HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

November 2017
18. Jahrgang
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Strafrechtliche/strafverfahrensrechtliche Entscheidungen des BVerfG/EGMR/EuGH


Entscheidung

990. BVerfG 2 BvR 77/16 (1. Kammer des Zweiten Senats) - Beschluss vom 24. August 2017 (OLG Frankfurt am Main / LG Frankfurt am Main / AG Frankfurt am Main)

Zulässigkeit der weiteren Beschwerde gegen einen aufgehobenen Haftbefehl (Recht auf effektiven Rechtsschutz; Feststellungsinteresse bei schwerwiegenden Grundrechtseingriffen; Rehabilitierungsinteresse bei Freiheitsentziehungen; Überprüfung der Untersuchungshaft auch nach deren Beendigung; Auslegung des Begriffs der „Verhaftung“; Vorrang des fachgerichtlichen Rechtsschutzes).

Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG; Art. 19 Abs. 4 GG; Art. 104 Abs. 2; § 112 Abs. 1 StPO; § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO

1. Mit der Garantie effektiven Rechtsschutzes ist es grundsätzlich vereinbar, ein Rechtsschutzinteresse nur solange anzunehmen, wie in dem gerichtlichen Verfahren eine gegenwärtige Beschwer ausgeräumt, einer Wiederholungsgefahr begegnet oder eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff beseitigt werden kann.

2. Darüber hinaus kann ein Feststellungsinteresse allerdings auch bei schwerwiegenden, tatsächlich nicht mehr fortwirkenden Grundrechtseingriffen fortbestehen. Hierunter fallen insbesondere Anordnungen, die nach dem Grundgesetz einem vorbeugenden Richtervorbehalt unterliegen.

3. Die Anordnung der Untersuchungshaft steht wegen des damit verbundenen Eingriffs in das Freiheitsgrundrecht einer gerichtlichen und verfassungsgerichtlichen Überprüfung auch dann offen, wenn die Maßnahme inzwischen beendet ist. Dies gilt wegen des bei Freiheitsentziehungen bestehenden Rehabilitierungsinteresses unabhängig vom Zeitpunkt der Erledigung der Maßnahme sowie davon, ob Rechtsschutz typischerweise noch vor Beendigung der Haft erlangt werden kann.

4. Die Vorschrift des § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO, die für den Fall der „Verhaftung“ eine weitere fachgerichtliche Überprüfungsinstanz eröffnet, ist mit Blick auf die vorrangig den Fachgerichten übertragene Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes dahingehend auszulegen, dass die weitere Beschwerde auch noch nach Aufhebung des Haftbefehls zulässig ist.


Entscheidung

989. BVerfG 2 BvR 2039/16 (1. Kammer des Zweiten Senats) - Beschluss vom 22. August 2017 (OLG Bremen / LG Bremen / AG Bremen-Blumenthal)

Einstweilige Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (verfahrensrechtliche Bedeutung des Freiheitsgrundrechts; erhöhte Begründungsanforderungen; Eigenkontrolle durch das Fachgericht; Gefahr von Straftaten erheblicher Bedeutung; Taten der mittleren Kriminalität; Gefahrprognose bei nicht in die Tat umgesetzten Drohungen; „Rejected Stalker“; Verhältnismäßigkeitsprüfung; mildere Maßnahmen); Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde (Rechtsschutzbedürfnis; Feststellungsinteresse nach prozessualer Überholung eines Unterbringungsbefehls; tiefgreifender Grundrechtseingriff).

Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG; Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG; § 126a StPO

1. Das Rechtsschutzbedürfnis für die verfassungsgerichtliche Überprüfung einer Entscheidung über die einstweilige Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus besteht angesichts des damit verbundenen tiefgreifenden Eingriffs in das Freiheitsgrundrecht auch dann fort, wenn der fragliche Unterbringungsbefehl aufgehoben und die Beschwerdeführerin entlassen worden ist. Dies gilt auch dann, wenn zwischenzeitlich erneut ein Unterbringungsbeschluss ergangen ist.

2. Die von Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleistete Freiheit der Person, die unter den Grundrechten einen hohen Rang einnimmt, darf nur aus besonders gewichtigen Gründen eingeschränkt werden, zu denen in erster Linie solche des Strafrechts und des Strafverfahrensrechts zählen.

3. Die freiheitssichernde Funktion des Art. 2 Abs. 2 GG hat auch verfahrensrechtliche Bedeutung. Für die Begründungstiefe von Entscheidungen über eine (einstweilige) Unterbringung gelten daher erhöhte Anforderungen. In der Regel sind in jedem Beschluss aktuelle Ausführungen zu den Unterbringungsvoraussetzungen, zur Abwägung zwischen dem Freiheitsgrundrecht des Betroffenen und dem Sicherungsinteresse der Allgemeinheit sowie zur Frage der Verhältnismäßigkeit geboten. Dies dient neben der Überprüfbarkeit für den Betroffenen auch der Eigenkontrolle durch das Fachgericht.

4. Die für die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus erforderliche konkrete Gefahr erheblicher Straftaten ist nur anzunehmen, wenn die Taten mindestens der mittleren Kriminalität zuzurechnen sind, den Rechtsfrieden empfindlich stören und geeignet sind, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen. Hierzu gehören regelmäßig nicht Straftaten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe unter fünf Jahren bedroht sind.

5. Eine Unterbringungsanordnung genügt den Begründungsanforderungen nicht, wenn die Fachgerichte von einer Gefahr erheblicher Straftaten ausgehen, nachdem die Betroffene bis zu ihrer Unterbringung über acht Monate keine Taten begangen hatte, obwohl sie in dieser Zeit nach Auffassung der sie behandelnden Ärzte im Rahmen ihrer psychiatrischen Erkrankung eine manische Episode durchlaufen hatte.

6. Die Gefahr von Körperverletzungs- und Brandstiftungsdelikten ist nicht hinreichend konkretisiert, wenn sie lediglich aus entsprechenden, bereits zwei Jahre zurückliegenden Drohungen der Betroffenen gegenüber ihrem ehemaligen Lebensgefährten hergeleitet wird, obwohl die Betroffene derartige Drohungen bislang nie in die Tat umgesetzt hat, sondern nur mit – in ihrer Intensität konstant gebliebenen – Delikten wie Sachbeschädigung, Nötigung oder Beleidigung aufgefallen ist.

7. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist auch zu erörtern, inwieweit etwaigen Gefahren durch mildere Maßnahmen begegnet werden kann. Dies gilt insbesondere, wenn sich die Betroffene vor ihrer Verhaftung selbst in fachärztliche Behandlung begeben und sich um eine stationäre Therapie in räumlicher Entfernung zum Tatopfer – ihrem früheren Lebensgefährten – bemüht hatte und bis zur Unterbringungsentscheidung mehrere Monate in einer psychiatrischen Klinik behandelt worden ist.


Entscheidung

994. BVerfG 2 BvR 1866/17 (2. Kammer des Zweiten Senats) - Beschluss vom 7. September 2017 (OLG Nürnberg / LG Nürnberg-Fürth)

Erfolgloser Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Zwangsmedikation eines im Maßregelvollzug Untergebrachten (psychiatrisches Krankenhaus; Zwangsbehandlung mit Neuroleptika; entgegenstehende Patientenverfügung; Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit; Interessenabwägung; Gefahr irreversibler Gesundheitsschäden).

Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG; § 32 Abs. 1 BVerfGG

Wird ein im Maßregelvollzug Untergebrachter entgegen seiner Patientenverfügung einer Zwangsbehandlung mit Neuroleptika unterzogen, so liegt hierin zwar ein schwerwiegender Grundrechtseingriff. Diesen hat der Untergebrachte jedoch einstweilen hinzunehmen, wenn ihm andernfalls irreversible hirnorganische Gesundheitsschäden sowie eine Chronifizierung seiner Psychose drohen, die eine lebenslange Fortdauer der Unterbringung nach sich ziehen kann.


Entscheidung

988. BVerfG 2 BvL 4/17 (2. Kammer des Zweiten Senats) - Beschluss vom 19. Juli 2017 (AG Potsdam)

Verfassungsmäßigkeit einer Strafnorm des Chemikaliengesetzes (konkrete Normenkontrolle; Darlegungsanforderungen an eine Richtervorlage; Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage; vollständige Aufklärung des Sachverhalts; Durchführung der Beweiserhebung bis zur Schuldspruchreife; Auseinandersetzung mit der maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts; Normenklarheit „dynamischer Rückverweisungsklauseln“; Unvereinbarkeit einer Blankettstrafnorm mit den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen).

Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG; Art. 100 Abs. 1 GG; Art. 103 Abs. 2 GG; Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG; § 80 Abs. 2 BVerfGG; § 27 ChemG

1. Eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG ist nur zulässig, wenn das Fachgericht nachvollziehbar darlegt, dass es bei seiner anstehenden Entscheidung auf die Gültigkeit der Norm ankommt und aus welchen Gründen es von der Unvereinbarkeit der Norm mit der Verfassung überzeugt ist.

2. Zur Begründung der Entscheidungserheblichkeit muss das Gericht darlegen, dass und aus welchen Gründen es im Falle der Gültigkeit der für verfassungswidrig gehaltenen Rechtsvorschrift zu einem anderen Ergebnis käme als im Falle der Ungültigkeit.

3. Die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage ist nicht hinreichend dargetan, wenn der Vorlagebeschluss nicht erkennen lässt, ob das Gericht den Sachverhalt vollständig aufgeklärt und die erforderlichen Beweise erhoben hat, sondern nur mitteilt, es komme ein Schuldspruch in Betracht, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass die den subjektiven Tatbestand bestreitenden Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen werden, ohne dass es auf die Verfassungsmäßigkeit der fraglichen Norm ankommt.

4. Der Vorlagebeschluss muss den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab angeben, sich unter Einbeziehung von Rechtsprechung und Literatur sowohl mit der einfachrechtlichen als auch mit der verfassungsrechtlichen Rechtslage auseinandersetzen und dabei insbesondere auf die maßgebliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eingehen.

5. Die Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Norm – hier: § 27 ChemG – ist nicht ausreichend erörtert, wenn das vorlegende Gericht die Auffassung vertritt, das Bundesverfassungsgericht habe sich bisher lediglich zur Frage der Normenklarheit sogenannter dynamischer Rückverweisungsklauseln verhalten und die Frage unbeleuchtet gelassen, ob der Gesetzgeber das „Ob“ einer Strafbarkeit der Exekutive überlassen dürfe. Denn mit diesen Ausführungen übergeht das vorlegende Gericht die jüngste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Unvereinbarkeit einer Blankettstrafnorm mit den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen (Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 21. September 2016 – 2 BvL 1/15 – „Rindfleischetikettierungsgesetz“ [= HRRS 2016 Nr. 1112]).


Entscheidung

991. BVerfG 2 BvR 455/17 (2. Kammer des Zweiten Senats) - Beschluss vom 22. September 2017 (OLG Hamm / LG Bochum)

Verlegung eines im Maßregelvollzug Untergebrachten in einen Kriseninterventionsraum (Recht auf effektiven Rechtsschutz; fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis bei typischerweise kurzfristig erledigten Maßnahmen; tiefgreifender Grundrechtseingriff; psychiatrisches Krankenhaus; Absonderung als Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, nicht hingegen in das Freiheitsgrundrecht); effektiver Rechtsschutz bei der Rechtsbeschwerde (Nachprüfung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung; Entbehrlichkeit einer Nachprüfung bei erkennbar singulären Rechtsfehlern; Erfordernis konkreter Anhaltspunkte gegen eine Wiederholungsgefahr).

Art. 2 Abs. 1 GG; Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG; Art. 19 Abs. 4 GG; § 63 StGB; § 116 Abs. 1 StVollzG; § 21 MRVG NRW

1. Das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz gebietet es, bei gewichtigen Grundrechtseingriffen die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung auch dann zu eröffnen, wenn die Maßnahme zwar zwischenzeitlich in tatsächlicher Hinsicht überholt ist, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf jedoch auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann. Dies gilt insbesondere beim sofortigen Vollzug einer Disziplinarmaßnahme im Strafvollzug.

2. Wenngleich der Einschluss eines im Maßregelvollzug Untergebrachten in einen Kriseninterventionsraum lediglich eine Form des Vollzugs der bereits bestehenden, richterlich angeordneten Freiheitsentziehung darstellt, die den Schutzbereich des Freiheitsgrundrechts nicht betrifft, so greift er doch schwerwiegend in das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit ein, weil der Betroffene durch die Absonderung nicht nur gehindert ist, die ihm zustehende Gemeinschaftszeit in Anspruch zu nehmen, sondern auch daran, die Absonderungszelle überhaupt zu verlassen.

3. Zwar kann die Nachprüfung einer strafvollzugsrechtlichen Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 116 Abs. 1 StVollzG) auch bei einer fehlerhaften Rechtsanwendung ausnahmsweise entbehrlich sein, wenn nicht zu erwarten ist, dass der Rechtsfehler in weiteren Fällen Bedeutung erlangen wird. Allerdings verlangt Art. 19 Abs. 4 GG in derartigen Fällen, dass konkrete tatsächliche Umstände die Prognose rechtfertigen, die Strafvollstreckungskammer werde den Rechtsfehler künftig vermeiden; eine bloße Vermutung genügt insoweit nicht.


Entscheidung

992. BVerfG 2 BvR 1071/15 (2. Kammer des Zweiten Senats) - Beschluss vom 21. September 2017 (OLG München)

Zulässigkeit der weiteren Beschwerde gegen einen aufgehobenen Haftbefehl (Recht auf effektiven Rechtsschutz; Feststellungsinteresse bei schwerwiegenden Grundrechtseingriffen; Rehabilitierungsinteresse bei Freiheitsentziehungen; Überprüfung der Untersu-

chungshaft und der Sitzungshaft auch nach deren Beendigung; Auslegung des Begriffs der „Verhaftung“; Vorrang des fachgerichtlichen Rechtsschutzes).

Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG; Art. 19 Abs. 4 GG; Art. 104 Abs. 2; § 230 Abs. 2 StPO; § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO

1. Mit der Garantie effektiven Rechtsschutzes ist es grundsätzlich vereinbar, ein Rechtsschutzinteresse nur solange anzunehmen, wie in dem gerichtlichen Verfahren eine gegenwärtige Beschwer ausgeräumt, einer Wiederholungsgefahr begegnet oder eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff beseitigt werden kann.

2. Darüber hinaus kann ein Feststellungsinteresse allerdings auch bei schwerwiegenden, tatsächlich nicht mehr fortwirkenden Grundrechtseingriffen fortbestehen. Hierunter fallen insbesondere Anordnungen, die nach dem Grundgesetz einem vorbeugenden Richtervorbehalt unterliegen.

3. Die Anordnung der Untersuchungs- oder Sitzungshaft steht wegen des damit verbundenen Eingriffs in das Freiheitsgrundrecht einer gerichtlichen und verfassungsgerichtlichen Überprüfung auch dann offen, wenn die Maßnahme inzwischen beendet ist. Dies gilt wegen des bei Freiheitsentziehungen bestehenden Rehabilitierungsinteresses unabhängig vom Zeitpunkt der Erledigung der Maßnahme sowie davon, ob Rechtsschutz typischerweise noch vor Beendigung der Haft erlangt werden kann.

4. Die Vorschrift des § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO, die für den Fall der „Verhaftung“ eine weitere fachgerichtliche Überprüfungsinstanz eröffnet, ist mit Blick auf die vorrangig den Fachgerichten übertragene Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes dahingehend auszulegen, dass die weitere Beschwerde auch noch nach Aufhebung des Haftbefehls zulässig ist.


Entscheidung

993. BVerfG 2 BvR 1691/17 (1. Kammer des Zweiten Senats) - Beschluss vom 27. September 2017 (Hanseatisches OLG / LG Hamburg / AG Hamburg)

Nachträgliche Auferlegung einer Missbrauchsgebühr (wahrheitswidriger Vortrag zur Verfassungsbeschwerde gegen einen Haftbefehl wegen Landfriedensbruchs im Zusammenhang mit dem „G20-Gpifel“; Bekanntwerden des von dem Beschwerdeführer unrichtig dargestellten Inhalts einer polizeilichen Videoaufnahme erst nach Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde).

§ 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG; § 34 Abs. 2 BVerfGG; § 92 BVerfGG; § 125 StGB

1. Die Verfassungsbeschwerde gegen Haftentscheidungen im Zusammenhang mit Ausschreitungen bei dem sogenannten G20-Gpifel rechtfertigt die Verhängung einer Missbrauchsgebühr, wenn die Bevollmächtige des Beschwerdeführers wahrheitswidrig vorgetragen hat, eine polizeiliche Videoaufnahme belege, dass entgegen den Angaben der Ermittlungsbehörden aus einer Menschenmenge keine Steine geworfen worden seien.

2. Die Missbrauchsgebühr kann auch nachträglich auferlegt werden, wenn dem Bundesverfassungsgericht der wahre Inhalt der Videoaufnahme erst bekannt wird, nachdem die Verfassungsbeschwerde aus anderen Gründen – mangels hinreichender Substantiierung – nicht zur Entscheidung angenommen worden ist.