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HRR-Strafrecht
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Mai 2003
4. Jahrgang
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1. Das erkennende Gericht hat die besondere Schuldschwere im Sinne von § 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB festzustellen sowie die dafür erheblichen Tatsachen darzustellen und zu gewichten, um für das Vollstreckungsverfahren klare Vorgaben zu liefern (vgl. BVerfGE 86, 288, 315 ff.). Es hat sich jedoch jeglicher Feststellungen zur Verbüßungsdauer zu enthalten, weil für die nach §§ 57 a, 57 b StGB zu treffenden Entscheidungen ausschließlich die Strafvollstreckungskammer zuständig ist (§§ 462 a, 454 StPO).
2. Die unzulässige Angabe einer Mindestverbüßungsdauer entfaltet zwar keine rechtliche Bindungswirkung für die Strafvollstreckungskammer, wohl aber einen entsprechenden Rechtsschein. Sie beschwert daher den Angeklagten und ist auf seine Revision aufzuheben.
3. Die Anwendung einer Strafzumessungsvorschrift - etwa eines Regelbeispieles - wird im Schuldspruch nicht erwähnt (st. Rspr., vgl. BGH NStZ 2002, 656).
Einem das tatsächliche Geschehen einräumenden, dessen Strafbarkeit jedoch bestreitenden Angeklagten darf sein Verteidigungsverhalten auch im Hinblick auf die Gefährlichkeitsprognose beim Berufsverbot nicht angelastet werden. Es ist daher rechtsfehlerhaft, wenn zur Begründung eines Berufsverbots darauf abgestellt wird, dass der sich so verhaltende Angeklagte weder Anzeichen von Reue noch die Einsicht gezeigt habe, sich falsch verhalten zu haben.
Maßgeblich für die Einordnung der Schuld eines Gehilfen das Gewicht seiner Beihilfehandlung ist, wenn auch die Schwere der Haupttat mit zu berücksichtigen ist. Stellt der Tatrichter entscheidend auf das Gewicht der Haupttat und weniger auf die Bedeutung des Tatbeitrags des Angeklagten ab, ist dies rechtsfehlerhaft.
1. Die unterschiedliche rechtliche Bewertung des Konkurrenzverhältnisses ist kein maßgebliches Kriterium für die Strafbemessung (vgl. BGHSt 41, 368, 373).
2. Setzt der Täter bei der Verwirklichung des § 177 StGB jeweils dasselbe Nötigungsmittel ein, liegt nur eine Handlung im Rechtssinne (vgl. BGH NStZ 1999, 83; BGHR StGB § 177 Abs. 1 Gewalt 10 jew.m.N.) und damit, trotz der mehrfachen Verwirklichung des Straftatbestandes des § 177 StGB, nur eine Tat im Rechtssinne vor (vgl. BGH NStZ-RR 2000, 139 f.; NStZ 2000, 419 f.).
3. Der Tatbestand des § 239 StGB tritt nicht im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter der Vergewaltigung zurück, wenn die Freiheitsberaubung über das zur Tatbestandsverwirklichung des § 177 StGB Erforderliche hinausgeht (vgl. BGH NStZ 1999, 83 m.N.).
Eine Abweichung von der regelmäßigen Vollstreckungsreihenfolge des § 67 Abs. 1 StGB ist dann zulässig, wenn dadurch der Zweck der Maßregel leichter erreicht werden kann (§ 67 Abs. 2 StGB); in einem solchen Fall muss das Urteil auf der Grundlage einer eingehenden, die Persönlichkeit des Angeklagten berücksichtigenden Beurteilung darlegen, wegen welcher besonderen Umstände der Vorwegvollzug der Strafe die Therapie günstiger beeinflussen wird und dass dieses Ziel im Maßregelvollzug nicht in gleicher Weise erreicht werden kann (vgl. BGHR StGB § 67 Abs. 2 Vorwegvollzug, teilweiser 14).
Zwar darf dem Täter bei der Strafzumessung und bei der Prüfung von Privilegierungen kein Nachteil daraus erwachsen, dass er die Tat bestreitet und damit nicht in der Lage ist, Umstände vorzutragen, die sich strafmildernd auswirken können. Deshalb ist in solchen Fällen von der für den Angeklagten günstigsten Möglichkeit auszugehen, die nach den gesamten Umständen in Betracht kommt. Der Zweifelssatz bedeutet jedoch nicht, dass das Gericht von der dem Angeklagten jeweils (denkbar) günstigsten Fallgestaltung auch dann ausgehen muss, wenn hierfür keine Anhaltspunkte bestehen (vgl. etwa BGH StV 2001, 666 f.).
1. Der für einen Verfall in Betracht kommende Vermögensvorteil muss durch eine angeklagte und festgestellte Tat erlangt sein. Sind mehrere gleichartige Taten angeklagt und verurteilt der Tatrichter wegen jeder dieser Taten, so bedarf es jedoch keiner Feststellung, aus welcher einzelnen dieser Taten der Vermögensgegenstand erlangt wurde (vgl. BGHR StGB § 73 Vorteil 5).
2. Unterliegt das tatrichterliche Urteil nur insoweit der Aufhebung, als die Anordnung eines erweiterten Verfalls unterblieben ist, so zieht dies regelmäßig nicht die Aufhebung rechtsfehlerfrei verhängter Strafen nach sich, da die Anordnung des (ggf. erweiterten) Verfalls grundsätzlich kein Strafmilderungsgrund ist, so dass die übrige Strafzumessung von der Aufhebung unberührt bleibt.
Die mit dem Verfall verbundene Vermögenseinbuße stellt regelmäßig keinen Strafmilderungsgrund dar, weil mit ihm nur ein unrechtmäßig erlangter Vermögenszuwachs abgeschöpft wird (BGH NJW 2002, 3339).
Liegen zwischen der letzten Tat und dem Urteil zehn Jahre, stellt dies einen wesentlichen Strafmilderungsgrund dar (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Zeitablauf 1 m.w.N.).
Verteidigungsverhalten darf, selbst wenn es objektiv sinnlos ist, von Ausnahmefällen abgesehen, grundsätzlich nicht zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt werden. Dies schließt jedoch die im Ansatz den Angeklagten begünstigende Prüfung, ob Verteidigungsverhalten Anhaltspunkte für eine im Sinne des § 21 StGB bedeutsame Schuldminderung bietet, nicht aus.