HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

November 2005
6. Jahrgang
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Schrifttum

Ionnan Anastasopoulou: Deliktstypen zum Schutz kollektiver Rechtsgüter. C.H. Beck, München 2005, 347 Seiten, ISBN 3-406-53166-0, 56,- Euro.

"Strafrecht dient dem Rechtsgüterschutz", lautet ein Mantra, welches den mit dem Strafrecht Beschäftigten von Beginn seines Studiums an begleitet. Die kriminalpolitische Pointe des Rechtsgüterschutzes besteht freilich weniger in einem strafrechtslegitimierenden als vielmehr in einem strafrechtslimitierenden Anliegen: Die rechtspolitische Gestaltungsmacht des Gesetzgebers soll auf den Schutz ihm vorgegebener Rechtsgüter begrenzt werden. Das systemkritische Potential der Rechtsgutslehre schwindet indessen in dem Maße, in welchem sich Konturen von Rechtsgütern verflüchtigen (Ehre) oder es ihnen an einem greifbaren Inhalt fehlt (Volksgesundheit). Strafrechtsnormen neueren Datums, die etwa die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes (§ 264a StGB) oder die der Versicherungswirtschaft (§ 265 StGB) schützen sollen, vermitteln gar den Eindruck, dass sich zu jeder als rechtspolitisch notwendig erklärten Verbotsnorm auch ein passendes Rechtsgut finden lässt, mit dem sich Verhaltensbeschränkungen legitimieren lassen. Die Verfasserin der von Roxin betreuten Münchener Dissertation untersucht, welche Deliktstypen sich zum Schutz kollektiver Rechtsgüter eignen und ob die tradierten Deliktskategorien ein hinreichendes Deutungsmuster für neuere Tatbestände zum Schutz solcher Allgemeinrechtsgüter bieten.

Anastasopoulou nimmt zunächst die kollektiven Rechtsgüter vor einer "Skandalisierung" als per se illegitim in Schutz, warnt andererseits aber davor, Allgemeinrechtsgüter dort zu hypostasieren, wo sich diese unmittelbar aus Individualrechtsgütern ableiten ließen (S. 40). Indem sie es zu einer "unabdingbaren Strukturbedingung" erklärt, dass von Universalrechtsgütern nur dort gesprochen werden könne, wo sich diese nicht "unmittelbar und ausschließlich auf individuelle Interessen" zurückführen lassen (S. 43), hat sich die Verfasserin, wie sich im weiteren Fortgang zeigen soll, einen argumentativen Riegel gegen strafrechtliche Ausweitungstendenzen verschafft. Sodann wendet sich Anastasopoulou den abstrakten Gefährdungsdelikten zu, auf die das Rechtsgüterschutzdenken einen besonders hohen Legitimationsdruck ausübt, wird doch das Verhaltensverbot dort bereits in deutlichem Abstand zu einer tatsächlichen Einbuße am Rechtsgut ausgesprochen (S. 80). Dennoch will die Verfasserin am Rechtsgüterschutz als Primärprinzip auch dieses Deliktstyps festhalten, schließlich dürften in einem "liberalen Rechtsstaat…den Bürgern Pflichten nicht um ihrer selbst willen" auferlegt werden (S. 127). Dies ist zweifellos richtig. Doch kann ein für alle abstrakte Gefährdungsdelikte tragfähiger Bezug zwischen der Pflicht zur Unterlassung potentiell gefährlicher Handlungen und dem Schutz des Rechtsguts nicht, wie die Verfasserin meint, darin liegen, dass es bei Vornahme einer solchen Handlung nur noch vom Zufall abhänge, ob eine Verletzung des Rechtsguts eintrete oder nicht (S. 133 f.): Ob etwa Abfall ein Gewässer verunreinigen oder ein Darlehen das Kreditwesen beeinträchtigen kann, hängt wesentlich von erkenn- und steuerbaren, also nicht zufälligen Umständen ab. Den abstrakten Gefährdungsdelikten und ihren Verhaltensverboten ist indessen ein anderes Zufallselement zu eigen, welches nur schwer mit der vermeintlichen Strenge des zitierten Mantra in Einklang zu

bringen ist: Die Grenze zwischen zulässigem und verbotenem Verhalten wird unter Ausschöpfung der Einschätzungsprärogative demokratisch legitimierter Institutionen gezogen.

Nach der Verteidigung der abstrakten Gefährdungsdelikte im Allgemeinen widmet sich Anastasopoulou deren Einsatz zum Schutz kollektiver Rechtsgüter im Besonderen. Gelegentlich wird die Notwendigkeit einer dogmatischen Sonderbehandlung der abstrakten Gefährdungsdelikte in diesem Bereich mit der Begründung postuliert, Allgemeinrechtsgüter seien einer unmittelbaren Verletzung gar nicht fähig, so dass auch die Frage nach einer Gefährdung ins Leere laufe (S. 135 ff.). Anastasopoulou hält dogmatische Zugeständnisse, etwa Tiedemanns Auffassung vom "Vorrang der Rechtspflicht gegenüber dem Rechtsgut" (S. 142), hingegen für unnötig: Auch bei Allgemeinrechtsgütern könne von einer Verletzung bzw. Gefährdung gesprochen werden. Freilich gelte es, zwischen einer (nicht erforderlichen) Totalvernichtung eines kollektiven Rechtsguts und seiner (ausreichenden) punktuellen Verletzung zu unterscheiden (S. 202 ff.). Bezeichnend ist freilich, wie die Verfasserin die Verletzung von Universalrechtsgütern kennzeichnet: Die Verletzung unverkörperter gesellschaftlicher Institutionen liege in der "Beeinträchtigung der vorherrschenden Rationalitätsstruktur einer Gesellschaft" (S. 202). Da aber die Rationalitätsstrukturen in den hier interessierenden Bereichen unserer Gesellschaft vom Recht gestaltet werden, weist der von der Verfasserin gewählte Erklärungsansatz primär keine Rechtsguts-, sondern eine Rechtsverletzung nach.

Der Schutz von Allgemeinrechtsgütern hat nicht nur zu dogmatischen Änderungsvorschlägen innerhalb der tradierten Deliktstypen geführt, den gängigen Deliktstypen ist von einer neueren Lehre das so genannte Kumulationsdelikt an die Seite gestellt worden . Diese Lehre erblickt in Vorschriften wie § 324 StGB den Regelungszweck, eine Gefährdung von Rechtsgütern zu verhindern, die zwar nicht durch die Vornahme der inkriminierten, für sich ungefährlichen Handlung, wohl aber durch die Kumulation solcher Handlungen eintreten könnte (S. 162 f.). Die Verfasserin hält diesen Ansatz für unhaltbar, da er auf die unrechtsbegründende Zurechnung potentiellen Verhaltens Dritter hinauslaufe (S. 179 f.) und insgesamt "Funktionalität mit Legitimität" verwechsele (S. 182). Diese Kritik verfängt freilich nicht: Illegitim wäre der mit der Strafe verfolgte generalpräventive Effekt nur, wenn der Täter unabhängig von einem steuerbaren Verhalten allein zu Demonstrationszwecken bestraft würde. Auch nach der Lehre vom Kumulationsdelikt wird der Täter indessen ausschließlich aufgrund seines fehlbaren Verhaltens bestraft, einer unrechtsbegründenden Zurechnung von Drittverhalten bedarf es folglich nicht. Ob derartige Verstöße eine Kriminalstrafe nach sich ziehen müssen, ist wiederum eine Frage rechtspolitischen Ermessens: Denkbar wäre es allemal, Umweltgefährdungen durch unsachgemäßen Umgang mit Abfall dem Fall eines falsch geparkten Autos gleichzustellen, dessen Halter mit einem Bußgeld belegt wird, obgleich es niemanden behindert, das aber dennoch kein schlechtes Vorbild für andere Parkplatzsuchende abgeben soll. Auch hier zeigt sich, dass die Grenzen des Strafrechts weniger von vorfindlichen Konturen eines Rechtsguts, sondern maßgeblich vom Willen des Gesetzgebers gestaltet werden.

Wenn aber, wie die Verfasserin meint, Universalrechtsgütern nichts per se Illegitimes anhaftet, abstrakte Gefährdungsdelikte im Allgemeinen unbedenklich und zum Schutz kollektiver Rechtsgüter grundsätzlich tauglich sind, fragt sich, ob die Diskussion um die weite "Vorfeldkriminalisierung" rechtspolitischer Lärm um Nichts war. Nach Auffassung von Anastasopoulou ist die Kritik an der Ausuferung des Strafrechts berechtigt - freilich aus anderen als den oft genannten Gründen. Das Problem der Universalrechtsgüter sei nicht - wie die "Frankfurter Schule" lehre - der "nur vermittelte Bezug zu menschlichen Interessen". Umgekehrt: Universalrechtsgüter würden oftmals nur vorgeschoben, um die eigentlich bezweckte Optimierung des Schutzes individueller Rechtsgüter zu kaschieren (S. 234). Die Verfasserin demonstriert diese These unter anderem an den Beispielen betrugsähnlicher Tatbestände wie §§ 264, 264a, 265b StGB: Rechtspolitischer Grund ihrer Einführung seien allein die praktischen Schwierigkeiten beim Vermögensschutz durch § 263 StGB gewesen. Deren Abhilfe habe eine erhebliche Vorverlagerung des Individualschutzes durch die neu geschaffenen betrugsähnlichen Tatbestände notwendig gemacht, wobei diese Strafrechtsausdehnung durch die zusätzliche Bezugnahme auf diffuse Universalrechtsgüter zu legitimieren versucht worden sei (S. 241 f.). Dem hält die Verfasserin mit Recht entgegen, die Bedenken gegen die Ausdehnung des Schutzes ließen sich nicht dadurch ausräumen, dass man "dem für sich begründungsinsuffizienten Gesichtspunkt des Vermögensschutzes noch ein weiteres diffuses Rechtsgut an die Seite stell[e]" (S. 260). Gerade diese Kritik am rechtspolitischen Vorgehen wirft freilich erneut die Frage nach der Leistungsfähigkeit der Rechtsgutslehre auf, wenn, wie geschehen, unter Berufung auf den Rechtsgüterschutz die Grenzen des Strafrechts nicht begrenzt, sondern ausgedehnt werden. Anastasopoulou sieht sich denn auch gezwungen, das von ihr gerühmte "systemkritische Potential" der Rechtsgutslehre erheblich zu reduzieren: Die Verpflichtung auf den Rechtsgüterschutz zwinge den Gesetzgeber immerhin, "das von ihm geschützte Interesse offen zu legen", was für die Diskussion "erhellend" sein könne (S. 292 f.). Der strafrechtslimitierende Anspruch der Rechtsgutslehre wird also in der kleineren Münze der Transparenz eingelöst. Dennoch, insistiert die Verfasserin, sei das Rechtsgut keine "Abbreviatur des Zweckgedankens". Vielmehr solle die "prinzipiell liberale Stoßrichtung die Modellierung der Verbotsmaterie" bestimmen (S. 293). Allein: Was geschieht, wenn sich der Gesetzgeber, wie geschehen, nicht an solche Modellvorgaben hält? Dann bleibt nach Auffassung von Anastasopoulou nur die verfassungsgerichtliche Kontrolle, bei welcher das Rechtsgut einen "guten Prüfstein" abgebe (S. 293). Doch selbst dieser bescheidene Anspruch sieht sich mit der von der Verfasserin an anderer Stelle dargelegten Genügsamkeit des BVerfG konfrontiert, letztlich "jeden

erheblichen Gemeinschaftswert oder -belang als Legitimationsgrund für Strafgesetze" ausreichen zu lassen (S. 287).

Die sehr ausführliche Darstellung der Diskussion um die Universalrechtsgüter und das Gefährdungsdelikt führt Anastasopoulou zu der Folgerung, das abstrakte Gefährdungsdelikt sei die geeignete Deliktsform für den Schutz "echter" kollektiver Rechtsgüter. Kennzeichnend für solche echten Kollektivgüter (wie die Rechtspflege) sei, dass ihre Gefährdung zu Einbußen an einer Vielzahl unterschiedlicher Individualrechtsgüter (Vermögen, Freiheit etc.) führen könnten, während bei bloß scheinbaren Kollektivgütern eine Verletzung anderer Individualrechtsgüter neben dem tatsächlich angegriffenen Gut nicht denkbar sei (S. 301). Im Hinblick auf die Strafnormen zum Schutz der Kredit- und Versicherungswirtschaft erklärt Anastasopoulou Folgeschäden an qualitativ gleichen Rechtsgütern bei Geschäftspartnern der Versicherungs- oder Kreditinstitute für nicht ausreichend, um ihrethalben hinter den Tatbeständen ein echtes Kollektivgut annehmen zu können (S. 303). Doch überzeugt diese definitorische Ausgrenzung nicht: Im Kredit- und Versicherungswesen sind nämlich derartige Folgeschäden Ergebnis einer Kettenreaktion, die aus der institutionellen Verflechtung der einzelnen Glieder resultiert: Kredit- und Versicherungsunternehmen sind miteinander, etwa über Einlagensicherungssysteme, verbunden und führen zudem die Rechte vieler einzelner Kunden zusammen, so dass sich Vermögensschäden bei einem einzelnen Kreditunternehmen auf andere Banken und Gläubiger auswirken können. Angegriffen wird zwar ein einzelnes Unternehmen, Gefährdungen anderer individueller Rechtsgüter sind aber ebenso denkbar wie nachteilige Auswirkungen auf die rechtliche Vernetzung, welche die einzelnen individuellen Rechtsgüter im Guten wie im Schlechten aneinander binden. Diese rechtliche Vernetzung mag man als Kollektivrechtsgut bezeichnen. Schaut man also, wie die Verfasserin, vom Rechtsgut auf die Strafnormen und bestimmt deren Verletzung und Gefährdung rein normativ, liegen auch die von Anastasopoulou kritisierten Vorschriften des Wirtschaftsstrafrechts nicht außerhalb dieses dogmatischen Spektrums.

Demgegenüber will die Verfasserin mit der Verneinung des Prädikats "echtes" Kollektivrechtsgut auch die Einordnung solcher Normen unter die Kategorie des Gefährdungsdelikts ausschließen: Wo es per definitionem kein Kollektivrechtsgut gibt, kann es auch nicht um seine Gefährdung gehen. Für Anastasopoulou bleibt ohne den dogmatischen Boden des Rechtsgutsgedanken die Lehre vom Kumulationsdelikt als Erklärungsfolie dieser Normen. Diese Lehre deutet sie als schlichte Ausprägung der "Bauernregel", "wo wir denn hinkämen, wenn das alle täten" (S. 312, 314). Indessen verdeckt diese Polemik nicht das Grundproblem hinter den Ausführungen der Verfasserin: Dem strafrechtsausdehnenden Potential des Rechtsgutsdenkens lässt sich nicht mit einer letztlich willkürlichen definitorischen Verengung kollektiver Rechtsgüter begegnen, so dass man unerwünschte Folgen kurzerhand der Lehre vom Kumulationsdelikt zuschieben kann. Erkennt man nämlich an, dass Kollektivrechtsgüter nicht nur fassbare Umweltmedien sind, sondern auch Produkte normativer Verständigung sein können, ist es um das systemkritische Potential des Rechtsgüterschutzdenkens weitgehend geschehen. Der strafrechtslimitierende Anspruch des eingangs erwähnten Mantra muss folglich deutlich relativiert werden. Ob aber Relativierung ein zwangsläufiges Schicksal aller "rechtlichen Fundamentalprinzipien" ist, wie Anastasopoulou meint (S. 293), darf bezweifelt werden.

Wiss. Ass. Dr. Michael Kubiciel, Regensburg

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Walter Gollwitzer: Menschenrechte im Strafverfahren MRK und IPBPR; um ein Sachregister erweiterte Sonderausgabe der Kommentierung der MRK, IPBPR in der 25. Auflage des Löwe-Rosenberg, Großkommentar zur StPO und zum GVG; Verlag de Gruyter; 2005; Berlin; 700 Seiten; 198,- €; ISBN 3-89949-222-6.

I. Die jüngere Welle an darstellenden Publikationen zur EMRK wird nunmehr mit der Neuauflage eines bewährten Klassikers fortgesetzt: Walter Gollwitzer hat seine Löwe-Rosenberg-Kommentierung der beiden wesentlichen menschenrechtlichen Verträge EMRK und IPBPR auf dem Stand 1.10.2004 vorgelegt. Wie von der Vorauflage gewohnt, hat Gollwitzer dabei unter Orientierung an der EMRK die Konventionsbestimmungen und die entsprechenden und zum Teil weitergehenden Vorschriften des IPBPR im jeweiligen Kontext erläutert. Das Ziel des Kommentars besteht erklärtermaßen darin, die heute auch in Alltagsfällen zu beobachtende (vgl. Vorwort I) Einwirkung der menschenrechtlichen Verträge auf das Strafverfahren durch Erläuterungen verständlich zu machen. Gollwitzer zieht hierfür fast ausschließlich deutschsprachige Quellen heran, was treffend darin zum Ausdruck gebracht wird, dass sich der Kommentar auf die unpräzise Überschrift des deutschen Umsetzungsgesetzes bezieht und somit von der Kommentierung der MRK spricht. Veröffentlicht wurde der Kommentar auch als ansehnliche Sonderausgabe, die zu Recht den Titel Menschenrechte im Strafverfahren trägt: Erläutert werden all jene Vorschriften, die für das Strafverfahren von nicht nur peripherer Relevanz sind.

Die Zielsetzung bedeutet damit zugleich, dass der Kommentar seine strikt deutsche Perspektive aufrecht erhält (vgl. auch Vorbem. II: für das internationale Spezialschrifttum soll Raum bleiben), für die er zur Vorauflage von Trechsel u.a. hart als "uneuropäisch" gebrandmarkt worden ist. Den Bedürfnissen der deutschen Praxis dürfte die Herangehensweise Gollwitzers freilich oftmals entgegen kommen. Es muss aber doch festgehalten werden, dass bei einer solchen Selbstbeschränkung auch Anregungen oder entscheidende Nuancierungen des Auslegungsstandes übersehen werden könnten, die sich gerade aus Rechtsprechungsentwicklungen und Diskussionen

ergeben können, die abseits offensichtlich für Deutschland problematischer Konventionsrechtsfragen verlaufen können. So vermisst man im Kommentar letztlich einige Entscheidungen, die zu nicht deutschsprachigen Vertragsstaaten der EMRK ergangen sind, die aber für die weitere Konventionsentwicklung bedeutsam sein können.

II. Auch die Neuauflage des Kommentars besticht durch eine klare Darstellung der gesicherten Erkenntnisse zur EMRK. In vorwiegender Orientierung an der Rechtsprechung des EGMR sowie der Entscheidungen der früheren EKMR bietet Gollwitzer eine Kommentierung, die explizit aus dem Blickwinkel wahrscheinlicher Fragen der deutschen Rechtspraxis geschrieben ist und die sich daher für die Bedürfnisse der deutschen Praxis tatsächlich gut eignet. Besonders gelungen erscheint die prägnante Einführung in den europäischen bzw. internationalen Menschenrechtsschutz (S. 95-141). Ebenso wird das Rechtsschutzverfahren nach den internationalen Verträgen konzise und für die Bedürfnisse der Praxis äußerst hilfreich dargeboten (S. 611-672). Hierbei und auch in den gesamten übrigen Kommentierungen liegt der Schwerpunkt eindeutig und angemessen auf der EMRK, da ihr im Vergleich durchsetzungsfähigerer Rechtsschutzmechanismus und die zu ihr heute entwickelte Rechtsprechung in weitaus größerem Maße Fragen aufwerfen, die für das deutsche Straf(prozess)recht relevant sind. Die an der EMRK orientierte Ansatz der Doppelkommentierung und der beschränkte Quellenzuschnitt lässt freilich den Eindruck aufkommen, als werde der IPBPR ein wenig stiefmütterlich behandelt. Ebenso hätte sich der Rezensent mit Blick auf zukünftiges Unionsrecht bisweilen Erörterungen dazu gewünscht, ob ausdrücklich vom IPBPR garantierte Rechte heute nicht auch vom fairen Verfahren des Art. 6 EMRK umfasst werden (vgl. etwa zur Pflicht, über die mögliche Hinzuziehung eines Verteidigers zu belehren, Art. 6 Rn. 208 f.). Äußerst erfreulich und für die praktische Arbeit bedeutsamer ist aber wiederum, dass der Gollwitzer einen umfassenden Abdruck der kommentierten völkerrechtlichen Verträge enthält: Auf 93 Seiten werden parallel die deutschen und die völkerrechtlich maßgeblichen englischen und französischen Fassungen der einschlägigen Verträge einschließlich der Antifolterkonventionen publiziert.

Gollwitzer arbeitet in die Kommentierungen eine große Fülle neuer Entscheidungen und Publikationen ein. Gerade mit der immens angeschwollenen Anzahl an Entscheidungen des EGMR und der vermehrt anwachsenden Literatur muss man dies als eine äußerst bedeutsame Leistung hervorheben. Der Großkommentar erschließt so eine erhebliche Anzahl weiterführender, deutschsprachiger Quellen. Vereinzelte Lücken bei der Einarbeitung aktueller Beiträge aus jüngeren Festschriften und geläufigen strafrechtlichen Fachzeitschriften muss man jedoch zur Kenntnis nehmen, so dass der Blick in andere Großkommentierungen wie etwa derjenigen von Paeffgen im SK auch insoweit noch von Gewinn sein kann. Bei den Entscheidungen ist sogar BVerfG NJW 2004, 3407 ff. (Bindungswirkung von EGMR-Entscheidungen) bereits knapp eingearbeitet. Gollwitzer deutet dabei an, dass er sich eine Rüge der Verletzung der EMRK über Art. 2 GG vorstellen kann. Auch er stellt klar, dass es bei der Eröffnung von Argumentationsspielräumen nach nationalem Recht allenfalls dann legitim sein kann, vom Konventionsstandard abzuweichen, wenn die Absicht des Gesetzgebers eindeutig belegt ist, von der EMRK abweichen zu wollen (Einf. Rn. 43).

III. Während eine Aufarbeitung der Ausführungen und Positionierungen nicht möglich ist, die Gollwitzer in seinem Werk trifft, ist es doch sinnvoll, schlaglichtartig Positionen Gollwitzers zu einzelnen, praktisch drängenden oder viel diskutierten Fragen anzusprechen, um eine Vorstellung von den Auffassungen des Kommentators und von dem enormen Fragenkreis zu gewinnen, den Gollwitzer zu bearbeiten hatte:

Zur jüngeren Auseinandersetzung um eine mögliche Untätigkeitsbeschwerde zur Beendigung rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerungen hält Gollwitzer fest, dass ein entsprechender Anspruch zwar grundsätzlich nach der Konvention existiert (Art. 13 Rn. 6d). Letzten Endes lehnt er eine Untätigkeitsbeschwerde jedoch als kontraproduktiv ab. Eine Ausweitung der bislang nur für das Recht auf Verfahrensbeschleunigung geltenden Rechtsprechung des EGMR, bei Verletzungen des Art. 6 EMRK über Art. 13 EMRK nationale Abhilfeverfahren zu fordern, erscheint ihm dagegen plausibel. Dies könnte ganz neue Fragen an das deutsche Strafverfahrensrecht herantragen. Zutreffend stellt der Kommentar die von BGH StV 2003, 388 angedachte Einschränkung der nach Art. 6, 13 EMRK gebotenen Kompensation von Verstößen gegen das Recht auf Verfahrensbeschleunigung im Jugendstrafverfahren in Frage (Art. 6 Rn. 85b).

Deutlich betont Gollwitzer, dass die staatliche Verantwortlichkeit nach der EMRK kein staatliches Handlungsverschulden voraussetzt, also eine umfassende Einstandspflicht des gesamten Staates für die tatsächliche Verwirklichung der garantierten Rechte besteht (vgl. Art. 1 Rn. 11a, 15 ff.). Bemerkenswerter Weise hält Gollwitzer hier den Ausschluss von rechtmäßigen Notwehrhandlungen, die zur Tötung des Angreifers bei der alleinigen Verteidigung von Sachwerten führt, ohne weiteres für grundsätzlich geboten (Art. 2 Rn. 18 und 19). Lesenswert und überzeugend legt er dar, wie weit der Schutz der Pressefreiheit auch nach der Straßburger Rechtsprechung praktisch reicht, womit er die im Zuge der Caroline-von-Hannover-Entscheidung aufgekommenen Aufgeregtheiten treffend als unsubstantiiert erweist (vgl. etwa Art. 10 Rn. 28). Die nachträgliche Sicherungsverwahrung ist auch nach Auffassung Gollwitzers kein Fall des Art. 5 I Nr. c 2. Alt. EMRK (Art. 5 Rn. 70). Einschränkungen des Akteneinsichtsrechts bei Art. 5 IV EMRK kommen für ihn "nur bei nicht unmittelbar hafterheblichen Verfahrensvorgängen" in Betracht (Art. 5 Rn. 124a). Die Problematik der sofortigen Verwerfung der Berufung bei Abwesenheit des Angeklagten gemäß § 329 Abs. 1 StPO will Gollwitzer mit einer eher erstaunlichen Argumentation über den IPBPR im Sinne des deutschen Status Quo beantworten, wobei er die dazu existierende ständige Rechtsprechung des EGMR nicht näher analysiert (Art. 6 Rn. 190a).

Für einen Großkommentar vielleicht eher untypisch ist der Umstand, dass Gollwitzers nicht selten Streitfragen offen lässt oder jedenfalls nicht näher aufgreift. So hält Gollwitzer die Absolutheit des Folterverbots gemäß Art. 3 EMRK lediglich fest, verweist allein auf einige Quellen zur jüngst entbrannten Diskussion um etwaige Ausnahmen (Art. 3 Rn. 7). Zur streitigen Frage der möglicherweise in Großverfahren ungenügenden deutschen Revisionsbegründungsfrist äußert Gollwitzer keine Auffassung (Art. 6 Rn. 185). Auch den Konflikt zwischen BVerwG und EGMR zur Verfolgung durch private Gruppen lässt er offen (Art. 3 Rn. 14a; vgl. anders etwa Grabenwarter, EMRK, 2. Aufl., § 20 Rn. 27). Den gerade im deutschen Schrifttum bestrittenen Ansatz der ersten Öcalan-Entscheidung, die unfair verhängte Todesstrafe als Verstoß gegen Art. 3 EMRK zu betrachten, lässt er unkommentiert (Art. 3 Rn. 33). Ob Art. 5 V EMRK einen Entschädigungsanspruch bei menschenunwürdiger Inhaftierung umfasst, erörtert Gollwitzer nicht (dafür aber m.w.N. Gazeas HRRS 2005, 171, 176). Zu allen angesprochenen Fragen bietet Gollwitzer freilich den Zugang zu einschlägiger Literatur. Die nunmehr in Straßburg erörterte und auch dringlich erörterungsbedürftige Frage, ob der (deutsche) Brechmitteleinsatz Art. 3 EMRK unterfällt, beantwortet Gollwitzer leider nicht.

Ein wenig bedenklich erscheint die bisweilen aufzufindende Tendenz Gollwitzers, Vorgaben des fairen Verfahrens im Anschluss an das BVerfG eher noch restriktiver festzustellen, als sie der EGMR im Wege seiner Gesamtbetrachtung anerkennt. Die Sichtweise, Gollwitzers, dass selbst die Mindestrechte des Art. 6 III EMRK wegen der Gesamtbetrachtung nicht strikt, sondern nur in Abhängigkeit vom Einzelfall einzuhalten seien, muss als zweifelhaft oder doch ungenau gelten (vgl. so aber gestützt auf ein Zitat der EKMR aus den 70er Jahren Art. 6 Rn. 161, Rn. 65; vgl. dazu demnächst näher Gaede, Fairness als Teilhabe - Das Recht auf konkrete und wirksame Teilhabe durch Verteidigung gemäß Art. 6 EMRK, Kap. C § 1 I, D § 2 III[Diss. Zürich 2005, Druck in Vorbereitung]). So wird etwa recht vorschnell die BGH-Praxis als legitim anerkannt, nicht gänzlich unbedeutende staatliche Verfahrensverzögerungen allein deshalb zu ignorieren, weil das Verfahren insgesamt nicht übermäßig lang erscheint (vgl. Art. 6 Rn. 78; dagegen bereits Demko HRRS 2005, 283, 292 f. m.w.N.; Gaede HRRS 2005, in diesem Heft). Die Rechtsprechung des EGMR, nach der eine auch nicht eingeschränkt konfrontierte Zeugenaussage niemals das einzige oder wesentliche Beweismittel sein dürfe, auf das sich ein verurteilendes Urteil stützt, wird zu einer Aussage, dass in einem solchen Fall eine Verletzung vorliegen "kann" (Art. 6 Rn. 228); die ungenaue BGH-Formel, nach der eine unkonfrontierte Aussage das wesentliche Beweismittel sein könne, wenn sie durch weitere gewichtige Beweismittel bestätigt werde, wird von Gollwitzer in Abwandlung des Originals des EGMR übernommen (Art. 6 Rn. 226; vgl. treffend und erhellend dazu schon Demko ZStR 112 (2004), 416 ff., 433 f.). Ebenso ist anmerkenswert, dass Gollwitzer bisweilen frühere, bedenklich restriktive Ansätze der EKMR als aktuellen Auslegungsstand ausweist, was im Lichte der auch von ihm hervorgehobenen dynamischen Auslegung der EMRK zweifelhaft erscheinen muss (vgl. beispielhaft die Art. 6 Rn. 170, 192 ff. und zur gebotenen Prüfung, ob Ansätze der EKMR im Licht späterer Rechtsprechung des EGMR noch heute relevant sind, vgl. Weh v. AUT, §§ 47 ff. JR 2005, 423 ff. m. Anm. Gaede).

IV. Ein Gesamtfazit kann danach betonen, dass die aktualisierte Auflage des Gollwitzer-Kommentars eine ganz erhebliche Bereicherung auf dem deutschen Literaturmarkt zur EMRK darstellt. Der erklärtermaßen deutsche Großkommentar zur EMRK ist eine bedeutende Informationsquelle, die mit ihrer Orientierung an der deutschen StPO dem Praktiker zügig beim oft unbekannten Umgang mit der EMRK weiter helfen wird. Damit erreicht der Kommentar das selbst gesetzte Ziel. Für die heute auch für das deutsche Recht oftmals bedeutsamen Auslegungsfragen zu EMRK und IPBPR bietet der Kommentar Zugang zu diversen Entscheidungen und Beiträgen in deutscher Sprache. Wenn auch die bereits referierte und von Gollwitzer selbst offen gesetzte Beschränkung auf eine praktische, deutsche Perspektive als solche nicht zu kritisieren ist, sollte der Benutzer des Werks freilich im Auge behalten, dass dieser deutsche Blickwinkel möglicherweise weitere Fragen oder nuanciert mögliche Betrachtungen verdecken könnte. Nimmt man aber die mitunter noch arg notleidende praktische Wahrnehmung der Konventions- und IPBPR-Maßstäbe zum Bewertungsmaßstab, dann ist insgesamt festzuhalten, dass die 25. Auflage des Löwe-Rosenberg zu den Menschenrechten im Strafverfahren einen bedeutsamen Beitrag zur praktischen Verwirklichung dieser Rechte im deutschen Strafverfahren darstellt. Gollwitzer hat mit ihr sein wichtiges Wirken für die Menschenrechte abermals unter Beweis gestellt (vgl. auch die zu Ehren Gollwitzers herausgegebene Publikation Verfassungsrecht - Menschenrechte - Strafrecht, Kolloquium für Dr. Walter Gollwitzer zum 80. Geburtstag am 16. Januar 2004 in München, hrsg. u.a. von Reinhard Böttcher; Berlin 2004).

Karsten Gaede , Hamburg/Karlsruhe

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Norman Inoue, Die Pflichtverteidigung im Ermittlungsverfahren. Schriftenreihe Strafrecht in Forschung und Praxis, Band 47, Verlag Dr. Kovač, Hamburg 2004, 254 Seiten, ISBN 3-8300-1648-4, EUR 85,00.

I. Da die Strafverteidigung im Ermittlungsverfahren leider nur selten in der Literatur problematisiert wird (vgl. aber nunmehr auch den für alsbald in der Reihe Praxis der Strafverteidigung angekündigten Band zum Ermittlungsverfahren von Matt), ist um so erfreulicher, dass sich Norman Inoue in seiner Monographie diesem Thema widmet, wobei es ihm speziell um die Pflichtverteidigung geht. Schnell wird bei der Lektüre klar, dass Inoue dem Leser bewusst machen will, wie wichtig es für eine effektive Strafverteidigung ist, dass bereits im Ermittlungsverfahren ein Pflichtverteidiger bestellt wird, da bereits in diesem in Bezug auf die Verteidigung oft

stiefmütterlich vernachlässigtem Verfahrensabschnitt regelmäßig die Weichen für den Ausgang des Verfahrens gestellt werden. Auch wenn erfahrene Strafverteidiger immer wieder die Bedeutung ihrer Tätigkeit im Ermittlungsverfahren betonen, spiegelt sich dies trotz zahlreicher Reformbemühungen zur Stärkung der Einflussrechte des Verteidigers im Ermittlungsverfahren bislang nicht in den gesetzlichen Regelungen der StPO wieder. Inoue stellt in seiner Monographie nicht nur die bestehenden Defizite im Vergleich zur Wahlverteidigung fest, sondern untermauert seine Argumentation für eine Stärkung der (Pflicht)Verteidigerrechte im Ermittlungsverfahren in überzeugender Weise mit konventions- und verfassungsrechtlichen Grundsätzen.

Wer allerdings aufgrund des Titels der Monographie Ausführungen zur inhaltlichen Ausgestaltung der Tätigkeit eines Strafverteidigers im Ermittlungsverfahren erwartet, wird enttäuscht. Inoue weist in der Einleitung darauf hin, dass der Schwerpunkt eben nicht hier, sondern auf der Frage nach der grundsätzlichen Notwendigkeit der Pflichtverteidigung im Ermittlungsverfahren und dem Zeitpunkt der Bestellung des Pflichtverteidigers liegen soll (vgl. S. 9). Diesbezüglich hätte der Titel etwas klarer gefasst werden können, da "Die Pflichtverteidigung im Ermittlungsverfahren" eher suggeriert, dass es nicht vorrangig um die Frage nach dem "Ob", sondern vielmehr um das "Wie" der Pflichtverteidigung im Ermittlungsverfahren geht.

II. Inoues Arbeit gliedert sich in sechs Abschnitte - beginnend mit einer Einleitung, über einen geschichtlichen Abriss und die Darstellung verfassungs- und konventionsrechtlicher Grundsätze zur Pflichtverteidigung, bis hin zur Untersuchung der aktuellen Gesetzeslage und Rechtswirklichkeit. Diesem Kapitel schließt sich die Darstellung aktueller Reformbemühungen der StPO an, wobei Inoue auch einen eigenen Reformvorschlag vorstellt. Die Untersuchung endet mit einer Schlussbetrachtung, in der die Ergebnisse erneut zusammengefasst werden.

1. Nachdem Inoue in seiner Einleitung zunächst die verschiedenen Begriffe für Pflicht- und Wahlverteidiger, wie z.B. die des "notwendigen" und "nichtnotwendigen Verteidigers" erklärt, geht er auf das Verhältnis zwischen der Pflicht- und Wahlverteidigung ein (S. 6 ff.). Außerdem wird die grundsätzliche Bedeutung des Ermittlungsverfahrens für die Verteidigung anhand der Verfahrensabschnitte des Strafverfahrens erklärt. Nach dem herrschenden "formaljuristischen Ansatz", gehe man davon aus, dass dem Ermittlungsverfahren gegenüber der Hauptverhandlung nur eine untergeordnete Bedeutung zukomme (S. 11). Tatsächlich werde in der Hauptverhandlung die im Ermittlungsverfahren durchgeführte Beweisaufnahme aber lediglich wiederholt, so dass das Ergebnis der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung i.d.R. vorbestimmt sei (S. 12). Dies werde auch in der Praxis so gesehen, da 72 % der Verteidiger ihrer Tätigkeit im Ermittlungsverfahren eine hohe Effektivität zumessen und sogar 43 % den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit in diesem Verfahrensabschnitt sehen würden, während nur 30 % davon ausgehen würden, der Schwerpunkt ihrer Aufgabe liege in der Hauptverhandlung (S. 14 f.).

2. Im zweiten Teil der Untersuchung von Inoue folgt ein geschichtlicher Abriss über das Strafprozessrecht und die in der Vergangenheit entwickelten Modelle der notwendigen Verteidigung (S. 17 ff.). Bemerkenswert ist, dass das Herzogtum Braunschweig und das Herzogtum Nassau die Notwendigkeit der Verteidigung von der Vermögenslosigkeit des Beschuldigten abhängig gemacht haben (S. 22). Diesen Gedanken nimmt Inoue später in seinem eigenen Reformvorschlag wieder auf (vgl. S. 189 ff.). In der Reichsstrafprozessordnung, auf der unser heutiges Strafprozessrecht im Wesentlichen beruhe, sei die finanzielle Lage des Beschuldigten hingegen nicht mehr berücksichtigt worden (S. 22). Der weitere Fortgang der Entwicklung des Strafprozessrechts zeigt, dass die Verteidigerrechte im Ermittlungsverfahren zwar stetig gestiegen sind, wie z.B. die Einräumung des Akteneinsichtsrechts nach § 147 f. StPO durch das Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung 1964 (S. 31). Fraglich sei also, ob die Ausgestaltung der notwendigen Verteidigung der hohen Bedeutung des Ermittlungsverfahrens gerecht werde (S. 44).

3. Auf den nächsten 23 Seiten geht es um die verfassungs- und konventionsrechtlichen Grundsätze und ihrer Konsequenzen für die formelle und notwendige Verteidigung (S. 45-68). Inoue stellt die Wechselwirkung zwischen Menschenrechten und Grundrechten des deutschen Grundgesetzes heraus, was insbesondere im Bereich der Verfahrensgarantien aufgrund der wenig detaillierten Regelungen im Grundgesetz besonders wichtig sei (S. 46). Er unterteilt die verfassungsrechtlichen Grundsätze klassisch in Justizgrundrechte, das Rechtsstaatsprinzip und fair trial, den Grundsatz der Waffengleichheit sowie das Sozialstaatsprinzip und die Fürsorgepflicht des Staates. Inoue kommt es besonders darauf an zu klären, wie die Fürsorgepflicht des Staates und die Autonomie des Beschuldigten zu einem Ausgleich gebracht werden können, und er kommt anhand der hierzu vertretenen Ansichten zu dem Ergebnis, dass ein vollständiger Ausgleich zwischen diesen beiden Grundsätzen nicht möglich ist. Folge man der Ansicht, nach der dem Beschuldigten in jedem Verfahrensabschnitt ein Verteidiger obligatorisch beizuordnen sei, würde man den Beschuldigtenwillen vollständig ignorieren (S. 59 ff). Die gegenteilige Auffassung hingegen, die die Beiordnungsfrage stets dem Beschuldigten überlassen wolle, könne auch nicht überzeugen, denn hier stünde es tatsächlich zur Disposition des Beschuldigten, ob es zu einem rechtsstaatlichen Verfahren komme (S. 61 ff.). Nach Inoues Ansicht scheint das gesetzliche Modell vorzugswürdig zu sein. Der Subjektstellung des Beschuldigten werde durch das Recht sich gem. § 137 StPO jederzeit eines Verteidigers bedienen zu können, Rechnung getragen, während diesem Recht dort Grenzen im Interesse der Durchführung eines rechtsstaatlichen Verfahrens gesetzt seien, wo es sich um einen Fall der notwendigen Verteidigung handele und der Beschuldigte keinen Verteidiger wün-

sche. Nur so könne garantiert werden, dass die Verteidigung neben den Interessen des Beschuldigten auch Überindividuellen Interessen diene (S. 64).

4. Den Schwerpunkt der Arbeit von Inoue bildet der vierte Teil, in dem er sich mit der aktuellen Gesetzeslage und Rechtswirklichkeit beschäftigt (S. 69-173). Hier geht er auf die speziellen gesetzlich geregelten Fälle der notwendigen Verteidigung, insbesondere § 140 StPO, ein und setzt sich mit der tatsächlichen Bedeutung des Beschuldigtenwillens auseinander, der nicht erst bei der Verteidigerauswahl, sondern bereits bei der Frage nach dem "ob" einer Bestellung zu berücksichtigen sei (S. 98). Der Zeitpunkt der Pflichtverteidigerbestellung und die Frage nach der Verwertbarkeit von unter Verstoß gegen § 141 StPO gewonnenen Beweise, bilden den Hauptteil des Abschnitts (S. 115-161). Schließlich nimmt Inoue zu den kostenrechtlichen Regelungen der Pflichtverteidigung Stellung und endet mit der Frage, ob die verfassungs- und konventionsrechtlichen Vorgaben zutreffend in der Rechtswirklichkeit umgesetzt werden.

Inoue stellt Missstände in der Rechtswirklichkeit geschickt heraus und stellt so die Weichen für die Beantwortung der Frage, ab welchem Zeitpunkt die Bestellung des Pflichtverteidigers erfolgen sollte (S. 115 ff.). Dies gelingt ihm u.a. dadurch, dass er nicht nur in diesem Kapitel, sondern auch immer wieder an anderer Stelle auf kriminalwissenschaftliche Untersuchungen Bezug nimmt (vgl. z.B. S. 12, 13, 14, 71 ff., 100 f., 118 f.). Erwähnenswert ist vor allem der Teil, der sich mit der Bestellung nach § 117 IV StPO, also im Falle einer über drei Monate hinausgehenden Untersuchungshaft, beschäftigt. Inoue erwähnt hier ein Feldexperiment, welches in einem Zeitraum von drei Jahren (Okt. 1991-Sept.1994) in drei Frankfurter Untersuchungshaftanstalten durchgeführt wurde und bei dem jeder Gefangene einen Verteidiger auf Kosten der Landeskasse erhalten habe. Schätzungen hätten ergeben, dass es insgesamt bei den Gefangenen zu einer Haftzeitverkürzung von etwa 60 Tagen komme und für den gesamten Untersuchungshaftvollzug eine Haftzeitverkürzung von 24 Tagen festgestellt worden sei (S. 71). Dass es überhaupt zu einer Haftzeitverkürzung kam, verwundert den strafprozessual vorgebildeten Leser kaum, da es in Fällen in denen ein Haftbefehl rechtsfehlerhaft sein sollte oder der Haftgrund im Nachhinein wegfällt, ein Verteidiger sicherlich schneller darauf aufmerksam wird als der Ermittlungsrichter, der diesen Fehler frühestens bei der nächsten Wiedervorlage der Akte erkennt. Solche Erklärungsansätze liefert Inoue hingegen nicht, sondern belässt den Leser über die Gründe für dieses Ergebnis im Dunkeln. Inoue hat zwar bereits am Anfang seiner Arbeit darauf hingewiesen, dass es nicht um die inhaltliche Ausgestaltung der Arbeit geht, dennoch wäre eine kurze Bezugnahme hierauf an der einen oder anderen Stelle erfreulich gewesen, um die Untersuchungsergebnisse besser nachvollziehen zu können. Dies gilt insbesondere in Bezug auf das o.g. Feldexperiment, wenn Inoue andererseits feststellt, dass Haftbeschwerden und Haftprüfungsanträge nur eine geringe Erfolgsquote aufweisen würden (S. 70) und man sich daher fragt, welche konkrete Tätigkeit des Verteidigers ansonsten für die ermittelte Haftzeitverkürzung ausschlaggebend sein könnte.

Für Inoue ist eine Kernfrage, ab welchem Zeitpunkt im Ermittlungsverfahren ein Verteidiger zu bestellen ist (S. 115 ff.). Da diese nach § 141 StPO grundsätzlich in jeder Verfahrenslage zulässig, aber nur mit Beginn des Zwischenverfahrens obligatorisch sei, sofern die Voraussetzungen des § 140 StPO gegeben seien, komme eine Pflichtverteidigerbestellung im Ermittlungsverfahren nur äußerst selten vor (vgl. S. 118). Inoue kritisiert besonders heftig die herrschende Meinung, nach der die Bestellung im Ermittlungsverfahren vom Antrag der Staatsanwaltschaft und der Prognose über die Notwendigkeit der Pflichtverteidigung im künftigen Verfahren abhängig sei (S. 118). Dies sei besonders bedenklich, da eine fehlende Antragsstellung auf Verteidigerbeiordnung gerichtlich nicht überprüfbar sei und die Prognose über den Verfahrensfortgangs i.d.R. gegen einen Beiordnungsantrag ausfalle (S. 130). Dies stehe der Verwirklichung der Subjektstellung des Beschuldigten im Ermittlungsverfahren entgegen (S. 140). Inoue verlangt stattdessen eine zwingende Verteidigerbestellung im Ermittlungsverfahren vor der Vernehmung eines zeugnisverweigerungsberechtigten Belastungszeugen durch den Ermittlungsrichter (S. 145), um einer Verletzung des Fragerechts aus Art. 6 III EMRK entgegen zu wirken (S. 144 ff.).

Da die Rechtsfolgen einer unterlassene Pflichtverteidigerbestellung gesetzlich nicht geregelt ist, misst Inoue der Frage, wie mit solchen Beweisen zu verfahren ist, die unter Verstoß gegen § 141 III StPO zustande gekommen sind, große Bedeutung zu. Er stellt hierzu drei Ansätze vor und beginnt mit einer von einem Teil der Literatur vertretenen Lösung im Revisionsrecht, nach der dann von einem Beweisverwertungsverbot ausgegangen werden müsse, wenn das Urteil nach § 337 StPO auf dem Verstoß gegen das Beweiserhebungsgebot beruhe (S. 149). Da ein Verstoß gegen § 141 III StPO keinen absoluten Revisionsgrund nach § 338 StPO darstelle und auch die "Beruhensfrage" wegen § 261 StPO grundsätzlich verneint werden müsse, liege kein Revisionsgrund vor, sofern der Verteidiger noch vor Beginn der Hauptverhandlung bestellt worden (S. 151).

Der BGH gehe in seiner jüngeren Rechtsprechung hingegen davon aus, dass eine unterlassenen Pflichtverteidigerbestellung nicht immer durch eine nachträgliche Bestellung geheilt werden könne, wobei ein Beweisverwertungsverbot bei unter Verstoß gegen § 141 III StPO gewonnenen Beweisen bislang immer abgelehnt worden sei (S. 153). Inoue wendet sich besonders gegen die "Einzelfalljudikatur" des BGH, der eine Abwägung im Einzelfall zwischen dem Aufklärungsinteresse des Staates und der Bedeutung des Verfahrensverstoßes vornehme (S. 155). Er ist davon überzeugt, dass der dritte von ihm dargestellte Lösungsansatz, die sogenannte Schutzzwecklehre, vorzugswürdig sei (S. 156 ff.), die an Bedeutung und Funktion der verletzten Norm anknüpft und ein Verwertungsverbot bejaht, wenn die verletzte Norm die Selbstbeschränkung des Staates zum Ausdruck bringe (S. 157). Gesetzgeberische Wertung sei bei den Regelungen

über die Pflichtverteidigung, dass der Beschuldigte nicht selbst die in ihn gesetzte Verantwortung als aktives Prozesssubjekt tragen könne, wenn ein Fall der notwendigen Verteidigung gegeben sei (S. 157). Eine ohne Beiordnung eines Verteidigers getroffene Entscheidung könne daher grundsätzlich nicht als solche eines verantwortlichen Prozesssubjekts angesehen werden. Zustimmungswürdig ist Inoues Schlussfolgerung, dass die unter Verstoß gegen § 141 III StPO gewonnenen Beweise jedenfalls insoweit unverwertbar seien müssten, als deren Erhebung eine Beiordnung begründe (S. 161).

Bezüglich der wirtschaftlichen Aspekte der Pflichtverteidigung beklagt Inoue vor allem die kostenrechtlichen Folgen in dem Fall, in dem der Beschuldigte zwar einen Wahlverteidiger habe, ihm aber ein zusätzlicher Pflichtverteidiger vom Gericht bestellt werde, um beispielsweise einem Missbrauch des § 338 StPO entgegenzuwirken. Das der Verurteilte nicht nur die Kosten seines Wahl-, sondern auch die seines Pflichtverteidigers tragen müsse sei bedenklich, weil hier die Verteidigerbestellung eben nicht mehr auf der Fürsorge gegenüber dem Beschuldigten beruhe, sondern allein dem Zweck der Verfahrenssicherung diene (S. 167). Inoue kritisiert auch die Kostentragungspflicht des Beschuldigten in den Fällen, in denen das Verfahren eingestellt wurde, ohne dass es bereits gerichtlich anhängig war. Der größte Erfolg des Verteidigers mutiere durch die bestehenden Kostenregelungen zur größten Niederlage unter Kostengesichtspunkten (S. 171).

Zum Schluss des Kapitels konstatiert Inoue, dass die verfassungs- und konventionsrechtlichen Vorgaben zur Pflichtverteidigung während des Ermittlungsverfahrens längst nicht in zureichender Weise konkretisiert und umgesetzt wurden (S. 172 f.). "Die aktuelle Rechtslage steht damit einer Verwirklichung der Subjektstellung des Beschuldigten bereits im Ermittlungsverfahren entgegen" (S. 173).

5. Im vorletzten Teil seiner Monographie widmet sich Inoue den Reformvorschlägen zur Pflichtverteidigung im Ermittlungsverfahren (S. 175 ff.). Neben den aktuellen (und bislang nicht umgesetzten) Reformbemühungen stellt er auch einen eigenen Reformvorschlag vor. In dem im Jahr 2004 von der Bundestagsfraktion von SPD und Bündnis 90/Die Grünen erarbeiteten Diskussionsentwurf zur Reform des Strafverfahrens, werde u.a. eine frühere Einbindung der Verteidigung durch Einräumung der Gelegenheit zur Mitwirkung angestrebt (S. 179). Hiernach solle der Verteidiger z.B. das Recht haben, bei jeder Vernehmung des Beschuldigtenvernehmung sowie jeder staatsanwaltschaftlichen oder ermittlungsrichterlichen Vernehmung von Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen teilnehmen zu dürfen (S. 179). Problematisch sei an dem Reformansatz, dass sich die Verteidigerbestellung im Ermittlungsverfahren auch in Zukunft am gerichtlichen Verfahren orientieren solle, also eine Bestellung erst stattfinden solle, wenn abzusehen ist, dass die Mitwirkung eines Verteidigers nach § 140 I oder II StPO notwendig sei, anstatt sich bei der Entscheidung über die Bestellung vielmehr an der Frage zu orientieren, ob der Beschuldigte der Hilfe eines Verteidigers bedarf, um bereits im Ermittlungsverfahren die Rolle eines autonomen Prozesssubjekts wahrzunehmen (S. 183 f.).

Da es nicht der Rechtswirklichkeit entspreche, dass die Hauptverhandlung entscheidend für den Ausgang eines Verfahrens sei (S. 185), entwickelt Inoue einen eigenen Reformvorschlag. Zunächst verlangt er eine frühzeitige Benachrichtigung des Beschuldigten über seine Beschuldigteneigenschaft und die Einräumung eines Anwesenheitsrechts des Verteidigers bei einer polizeilichen Beschuldigtenvernehmung, was von der herrschenden Meinung bisher verneint werde, da § 163a IV StPO nicht auf § 168c I StPO verweise (S. 187). Auch die Belehrung des Beschuldigten müsse nach §§ 136 I S.2, 163a IV S.2 StPO erweitert werden. "Nur wenn der Beschuldigte auch über das Recht, die Beiordnung eines Pflichtverteidigers im Ermittlungsverfahren zu beantragen, belehrt wird, ist gewährleistet, dass der Beschuldigte seine Entscheidung in Kenntnis seiner prozessualen Rechte und damit als autonomes Prozesssubjekt trifft" (S. 188).

Erwähnenswert ist u.a., dass Inoue eine Art "Prozesskostenhilfe" bei gewünschter Verteidigung fordert, da der Wunsch eines Beschuldigten nach seiner Pflichtverteidigung regelmäßig durch dessen Armut motiviert sei (S. 189). Das man die finanzielle Zuwendung hierbei nicht von den Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung abhängig machen kann, ergibt sich hierbei allerdings von selbst, denn das Bedürfnis nach Verteidigung steigt im Strafverfahren schließlich mit steigendem Verdachtsgrad (vgl. S. 190 f.). Inoue betont, dass ein solches Recht genauso wie bei der Pflichtverteidigung nach geltendem Recht nicht gleich bedeuten würde, dass der Beschuldigte dauerhaft von den Kosten der Verteidigung befreit sei (S. 192). Doch erwähnt er nicht, dass eine solche Regelung natürlich zu einer erheblichen finanziellen Mehrbelastung der Staatskasse führen würde, da eben nicht jeder Beschuldigte sich später in einer derartigen finanziellen Lage befindet, dass man die Kosten im Nachhinein eintreiben könnte. Insgesamt würde die Staatskasse wohl auf einem beträchtlichen Teil der Kosten hängen bleiben. Insofern ist festzuhalten, dass Inoues Vorschlag, genauso wie der Wahl und Pflichtverteidigung gebührenrechtlich gleichzustellen (vgl. S. 198 ff.), zwar der Verwirklichung der konventions- und verfassungsrechtlichen Vorgaben zu dienen geeignet ist, dessen Umsetzung aber angesichts leerer Haushaltskassen mehr als unrealistisch erscheint. Hiermit soll nicht gesagt werden, für diese Reformvorschläge bestünde keine Veranlassung, doch lassen diese hehren Ziele eine gewisse Praxisnähe im Sinne einer reellen Chance zur Umsetzung vermissen.

6. In seiner Schlussbetrachtung fasst Inoue auf vier Seiten (S. 203 ff.) erneut zusammen, dass die momentane Rechtslage angesichts des Anspruchs des Beschuldigten auf Wahrung seiner verfassungsmäßigen Rechte im Strafverfahren alles andere als befriedigend eingeschätzt werden kann und die Bedeutung des Ermittlungsverfahrens für den Beschuldigten bislang unterschätzt wurde,

auch wenn dies in der Vergangenheit immer wieder kritisiert wurde (vgl. das Zitat von Zacharia auf S. 205).

III. Insgesamt leistet Inoue mit seiner Untersuchung einen wertvollen Beitrag, um das Thema der Notwendigkeit der Straf- und vor allem Pflichtverteidigung im Ermittlungsverfahren nicht erneut in Vergessenheit geraten zu lassen. So bleibt zu hoffen, dass die im Jahr 2004 angestrebten Reformbemühungen zur Steigerung der Beschuldigtenrechte im Ermittlungsverfahren doch noch irgendwann umgesetzt werden. In der Arbeit Inoues wird die verfassungs- und konventionsrechtliche Stellung des Beschuldigten gut zusammengefasst und der Rechtswirklichkeit gegenübergestellt, wobei es dem Autor gelingt, besonders markante Defizite herauszustellen und die Notwendigkeit zur Änderung der Rechtswirklichkeit mit den Ergebnissen zahlreicher kriminalwissenschaftlicher Studien zu untermauern. Auf diese Weise räumt Inoue ein für alle Mal mit dem Märchen davon auf, dass allein die Hauptverhandlung entscheidend für den Ausgang eines Strafverfahrens sei. All dies geschieht in einer klaren und einfach zu lesenden Sprache, ohne dass der Leser mit einer Flut von Fach- und Fremdwörtern überfordert wird. Auch wenn nicht jeder seiner abschließenden Reformvorschläge wie eine Handlungsanleitung an den Gesetzgeber und die Praxis verstanden werden kann, so sind darin einige gute Ansätze enthalten, deren Umsetzung längst überfällig ist. Ohne dass dies wohl dem Autor anzulasten ist (oder ein Einzelfall wäre), kann abschließend ein Punkt nicht verschwiegen werden: Der Preis für eine gut 200 Seiten Text umfassende Monographie ist mit 85,- Euro nicht mehr nachvollziehbar hoch, was um so bedauerlicher ist, als dass dies wohl dazu beitragen wird, dass der Inhalt dieses Buches nicht den Verbreitungsgrad finden wird, den es verdient.

Wiss. Mitarb. Silke Noltensmeier, Universität Erlangen-Nürnberg

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