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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 218

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 255/21, Urteil v. 22.12.2021, HRRS 2022 Nr. 218


BGH 3 StR 255/21 - Urteil vom 22. Dezember 2021 (LG Bad Kreuznach)

Gewerbsmäßiger Bandenbetrug (Versuchsbeginn; Konkurrenzen; keine einheitliche Tat bei mehreren Täuschungshandlungen im Rahmen eines Tatentschlusses; Mittäterschaft; Beendigung; Bandenbegriff; Bandenmitgliedschaft); keine strafmildernde Berücksichtigung der Einziehung des Wertes von Taterträgen.

§ 263 Abs. 1, Abs. 5 StGB; § 73 StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Bei Mittäterschaft treten alle Mittäter einheitlich in das Versuchsstadium im Sinne des § 22 StGB, sobald einer von ihnen zur Ausführungshandlung unmittelbar ansetzt, und zwar unabhängig davon, ob einzelne ihren Tatbeitrag schon im Vorbereitungsstadium erbracht haben. Für den Versuchsbeginn genügt regelmäßig, dass ein Täter bereits ein Merkmal des gesetzlichen Tatbestands verwirklicht. Bei einem Betrug als mehraktigem Geschehen ist erst diejenige Täuschungshandlung maßgeblich, die den Getäuschten unmittelbar zur irrtumsbedingten Vermögensverfügung bestimmen und den Vermögensschaden herbeiführen soll.

2. Zwar liegt nur eine Tat des Betruges vor, wenn ein einziger Tatentschluss und eine einzige Täuschung oder Irrtumserregung zu mehreren Vermögensverfügungen des Opfers führen. Veranlasst allerdings ein Täter - sukzessiv und inhaltlich auf früheren Tathandlungen aufbauend - einen Geschädigten durch immer neue Täuschungshandlungen zu jeweils eigenständigen Vermögensverfügungen im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB, reicht dies selbst im Falle desselben Tatentschlusses nicht für die Annahme einer einheitlichen Tat aus.

3. Bei einer Bande handelt es sich um die auf eine gewisse Dauer angelegte Verbindung von mindestens drei Personen zur gemeinsamen Deliktsbegehung. Ob jemand Mitglied einer Bande ist, bestimmt sich allein nach der deliktischen Vereinbarung, der so genannten Bandenabrede. Die Begründung der Mitgliedschaft folgt nicht aus der Bandentat, sondern geht dieser regelmäßig voraus. Mitglied einer Bande kann dabei auch derjenige sein, dem nach der Bandenabrede nur Aufgaben zufallen, die sich bei wertender Betrachtung als Gehilfentätigkeit darstellen.

4. Es ist nicht erforderlich, dass sich sämtliche Bandenmitglieder untereinander kennen und gemeinsam an der Abrede beteiligt waren. Diese muss zwar nicht ausdrücklich getroffen werden; es genügt vielmehr jede Form einer stillschweigenden Vereinbarung, die aus dem wiederholten deliktischen Zusammenwirken mehrerer Personen hergeleitet werden kann. Die bloße Schilderung eines wiederholten deliktischen Zusammenwirkens ist für sich grundsätzlich aber nicht ausreichend, um das Zustandekommen einer Bandenabrede zu belegen.

5. Die Einziehung des Wertes von Taterträgen kann - anders als bei einer Einziehung nach § 74 StGB - nicht strafmildernd berücksichtigt werden, weil sie allein der Gewinnabschöpfung und damit dem Ausgleich unrechtmäßiger Vermögensverschiebung dient.

Entscheidungstenor

Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und, soweit es den Angeklagten L. betrifft, auf dessen Revision wird das Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach vom 4. Januar 2021 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben hinsichtlich

des Angeklagten L. in vollem Umfang;

des Angeklagten B.

soweit dieser in den Fällen 1, 3, 5, 6, 8 und 10 unter II. 3, 5, 6, 7, 9 und 11 der Urteilsgründe sowie wegen Besitzes eines verbotenen Gegenstandes verurteilt worden ist,

im danach verbleibenden Strafausspruch und im Ausspruch über die einen Betrag von 12.770 € übersteigende Einziehung des Wertes von Taterträgen sowie über die Einziehung der beiden Mobiltelefone, der sichergestellten „RIA-Karten“ und des Schlagringes.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehenden Revisionen der Staatsanwaltschaft werden verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten L. wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges in sechs Fällen und Verabredung zu einem gewerbsmäßigen Bandenbetrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Den Angeklagten B. hat es wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges in acht Fällen, Verabredung zu einem gewerbsmäßigen Bandenbetrug und Besitzes eines verbotenen Gegenstandes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Zudem hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen gegen den Angeklagten L. in Höhe von 31.870 € sowie gegen den Angeklagten B. in Höhe von 46.716 € angeordnet und weitere Einziehungsentscheidungen getroffen. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihren zu Ungunsten der beiden Angeklagten eingelegten Revisionen das Urteil aus verfahrens- und sachlich-rechtlichen Gründen. Der Angeklagte L. rügt mit seiner Revision die Verletzung materiellen Rechts. Sein Rechtsmittel hat vollständig Erfolg. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft führt mit der Sachrüge teilweise zur Aufhebung des Urteils zu Lasten der Angeklagten und insgesamt zur Aufhebung zugunsten des Angeklagten L. (§ 301 StPO).

A.

Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

Spätestens im Jahr 2018 schlossen sich der Angeklagte B. sowie weitere Täter aus Deutschland und dem Kosovo zusammen, um mittels eines arbeitsteiligen Zusammenwirkens durch Vorspiegelung angeblicher Lotteriegewinne getäuschte Personen zu erheblichen Geldzahlungen an die Bandenmitglieder zu veranlassen. Der Angeklagte B. sollte bei den Geschädigten für die aus dem Kosovo agierenden Hinterleute Bargeld abholen und es an diese nach Abzug eines eigenen Beuteanteils weiterleiten. Da er keine Fahrerlaubnis hatte, schaltete er den Angeklagten L. als Fahrer ein. Dieser wusste um die Herkunft des Geldes und wollte sich eine Einnahmequelle von erheblichem Umfang und einiger Dauer verschaffen.

Zwischen dem 26. Oktober 2018 und dem 26. November 2019 holte der Angeklagte L. zum einen bei einer Geschädigten Bargeld auf Weisung des Angeklagten B. ab (Fall 1 unter II. der Urteilsgründe), zum anderen fuhr er diesen zur Abholung zu drei anderen Geschädigten und einer Mittelsfrau (Fälle 2, 5, 7 und 8 unter II. der Urteilsgründe), davon teils mehrfach zu denselben Personen. Der Angeklagte B. suchte zudem eine weitere Angerufene wiederholt auf und bekam dort insgesamt 14.587 € sowie Schmuck (Fall 6 unter II. der Urteilsgründe). Darüber hinaus nahm er zusätzlich 5.000 € ohne Zutun des Angeklagten L. bei einem der vier Geschädigten (Fall 5 unter II. der Urteilsgründe), 4.000 € bei einer anderen Getäuschten (Fall 9 unter II. der Urteilsgründe) sowie einen an ihn gelieferten Goldbarren entgegen, den ein gesondert Verfolgter zuvor für 849 € mittels betrügerisch erlangter Gutscheincodes bestellt hatte (Fall 10 unter II. der Urteilsgründe). Den Weisungen der Hintermänner entsprechend, machten sich beide Angeklagte schließlich nach einer Geldabholung am 26. November 2019 zu einem neuen Opfer auf den Weg, um dort vermeintliche Goldstücke im Wert von 19.800 € zu erlangen (Fall 3 unter II. der Urteilsgründe; Fall 4 laut der rechtlichen Würdigung unter IV. der Urteilsgründe). Allerdings wurden sie, rund drei Fahrtstunden vom Zielort entfernt, im Rahmen einer Verkehrskontrolle angehalten und sodann vorläufig festgenommen.

Die Strafkammer hat in rechtlicher Hinsicht angenommen, dass die mehrfache Abholung jeweils bei denselben Geschädigten lediglich eine Tat darstelle, da die Tathandlungen Teilakte einer gleichbleibenden Legende eines vermeintlichen Lottogewinns seien und die Getäuschten infolge des gleichbleibenden Irrtums weitere Vermögensverfügungen vorgenommen hätten. Wie sich aus der Beweiswürdigung, der rechtlichen Würdigung und der Strafzumessung ergibt, hat das Landgericht eine Tatbeteiligung des Angeklagten L. auch im Fall 6 für gegeben erachtet. Ferner hätten sich die Angeklagten jeweils im letzten Fall (Fall 3 unter II., Fall 4 unter IV. der Urteilsgründe) wegen Verabredens zu einem Verbrechen des gewerbsmäßigen Bandenbetruges strafbar gemacht, der Angeklagte B. zudem wegen Besitzes eines Schlagrings (Fall 3 unter IV. der Urteilsgründe).

B.

I. Revisionen der Staatsanwaltschaft

Die von der Staatsanwaltschaft erhobene Verfahrensrüge ist aus den in der Zuschrift des Generalbundesanwalts dargelegten Gründen unzulässig. Eine Überprüfung des landgerichtlichen Urteils aufgrund der Beanstandung materiellen Rechts ergibt Rechtsfehler sowohl zu Gunsten beider Angeklagter als auch gemäß § 301 StPO zu ihren Lasten.

1. Die Rechtsmittel führen, soweit sie zu Ungunsten der Angeklagten eingelegt sind, zur Aufhebung des Urteils in den Fällen 1, 3, 5 und 6 der Urteilsgründe sowie im Übrigen, soweit der Angeklagte B. wegen Besitzes eines verbotenen Gegenstandes verurteilt worden ist, und im danach noch verbleibenden Strafausspruch.

a) Hinsichtlich der Fälle 1, 5 und 6 tragen die vom Landgericht getroffenen Feststellungen nicht die rechtliche Wertung, dass sämtliche die drei verschiedenen Geschädigten betreffenden Tätigkeiten der Angeklagten jeweils lediglich eine Tat darstellen.

Zwar liegt nur eine Tat des Betruges vor, wenn ein einziger Tatentschluss und eine einzige Täuschung oder Irrtumserregung zu mehreren Vermögensverfügungen des Opfers führen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. März 2020 - 3 StR 558/19, juris Rn. 10 mwN; vom 9. Oktober 2019 - 2 StR 337/19, wistra 2020, 149 Rn. 5). Veranlasst allerdings ein Täter - sukzessiv und inhaltlich auf früheren Tathandlungen aufbauend - einen Geschädigten durch immer neue Täuschungshandlungen zu jeweils eigenständigen Vermögensverfügungen im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB, reicht dies selbst im Falle desselben Tatentschlusses nicht für die Annahme einer einheitlichen Tat aus (s. BGH, Beschluss vom 7. März 2017 - 1 StR 41/17, wistra 2017, 484 Rn. 9 f. mwN; vgl. auch BGH, Urteil vom 1. Juli 2021 - 3 StR 84/21, juris Rn. 32).

Danach erschließt sich die vom Landgericht vorgenommene Wertung, die Getäuschten hätten die verschiedenen Verfügungen immer infolge eines „gleichbleibenden Irrtums“ vorgenommen, angesichts der vielfachen Anrufe bei den einzelnen Geschädigten, der zusätzlichen Vorspiegelung weiterer Gewinne beziehungsweise der Sicherung von Schmuck in einer Asservatenkammer und den teils deutlichen Zeitabständen von bis zu fünf Monaten zwischen den einzelnen Zahlungen aufgrund der Urteilsfeststellungen nicht.

b) Im Fall 3 hat die Strafkammer eine Verurteilung beider Angeklagter wegen versuchten gewerbsmäßigen Bandenbetruges statt wegen Verabredung nicht in Betracht gezogen, obschon die Feststellungen dazu Anlass geben.

Bei Mittäterschaft treten alle Mittäter einheitlich in das Versuchsstadium im Sinne des § 22 StGB, sobald einer von ihnen zur Ausführungshandlung unmittelbar ansetzt, und zwar unabhängig davon, ob einzelne ihren Tatbeitrag schon im Vorbereitungsstadium erbracht haben (BGH, Beschlüsse vom 1. August 2018 - 3 StR 651/17, NStZ 2019, 511 Rn. 62 mwN; vom 1. August 1986 - 3 StR 295/86, BGHR StGB § 22 Ansetzen 3). Für den Versuchsbeginn genügt regelmäßig, dass ein Täter bereits ein Merkmal des gesetzlichen Tatbestands verwirklicht. Bei einem Betrug als mehraktigem Geschehen ist erst diejenige Täuschungshandlung maßgeblich, die den Getäuschten unmittelbar zur irrtumsbedingten Vermögensverfügung bestimmen und den Vermögensschaden herbeiführen soll (s. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2011 - 1 StR 540/10, NStZ 2011, 400, 401; Urteil vom 16. Januar 1991 - 2 StR 527/90, BGHSt 37, 294, 296).

Zu diesen Voraussetzungen verhalten sich die angefochtenen Urteilsgründe nicht näher. Danach glaubte die Getäuschte zwar an einen Lottogewinn und hatte bereits verschiedene Vermögensgüter übermittelt. Allerdings bleibt nach den Feststellungen offen, wie der Kommunikationsstand zwischen der Angerufenen und den mit ihr telefonierenden Hintermännern - als Mit- oder gegebenenfalls Haupttäter - in Bezug auf die drei abzuholenden Goldstücke war. Da die Strafkammer diesem Gesichtspunkt ersichtlich keine Bedeutung beigemessen hat, ist nicht ausgeschlossen, dass dazu noch weitere Feststellungen getroffen werden können, die eine Strafbarkeit wegen einer versuchten Tat (§§ 22 f. StGB) statt bloß eines Versuchs der Beteiligung (§ 30 StGB) tragen.

c) Der allein den Angeklagten B. betreffende Schuldspruch wegen Besitzes „eines verbotenen Gegenstands“ (Fall 3 laut der rechtlichen Würdigung und Strafzumessung) ermöglicht keine Prüfung durch das Revisionsgericht, da jegliche Feststellungen zu der Tat fehlen. Solche lassen sich auch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht ersehen. Insoweit ergibt sich lediglich aus dem Tenor und den die Einziehung betreffenden Gründen, dass gegen den Angeklagten B. die Einziehung eines am 26. November 2019 sichergestellten Schlagringes angeordnet worden ist. Gemäß der rechtlichen Würdigung stelle dieser einen verbotenen Gegenstand gemäß § 2 Abs. 3 WaffG dar. Angesichts fehlender Feststellungen ist es nicht ausgeschlossen, dass die Verurteilung nicht allein zu Lasten, sondern auch zugunsten des Angeklagten fehlerhaft sein könnte.

d) Nach den gegebenen Umständen stellt es keinen Rechtsfehler dar, dass die Strafkammer eine etwaige Strafbarkeit der Angeklagten wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung oder Unterstützung einer solchen gemäß § 129 Abs. 1 und 2 StGB nicht ausdrücklich erwogen hat. Soweit den Urteilsfeststellungen überhaupt Anhaltspunkte zu entnehmen sind, die auf eine kriminelle Vereinigung im Sinne des § 129 Abs. 2 StGB hindeuten und Anlass zu Erörterung geben könnten (vgl. zu den Voraussetzungen im Einzelnen BGH, Urteil vom 2. Juni 2021 - 3 StR 21/21, NJW 2021, 2813 Rn. 21 ff. mwN), beziehen sich diese hier auf eine etwaige Vereinigung im Kosovo. Damit gegebenenfalls in Zusammenhang stehende Vereinigungsdelikte hat das Landgericht mangels Verfolgungsermächtigung nach § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB nicht ahnden können (s. entsprechend - zu § 353b Abs. 4 StGB - BGH, Urteile vom 23. November 2015 - 5 StR 352/15, wistra 2016, 155 Rn. 9; vom 9. Dezember 1981 - 3 StR 352/81 [L], NJW 1982, 837, 838).

e) Soweit den Strafaussprüchen nicht bereits infolge der teilweisen Aufhebung der Schuldsprüche die Grundlage entzogen ist, sind sie wegen Rechtsfehlern zum Vorteil der Angeklagten aufzuheben. Denn das Landgericht hat im Rahmen der Strafzumessung zugunsten beider Angeklagter mildernd erwogen, dass sie infolge der Einziehung „eine nicht ganz unerhebliche Vermögenseinbuße“ erlitten. Indes kann die Einziehung des Wertes von Taterträgen - anders als bei einer Einziehung nach § 74 StGB - nicht strafmildernd berücksichtigt werden, weil sie allein der Gewinnabschöpfung und damit dem Ausgleich unrechtmäßiger Vermögensverschiebung dient (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2020 - 4 StR 537/19, juris Rn. 12; bereits zur alten Rechtslage BGH, Beschluss vom 16 17 20. Oktober 1999 - 3 StR 324/99, NStZ 2000, 137 mwN; Urteil vom 28. Januar 2015 - 5 StR 486/14, NStZ-RR 2015, 281, 282). Nach den Urteilsgründen ist nicht auszuschließen, dass die Strafkammer nicht allein - in zulässiger Weise - die Einziehung von Tatmitteln, insbesondere von Mobiltelefonen, deren Wert nicht festgestellt ist, sondern auch die Einziehung des Wertes von Taterträgen in die Strafzumessung hat einfließen lassen.

2. Darüber hinaus hat die angegriffene Entscheidung zudem zugunsten der Angeklagten hinsichtlich einzelner Punkte keinen Bestand.

a) Dies betrifft beim Angeklagten B. zum einen den Schuldspruch in Bezug auf das Waffendelikt sowie die Fälle 8 und 10 der Urteilsgründe, zum anderen Teile der Einziehungsentscheidung.

aa) Der Schuldspruch wegen Besitzes „eines verbotenen Gegenstands“ (Fall 3 laut der rechtlichen Würdigung und Strafzumessung) ist aus den bereits dargelegten Gründen mangels jeglicher Feststellungen defizitär. Aus den dem Urteil im Übrigen zu entnehmenden rudimentären Anhaltspunkten ergibt sich nicht, dass der Angeklagte B. die tatsächliche Gewalt über den Schlagring ausübte. Damit entfallen sowohl die für die Tat verhängte Einzelstrafe als auch der Ausspruch über die Einziehung des Schlagringes.

bb) Zudem tragen die Feststellungen nicht die Wertung, der Angeklagte B. habe sich in den Fällen 8 und 10 wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges nach § 263 Abs. 1 und 5 StGB strafbar gemacht.

(1) Gemäß den Urteilsgründen übermittelte die in Fall 10 Getäuschte Gutscheincodes. Mit diesen bestellte ein gesondert Verfolgter für 849 € einen Goldbarren, der an den Angeklagten B. geliefert wurde. Der Angeklagte verkaufte den Barren und transferierte den Großteil des Erlöses an eine Person im Kosovo.

Hieraus folgt nicht, dass der Angeklagte an dem Betrug als (Mit-)Täter beteiligt war. Eine Mittäterschaft scheidet nach Tatbeendigung aus (st. Rspr., etwa BGH, Beschluss vom 28. November 2017 - 3 StR 344/17, juris Rn. 13). Der Betrug ist beendet, wenn der Vermögensvorteil bei dem Täter endgültig eingetreten ist (s. BGH, Beschluss vom 16. April 2014 - 2 StR 435/13, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Beendigung 1 Rn. 5). Dass dies nicht bereits mit Eingang der Gutscheincodes bei dem gesondert Verfolgten der Fall war und der Angeklagte B. zuvor einen Tatbeitrag leistete, ist den Feststellungen nicht zu entnehmen. Angesichts des nicht hinreichend geklärten Sachverhalts scheidet eine abschließende Bewertung aus, ob er sich als Beteiligter eines Betruges oder wegen etwaiger Anschlussdelikte strafbar gemacht hat.

(2) In Fall 8 übergab die Getäuschte an eine gesondert verfolgte Abholerin 1.700 €. Die Abholerin leitete sodann das Geld weisungsgemäß an den Angeklagten B. weiter, den sie für den „Notar F.“ hielt. Da die Anbindung der gesondert Verfolgten an die Tätergruppierung nicht näher erhellt wird, ist nicht ausgeschlossen, dass die Tat mit der Zahlung des Geldes an die Abholerin möglicherweise bereits beendet war und es sich bei dem folgenden Geschehen lediglich um Beutetransfers innerhalb der Tätergruppe handelte. Ein vorangegangener Tatbeitrag der beiden Angeklagten wird in den Urteilsgründen nicht dargelegt.

(3) In Fall 3 tragen die bisherigen Feststellungen eine Verurteilung des Angeklagten B. zumindest wegen der Verabredung zu einem gewerbsmäßigen Bandenbetrug. Zwar ist ihnen nicht zu entnehmen, der Angeklagte B. habe mit dem Angeklagten L. die Begehung eines Verbrechens im Sinne des § 30 Abs. 2 Variante 3 StGB verabredet. Eine solche Verabredung setzt nämlich voraus, dass sich die Willenseinigung auf eine mittäterschaftliche Begehung bezieht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. März 2017 - 3 StR 260/16, BGHSt 62, 96 Rn. 9 mwN; vom 12. November 2015 - 2 StR 197/15, NStZ 2016, 338, 339). Dies wird hier durch etwaige bloße Fahrdienste des Angeklagten L. mangels weiterer Ausführungen nicht belegt (s. näher unten zu II. 2). Allerdings stand der Angeklagte B. in Kontakt mit den Gruppenmitgliedern im Kosovo und wollte in Absprache mit ihnen die Goldstücke bei der Geschädigten abholen. Nach dem - in der Beweiswürdigung weiter ausgeführten - Gesamtzusammenhang einigte er sich daher zumindest mit den Hintermännern auf eine mittäterschaftliche Tatbegehung. Unter Berücksichtigung dieses modifizierten tatsächlichen Gesichtspunktes hätte sich der geständige Angeklagte B. nicht wirksamer verteidigen können.

cc) Im Übrigen weist die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB für sich genommen Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten B. auf.

In Fall 1 überwies an ihn der Angeklagte L. 3.770 € zuzüglich Gebühren aus der Beute. Dagegen ist die Strafkammer bei der Einziehung von einem erlangten Anteil des Angeklagten B. in Höhe von insgesamt 3.880 € ausgegangen. Soweit dieser Betrag die überwiesenen 3.770 € um 110 € übersteigt, ist nicht ersichtlich, dass der Angeklagte die aufgewendeten Gebühren erlangte.

Hinsichtlich Fall 2 hat das Landgericht nicht erwogen, dass die vom Angeklagten B. entgegengenommenen 4.700 € sichergestellt wurden und wo das sichergestellte Geld verblieb. Damit ist unklar, ob es etwa noch für eine originäre Einziehung gemäß § 73 Abs. 1 StGB zur Verfügung stand oder es die Geschädigte bereits zurückerhielt und damit eine Einziehung nach § 73e Abs. 1 Satz 1 StGB ausgeschlossen ist.

Schließlich fehlen Feststellungen dazu, ob die auf andere Personen ausgestellten, von der Einziehungsentscheidung betroffenen „RIA-Karten“ dem Angeklagten B. im Sinne des § 74 Abs. 3 Satz 1 StGB gehörten oder zustanden.

Danach hat die den Angeklagten B. betreffende Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen lediglich in Höhe von 3.770 € in Bezug auf Fall 1, 5.000 € in Bezug auf Fall 7 und 4.000 € in Bezug auf Fall 9, insgesamt also in Höhe von 12.770 €, Bestand. Die grundsätzlich nicht zu beanstandende Einziehung der beiden Mobiltelefone kann deshalb nicht aufrechterhalten bleiben, weil sich aus den Urteilsgründen nicht ergibt, dass sie jeweils gerade (auch) bei denjenigen drei Taten verwendet wurden, die nicht der Aufhebung unterliegen.

b) In Bezug auf den Angeklagten L. sind an dieser Stelle weitere Ausführungen angesichts der von ihm selbst umfassend eingelegten Revision entbehrlich (s. dazu sogleich unter II.).

II. Die Revision des Angeklagten L. hat mit der Sachrüge insgesamt Erfolg.

1. Die Urteilsgründe tragen nicht die Wertung, der Angeklagte L. habe als Mitglied einer Bande im Sinne des § 263 Abs. 5 StGB gehandelt.

a) Bei einer Bande handelt es sich um die auf eine gewisse Dauer angelegte Verbindung von mindestens drei Personen zur gemeinsamen Deliktsbegehung. Ob jemand Mitglied einer Bande ist, bestimmt sich allein nach der deliktischen Vereinbarung, der so genannten Bandenabrede. Die Begründung der Mitgliedschaft folgt nicht aus der Bandentat, sondern geht dieser regelmäßig voraus. Mitglied einer Bande kann dabei auch derjenige sein, dem nach der Bandenabrede nur Aufgaben zufallen, die sich bei wertender Betrachtung als Gehilfentätigkeit darstellen. Ferner ist nicht erforderlich, dass sich sämtliche Bandenmitglieder untereinander kennen und gemeinsam an der Abrede beteiligt waren (s. BGH, Urteil vom 10. Februar 2021 - 3 StR 184/20, juris Rn. 18 mwN). Diese muss zwar nicht ausdrücklich getroffen werden; es genügt vielmehr jede Form einer stillschweigenden Vereinbarung, die aus dem wiederholten deliktischen Zusammenwirken mehrerer Personen hergeleitet werden kann. Die bloße Schilderung eines wiederholten deliktischen Zusammenwirkens ist für sich grundsätzlich aber nicht ausreichend, um das Zustandekommen einer Bandenabrede zu belegen (s. BGH, Beschluss vom 10. November 2011 - 3 StR 355/11, NStZ 2012, 518).

b) Daran gemessen ist den Feststellungen eine Bandenmitgliedschaft des Angeklagten L. nicht zu entnehmen. Die allgemeinen Ausführungen zum Zusammenschluss mehrerer Täter nennen allein den Angeklagten B., nicht den Angeklagten L. Soweit dieser später als Fahrer eingeschaltet wurde, wird lediglich dargelegt, dass sich ein Freund der Bande anschloss und der Angeklagte L. „um die Herkunft und Umstände des Geldes“ wusste. Es findet sich somit nichts dazu, dass er ebenfalls Mitglied der Bande wurde. Solches wird im Rahmen der Beweiswürdigung ebenfalls - bezogen auf den Angeklagten L. - nicht belegt. Aus der wiedergegebenen geständigen Einlassung, er habe Kenntnis von dem grundsätzlichen Modus operandi gehabt, ergibt sich noch nicht ohne weiteres, dass und gegebenenfalls wann er eine Verbindung mit anderen Bandenmitgliedern zur gemeinsamen Deliktsbegehung einging. Selbst wenn nach dem Gesamtzusammenhang das wiederholte Tätigwerden eine Bandenmitgliedschaft nahelegt, ist es nach den hier gegebenen Umständen Sache des Tatgerichts zu beurteilen, ob danach bereits bei den ersten Taten eine entsprechende Vereinbarung vorlag oder ob und ab welchem Zeitpunkt sie im Laufe der Tatserie - gegebenenfalls konkludent - getroffen wurde. Daran fehlt es.

2. Ferner weist die Würdigung Rechtsfehler auf, der Angeklagte L. habe in allen Fällen, an denen er beteiligt war, als Mittäter im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB gehandelt oder handeln sollen.

a) Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter, wer einen eigenen Tatbeitrag leistet und diesen so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst und auch keine Anwesenheit am Tatort; ausreichen kann vielmehr ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich die objektiv aus einem wesentlichen Tatbeitrag bestehende Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Die Frage, ob sich bei mehreren Tatbeteiligten das Handeln eines von ihnen als Mittäterschaft darstellt, ist vom Tatgericht aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Dabei sind die maßgeblichen Kriterien der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betroffenen abhängen müssen (s. BGH, Beschlüsse vom 6. August 2019 - 3 StR 189/19, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 41 Rn. 4 f.; vom 12. August 2021 - 3 StR 441/20, NJW 2021, 2896 Rn. 50).

b) Demgemäß lassen die Urteilsgründe nicht den Schluss zu, dass der Angeklagte L. stets Mittäter war, selbst wenn dem Tatgericht insoweit ein Beurteilungsspielraum zustehen sollte (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 12. August 2021 - 3 StR 441/20, NJW 2021, 2896 Rn. 52 mwN).

Abgesehen von Fall 1, in dem der Angeklagte L. an zwei Tagen eigenhändig Geld von der Geschädigten entgegennahm und dafür 2.600 € Entlohnung erhielt, fuhr er ansonsten den Angeklagten B. jeweils zu den Geschädigten oder einer Mittelsperson, bei denen dieser die Beute abholte. Die Zielorte gaben die Hintermänner aus dem Kosovo vor. Soweit der Angeklagte L. etwas für seine Fahrdienste erhielt, lag der Geldbetrag je Fahrt zwischen 100 € und 200 €. Insgesamt versteht sich danach mit Ausnahme von Fall 1 nicht aus sich heraus, dass er maßgeblich an den Taten mitwirkte oder im letzten Fall mitwirken sollte (vgl. zu dem Fahrer eines „Abholers“ auch BGH, Beschluss vom 23. April 2020 - 1 StR 104/20, juris Rn. 6).

3. Über die bereits dargelegten Mängel hinaus fehlen für Fall 6 Feststellungen zu einem Tatbeitrag des Angeklagten L. Dieser findet im Zusammenhang mit dem entsprechenden Tatgeschehen keine Erwähnung. Soweit das Landgericht sich bei der Beweiswürdigung mit dem Angeklagten L. auseinandergesetzt, ihn ausweislich der rechtlichen Würdigung als Mittäter angesehen und eine Einzelstrafe für die Tat festgesetzt hat, wird daraus nicht ersichtlich, welche konkreten Handlungen des Angeklagten dem zugrunde liegen.

4. Da der Schuldspruch aus den vorgenannten Gründen mit den Feststellungen aufzuheben ist, kommt es auf die den Rechtsfolgenausspruch betreffenden Beanstandungen nicht an.

III. Danach ist das Urteil mit den jeweils zugehörigen Feststellungen hinsichtlich des Angeklagten L. insgesamt und in Bezug auf den Angeklagten B. in dem dargelegten Umfang aufzuheben. Soweit die Einziehungsentscheidungen allein zugunsten der Angeklagten keinen Bestand haben, wird das neue Tatgericht das Verbot der Schlechterstellung (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) zu beachten haben.

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 218

Bearbeiter: Christian Becker