HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Februar 2005
6. Jahrgang
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Aufsätze und Entscheidungsanmerkungen


HRRS-Praxishinweis: Die Verfahrensverzögerung in der Praxis

Von RiOLG Detlef Burhoff, Münster[*]

Insbesondere Steuerstrafverfahren dauern wegen ihrer Komplexität häufig lange. Eine zu lange Verfahrensdauer kann gegen das Recht des Beschuldigten auf beschleunigte Erledigung des Verfahrens verstoßen (eingehend dazu Gaede wistra 04, 166). Der Verteidiger muss sich mit den damit zusam-

menhängenden Fragen möglichst früh auseinander setzen und die Auswirkungen auf die Verteidigung(sstrategie) prüfen. Wir zeigen Ihnen, worauf dabei zu achten ist.

Checkliste 1: Allgemeine Fragen zur Verfahrensverzögerung


Frage Antwort
1.  Ist das Recht auf beschleunigte Erledigung des Verfahrens gesetzlich geregelt? Ja. Die allgemeine Regelung findet sich in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK, Hinweis: In Art. 5 Abs. 3 Satz 2 MRK befindet sich eine besondere Regelung für den inhaftierten Beschuldigten.
2.  Welchen Inhalt hat das Recht auf beschleunigte Erledigung? Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK hat jeder Beschuldigte das Recht, auf beschleunigte Erledigung seines Verfahrens (BGH NStZ 03, 384 = wistra 02, 328). Hinweis: Dies gilt nach Art 5 Abs. 3 Satz 2 MRK erst Recht für den inhaftierten Beschuldigten. Ausfluss dieser Verpflichtung der staatlichen Behörden sind die §§ 121, 122 StPO.
3.  Gelten für Steuer- und Wirtschaftsstrafverfahren besondere Regeln? Nein. Auch in diesen Verfahren hat der Beschuldigte eine Recht auf beschleunigte Erledigung. Zwar sind diese häufig (besonders) schwierig. Art 6 Abs. 1 MRK verpflichte den Staat aber, seine Justiz so einzurichten, dass die Gerichte allen Anforderungen dieser Vorschrift entsprechen können. Dazu gehört auch die Verpflichtung, innerhalb angemessener Frist zu entscheiden (EGMR wistra 04, 177; Gaede wistra 166, 171).
4.  Lässt sich die Frist, innerhalb der ein Strafverfahren abgeschlossen sein muss, allgemein bestimmen? Nein, das ist nicht möglich. Die Angemessenheit der Frist hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab (BVerfG NJW 92, 2472; BGH NStZ 99, 313; StV 02, 598; wistra 02, 428; 04, 181).
5.  Welche Umstände sind für die Angemessenheit der Frist von Bedeutung? Entscheidend sind alle Umstände des konkreten Einzelfalls (vgl. u.a. EGMR 04, 177; BGH wistra 04, 181; vgl. dazu auch Gaede wistra 04, 166 ff.), wie z.B.
  • eine besondere Bedeutung für den Beschuldigten (vgl. die Nachw. bei Gaede wistra 04, 166, 169 Fn. 57),
  • Umfang und Schwierigkeit des Verfahrens ,
  • nach der Rechtsprechung des BGH und des BVerfG die Schwere des Tatvorwurfs,
Hinweis: Einen besonderen/allgemeinen Bonus für Steuer- und Wirtschaftsstrafverfahren gibt es. Auch hier ist die Komplexität des Verfahrens im konkreten Einzelfall entscheidend (Gaede wistra 04, 166, 173).
  • Art und Weise der Ermittlungen,
  • Art und Umfang der durch das Verfahren für den Beschuldigten eingetretenen Belastungen;
  • (prozessuales) Verhalten des Beschuldigten.
Hinweis: Der Beschuldigte ist aufgrund der Selbstbelastungsfreiheit nicht verpflichtet, aktiv an dem gegen ihn geführten Strafverfahren mitzuwirken. Andererseits kann aber, wenn der Beschuldigte seine Verteidigungsrechte ausschöpft, die hierfür verstrichene Zeit dem Staat grundsätzlich nicht als unangemessene Verzögerung zugerechnet werden (Gaede wistra 04, 166, 169 m.w.N. aus der Rspr.cdes EGMR in Fn. 72). Eine Verfahrensverzögerung darf dem Beschuldigten aber nur

  dann zugerechnet werden, wenn sie auch tatsächlich auf seinem Verhalten beruht (EGMR wistra 04, 177; zur Zurechnung des Verhaltens des Verteidigers s. die Nachw. bei Gaede wistra 04, 166, 179 in Fn. 74).
6.  Ist jede Verfahrensverzögerung rechtsstaatswidrig? Nein, nicht jede Verfahrensverzögerung kann als rechtsstaatswidrig angesehen werden. Das gilt insbesondere für die Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache durch das Revisionsgericht. Die dadurch eintretende Verfahrensverzögerung ist Ausfluss der rechtsstaatlichen Ausgestaltung des Rechtsmittelsystems (BVerfG NJW 03, 2897; BGH NStZ 01, 106 = wistra 00, 462; a.A. Roxin StV 03, 379 in der Anm. zu BVerfG, a.a.O.; siehe auch unten Ziffer 9).
7.  Kann die Verzögerung in einem Verfahrensabschnitt durch besondere Beschleunigung in anderen Abschnitten kompensiert werden? Nach Auffassung des BGH ist das möglich. Er ist der Meinung, dass die gewisse Untätigkeit in einem einzelnen Verfahrensabschnitt bei einer insgesamt angemessenen Verfahrensdauer noch nicht zu einem Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK führt (BGH StraFo 01, 409; NStZ-RR 02, 219; wistra 04, 339). Hinweis: A.A. ist insoweit der EGMR. Danach kann, wenn es im Ermittlungsverfahren zu einer übermäßigen Verzögerung gekommen ist, eine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 Satz 1MRK nicht allein durch die zügige Durchführung des gerichtlichen Verfahrens verneint werden (wistra 04, 177).
8.  Wann beginnt die angemessene Frist? Nach dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK ist auf die „erhobene strafrechtliche Anklage“ abzustellen. Insoweit stellt die h.M. aber nicht auf die formale Anklageerhebung nach § 201 StPO ab. Die Frist beginnt vielmehr (schon) zu laufen, wenn der Beschuldigte von der Einleitung des Ermittlungsverfahrens in Kenntnis gesetzt wird (EGMR wistra 04, 177; BVerfG NJW 93, 3254; Gaede wistra 04, 166, 168).
9.  Wann endet die Frist? Die zu berücksichtigende Zeitdauer endet, wenn das Verfahren durch eine endgültige und verbindliche Entscheidung über die Anklage beendet worden ist (EGMR NJW 01, 2694). Dazu gehört auch noch eine ggf. erforderliche Entscheidung über das Strafmaß. Auch das Rechtsmittelverfahren wird grundsätzlich erfasst (vgl. Wohlers/Gaede NStZ 04, 9, 13 ff.; BGH NStZ 95, 335 f.).
10.  Gibt es eine Höchstdauer für Verfahren? Nein, abstrakte Höchstdauern sind weder im Gesetz noch von den Obergerichten bestimmt. Entscheidend sind für die zulässige = rechtsstaatsmäßige Dauer des Verfahrens die Umstände des Einzelfalls. Dabei stellt der EGMR zunehmend auf die konkrete Dauer einzelner Verfahrensabschnitte ab. Haben die ggf. zu lange gedauert, kann das nicht (mehr) durch besondere Beschleunigung in anderen Verfahrensabschnitten kompensiert werden (EGMR wistra 04, 177). Hinweis: Wegen Einzelfälle wird auf die Checkliste 4 verwiesen.
11.  Ist auch eine Verfahrensverzögerung nach Erlass des tatrichterlichen Urteils zu berücksichtigen? Ja (vgl. die Nachweise bei MG, StPO, 47. Aufl., Art. 6 MRK Rn. 9 a).

Checkliste 2: Folgen der Verletzung des Beschleunigungsgebots


Frage Antwort
1.  Wie wird eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung zugunsten des Beschuldigten berücksichtigt? Es kommen verschiedene Möglichkeiten in Betracht, und zwar
  • die Einstellung des Verfahrens wegen eines Verfahrenshindernisses (siehe dazu Ziffer 2 f.) und/oder
  • die Berücksichtigung beim Rechtsfolgenausspruch (vgl. dazu Ziffer 4 ff.).
2.  Führt die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung zu einem Verfahrenshindernis mit der Folge, dass das Verfahren einzustellen wäre? Nach wohl h.M. in der Rspr. begründet die Verletzung des Beschleunigungsgebots grundsätzlich kein Verfahrenshindernis (zuletzt BGHSt 46, 160 = StV 01, 189, StV 00, 670; so auch BVerfG NJW 92, 2472; 03, 22, 25; OLG Koblenz NJW 95, 1887; OLG Schleswig StV 03, 379; LG Mainz wistra 03, 472) ).
3.  Gilt ggf. in Ausnahmefällen etwas anderes? Ja, die Rspr. nimmt in außergewöhnlichen Einzelfällen etwas anderes an. Das gilt dann, wenn eine angemessene Berücksichtigung des Verstoßes im Rahmen einer Sachentscheidung nicht mehr in Betracht kommt (BGHSt 46, 160). Erforderlich sind dazu dann aber tatsächliche Feststellungen (BGH, a.a.O.).
4.  Wie wird eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung im allgemeinen berücksichtigt? I.d.R. wird die Verfahrensverzögerung beim Rechtsfolgenausspruch berücksichtigt.
5.  In welcher Weise ist die Verfahrensverzögerung bei der Strafbemessung zu berücksichtigen? Das Tatgericht muss im Urteil eine Kompensation in Form einer Strafmilderung vornehmen (BGH NJW 03, 2759). Das Ausmaß der Kompensation muss im Urteil konkret dargelegt werden, und zwar wie folgt:
  1. Es ist ausdrücklich die an sich verwirkte Strafe festzustellen.
  2. Es ist die unter Berücksichtigung der Verfahrensverzögerung konkret verhängte Strafe festzustellen.
Hinweis: Bei einer Gesamtstrafe muss sowohl diese als auch die ihr zugrunde liegenden Einzelstrafen ermäßigt werden (BGH NStZ 02, 589; wistra 02, 337). Die Kompensation darf aber nicht zu einem doppelten Rabatt führen (BGH NJW 03, 2759).
6.  Kann die lange Verfahrensdauer auch sonst im Rahmen der Strafzumessung noch berücksichtigt werden? Neben der Verletzung von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK kommt als allgemeiner Strafmilderungsgrund (§ 46 StGB) der lange zeitliche Abstand zwischen Tat und Urteil und die Belastungen durch die lange Verfahrensdauer in Betracht (BGH NJW 99, 1198; StV 02, 598; vgl. z.B. auch Beschl. v. 21. 4. 04, 5 StR 540/03).).
7.  Führt die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung nur zu einer Strafmilderung? Nein, der Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK kann auch andere Auswirkungen zugunsten des Beschuldigten haben. In Betracht kommen:
  • Verwarnung mit Strafvorbehalt nach § 59 StGB (BVerfG NJW 03, 2897; BGHSt 46, 160; OLG Karlsruhe NJW 04; 1887),
  • Strafaussetzung zur Bewährung (BGH StV 85, 411 m.w.N.),
  • Absehen von Strafe (BGHSt 24, 239, 242),
  • ggf. Einstellung des Verfahrens bei Vergehen gem. §§ 153, 153 a StPO (BGHSt 46, 160).
Hinweis: Ist das Beschleunigungsgebot in erheblicher Weise noch nach Erlass des tatrichterlichen Urteils verletzt worden, kann das z.B. zur Aufhebung des ansonsten nicht zu beanstandenden Urteils führen (OLG Koblenz StV 97, 409). Das Revisionsgericht kann das Verfahren aber auch „abbrechen“

 

oder eine geringere Strafe festsetzen (vgl. die Nachweise bei MG, a.a.O., Art. 6 MRK Rn. 9 a).

Checkliste 3: Verteidigerhinweise


Frage Antwort
1.  Ist die Verfahrensverzögerung von Amts wegen zu beachten? Ja. Wenn die Verfahrensverzögerung (ausnahmsweise) zu einem Verfahrenshindernis führt (vgl. dazu oben Checkliste 2 Ziffer 2 f.) muss dieses wie jedes Verfahrenshindernis von Amts wegen von Amts wegen beachtet werden (BGHSt 46, 160). In der Revision muss das Revisionsgericht das Hindernis auf die Sachrüge hin berücksichtigen (BGH, a.a.O.). Hinweis: Unabhängig davon sollte der Verteidiger auf die (rechtsstaatswidrige) Verfahrensverzögerung auf jeden Fall aber auch hinweisen.
2.  Wie muss der Verteidiger eine lange Verfahrensdauer daraufhin prüfen, ob diese eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung darstellt. Der Verteidiger muss in folgenden Schritten vorgehen:
1.  Feststellung der zu berücksichtigenden Verfahrensdauer (siehe dazu oben Checkliste 1 Ziffer 8f).
2.  Frage: Ist diese unter Berücksichtigung der Gesamtumstände zu lang?
3.  Wem ist die lange Verfahrensdauer anzulasten, den staatlichen Behörden oder dem Beschuldigten?
4.  Wenn den staatlichen Behörden: Kompensation einfordern.
5.  Wenn dem Beschuldigten: Kommt ggf. doch eine Berücksichtigung zugunsten des Beschuldigten in Betracht (Stichwort: Selbstbelastungsfreiheit).
Hinweis: Das tatrichterliche Urteil muss sorgfältig darauf geprüft werden, ob die Verfahrensverzögerung ausreichend und zutreffend bei der Strafzumessung und den Rechtsfolgen berücksichtigt worden ist (vgl. dazu oben Checkliste 2 Ziffer 4 ff.).
3.  Welche Rüge muss der Verteidiger in der Revision erheben? Bislang war in der Rspr. des BGH, die Frage, wie die die Verfahrensverzögerung geltend zu machen ist, nicht eindeutig geklärt. In der Vergangenheit waren die Senate übereinstimmend davon ausgegangen, dass i.d.R. die Verfahrensrüge zu erheben war (vgl. u.a. BGH NStZ 00, 418; MG, a.a.O., Art. 6 Rn. 9 c m.w.N.). Der 5. Strafsenat hatte dann die Sachrüge ausreichend sein lassen wollen und deshalb bei den übrigen Senaten angefragt, ob diese an der früheren Rechtsprechung festhalten (vgl. wistra 04, 181).  Die Antwortbeschlüsse der anderen Strafsenate haben kein einheitliches Bild ergeben. Der 2. Strafsenat wollte an der bisherigen Rechtsprechung festhalten (BGH 2 ARs 33/04; insoweit nicht in StraFo 04, 356). Der 5. Strafsenat hat nun unter Aufgabe seines weitergehenden Standpunktes im Anfragebeschluss die Rechtsposition des 3. Strafsenats in dessen Antwortbeschluss vom 12. 8. 04 - 3 ARs 5/04 - prinzipiell übernommen (vgl. eingehend BGH HRRS 2005 Nr. 66, für BGHSt vorgesehen), dem auch die Auffassung des 4. Strafsenats tendenziell nahe kommt (vgl. dessen Antwortbeschluss vom 25. 3. 04 - 4 ARs 6/04). Danach muss ein Revisionsführer, der das Vorliegen einer Art. 6 Abs. 1 S. 1 MRK verletzenden Verfahrensverzögerung geltend machen will, grundsätzlich eine Verfahrensrüge erheben. Ergeben sich indes bereits aus den Urteilsgründen die Voraussetzungen einer solchen Verzögerung, hat das Revisionsgericht auf Sachrüge einzugreifen. Das gilt auch, wenn sich bei der auf

  Sachrüge veranlassten Prüfung, namentlich anhand der Urteilsgründe, ausreichende Anhaltspunkte ergeben, die das Tatgericht zur Prüfung einer solchen Verfahrensverzögerung drängen mussten, so dass ein sachlichrechtlich zu beanstandender Erörterungsmangel vorliegt. Hinweis: Die Frage wird daher nun nicht mehr den Großen Senat des BGH in Strafsachen beschäftigen. Der Verteidiger sollte vorsorglich immer die Verfahrensrüge erheben.
4.  Welche Anforderungen sind an die Verfahrenrüge zu stellen? Die Verfahrensrüge, mit der eine Verfahrensverzögerung geltend gemacht wird, unterliegt den allgemeinen (strengen) Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Vorgetragen werden müssen alle mit der Verfahrensverzögerung zusammenhängenden Umstände, soweit sie sich nicht bereits aus dem Urteil ergeben. Das gilt insbesondere für solche, die nur dem Beschuldigten bekannt sein können (siehe auch die „Checkliste“ bei BGH StraFo 04, 356).

Checkliste 4: Einzelfälle aus der Rechtsprechung


Hinweis. Die nachfolgende Zusammenstellung kann nur einen ausschnittartigen Überblick über die Rechtsprechung der letzten Jahre geben. Zur Frage der Verfahrensverzögerung liegen zahlreiche Entscheidungen vor. Wer sich noch weiter über die Rechtsprechung des BGH informieren will, kann z.B. bei www.hrr-strafrecht.de das Suchwort „Verfahrensverzögerung“ eingeben und erzielt allein dort über 140 Treffer.

Gericht/Besonderheiten Rechtsfolge
1.  EGMR StV 2001, 489: Neun Jahre Verfahrensdauer, komplexes Verfahren (ähnlich EGMR wistra 04, 177). Verfahrensdauer auch bei komplexen  Verfahren zu lang
2.  BVerfG NJW 03, 2897: 7 ½-jährige Dauer des Verfahrens, Verfahrensverzögerungen im Ermittlungsverfahren (ähnlich Beschl. v. 14. 8. 03, 2 BvR 153/03; s. auch BVerfG StraFo 03, 232). ). Unangemessen lang und nicht gerechtfertigt, bei der Strafzumessung zu berücksichtigen. Hinweis: Nach Aufhebung und Zurückverweisung durch das Revisionsgericht muss, wenn bis dahin schon längere Zeit verstrichen ist, besonders zügig terminiert werden.
3.  BGHSt 46, 160:  Das Verfahren dauert seit der erstmaligen Bekanntgabe an den Angeklagten bereits 13 1/2 Jahre an, bis zum Schlussbericht der Kriminalpolizei vergehen mehr als fünf Jahre, in denen die Ermittlungen mehrfach ausgedehnt wurden, zwischen dem Eingang des Schlussberichts der Kriminalpolizei und der Erhebung der Anklage, die im wesentlichen den Inhalt des Schlussberichts wiedergibt, vergehen weitere zwei Jahre, zwischen dem Erlass des Eröffnungsbeschlusses und der Terminierung der Hauptverhandlung sind weitere vier Jahre vergangen, in denen außer der Einholung von Sachverständigengutachten eine Verfahrensförderung nicht festzustellen ist. Eine durch das Verhalten des Angeklagten verursachte Verzögerung des Verfahrens liegt nicht vor; die Verzögerungen sind vielmehr allein auf organisatorische Gründe im Bereich der Justiz zurückzuführen. Aufhebung und Zurückverweisung, aber Hinweis auf Einstellungsmöglichkeit nach §§ 153, 153 a StPO oder Anwendung von § 59 StGB durch das neue Tatgericht.
4.  BGH StraFo 03, 247 (drei Jahre keine Verfahrensförderung), wistra 00, 382 (vier Jahre keine Förderung es Verfahrens); wistra 04, 184 (mehr als vier Jahre zwischen Anklage und Beginn der Hauptverhandlung) Berücksichtigung bei der Strafzumessung
5.  BGH NStZ 96, 506: Tat liegt 14 Jahre zurück, fast Einstellung im Revisionsverfahren.

zwei Jahre Stillstand der Ermittlungen, ein Jahr U-Haft des Beschuldigten  
6.  BGH wistra 04, 337. nach Anklageerhebung 6 ½ Jahre lang keine Verfahrensförderung, U-Haft des Angeklagten, erhebliche gesundheitliche Belastungen des Angeklagten. Absehen von Strafe nach § 60 StGB
7.  BGH, Beschl. v. 11. 5. 04, 3 StR 139/04: Revisionsgegenerklärung der Staatsanwaltschaft erst fünf Monate nach Zugang der Akten. Kein Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot
8.  OLG Schleswig StV 03, 379 = StraFo 03, 247: Zwischen Tat und Revisionsentscheidung liegen 11,5 Jahre, das Revisionsgericht müsste die Entscheidung des Berufungsgerichts, das den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen verurteilt hat, aufheben und zurückverweisen, die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft haben trotz des tatsächlich und rechtlich überschaubaren Falls über 4 Jahre gedauert, wovon während eines Zeitraums von 2 Jahren keinerlei Ermittlungstätigkeit erfolgte, das Berufungsverfahren hat weitere 4 Jahre gedauerte, ohne dass das Verfahren in dieser Zeit angemessen gefördert worden wäre. Es liegt ein Verfahrenshindernis vor, das zur Einstellung im Revisionsverfahren führt.
9.  OLG Frankfurt NStZ-RR 98, 52: 12 Jahre dauerndes Wirtschaftsstrafverfahren Unzumutbar, daher Einstellung des Verfahrens nach §153 StPO
10.  OLG Stuttgart NStZ 93, 450: siebenjährige Verfahrensdauer Unzumutbar, daher Einstellung des Verfahrens durch das Landgericht gerechtfertigt.
11.  OLG Karlsruhe NJW 04, 1887: Sperrberufung der StA, daher Vorlage der Akten an das Revisionsgericht erst mehr als 18 Monate nach Einlegung der Revision Anwendung von § 59 StGB und Festsetzung der denkbar mildesten Sanktion
12.  LG Kaiserslautern wistra 98, 270: Verfahrensverzögerung von drei Jahren wegen eines Zuständigkeitsstreit zwischen zwei Finanzämtern rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung, die bei der Strafzumessung zu berücksichtigen ist.
13.  LG Frankfurt NJW 97, 1994: 12 Jahre Verfahrensdauer, fortgeschrittenes Lebensalter des Angeklagten, großzügige Spende des Angeklagten zur Errichtung eines Universitätslehrstuhls Einstellung im Revisionsverfahren
14.  LG Mainz wistra 03, 472: Straftaten liegen zwischen 9 und 15 Jahren zurück, während der Hauptverhandlung nicht ausreichend gefördert (zu kurze Verhandlungsdauer), nach Aussetzung der HV keine ausreichende weitere Förderung. Einstellung des Verfahrens wegen eines Verfahrenshindernisses

[*] Der aufgenommene Beitrag stellt die aktualisierte Fassung eines Beitrages dar, den Burhoff erstmals in der PStR (04, XX ff.) publiziert hat, für deren Zustimmung zur Publikation an dieser Stelle zu danken ist.