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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
März 2005
6. Jahrgang
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1. Die Abgrenzung einer bewusst fahrlässigen von einer bedingt vorsätzlichen Tötung erfordert bei schwerwiegenden Gewalthandlungen eine sorgfältige Prüfung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Die offensichtliche Lebensgefährlichkeit einer Handlungsweise stellt dabei für den Nachweis eines bedingten Tötungsvorsatzes einen Umstand von erheblichem Gewicht dar (BGH NStZ 2003, 431), weil bei äußerst gefährlichen Gewalthandlungen ein bedingter Tötungsvorsatz nahe liegt (BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 58). Angesichts der hohen Hemmschwelle bei Tötungsdelikten bedarf die Frage der Billigung des Todeserfolges indes einer Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände, in die auch die psychische Verfassung des Täters bei der Tatbegehung sowie seine Motivation mit einzubeziehen sind (vgl. BGHSt 36, 1, 10).
2. Die Frage einer Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB bei erheblicher Alkoholisierung hat der Tatrichter aufgrund einer Gesamtschau aller schulderhöhenden und schuldmindernden Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Der grundsätzlich schuldmindernde Umstand einer erheblichen Einschränkung der Steuerungsfähigkeit kann dabei durch schulderhöhende Umstände ausgeglichen werden. Ein solcher Ausgleich liegt insbesondere dann nahe, wenn eine vermeidbare Alkoholisierung durch Umstände in der Person des Täters (etwa Neigung zu Aggressionen oder Gewalttätigkeiten unter Alkoholeinfluss) oder in der Tatsituation (etwa Trinken in gewaltbereiten Gruppen oder gewaltgeneigten Situationen) das Risiko der Begehung von Gewalttaten erkennbar signifikant erhöht hat (BGH NJW 2004, 3350, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt).
Der für den Bestand des Schuldspruchs wesentliche Begehungszeitpunkt der Beihilfehandlung bestimmt sich gemäß § 2 Abs. 1 und 2 sowie § 8 StGB nach dem Zeitpunkt der Teilnahmehandlung als solcher und nicht nach dem Begehungszeitpunkt der begangenen Haupttaten (vgl. BGHR StGB § 8 Teilnehmer 1 m.w.N.). Eine Ausrichtung an der Haupttat widerspricht dem Grundgedanken des § 8 StGB, dem Bestimmtheitsgebot sowie dem Rückwirkungsverbot (vgl. BGH aaO m.w.N.).
1. Für die Anstiftung zum Heimtückemord genügt bedingter Vorsatz des Anstifters, der auch gegeben sein kann, wenn der Anstifter aus Gleichgültigkeit mit jeder eintretenden Möglichkeit der Tatausführung einverstanden ist. (BGHSt)
2. Ist bei dem Täter einer bezahlten Auftragstötung das Handeln aus Habgier neben anderen Motiven nicht bewusstseinsdominant, kommen auch sonstige niedrige Beweggründe als Mordmerkmal in Betracht. (BGHSt)
3. Fehlt beim Anstifter der Vorsatz hinsichtlich des tatsächlich vorliegenden Mordmerkmals der Heimtücke, stellt sich der Anstifter jedoch vor, der Täter werde aus Habgier handeln, so ist tateinheitlich zur Anstiftung zum Totschlag eine versuchte Anstiftung zum Mord gegeben. (BGHSt)
4. Die Tötung eines Menschen aus "Gefälligkeit" gegenüber einem Dritten ist Ausdruck einer besonders verachtenswerten Gesinnung und damit regelmäßig eines niedrigen Beweggrunds im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB. (Bearbeiter)
5. Die Rechtskraft des Urteils gegen den Haupttäter entfaltet keine Bindungswirkung für das gesonderte Strafverfahren gegen den Gehilfen. (Bearbeiter)
6. Mord und Totschlag stehen nicht im Verhältnis von Grundtatbestand und Qualifikation, sondern sind zwei selbständige Tatbestände. Demnach ist die Strafbarkeit des Teilnehmers nach § 28 Abs. 1 StGB zu beurteilen (st. Rspr.). (Bearbeiter)
7. Eine Strafrahmenmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB kommt beim Teilnehmer bereits dann nicht in Betracht, wenn bei ihm ebenfalls ein täterbezogenes Mordmerkmal vorliegt. Dabei ist es nicht erforderlich, dass die Mordmerkmale beim Täter und beim Teilnehmer in vollem Umfang übereinstimmen. Es genügt vielmehr, dass die verwirklichten täterbezogenen Mordalternativen gleichartig sind (vgl. BGHSt 23, 39, 40 und ständig - "gekreuzte Mordmerkmale"). (Bearbeiter)
Die Tötung einer Frau, um sie keinem anderen Partner zu überlassen, kann die Voraussetzungen niedriger Beweggründe erfüllen (vgl. nur BGH NStZ 2002, 540, 541 m.w.N). Ist aber die Wut des Angeklagten auf sein Opfer mit einer nicht gänzlich unverständlichen, ihn psychisch erheblich belastenden Verzweiflung über seine Situation nach dem von ihm nicht verstandenen und nicht akzeptierten Scheitern seiner ersten festen Partnerschaft verbunden, liegt im Ergebnis auf der Hand, dass das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe mindestens aus subjektiven Gründen ausscheidet (vgl. nur BGHR StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 32; BGH StV 2004, 205).
1. Unter einem Vorteil im Sinne von § 331 Abs. 1 StGB ist jede Leistung zu verstehen, auf die der Amtsträger keinen Anspruch hat und die seine wirtschaftliche Lage objektiv verbessert (vgl. BGHSt 47, 295, 304; BGH NJW 2003, 763, 764). Dazu zählt auch die Entgegennahme erheblicher vorfinanzierter geldwerter Leistungen, aber auch insoweit den Angeklagten gewährter zinsloser Dar-
lehen (vgl. BGH GA 1959, 176, 177). Die Erlangung eines Vorteils im Sinne des § 331 Abs. 1 StGB setzt keinen korrespondierenden Nachteil des Vorteilsgebers voraus (BGH NJW 2001, 2558, 2559 m.w.N.).
2. Es ist ausreichend, dass der Vorteil von Vorteilsgeber und Vorteilsnehmer allgemein im Sinne eines Gegenseitigkeitsverhältnisses mit der Dienstausübung des Amtsträgers verknüpft wird (vgl. BGH NJW 2004, 3569, 3571), wodurch auch schon einem bewussten Handeln von Amtsträgern begegnet werden soll, mit dem ein böser Anschein möglicher "Käuflichkeit" erweckt wird (vgl. BGHR StGB § 331 Anwendungsbereich 2). Nur darauf muss sich der Vorsatz des Vorteilsnehmers auch beziehen.
3. Unter dem rechtlichen Gesichtspunkt, in gewissem Umfang übliche und deshalb sozialadäquate Vorteile von der Strafbarkeit auszunehmen, können allenfalls gewohnheitsmäßig anerkannte, relativ geringwertige Aufmerksamkeiten aus gegebenen Anlässen vom Tatbestand ausgenommen sein (vgl. BGH NJW 2003, 763, 765).
4. Ein persönliches Verhältnis zwischen Amtsträger und Zuwendendem vermag die Anwendung der Korruptionsvorschriften grundsätzlich nicht zu hindern.
Nach der Rechtsprechung ist ein Nachteil im Sinne des § 266 StGB zwar schon dann gegeben, wenn die pflichtwidrige Handlung eine schadensgleiche Vermögensgefährdung auslöst, selbst wenn es letztlich nicht zu einem Schadenseintritt kommt. Hierfür ist jedoch eine sorgfältige Auslegung und Feststellung eingegangener Verpflichtungen und bestehender Nachteilsabwendungsoptionen erforderlich (hier: mögliche vorteilhafte Kaufoption, Leistungsbestimmungsrecht nach §§ 315, 316 BGB).