff des Entziehens aus zollamtlicher Überwachung im Sinne von Art. 203 Abs. 1 Zollkodex (zeitweise Hinderung an der Prüfung durch die zuständige Zollbehörde); Entziehen bei Nichtgemeinschaftsware (Verstecken unter anderen für ein Zollverfahren angemeldeten Waren); Gestellungspflicht bei verdeckten Waren; strafschärfende Berücksichtigung der Höhe der hinterzogenen Abgaben trotz lediglich formal begründeter Entstehung der Abgabenpflicht (Wiederausfuhr).

§ 373 Abs. 1 AO; § 370 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 AO; Art. 203 Abs. 1 Zollkodex; Art. 40 Zollkodex i.V.m. Art. 4 Nr. 19 Zollkodex; § 15 StGB; § 267 StPO

1. Der Begriff des Entziehens aus zollamtlicher Überwachung im Sinne von Art. 203 Abs. 1 Zollkodex ist so zu verstehen, dass er jede Handlung oder Unterlassung erfasst, die dazu führt, dass die zuständige Zollbehörde auch nur zeitweise am Zugang zu einer unter zollamtlicher Überwachung stehenden Ware und an der Durchführung der vom gemeinschaftlichen Zollrecht vorgesehenen Prüfungen gehindert wird (Anschluss an EuGH, Urteil vom 1. Februar 2001 - C - 66/99, Slg. 2001 I - 911 und EuGH, Urteil vom 11. Juli 2002 - C-371/99, ZfZ 2002, 338). (BGHSt)

2. Nichtgemeinschaftsware wird auch dadurch aus der zollamtlichen Überwachung entzogen, dass sie unter anderen für ein Zollverfahren angemeldeten Waren versteckt und in einem zur Durchfuhr durch das Zollgebiet der Europäischen Union abgefertigten und versiegelten Container vom Amtsplatz abtransportiert wird. Dies gilt auch dann, wenn die versteckte Ware in diesem Container wieder ausgeführt wird. (BGHSt)

3. Mittelbarer Täter ist, wer eine Straftat durch einen anderen begeht, also die Tatbestandsmerkmale nicht selbst verwirklicht, sondern sich dazu eines "Werkzeugs", des sogenannten Tatmittlers, bedient. Voraussetzung ist zum einen ein "Defizit" des Vordermanns, zum anderen eine überlegene, die Handlung des Tatmittlers steuernde Stellung des Hintermanns. (Bearbeiter)

4. Eine allgemeine Mitteilung über das Vorhandensein von Waren umfasst die Gestellung versteckter oder verheimlichter Waren nicht, sondern auf diese muss ausdrücklich hingewiesen werden, um die Mitteilungspflicht zu erfüllen. (Bearbeiter)

5. Dabei ist es für das Entziehen einer Ware aus der zollamtlichen Überwachung im Sinne von Art. 203 Abs. 1 ZK nicht erforderlich, dass ein subjektives Element vorliegt; es müssen nur die objektiven Voraussetzungen, wie insbesondere das körperliche Fehlen der Ware am zugelassenen Verwahrungsort erfüllt sein (vgl. EuGH Slg. 2001, I-911, 933 [Tz. 48]; EuGH ZfZ 2002, 338, 341 Tz. 60]). (Bearbeiter)

6. Der Einwand, eine Verkürzung von Einfuhrabgaben könne dann nicht gegeben sein, wenn der Nachweis erbracht sei, dass die Ware tatsächlich ausgeführt worden sei, greift ebenfalls nicht durch. Entgegen der Ansicht der Revision steht die Tatsache der späteren Wiederausfuhr der Zigaretten ihrer vorher erfolgten Entziehung aus zollamtlicher Überwachung nicht entgegen (vgl. zu der insoweit parallelen Problematik beim verbrauchsteuerlichen Steueraussetzungsverfahren BGH, Urt. vom 24. Oktober 2002 - 5 StR 600/01). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 859 Nr. 6 ZK-DVO. (Bearbeiter)

7. Die Anwendung steuerlicher Vorschriften auf den festgestellten Sachverhalt ist Rechtsanwendung; dies gilt auch für die daraus folgende Berechnung der verkürzten Steuern. Diese Rechtsanwendung obliegt dem Strafrichter, nicht den als Zeugen gehörten Ermittlungsbeamten oder Beamten der Finanzverwaltung (vgl. BGH NStZ-RR 2001, 307). Auch die Ermittlung und Darlegung der Besteuerungsgrundlagen obliegt dem Tatrichter. Die Verweisung auf Betriebsprüfungsberichte oder die Übernahme der Ermittlungsergebnisse in das Urteil ist ebenso unzureichend wie die Wiedergabe von Aussagen, die Finanzbeamte als Zeugen in der Hauptverhandlung zur Behandlung steuerlicher Fragen gemacht haben (vgl. BGH wistra 2001, 308, 309). (Bearbeiter)

8. Sofern die Besteuerungsgrundlagen nicht ermittelt werden können, sind sie unter Beachtung der vom Besteuerungsverfahren abweichenden strafrechtlichen Verfahrensgrundsätze (§ 261 StPO) vom Tatrichter selbst zu schätzen. Auch die Übernahme einer Schätzung der Finanzbehörden im Einzelfall kommt nur in Betracht, wenn der Tatrichter diese eigenverantwortlich nachgeprüft hat und von ihrer Richtigkeit auch bei Zugrundelegung der strafrechtlichen Verfahrensgrundsätze überzeugt ist (st. Rspr., vgl. nur BGH wistra 2001, 308, 309 m. w. N.). (Bearbeiter)

9. Der Eintritt einer Steuerverkürzung ist Tatbestandsmerkmal des § 370 AO. Damit setzt auch die innere Tatseite der Steuerhinterziehung voraus, dass der Täter den angegriffenen Steueranspruch dem Grunde nach kennt und dessen Höhe zumindest für möglich hält (BGH wistra 1989, 263; 1998, 225, 226). Einer genauen Kenntnis der steuerlichen Vorschriften bedarf es insoweit freilich nicht (BGH wistra 1998, 225, 226). (Bearbeiter)

10. Es begegnet grundsätzlich keinen Bedenken, bei Fällen der vorliegenden Art die Höhe der jeweils hinterzogenen Abgaben strafschärfend zu berücksichtigen. Durch die objektiv feststehenden Taten des Angeklagten sind trotz der erfolgten Wiederausfuhr tatsächlich und nicht nur theoretisch Einfuhrabgaben verkürzt worden. Sind aber verkürzte Steuerforderungen des deutschen Steuerfiskus nur aus formalen Gründen entstanden, ist dies bei der Strafzumessung im Hinblick auf die verschuldeten Auswirkungen der Tat (§ 46 Abs. 2 Satz 2 StGB) in gesamtwirtschaftlicher Betrachtung zu berücksichtigen (vgl. BGH StV 2000, 497 und Urteil vom 24. Oktober 2002 - 5 StR 600/01). (Bearbeiter)


Entscheidung

BGH 5 StR 145/02 - Urteil vom 28. November 2002 (LG Augsburg)

Steuerhinterziehung (verdeckte Gewinnausschüttung: Herausnahme eines Gebrauchsmusters aus dem Betriebsvermögen einer GmbH; Körperschaftssteuer; Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit; Zurechnung von Wirtschaftsvermögen; ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter; Vorsatz - Tatbestandsirrtum); Beweiswürdigung (Grenzen der Revisibilität; Gesamtwürdigung).

§ 370 AO; § 39 AO; § 160 Abs. 1 AO; § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG; § 261 StPO; § 15 StGB; § 16 Abs. 1 StGB; § 8 GebrMG; § 11 GebrMG

1. Welchem Vermögensträger ein Recht zuzurechnen ist, bestimmt sich nach § 39 AO. Danach gilt gemäß Absatz 1 der Vorschrift der Grundsatz, dass die zivilrechtliche Eigentümerstellung auch steuerlich die Zuordnung begründet. Bei immateriellen Wirtschaftsgütern tritt dabei anstelle des zivilrechtlichen Eigentums die nach den privatrechtlichen Normen maßgebliche. Danach ist Inhaber eines Gebrauchsmusters derjenige, auf dessen Namen das Gebrauchsmuster eingetragen ist (§§ 8, 11 Gebrauchsmustergesetz). Das bedeutet aber nicht, dass mit der Erfindungsleistung nicht schon vorher Vermögenswerte einer GmbH entstanden sein können. Maßgeblich ist deshalb, ob dem Angeklagten die zu dem Gebrauchsmuster führende erfinderische Idee persönlich zugeordnet werden kann oder ob eine Arbeitnehmererfindung vorliegt, die als Vermögenswert grundsätzlich dem Betriebsvermögen der GmbH zugehörig ist.

2. Die Aufgabe, sich auf der Grundlage der vorhandenen Beweismittel eine Überzeugung vom tatsächlichen Geschehen zu verschaffen, obliegt grundsätzlich allein dem Tatrichter. Seine Beweiswürdigung hat das Revisionsgericht regelmäßig hinzunehmen. Es ist ihm verwehrt, sie durch eine eigene zu ersetzen oder sie nur deshalb zu beanstanden, weil aus seiner Sicht eine andere Bewertung der Beweise näher gelegen hätte. Das Revisionsgericht kann eine solche Entscheidung im übrigen nur auf Rechtsfehler überprüfen, insbesondere darauf, ob die Beweiswürdigung in sich widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, die Beweismittel nicht ausschöpft, Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze aufweist oder ob der Tatrichter überspannte Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt hat (st. Rspr.; vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16; BGH NStZ 2002, 48).

3. Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt auch dann vor, wenn eine Vermögensmehrung der Gesellschaft unterlassen wird und dies durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt wird. Körperschaftsteuerrechtlich kann unter dem Gesichtspunkt einer verdeckten Gewinnausschüttung die Minderung des Gesellschaftsvermögens zugunsten eines Gesellschafters nicht anders zu beurteilen sein als die unterlassene Mehrung des Gesellschaftsvermögens zugunsten eines Gesellschafters (BFH BStBl II 1989, 631; DStR 2002, 1856).

4. Selbst ein Verstoß gegen § 160 Abs. 1 AO kann eine steuerstrafrechtliche Verantwortlichkeit nicht ohne weiteres begründen. Auch die unter § 160 Abs. 1 AO fallenden Aufwendungen sind Betriebsausgaben, die grundsätzlich abzugsfähig sind. Ihre Geltendmachung stellt damit auch keine Tathandlung im Sinne der § 370 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 AO dar, weil weder ein unrichtiger Sachverhalt gegenüber der Finanzbehörde erklärt noch diese über steuerlich erhebliche Tatsache in Unkenntnis gelassen wird (vgl. BGHSt 33, 383).


Entscheidung

BGH 5 StR 212/02 - Beschluss vom 11. Dezember 2002 (LG Kleve)

Beihilfe zur Steuerhinterziehung (Umsatzsteuerkarussell: Schuldumfang bei der Strafzumessung).

§ 370 AO; § 27 StGB; § 46 StGB

Für Umsatzsteuerkarusselle ist kennzeichnend, dass in die Kette einzelne Personen eingebaut sind, die entweder keine Umsatzsteuer anmelden oder die geschuldete Umsatzsteuer nicht abführen. Hierdurch entsteht dann letztlich der durch das Gesamtsystem bewirkte Steuerschaden. Der Bundesgerichtshof hat deshalb entschieden, dass im Rahmen der Strafzumessung maßgeblich auf den insgesamt durch das Karussell bewirkten deliktischen Steuerschaden abzustellen ist, weil dieser der Tat ihr eigentliches Gepräge gibt (BGH NJW 2002, 3036, 3039).


Entscheidung

BGH 3 StR 417/02 - Beschluss vom 3. Dezember 2002 (LG Itzehoe)

Beschleunigungsgebot (Strafmilderung; Strafzumessung; besondere Bedeutung / beschränkte Anwendung der Kompensationsrechtsprechung im Jugendstrafverfahren).

Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK; § 18 JGG

1. Verzögert sich ein solches Verfahren aus den Justizbehörden zuzurechnenden Gründen, so sind nach der die Strafgerichte bindenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG NStZ 1997, 591; vgl. auch BGH NStZ 1999, 181; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 7 und 12) Art und Ausmaß der Verzögerung festzustellen und sodann das Maß der Kompensation durch eine Ermäßigung der an sich verwirkten Strafe konkret zu bestimmen.

2. In Jugendsachen sind die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte - mehr noch als in Verfahren gegen Erwachsene - gehalten, alles zu tun, um unnötige Verfahrensverzögerungen auszuschließen. Dem Beschleunigungsgebot kommt in Jugendsachen wegen des das Jugendgerichtsgesetz beherrschenden Erziehungsgedankens eine gesteigerte Bedeutung zu.

3. Kommt es im Einzelfall in einer Jugendsache gleichwohl zu erheblichen, vermeidbaren Verfahrensverzögerungen, die den Strafverfolgungsbehörden zuzurechnen sind, so erscheint fraglich, ob eine Kompensation in der vom Bundesverfassungsgericht vorgeschriebenen Weise, also durch Ermäßigung der an sich verwirkten Jugendstrafe - nach Feststellung von Art und Ausmaß der Verzögerung - vorzunehmen ist. Der Senat hält - nach erneuter Überprüfung - die uneingeschränkte Übertragung dieser im Erwachsenenstrafrecht geltenden Grundsätze für bedenklich. Zumindest in Fällen, in denen schädliche Neigungen die Verhängung von Jugendstrafe erforderlich machen und erzieherische Überlegungen die Höhe der Jugendstrafe ausschlaggebend bestimmen, wird sie ausscheiden müssen. Ein Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK wird nicht durch einen mathematischen Abschlag von der erzieherisch gebotenen Jugendstrafe zu kompensieren sein. Sie wird vielmehr nur insoweit strafmildernd Berücksichtigung finden können, als Gedanken des Schuldausgleichs in die Strafzumessung einfließen.


Entscheidung

BGH 3 StR 297/02 - Urteil vom 5. Dezember 2002 (LG Duisburg)

Heranwachsender (Entwicklungskräfte; echte Chance auf eine positive Entwicklung; Beurteilungsspielraum); Strafzumessung bei jungen Tätern (Resozialisierung; Chancenlosigkeit; Erörterungspflicht); unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (Bewertungseinheit; theoretische Möglichkeit).

§ 29 BtMG; § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG; § 46 Abs. 1 Satz 2 StGB

1. Bei der Prüfung, ob auf ein Angeklagter als Heranwachsender abzuurteilen ist, steht dem Jugendrichter bei der Gesamtwürdigung seiner Persönlichkeit ein weiter Beurteilungsspielraum zu (BGHSt 36, 37 f.; BGH NJW 2002, 73).

2. Es kommt für die Gleichstellung eines Heranwachsenden mit einem Jugendlichen nach § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG nicht darauf an, dass er auf Grund seines Lebensweges keine echte Chance auf eine positive Entwicklung hatte; vielmehr ist maßgebend, ob in dem heranwachsenden Täter noch in größerem Umfang Entwicklungskräfte wirksam sind (st. Rspr., vgl. BGHSt 36, 37, 40; BGHR JGG § 105 Abs. 1 Nr. 1 Entwicklungsstand 8).

3. Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 StGB sind bei der Strafzumessung die Wirkungen einer Strafe auf den Täter unter dem spezialpräventiven Gesichtspunkt einer Resozialisierung zu berücksichtigen (vgl. BGHSt 24, 40 ff.). Deshalb sind Art und Umfang der Strafe so zu bestimmen, daß ihr Resozialisierungszweck erfüllt werden kann. Bei der Verhängung einer sehr hohen Freiheitsstrafe gegen einen jungen Angeklagten, der eine lange Freiheitsstrafe während einer Zeit verbüßen muss, in der häufig noch entscheidende Weichenstellungen im Hinblick auf das zukünftige Leben getroffen werden können, besteht die Gefahr, dass wegen des Fehlens jeglicher Perspektive für ein eigenverantwortliches Leben die anzustrebende Wiedereingliederung in die Gesellschaft nicht erreicht wird. Dies gilt vor allem für einen jungen Straftäter, der bisher keine echte Chance für eine positive Entwicklung hatte, auch nicht durch eine erzieherische Einwirkung im Rahmen des Vollzugs von Jugendstrafe.

4. Ob sich die Urteilsgründe mit den Wirkungen einer Strafe auf einen zum Urteilszeitpunkt noch sehr jungen Angeklagten ausdrücklich befassen müssen und in welchem Umfang dies zu geschehen hat, hängt im Einzelfall von der Höhe der verhängten Freiheitsstrafe sowie dem Alter des Verurteilten und den übrigen Strafzumessungserwägungen ab. Dabei gilt der Grundsatz, daß die sachlich-rechtliche Begründungspflicht umso eher eine ausdrückliche Erörterung gebietet, je jünger der Verurteilte und je höher die verhängten Freiheitsstrafen sind.


Entscheidung

BGH 4 StR 426/02 - Beschluss vom 3. Dezember 2002 (LG Dessau)

Heranwachsende (Strafzumessung; Ausschluss der Vorschriften über die Entschädigung des Verletzten); Jugendstrafe (Schwere der Schuld; formelhafte Berücksichtigung des Erziehungsgedankens; Strafzumessung).

§ 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG; § 109 Abs. 2 JGG i.V.m. § 81 JGG; § 17 Abs. 2 JGG; § 46 StGB; § 406 StPO

Auch bei einer wegen der Schwere der Schuld verhängten Jugendstrafe bemisst sich ihre Höhe vorrangig nach erzieherischen Gesichtspunkten. Die Urteilsgründe müssen deshalb erkennen lassen, dass dem Erziehungsgedanken die ihm zukommende Beachtung geschenkt und bei Bemessung der Jugendstrafe das Gewicht des Tatunrechts gegen die Folgen der Strafe für die weitere Entwicklung des Heranwachsenden abgewogen worden ist (vgl. BGH GA 1982, 416; BGHR JGG § 17 Abs. 2 Schwere der Schuld 1 und § 18 Abs. 2 Erziehung 8 und 9 jew. m.w.N.).


Entscheidung

BGH 1 StR 340/02 - Urteil vom 18. Dezember 2002 (LG Weiden i.d.OPf.)

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (Nicht geringe Menge bei Methamphetamin / Crystal-Speed).

§ 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG

Der Senat sieht keinen Anlass, für Methamphetamin eine nicht geringe Menge im Sinne von § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG unterhalb 30 Gramm Methamphetamin-Base anzunehmen. Trotz der Unterschiede in der Wirkungsintensität und in der Dosierung hat der Bundesgerichtshof angesichts der Gleichartigkeit der Wirkungsweisen und aus Gründen der praktischen Handhabbarkeit den Grenzwert der nicht geringen Menge für die Methylendioxyethyalamphetamin -MDE/MDEA- (BGHSt 42, 255), Methyldioxyamphetamin -MDA-, Methylendioxymethamphetamin -MDMA- (BGH NStZ 2001, 381) und Amphetamin (BGH NStZ 2002, 267) einheitlich auf 30 Gramm der jeweiligen Base festgesetzt, orientiert an MDE, dem Amphetaminderivat mit der geringsten Wirkstoffintensität (BGHSt 42, 255, 267). Grundlegende neue Erkenntnisse, die dennoch eine Neubestimmung des Grenzwertes für Methamphetamin gebieten, haben sich seit den Entscheidungen des 5. Strafsenats vom 25. Juli 2001 (BGH NStZ 2002, 267) und vom 23. August 2001 (BGH NStZ-RR 2001, 379) nicht ergeben.


Entscheidung

BGH 3 StR 292/02 - Beschluss vom 24. September 2002 (LG Osnabrück)

Täterschaftliches unerlaubtes Handeltreiben (Beihilfe; Mittäterschaft; Kurier; Eigennützigkeit); Strafzumessung (Aufklärungserfolg; Kronzeugenregelung).

§ 25 Abs. 2 StGB; § 27 StGB; § 29 BtMG; § 31 Nr. 1 BtMG; § 46 StGB

1. Der Täter des Handeltreibens muss als tatbestandsmäßige Voraussetzung selbst eigennützige Beweggründe verfolgen (BGHSt 34, 124). Eigennützig handelt der Straftäter, dessen Tun vom Streben nach Gewinn geleitet wird oder der sich irgend einen anderen persönlichen Vorteil von seiner Tat verspricht (BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 11, 15, 33).

2. Für die Voraussetzungen des § 31 Nr. 1 BtMG ist es rechtlich unerheblich, in welchem Verfahrensstadium der Angeklagte sein Wissen preisgibt, so dass eine Offenbarung grundsätzlich auch noch in der Hauptverhandlung genügt (BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Aufdeckung 21, 25). In den Genuss der Strafmilderung kann im übrigen auch derjenige Angeklagte kommen, der den eigenen Tatbeitrag nicht gesteht oder sonst zu seiner Aufdeckung nicht beiträgt (BGHSt 33, 80).