HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Februar 2022
23. Jahrgang
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Hervorzuhebende Entscheidungen des BGH


I. Materielles Strafrecht - Allgemeiner Teil


Entscheidung

218. BGH 3 StR 255/21 - Urteil vom 22. Dezember 2021 (LG Bad Kreuznach)

Gewerbsmäßiger Bandenbetrug (Versuchsbeginn; Konkurrenzen; keine einheitliche Tat bei mehreren Täuschungshandlungen im Rahmen eines Tatentschlusses; Mittäterschaft; Beendigung; Bandenbegriff; Bandenmitgliedschaft); keine strafmildernde Berücksichtigung der Einziehung des Wertes von Taterträgen.

§ 263 Abs. 1, Abs. 5 StGB; § 73 StGB

1. Bei Mittäterschaft treten alle Mittäter einheitlich in das Versuchsstadium im Sinne des § 22 StGB, sobald einer von ihnen zur Ausführungshandlung unmittelbar ansetzt, und zwar unabhängig davon, ob einzelne ihren Tatbeitrag schon im Vorbereitungsstadium erbracht haben. Für den Versuchsbeginn genügt regelmäßig, dass ein Täter bereits ein Merkmal des gesetzlichen Tatbestands verwirklicht. Bei einem Betrug als mehraktigem Geschehen ist erst diejenige Täuschungshandlung maßgeblich, die den Getäuschten unmittelbar zur irrtumsbedingten Vermögensverfügung bestimmen und den Vermögensschaden herbeiführen soll.

2. Zwar liegt nur eine Tat des Betruges vor, wenn ein einziger Tatentschluss und eine einzige Täuschung oder Irrtumserregung zu mehreren Vermögensverfügungen des Opfers führen. Veranlasst allerdings ein Täter - sukzessiv und inhaltlich auf früheren Tathandlungen aufbauend - einen Geschädigten durch immer neue Täuschungshandlungen zu jeweils eigenständigen Vermögensverfügungen im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB, reicht dies selbst im Falle desselben Tatentschlusses nicht für die Annahme einer einheitlichen Tat aus.

3. Bei einer Bande handelt es sich um die auf eine gewisse Dauer angelegte Verbindung von mindestens drei Personen zur gemeinsamen Deliktsbegehung. Ob jemand Mitglied einer Bande ist, bestimmt sich allein nach der deliktischen Vereinbarung, der so genannten Bandenabrede. Die Begründung der Mitgliedschaft folgt nicht aus der Bandentat, sondern geht dieser regelmäßig voraus. Mitglied einer Bande kann dabei auch derjenige sein, dem nach der Bandenabrede nur Aufgaben zufallen, die sich bei wertender Betrachtung als Gehilfentätigkeit darstellen.

4. Es ist nicht erforderlich, dass sich sämtliche Bandenmitglieder untereinander kennen und gemeinsam an der Abrede beteiligt waren. Diese muss zwar nicht ausdrücklich getroffen werden; es genügt vielmehr jede Form einer stillschweigenden Vereinbarung, die aus dem wiederholten deliktischen Zusammenwirken mehrerer Personen hergeleitet werden kann. Die bloße Schilderung eines wiederholten deliktischen Zusammenwirkens ist für sich grundsätzlich aber nicht ausreichend, um das Zustandekommen einer Bandenabrede zu belegen.

5. Die Einziehung des Wertes von Taterträgen kann - anders als bei einer Einziehung nach § 74 StGB - nicht strafmildernd berücksichtigt werden, weil sie allein der Gewinnabschöpfung und damit dem Ausgleich unrechtmäßiger Vermögensverschiebung dient.


II. Materielles Strafrecht – Besonderer Teil


Entscheidung

149. BGH 1 StR 397/21 - Beschluss vom 18. November 2021 (LG München I)

Heimtückemord (keine Heimlichkeit erforderlich; fehlende Arglosigkeit des Erpressers); Einschränkung der Notwehr des Erpressungsopfers (Chantage; Verfahrenseinstellung; nemo tenetur; Zumutbarkeit).

§ 211 StGB; § 253 StGB; § 32 StGB; § 154c StPO

1. Heimtückisches Handeln im Sinne des § 211 StGB erfordert kein „heimliches“ Vorgehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann das Opfer vielmehr auch dann arglos sein, wenn der Täter ihm zwar offen feindselig entgegentritt, die Zeitspanne zwischen dem Erkennen der Gefahr und dem unmittelbaren Angriff aber so kurz ist, dass ihm keine Möglichkeit bleibt, dem Angriff zu begegnen. Maßgebend für die Beurteilung ist die Lage bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs.

2. Die Beurteilung, ob ein Mensch arglos ist, richtet sich dabei grundsätzlich nach seiner tatsächlichen Einsicht in das Bestehen einer Gefahr; maßgeblich sind hierfür jeweils die Umstände des konkreten Einzelfalls. Ein Erpresser mag in der von ihm gesuchten Konfrontation mit dem Erpressten im Hinblick auf einen etwaigen abwehrenden Gegenangriff des Opfers auf sein Leben regelmäßig dann nicht arglos sein, wenn er in dessen Angesicht im Begriff ist, seine Tat zu vollenden oder zu beenden und damit den endgültigen Rechtsgutsverlust auf Seiten des Erpressten zu bewirken. Da der Erpresser mit einer Ausübung des Notwehrrechts durch sein Opfer grundsätzlich jederzeit rechnen muss, spricht bereits die Grundkonstellation gegen dessen Arglosigkeit.

3. Jedenfalls wohnt einer für den Erpresser tödlichen Gegenwehr des Erpressungsopfers vielfach nicht in dem Maße das Tückische inne, welches den gesteigerten Unwert des Mordmerkmals der Heimtücke kennzeichnet. Da der Erpresser (späteres Tatopfer) in derartigen Konstellationen der wirkliche Angreifer ist, gegen dessen Angriff dem Erpressungsopfer aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 32 StGB und der dieser zugrunde liegenden strafrechtlichen Werteordnung das Notwehrrecht zusteht, mit dessen Ausübung der Erpresser in einer solchen Lage grundsätzlich rechnen muss, erscheint es bei wertender Betrachtung nicht systemgerecht, dem sich wehrenden Opfer, wenn es in der gegebenen Lage in den Randbereich der erforderlichen und gebotenen Verteidigung gerät oder gar exzessiv handelt, das Risiko aufzubürden, bei Überschreitung der rechtlichen Grenzen der Rechtfertigung oder auch der Entschuldigung sogleich das Mordmerkmal der Heimtücke zu verwirklichen.

4. Das Mordmerkmal der Heimtücke ist insoweit einer – auch normativ orientierten – einschränkenden Auslegung zugänglich, die dem Wortsinn des Begriffs der Heimtücke mit dem ihm innewohnenden Element des Tückischen Rechnung zu tragen hat.

5. Wird der Angeklagte vom Tatopfer mit Androhung der Preisgabe seiner Beteiligung an Straftaten erpresst, liegt zwar ein andauernder und damit gegenwärtiger rechtswidriger Angriff auf seine freie Willensentschließung und sein Vermögen vor (vgl. hierzu: BGHSt 48, 207 ff. Rn. 16), wenn die von gewalttätigen Übergriffen begleiteten fortlaufenden Drohungen des Tatopfers zwecks Durchsetzung der von ihm erstrebten rechtsgrundlosen Zahlungen ununterbrochen fortwirkten und sich sogar zunehmend intensivierten. Eine Tötung ist zur Abwehr dieses fortdauernden und sich zunehmend steigernden Angriffs aber nicht erforderlich, wenn es dem Angeklagten – wie hier – möglich und zumutbar gewesen ist, sich zur Abwehr des Angriffs an die Strafverfolgungsbehörden zu wenden und das Verhalten zur Anzeige zu bringen. Anderes ergibt sich insbesondere nicht aus dem Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung („nemo tenetur“), wenn der Angeklagte durch die Anzeige des erpresserischen Verhaltens des Tatopfers die Strafverfolgungsbehörden zu einem Einschreiten hätte veranlassen können, ohne gleichzeitig seine eigene Beteiligung an den Betäubungsmittelgeschäften preiszugeben. Zudem ermöglicht § 154c Abs. 2 StPO eine adäquate Auflösung des insoweit gegebenen Interessenkonfliktes (vgl. BGHSt 48, 207 ff. Rn. 16).


Entscheidung

177. BGH 4 StR 224/20 - Beschluss vom 8. Dezember 2021 (LG Deggendorf)

Verbotene Kraftfahrzeugrennen (Kraftfahrzeugrennen: besondere Gefährlichkeit, Übertreffenwollen; Abs. 2: eigenhändiges Delikt, konkrete Gefahr für eines der genannten Individualrechtsgüter, innerer Zusammenhang; mittäterschaftliche Zurechnung; Nebentäterschaft; Gefahrenverwirklichungszusammenhang: Sich-Niederschlagen des vorsätzlich herbeigeführten konkreten Gefahrenerfolgs, Tod eines anderen Menschen, Vorsatz hinsichtlich Gefährdung des Lebens anderer Menschen); fahrlässige Tötung; fahrlässige Körperverletzung.

§ 315d StGB; § 222 StGB; § 229 StGB

1. Ein Kraftfahrzeugrennen im Sinne des § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB ist ein Wettbewerb zwischen wenigstens zwei

Kraftfahrzeugführern, bei dem es zumindest auch darum geht, mit dem Kraftfahrzeug über eine nicht unerhebliche Wegstrecke eine höhere Geschwindigkeit als der andere oder die anderen teilnehmenden Kraftfahrzeugführer zu erreichen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Teilnehmer zueinander in Bezug auf die Höchstgeschwindigkeit, die höchste Durchschnittsgeschwindigkeit oder die schnellste Beschleunigung in Konkurrenz treten.

2. Die besondere Gefährlichkeit von Kraftfahrzeugrennen in all diesen Konstellationen liegt darin, dass es zwischen den konkurrierenden Kraftfahrzeugführern zu einem Kräftemessen im Sinne eines Übertreffenwollens gerade in Bezug auf die gefahrene Geschwindigkeit kommt. Gerade diese Verknüpfung trägt die Gefahr in sich, dass dabei die Fahr- und Verkehrssicherheit außer Acht gelassen, der Verlust von Kontrolle in Kauf genommen und die Aufmerksamkeit auf das Verhalten des Konkurrenten gerichtet wird.

3. Nach der Rechtsprechung des Senats erfüllt ein Teilnehmer an einem nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen im Sinne des § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB den als eigenhändiges Delikt ausgestalteten Qualifikationstatbestand des § 315d Abs. 2 StGB in objektiver Hinsicht, wenn er durch sein eigenes Fahrverhalten während der Rennteilnahme eine konkrete Gefahr für eines der genannten Individualrechtsgüter verursacht und zwischen seinem Verursachungsbeitrag und dem Gefährdungserfolg ein innerer Zusammenhang besteht.

4. Eine mittäterschaftliche Zurechnung des Rennverhaltens der anderen Rennteilnehmer und sich allein daraus ergebender konkreter Gefahren scheidet aus. Allerdings kann eine Nebentäterschaft vorliegen, wenn ein und derselbe Gefährdungserfolg von mehreren Rennteilnehmern herbeigeführt wird. Dies setzt aber voraus, dass sich die Rennteilnehmer in derselben Rennsituation befinden und zwischen den jeweiligen Mitverursachungsbeiträgen und dem konkreten Gefährdungserfolg ein örtlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht.

5. Der Senat neigt zu der Annahme, dass der Gefahrverwirklichungszusammenhang zwischen § 315d Abs. 2 und 5 StGB verlangt, dass sich im qualifizierenden Erfolg auch gerade der vorsätzlich herbeigeführte konkrete Gefahrerfolg niederschlägt. Dies ist aber in Bezug auf die Erfolgsqualifikation des Todes eines anderen Menschen gemäß § 315d Abs. 5 Var. 1 StGB nur dann der Fall, wenn der Täter bei der Verwirklichung des Tatbestandes des § 315d Abs. 2 StGB auch im Hinblick auf die Gefährdung des Lebens anderer Menschen vorsätzlich gehandelt hat. Die Erfolgsqualifikationen der schweren Gesundheitsbeschädigung und der Gesundheitsbeschädigung einer großen Zahl von Menschen (§ 315d Abs. 5 Alt. 2 und 3 StGB) kommen danach nur dann in Betracht, wenn ein Vorsatz wenigstens in Bezug auf die Herbeiführung einer Leibesgefahr im Sinne des § 315d Abs. 2 StGB festgestellt ist.


Entscheidung

165. BGH 2 StR 313/20 - Urteil vom 29. September 2021 (LG Frankfurt am Main)

Schwerer Bandendiebstahl (Bande; Bandenmitgliedschaft: Gehilfentätigkeit, Bekanntschaft der Bandenmitglieder untereinander, kein Vertrauensverhältnis notwendig, untergeordnete Rolle eines Einzelnen; Bandenabrede: keine Anforderungen an die Dauer des in Aussicht genommenen Zusammenwirkens, kurze Zeitspanne, Gesamtwürdigung, stillschweigende Übereinkunft, Abgrenzung konkludent getroffener Bandenabrede und bloßer Tatbeteiligung); Hilfe zur Aufklärung oder Verhinderung von schweren Straftaten (wesentliche Aufklärungshilfe; Freiwilligkeit; Ermessen); Strafzumessung (keine strafmildernde Berücksichtigung der Untersuchungshaft; Berücksichtigung potenzieller ausländerrechtlicher Maßnahmen: aufenthaltsbeendende Maßnahme, besondere Umstände; keine Berücksichtigung der Trennung von der Familie; keine Berücksichtigung der Vermögenseinbußen durch Einziehung); Anrechnung der Untersuchungshaft.

§ 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB; § 244a StGB; § 46b StGB; § 46 StGB; § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB

1. Eine Bande setzt in den Fällen der §§ 244 Abs. 1 Nr. 2, 244a StGB den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Mehrzahl selbstständiger Diebstähle verbunden haben. Erforderlich ist eine ? ausdrückliche oder stillschweigende ? Bandenabrede, bei der das einzelne Mitglied den Willen hat, sich mit mindestens zwei anderen Personen zur Begehung dieser Straftaten zusammenzutun.

2. Mitglied einer Bande kann auch derjenige sein, dem nach der Bandenabrede nur Aufgaben zufallen, die sich bei wertender Betrachtung als Gehilfentätigkeit darstellen. Ferner ist nicht erforderlich, dass sich sämtliche Bandenmitglieder untereinander kennen und gemeinsam an der Abrede beteiligt waren. Demnach ist es in rechtlicher Hinsicht nicht maßgeblich, ob zwischen Bandenmitgliedern ein besonderes, über eine Geschäftsbeziehung hinausgehendes Vertrauensverhältnis besteht. Ferner kann Bandenmitglied auch sein, wer eine untergeordnete Rolle innehat.

3. Besondere Anforderungen an die Dauer des in Aussicht genommenen Zusammenwirkens bestehen nicht. Eine Bandenabrede kann selbst bei einer kurzen, im Einzelnen noch nicht genau bestimmten Zeitspanne in Betracht kommen.

4. Ob eine Bandenabrede anzunehmen ist, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung zu entscheiden, die die maßgeblichen für und gegen eine solche sprechenden Umstände in den Blick zu nehmen und gegeneinander abzuwägen hat. Dies gilt insbesondere für die Annahme einer stillschweigenden Übereinkunft, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch aus dem konkret feststellbaren deliktischen Zusammenwirken mehrerer Personen hergeleitet werden kann. Insbesondere in Grenzfällen, in denen die Abgrenzung zwischen einer auf einer konkludent getroffenen Bandenabrede beruhenden Bandentat und bloßer Tatbeteiligung schwierig sein kann, ist eine sorgfältige und umfassende Würdigung aller im konkreten Einzelfall für und gegen eine Bandenabrede sprechenden Umstände erforderlich.

5. Wesentliche Aufklärungshilfe im Sinne des § 46b StGB liegt vor, wenn die Tat ohne den Aufklärungsbeitrag nicht oder nicht im gegebenen Umfang aufgeklärt worden wäre, die Aussage des Täters jedenfalls aber eine sicherere Grundlage für die Aburteilung des Tatbeteiligten schafft,

indem sie den Strafverfolgungsbehörden die erforderliche Überzeugung vermittelt, dass ihre bisherigen Erkenntnisse zutreffen.

6. Der Vollzug der Untersuchungshaft an sich darf nicht mildernd berücksichtigt werden. Dass der Täter in der zur Verhandlung anstehenden Sache Untersuchungshaft erlitten hat, ist bei der Verhängung der Freiheitsstrafe regelmäßig ohne Bedeutung, da die Untersuchungshaft nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich auf die zu vollstreckende Strafe angerechnet wird.

7. Die Berücksichtigung ausländerrechtlicher Folgen einer strafgerichtlichen Verurteilung als bestimmender Strafzumessungsgrund kommt regelmäßig nur dann in Betracht, wenn eine aufenthaltsbeendende Maßnahme zwingend zu erfolgen hat und besondere Umstände hinzukommen, die für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten.

8. Die Trennung eines Angeklagten von seiner Familie ist eine zwangsläufige Folge der Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe und als solche kein die Strafe mildernder Gesichtspunkt.

9. Vermögenseinbußen durch Einziehung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte stellen grundsätzlich keinen Strafmilderungsgrund dar, weil insoweit kein rechtlich schützenswertes Vertrauen besteht. Denn die Einziehung des Wertes von Taterträgen dient allein der Gewinnabschöpfung und damit dem Ausgleich unrechtmäßiger Vermögensverschiebung.


Entscheidung

174. BGH 4 StR 103/21 - Beschluss vom 25. November 2021 (LG Bochum)

Hehlerei (Täter: Teilnehmer der Vortat; Absatzhilfe); Beihilfe (keine Beihilfe nach Beendigung der Haupttat); Betrug (Beendigung).

§ 259 StGB; § 27 StGB; § 263 StGB

1. Auch der Teilnehmer an der Vortat kann Täter einer Hehlerei. Dies kommt lediglich dann nicht in Betracht, wenn der Betroffene unmittelbar am wirtschaftlichen Erfolg der Vortat teilhaben will, etwa im Sinne eines „Anrechts“ auf die Beute.

2 Absatzhilfe ist die Unterstützung des Vortäters beim Absatz der bemakelten Sache, wobei der Absatzhelfer „im Lager“ des Vortäters stehen muss.

3. Beihilfe im Sinne von § 27 StGB kann nur geleistet werden, solange das Haupttatgeschehen noch nicht vollständig abgeschlossen ist; nach Beendigung der Haupttat kommt eine strafbare Beihilfe nicht mehr in Betracht.

4. Ein Betrug ist beendet, wenn der Vermögensvorteil beim Täter endgültig eingetreten ist. Maßgeblich ist hierbei die Erlangung des (letzten) vom Tatplan umfassten Vermögensvorteils.


Entscheidung

157. BGH 2 StR 185/20 - Beschluss vom 10. November 2021 (LG Köln)

Geldwäsche (taugliches Tatobjekt: Surrogat, Kette von Verwertungshandlungen, wirtschaftliche Betrachtungsweise, Vermischung, nicht völlig unerheblich, Zeitpunkt der Tatbegehung); Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei Tätern und Teilnehmern (Einziehungsobjekt: Bemakelungsquote, Übertragung der Grundsätze der Geldwäsche; Charakter einer Nebenstrafe; Strafzumessungsentscheidung); Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Einziehung (unangemessene Härte: Wertveränderung zwischen Tat- und Entscheidungszeitpunkt); Strafzumessung (Geldwäsche; Strafrahmen: Gesetzesänderung).

§ 261 StGB; § 74 StGB; § 74b StGB aF; § 74f StGB nF; § 46 StGB

1. Taugliches Tatobjekt der Geldwäsche ist jeder Vermögensgegenstand, der seinem Inhalt nach bewegliche oder unbewegliche Sachen oder Rechte umfasst. Dazu gehören auch solche Gegenstände, die erst durch eine Verwertung des vom Vortäter ursprünglich Erlangten als Surrogat erworben werden und daher nur mittelbar aus der Vortat stammen. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll durch die Wahl des weiten Begriffs des „Herrührens“ eine für Geldwäsche typische Kette von Verwertungshandlungen erfasst werden, bei denen der ursprünglich bemakelte Gegenstand gegebenenfalls mehrfach durch einen anderen oder auch durch mehrere Surrogate ersetzt wird.

2. Maßgeblich ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, wonach Gegenstände als bemakelt anzusehen sind, wenn sie sich im Sinne eines Kausalzusammenhangs auf die Vortat zurückführen lassen und nicht wesentlich auf der Leistung Dritter beruhen.

3. In Fällen der Vermischung legal erworbener und inkriminierter Geldmittel kommt es entscheidend darauf an, dass der aus Vortaten herrührende Anteil bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht völlig unerheblich ist. Maßgeblich für die Prüfung, ob der Anteil inkriminierter Gelder an der investierten Gesamtsumme bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht völlig unerheblich ist, ist der Zeitpunkt der Tatbegehung.

4. Gleiches gilt für die Bestimmung der Bemakelungsquote bei der Prüfung, ob es sich bei dem mit inkriminierten Geldern erworbenen Gegenstand überhaupt um ein der Einziehung zugängliches Objekt handelt.

5. Die Einziehung nach § 74 Abs. 1 und 3 StGB hat den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung. Gleiches gilt für die Einziehung von Tatobjekten nach § 74 Abs. 2 StGB, die teils mit inkriminierten Geldern, teils aber auch mit legalem Vermögen erworben wurden. Sie soll den Tatbeteiligten neben der Hauptstrafe als Übel am Vermögen treffen und dem Täter die Folgen der Tat aus Gründen der Spezial- wie Generalprävention fühlbar machen.

6. Unangemessene Härten, die durch Wertveränderungen zwischen Tat- und Entscheidungszeitpunkt entstehen, können gegebenenfalls im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 74b Abs. 1 StGB aF bzw. § 74f Abs. 1 StGB nF entsprechend berücksichtigt und auch im Rahmen der Strafzumessung ausgeglichen werden.


Entscheidung

225. BGH 3 StR 405/21 - Beschluss vom 8. Dezember 2021 (LG Düsseldorf)


Konkurrenzen zwischen Besitz und Sichverschaffen kinderpornographischer Inhalte.

§ 184b StGB

Der Besitz kinderpornographischer Schriften als Auffangtatbestand tritt regelmäßig hinter dem Sichverschaffen zurück. Die Besitzverschaffung ist am illegalen Markt der Kinderpornographie das gefährdungsintensivere Delikt. Diese Betrachtung entspricht derjenigen im Betäubungsmittelstrafrecht. Auch dort ist der Besitz Auffangtatbestand. Eine Bestrafung wegen Besitzes kann nur erfolgen, wenn andere, umfassendere Formen des strafbaren Umgangs nicht nachgewiesen werden können.