HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

April 2009
10. Jahrgang
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Aufsätze und Entscheidungsanmerkungen

Arbeitsteiliges Zusammenwirken und Fahrlässigkeitsstrafbarkeit

Besprechung von BGH, Urteil v. 13.11.2008 - 4 StR 252/08 (BGH HRRS 2009 Nr. 91)

Von Prof. Dr. Gunnar Duttge, Georg-August-Universität Göttingen

I. Zwischen schicksalhaftem "Unglück" und (straf-)rechtlich relevantem "Unrecht" - oder: Auf der Suche nach einem "Sündenbock"

Katastrophale Ereignisse mit tödlichen Folgen lösen nach Erwachen aus der lähmenden Starre des Unbegreiflichen unweigerlich die Suche nach hierfür Verantwortlichen aus, um so beharrlicher, je schlimmer die Folgen: Eschede (ICE), Kaprun (Seilbahn), Wuppertal (Schwebebahn), Reichenhall (Hallenbad) oder erst kürzlich Köln (Stadtarchiv) sind nur besonders nachhaltig in Erinnerung bleibende Etappen in der Reihe des Schreckens; das Geschehen in Goldberg (Kreis Parchim) aus dem Sommer 2004, mit dem sich nach dem LG Schwerin auch der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs zu befassen hatte, zählt ebenfalls hierzu. Es handelt vom teilweisen Einsturz eines Schulgebäudes während der gerade durchgeführten Sanierungsmaßnahmen, wodurch fünf am Bau tätige Arbeiter zu Tode kamen und fünf weitere Personen (z.T. schwer) verletzt wurden. Ursächlich für das "Unglück" war - kaum fassbar - der Umstand, dass beim Abtragen einer tragenden Wand nicht die in der Berechnung eines beauftragten Bauplanungsbüros für die nötige Grundabsteifung im Erdgeschoß vorgesehenen 98 Stützen mit einer zulässigen Tragfähigkeit von je 20 kN sowie zur Abstützung der Decke in den zurückgebauten Abschnitten sog. Kantholzsteifen 20/20 und ein Stahlunterzug, sondern anstelle dessen für die Decke drei oder vier Drehsteifen sowie insgesamt (im Erdgeschoß) lediglich 29 Drehsteifen mit einer Tragfähigkeit von überwiegend nur 16,5 kN eingesetzt wurden. Als einer der beiden Angeklagten, der als Arbeiter tätige C, bei Vornahme des Abbruchs eines ca. 1.20 m breiten Abschnitts erste Knackgeräusche hörte, stürzte unmittelbar darauf der gesamte Mittelteil des südöstlichen Gebäudeflügels ein.

Die Absteifung geschah im Wesentlichen - freilich "unter Mithilfe des C" - durch Arbeiter des Einzelunternehmers T, der den Zuschlag für die Bauhauptleistungen erhalten hatte und auch nach Beauftragung des Subunternehmers H (zur Bewältigung der "Betonschneidearbeiten" einschließlich des abschnittsweisen Abbrechens der Wände), für den C wie auch der Mitangeklagte W als Niederlassungsleiter tätig war, für die Vornahme der "Stahlbauarbeiten" (= "das Vorhalten, den Einbau und die Beseitigung von Drehsteifen für den Einbau der Stahlträger zur Abfangung der Geschossdecken") zuständig blieb. Die Verringerung der Zahl an Stützen war dadurch veranlasst, dass der ursprünglich vorgesehene Stützenabstand von 0,15 m den Einsatz einer Wandsäge für die Betonschneidearbeiten unmöglich gemacht hätte. Auf Nachfrage des C (nach vergeblichen Kontaktversuchen des W) versprach der bereits zu einer Freiheitsstrafe vorverurteilte T die Klärung mit dem Statiker, die jedoch tatsächlich unterblieb. Die veränderten Stützabstände sind allerdings noch am Tage vor dem Einsturz in einer Besprechung mit T, welche die Abstützung der Decke zum Inhalt hatte, weder von Bauleiter G noch von Sicherheitskoordinator M beanstandet worden. Verfahrensgegenständliche Frage ist die nach einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit von C und W wegen fahrlässiger Tötung bzw. Körperverletzung.

II. Grundlegung lebensadäquater "Sorgfaltspflichten" und ihre Grenzen

1. Verantwortungszuschreibung in einer arbeitseiligen Welt: Rechtsgrundsätze zur horizontalen und vertikalen Arbeitsteilung

Es ist unschwer zu erahnen, dass besondere Schwierigkeiten auftreten, wer die Komplexität des arbeitsteiligen Zusammenwirkens der konkret Beteiligten in ihren jeweiligen sozialen Rollen, mit ihren jeweils unterschiedlichen Befähigungen und den jeweils übernommenen oder zugewiesenen Aufgaben aufzuhellen und infolgedessen die jeweiligen Verantwortungsbereiche und ihre Grenzen näher zu bestimmen sucht. Leicht kann sich dabei auch auf normativer Ebene einstellen, was lebensweltlich dem arbeitsteiligen Zusammenwirken als stete Gefahr immanent ist: dass die zunehmende Spezialisierung und der mit ihr einhergehende Bedarf an Koordinierung und wechselseitiger Abstimmung in wachsendem Maße Verantwortlichkeits-

lücken entstehen lässt und das dezentralisierte Verfolgen der Gesamtaufgabe letztlich in ein System der "organisierten Unverantwortlichkeit" umzuschlagen droht.[1] Ein normatives Gegensteuern durch pauschale Inverantwortungnahme jedes einzelnen Beteiligten für das Gelingen des Ganzen würde jedoch den Sinn der Arbeitsteilung von Grund auf konterkarieren und unvermeidlich in eine Überforderung der Handelnden münden, die eine dennoch erfolgende Sanktionierung wegen (Mit-) Herbeiführens oder Nichtabwendens des schadenstiftenden Ereignisses nicht mehr als verdiente Strafe, sondern nur noch als schicksalhafte Fügung erfahren lässt. Die zentrale Frage der modernen arbeitsteiligen Welt geht also dahin, wie es gelingen kann, sich die Vorteile des Qualitätszuwachses durch Spezialisierung zu erhalten, ohne dass die Zuschreibung von Verantwortung für die damit verbundene erhöhte Fehlerträchtigkeit der Abläufe entweder unmöglich oder dem je Betroffenen lebensfern und damit auch aus objektiver Warte unfair wird. Denn verantwortliches Handeln setzt eine definierte, d.h. denknotwendig endliche Verantwortung voraus und impliziert damit zugleich ein gewisses Maß an Nichtverantwortlichkeit,[2] wobei die Belastbarkeit des jeweiligen Verantwortungssubjekts eine besonders wichtige Grenze der Zuschreibung markiert.[3] Der Ruf nach Verantwortung beinhaltet somit stets die "Zumutung, dass verantwortliche Personen als Verantwortungsträger in der Lage sein sollen, bestimmte Probleme zu lösen, die andere nicht zu lösen vermögen"[4]. Dieses Sollen darf freilich nicht ein Ausmaß erreichen, bei dem sich die jeweilige soziale Rolle auflöst und das Eingebundensein des Einzelnen in eine komplexe Struktur von Interaktionen und spezifischen Kompetenzen letztlich in Vergessenheit gerät. Oder mit anderen Worten: Der Ausweis rechtlich relevanten Fehlverhaltens impliziert, dem aus diesem Grunde Sanktionierten aufzuzeigen, dass er innerhalb des sozialen Systems mit seinem institutionalisierten Geflecht von Interaktionen aufgrund akzeptierbarer Regeln für die Vermeidung der verfahrensgegenständlichen Schadensfolge zuständig und hierzu lebensweltlich auch in der Lage war.[5]

Das Recht, in selten harmonischem Gleichklang das Straf- nicht anders als das Zivilrecht, reagiert auf die mit solcher Segmentierung der Aufgabenerledigung einhergehenden Fragen mit einer Beschränkung seines Zugriffs, sofern - dies als unverzichtbare Bedingung[6] - die separierten Zuständigkeiten und diversen Verfahrensabläufe konkret und eindeutig (vorab) festgelegt und aufeinander abgestimmt sind, mithin also eine Organisationsstruktur geschaffen ist, auf deren reibungsloses, insbesondere gefährdungsfreies Funktionieren sich alle Beteiligten verlassen können. Den hierdurch geschaffenen Vertrauenstatbestand akzeptiert im Grundsatz auch das Recht und verzichtet damit auf die häufig kaum erfüllbare Erwartung an den Einzelnen, jenseits der eigenen Handlungssphäre auch noch das Wirken der Mitbeteiligten oder gar das Gesamtgeschehen zwecks rechtzeitiger schadensvermeidender Intervention im Blick zu behalten. So darf etwa im Straßenverkehr (bei eigenem ordnungsgemäßem Verhalten)[7] auf ein verkehrsgerechtes Agieren der anderen Verkehrsteilnehmer allgemein vertraut werden, d.h. muss mit unvernünftigem, gefahrerhöhendem Verhalten grundsätzlich nicht gerechnet werden, "solange nicht konkrete Anhaltspunkte für die gegenteilige Annahme vorliegen"[8]. Insbesondere der Bereich der Medizin kennt zahlreiche weitere Anwendungsfälle einer solchen Begegnung auf horizontaler Ebene der Gleichrangigkeit etwa im Verhältnis von niedergelassenem Arzt und Krankenhaus und vor allem in Gestalt des kollegialen Kooperierens von Vertretern unterschiedlicher Fachdisziplinen mit der Folge einer begrenzten Reichweite der jeweiligen Pflichtenstellung; denn es würde die Anforderungen deutlich überspannen, wollte man z.B. von einem Chirurgen als Nichtspezialisten der anästhesiologischen Behandlung verlangen, während der eigenen Aufgabenerledigung zugleich auch noch den Spezialisten ständig zu überwachen und zu kontrollieren. Vielmehr besteht der Sinn einer "horizontalen Arbeitsteilung" doch gerade darin, "den Sachverstand verschiedener medizinischer Fachbereiche zu bündeln, was grundsätzlich einschließt, dass jeder Arzt nur diejenigen Entscheidungen im Rahmen der Gesamtbehandlung trifft, die in den eigenen Fachbereich fallen"[9] (Prinzip der getrennten Einzelverantwortlichkeit). Anders liegt es hingegen, wenn "das besondere Risiko der Heilmaßnahme gerade

aus dem Zusammenwirken zweier verschiedener Fachrichtungen und einer Unverträglichkeit der von ihnen verwendeten Methoden oder Instrumente" resultiert; hier besteht unabhängig von evtl. getroffenen Vereinbarungen stets eine über die eigene Spezialdisziplin hinausreichende Pflicht zu gegenseitiger Information und Koordination der jeweiligen Handlungsschritte, damit auf diese Weise das insgesamt vermeidbare Risiko tatsächlich beherrscht und ausgeschlossen wird.[10] Entsprechendes, d.h. im Sinne einer Begrenzung der Verantwortlichkeiten im Rahmen des jeweils übernommenen und tatsächlich ausgeübten Aufgabenfeldes, gilt auch auf dem Gebiet des Bauwesens, sofern nur diese Arbeitsbereiche der z.B. gleichrangig nebeneinander beteiligten Unternehmen "klar voneinander abgegrenzt" sind.[11] Jedenfalls bei Bauvorhaben größeren Ausmaßes wird man aber wegen des gesteigerten Koordinierungsbedarfs von einer Pflicht des Bauherrn ausgehen müssen, einen Architekten oder einen Generalunternehmer mit der Wahrnehmung dieser Koordinierungsaufgabe zu betrauen.[12] Die Erfüllung dieser "Organisationspflicht" soll bei Ineinandergreifen verschiedener Verantwortungsbereiche sicherstellen, dass nicht der eine sich auf den anderen verlässt und dadurch etwas Wesentliches übersehen wird.[13]

Im hierarchischen Verhältnis fachlicher Über- bzw. Unterordnung liegt das schadensfreie Gelingen der Aufgabe mit all` ihren Bestandteilen dagegen grundsätzlich in der Alleinverantwortung des Weisungsberechtigten (Prinzip der Allzuständigkeit). Freilich zwingt die Sinngebung einer jeden Delegation einzelner Tätigkeitsbereiche denknotwendig doch dazu, ein gewisses Maß an Vertrauendürfen auch bei solcher "vertikalen Arbeitsteilung" anzuerkennen. Wiederum nicht zuletzt aus dem Kontext der Medizin sind dabei allerdings in dreierlei Hinsicht "Sorgfaltspflichten" konsentiert, die bei der übergeordneten Instanz verbleiben: Erstens bedarf es stets vorab der sorgfältigen Prüfung, ob von dem Delegationsempfänger eine fehlerfreie Ausführung der angesonnenen Tätigkeit überhaupt erwartet werden kann (Auswahlpflicht); zweitens müssen diesem - zumindest im Wege einer allgemeinen Dienstanordnung - die für die Ausführung der übertragenen Aufgabe nötigen Informationen gegeben werden (Instruktionspflicht), und drittens schließlich hat der Vorgeordnete die sachgemäße Ausführung durch regelmäßige stichprobenartige Kontrollen zu überprüfen (Überwachungspflicht).[14] Hinzu kommt natürlich bei Einsatz mehrerer Hilfskräfte oder Auftragnehmer die Pflicht zur übergreifenden Koordination der Teilaufgaben im Sinne einer ordnungsgemäßen Erfüllung der Gesamtaufgabe (Organisationspflicht)[15]. Bei Beachtung dieser Grundsätze darf sodann aber, "sofern nicht besondere Umstände entgegenstehen", der Sorgfalt, Umsicht und Gewissenhaftigkeit der Delegationsempfänger im Hinblick auf deren eigene unmittelbare Primärverantwortlichkeit vertraut werden.[16] Auch hier gilt also wiederum: Sobald konkrete Anhaltspunkte für eine nicht ordnungsgemäße Erfüllung der übertragenen Teilaufgabe sichtbar werden, besteht trotz der Delegation die Pflicht zur sofortigen schadensvermeidenden Intervention. Entlastende Effekte ergeben sich jedoch auch für die untergeordnete Instanz: Diese kann nämlich grundsätzlich darauf vertrauen, dass die Anweisungen und sonstigen Informationen im Rahmen des erteilten Auftrags sach- und fachgerecht sind. Das Vertrauen darf aber auch hier kein blindes sein: Sind in der konkreten Situation deutliche Anhaltspunkte erkennbar, dass die Ausführung der übernommenen Aufgabe erhöhte Gefahren mit sich bringen wird (z.B. infolge fachlicher Unvertretbarkeit der gewählten Methode oder aufgrund des erkennbaren Fehlens der erforderlichen eigenen Qualifikation)[17], so besteht die Pflicht zu gefahrvermeidendem Innehalten und zur Rückfrage (Remonstration). Für den Bereich des Bauwesens folgt daraus: Ein beauftragter Subunternehmer trägt zwar für die ordnungsgemäße Wahrnehmung der übernommenen Aufgaben auch eine eigene Verantwortung; das befreit den beauftragenden Bauunternehmer aber nicht von der ihm obliegenden Aufsichtspflicht auf der Basis

der vorstehenden Grundsätze.[18] Nimmt er also wahr oder hätte sich ihm aufgrund der Sachlage ohne weiteres aufdrängen müssen,[19] dass die vom Subunternehmer ausgeführten Arbeiten gefahrerhöhende Nachlässigkeiten in sich bergen, so muss er entweder selbst oder - sollte es an der nötigen Sachkunde fehlen - durch Beauftragung eines kompetenten anderen einschreiten.[20] Umgekehrt bleiben beauftragte Subunternehmer wie - bei hinreichender Eigenständigkeit (also nicht im Falle ständiger Beaufsichtigung wie etwa bei Lehrlingen)[21] - auch deren hiermit betraute Arbeitnehmer innerhalb der übernommenen Aufgabe selbst verantwortlich;[22] auf besonders gefahrenträchtigen Arbeitsfeldern wie etwa bei Abrissarbeiten[23] wird man darüber hinaus, insbesondere im Falle der schon für sich gefahrerhöhenden Beteiligung mehrerer Unternehmen bzw. deren Arbeiter, den berechtigten Sicherheitserwartungen des Verkehrs entsprechend[24] aber auch von einer Pflicht ausgehen müssen, "ganz allgemein die Augen offen zu halten und das, was der Betreffende bei der Ausführung des Baues beobachtet, zu prüfen und bei der Entdeckung irgendwelcher Mängel auch seinerseits dafür Sorge zu tragen, dass Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden" (sog. "sekundäre Sicherungspflicht")[25].

2. "Pflichtenstellung" eines Subunternehmers (und seiner Bediensteten) im Lichte der höchstrichterlichen Rechtsprechung

Im vorliegenden Fall hat sich der 4. Strafsenat des BGH dem erstinstanzlich erkannten Freispruch für die Angeklagten C und W vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung bzw. Körperverletzung zwar im Ergebnis angeschlossen; in der Begründung wird allerdings nicht schon das Bestehen einer "sekundären Sicherungspflicht" in Bezug auf das schadensvermeidende Abtragen der betreffenden Gebäudeteile in Abrede gestellt, sondern vielmehr angenommen, dass die beiden Beschuldigten dieser Rechtspflicht hinreichend nachgekommen seien. Zur Begründung dieser "Pflichtenstellung" abweichend von der Rechtsauffassung des LG Schwerin rekurriert der BGH zunächst auf die allgemeine "Verkehrs(sicherungs-) pflicht"[26], wonach "jeder, der Gefahrenquellen schafft oder unterhält, die nach Lage der Verhältnisse erforderlichen Vorkehrungen zum Schutz anderer Personen zu treffen" habe. Bemerkenswert findet sich dies jedoch im Anschluss und unabhängig von der Sonderproblematik des arbeitsteiligen Zusammenwirkens auf Vorkehrungen vor solchen Gefahren eingeschränkt, deren Abwehr "ein verständiger Mensch für notwendig … hält", bei denen sich also "vorausschauend für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer Personen verletzt werden": Denn "absolute Sicherheit" könne niemals erreicht werden, hierauf seien "auch die berechtigten Verkehrserwartungen nicht … ausgerichtet", so dass die Sicherungspflicht "nicht bereits durch jede bloß theoretische Möglichkeit einer Gefährdung ausgelöst" werde. Bei Beteiligung mehrerer Personen oder Firmen und besonders bei einer so engen Verknüpfung der Teilaufgaben wie vorliegend[27] seien die "Anforderungen an die im Einzelfall gebotene Sorgfaltspflicht" aber nicht von vornherein auf die Erfüllung des vertraglich Geschuldeten beschränkt (also für die Mitarbeiter von H auf die ordnungsgemäße Erledigung der "Betonschneidearbeiten"); vielmehr habe bei Durchführung einer derart gefahrenträchtigen Baumaßnahme ein jeder der "für die Gefahrenquelle Verantwortlichen im Rahmen des ihm Zumutbaren" die Pflicht, "sich … gegenseitig zu informieren und[untereinander]abzustimmen, um vermeidbare Risiken für Dritte auszuschalten": Vor allem dann, wenn "erkennbar Sicherungsmaßnahmen erforderlich sind, die vor Beginn der eigentlich gefahrträchtigen Handlung durchgeführt werden müssen", bedarf es stets der Vergewisserung, "dass der für die notwendige Sicherung Verantwortliche seine Aufgabe erfüllt hat"; es dürfe dann also "nicht blindlings darauf vertraut[werden], dass dies auch zutrifft".

Der hierzu infolge der ihm eingeräumten weitreichenden Eigenverantwortlichkeit beim Abbruch der tragenden Wand verpflichtete C sei diesen Anforderungen jedoch nach Ansicht des BGH zur Genüge dadurch nachgekommen, dass er den T auf die Problematik um die Statik frühzeitig hingewiesen habe. Dass er oder der diese Rückfrage veranlassende W über besondere Fachkenntnisse verfügt haben könnte, die zumindest einen von beiden möglicherweise dazu befähigt hätte, die Mangelhaftigkeit der von T vorgegebenen Abstützung zu erkennen, ist vom Tatgericht nicht festgestellt worden. Deshalb sei eine nochmalige Nachfrage, ob der Statiker die Änderungen auch tatsächlich gebilligt habe, nicht mehr Bestandteil jener "sekundären Verkehrssicherungspflicht" gewesen, "auch wenn die Verringerung der Anzahl der Stützen gegenüber der ursprünglichen Planung erheblich war"; eine solche Annahme hätte nur dann nahegelegen, "wenn die mangelnde Eignung der angebrachten Abstützung und die dadurch bedingte besondere Gefahrenlage für die Angeklagten offensichtlich gewesen wäre". Hiergegen spreche jedoch, dass die vorgesehene Abstützung

der Decke in der Arbeitssitzung am Tage vor dem Unglück weder von Bauleiter G noch von Sicherheitskoordinator M beanstandet worden sei. Zudem zeige sich an dem Umstand, dass C noch am Morgen des Unfalltages den Abbruch jenes Teilstücks ankündigte und mit der Fortsetzung seiner Arbeit bis zum Anbringen des Unterzugs aus Sicherheitsgründen wartete, dass er sich seiner Verantwortung für die Sicherheit des Bauwerks bewusst gewesen sei. Hieraus zieht der BGH die Schlussfolgerung: "Unter diesen Umständen erübrigte sich für die Angeklagten W und C, bei T noch einmal ausdrücklich nachzufragen, ob statischerseits Bedenken gegen die Fortsetzung der Abbrucharbeiten bestehen".

3. Auf dem Weg zu einem wahrhaft lebensadäquaten Fahrlässigkeitsmaßstab

Es ist außerordentlich verdienstvoll, dass der Senat auf diese Weise abweichend von manch` anderen Judikaten[28] und insbesondere abweichend von der noch immer vorherrschenden Lehre nach einer lebensnahen Beurteilung des Tatgeschehens trachtet und zielgerichtet danach fragt, inwieweit von den konkret-situativ Befangenen realistischerweise ein Voraussehen und Vermeiden des schadensursächlichen Kausalverlaufs erwartet werden durfte. Nicht die Suche nach "konkreten Sondernormen"[29] steht also zur Debatte, seien solche in die Form hoheitlicher, abstrakt-genereller Verhaltensvorschriften gegossen oder wie vorliegend gleichsam durch privatautonome Festlegung des jeweils Geschuldeten erzeugt, sondern ausgehend vom Rechtsgüterschutz und der darauf bezogenen "Vermeidepflichtverletzung"[30] (neminem laedere) die Frage, ob "die mangelnde Eignung der angebrachten Abstützung und die dadurch bedingte besondere Gefahrenlage für die Angeklagten offensichtlich gewesen" ist. Umschrieben ist damit bekanntlich nichts anderes als das schon an anderer Stelle eingehend erläuterte "Veranlassungsmoment"[31], das den Blick auf die lebensweltlichen Faktoren der Gefahrenkognition für die jeweils individuelle Person in der jeweilig konkreten Situation lenkt. Weil erst das Vorhandensein sog. "Warnsignale"[32] dem Menschen die Möglichkeit eröffnet, die folgenreiche Differenz von theoretischem Gefahrenwissen und konkret-praktischer Erkenntnis der Gefahr in der lebensweltlichen Situation zu überbrücken, wird die für die Zuschreibung als "fahrlässig" konstitutive (individuelle) Erkennbarkeit der mit dem Täterverhalten verbundenen Gefahrenträchtigkeit durch den Nachweis hinreichend "deutlicher" Gefahrindikatoren sowohl begründet als auch begrenzt; selbige muss der Täter somit entweder erkannt haben (bewusste Fahrlässigkeit) oder müssen ihm aufgrund seines Erfahrungswissens und seiner Befindlichkeit in der konkreten Tatsituation zweifelsfrei erkennbar gewesen sein (unbewusste Fahrlässigkeit). Normativ erwächst aus diesem "situativen Anspruch" zugleich die Vermeideverantwortlichkeit des Vermeidemächtigen.[33]

Die Kehrseite dieses Fahrlässigkeitsmaßstabs, das Vertrauendürfen auf den guten Ausgang bei Nichtvorhanden-sein bzw. Nichterkennbarkeit gefahrindizierender "konkreter Anhaltspunkte", gibt als sog. "Vertrauensgrundsatz" somit die leitende Orientierung nicht nur,[34] aber eben auch und insbesondere im Falle der besonderen Komplexität der Tatsituation infolge Mitbeteiligung mehrerer Personen. Hierzu bekennt sich der 4. Strafsenat letztlich unmissverständlich trotz gelegentlichen Schwankens im argumentativen Begründungsgang, wenn insbesondere nach eigentlich schon erfolgter Begrenzung der "allgemeinen Verkehrssicherungspflicht" dennoch zur Begründung der erweiterten Pflichtenstellung auf die "Zuständigkeit" der Firma H zur Vornahme des Abbruchs und damit zum Ergreifen der erforderlichen Vorkehrungen zur Abwehr von hieraus evtl. hervorgehenden Gefahren abgehoben wird. Die sich anschließende Hervorhebung, dass ausschlaggebend bereits die "tatsächliche Übernahme" der Sorge um die "besondere Gefahrenquelle" (und nicht der vertraglich vereinbarte Pflichtenkreis) sei, hätte eigentlich offenbaren müssen, dass insoweit nicht die fahrlässigkeitsspezifische (individuelle) "Sorgfaltspflicht", sondern nur das (für Begehungstäter selbstverständliche, für Unterlassungstäter hingegen erst bei Vorliegen einer "Garantenstellung" bestehende)[35] generelle Gebot der Schadensvermeidung in Frage steht, dessen Missachtung allein das Erfolgs- und nicht schon das Handlungsunrecht begründet. In der konkreten Anwendung des "Vertrauensgrundsatzes" begegnet überdies die weitere Unsicherheit des BGH, ob vorliegend eher die Grundsätze zur horizonalen oder vielmehr jene zur vertikalen Arbeitsteilung zugrunde zu legen sind. Der Senat neigt ersichtlich der ersteren Variante zu, wenn er die Gesamtaufgabe trennscharf zwischen den beiden beteiligten Firmen unterteilt ("Abbruchaufgabe" und "Sicherungsaufgabe") und in diesem Verhältnis von der wechselseitigen Verpflichtung spricht, "sich in zumutbarer

Weise gegenseitig zu informieren und abzustimmen"[36]. In Wahrheit entbindet jedoch die Delegation von Teilaufgaben etwa durch Beauftragung eines Subunternehmers nicht von der ursprünglich gegenüber dem Bauherrn übernommenen Gesamtverantwortung, so dass nicht von einer horizontalen, sondern von einer vertikalen Arbeitsteilung auszugehen ist.[37] Relevanz kommt dieser Fehlklassifizierung freilich nur für die Pflichtenstellung des Delegierenden, nicht für jene des Übernehmenden zu: Denn dieser ist hier ebenso wie im Falle einer horizontalen Arbeitsteilung grundsätzlich auf den eigenen Pflichtenkreis beschränkt und kann nur bei Bestehen "triftiger Anhaltspunkte" für den konkret schadensträchtigen Verlauf darüber hinaus in Anspruch genommen werden.[38]

Solche hat der Senat vorliegend nicht erkennen wollen trotz des Zugeständnisses, dass "die Verringerung der Anzahl der Stützen gegenüber der ursprünglichen Planung erheblich war". Dass die besondere Gefahrenlage gleichwohl weder für C noch für W "offensichtlich" gewesen sei, ist deshalb eine reichlich überraschende Annahme; denn selbst einem Laien wird doch ganz selbstverständlich sein, dass die Vornahme derart umfangreicher Umbau- und Abrissarbeiten in einem derart großen Gebäudekomplex nur bei hinreichend gewährleisteter Abstützung der Decken und Wände verantwortet werden kann, mithin die außerordentliche Gefahrenträchtigkeit des Vorhabens gerade in dieser Hinsicht größtmögliche Sorgfalt erfordert. Wie eine Reduzierung der Stützen auf ca. ein Drittel (!) der gutachterlich berechneten Zahl und die Wahl deutlich weniger belastbarer Materialien gegenüber den eigentlich vorgesehenen dann noch vertrauensbegründend bzw. nicht nachhaltig vertrauenszerstörend wirken soll, bleibt unerfindlich. Gewiss sind die Angeklagten keineswegs untätig geblieben und haben sich in zutreffender Erkenntnis der Problematik (sonst hätten sie sich dazu gar nicht veranlasst gesehen) abzusichern gesucht; nur ist auch ihnen gegenüber das Ergebnis der erbetenen Rückversicherung beim Statiker letztlich offen geblieben und damit auch die entscheidende Frage, ob trotz der evident erhöhten Gefährlichkeit dennoch auf eine sichere und unfallfreie Durchführung der Bauarbeiten vertraut werden durfte. Die Auskunft des T, die C auf seine Rückfrage hin erhalten hatte, erschöpfte sich in der bloßen Zusage, die benötigte Expertise des Statikers noch beizubringen; der spätere Hinweis des T, "dass die Hinzuziehung eines Statikers nicht erforderlich sei, da er mit den Feststellungen der Statik klarkomme", erfolgte nicht gegenüber C oder W, sondern dem Bauleiter G und hätte mit Blick auf die ursprünglichen Festlegungen des Bauplanungsbüros und insbesondere der gegenteiligen Zusage gegenüber C eher Anlass zu Misstrauen als Grund für gerechtfertigtes Vertrauen gegeben. Infolgedessen war die Situation aus Sicht des C auch am Morgen des Unfalltages ungeklärt und gründete sich die Annahme, es werde "schon alles gutgehen", auf die ungesicherte Spekulation, dass T wohl nicht die Anweisung zur Vornahme der reduzierten Absicherung an seine Arbeiter erteilt hätte, ohne sich zuvor selbst hinreichend abzusichern. Die Zuschreibung eines solcherart "konkludenten" Erklärungswertes wäre jedoch allenfalls dann geeignet gewesen, die vorhandenen Warnsignale wieder zu zerstreuen, wenn es sich bei T um den zuständigen Experten für die Beurteilung der Sache gehandelt hätte; eben dies war aber - auch für C eindeutig erkennbar - gerade nicht der Fall. Die Auskunft oder Entscheidung einer nicht fachkundigen Person kann für sich aber keinerlei vertrauensbegründende Wirkung für diejenigen entfalten, die um die Gefahrenträchtigkeit des Geschehens wissen. Der Hinweis des BGH, dass die Angeklagten nicht von einer besonderen Unzuverlässigkeit oder Risikobereitschaft des T ausgehen mussten, geht daher an der Sache vorbei. Vielmehr bestand für C spätestens am Morgen des Unfalltages unmittelbar vor Beginn der betreffenden Bauarbeiten bei Vornahme der Absicherung, an der sich selbst beteiligte, in Kenntnis der ausgebliebenen Antwort auf seine Nachfrage triftiger Anlass, nochmals rückzufragen und sich zu vergewissern, ob die von ihm selbst geäußerten Bedenken nun zuverlässig entkräftet und bei der beabsichtigten Vorgehensweise bedacht sind. Aufgrund der von den Angeklagten selbst angenommenen Gefährlichkeit kann es - entgegen der vom Senat zugrunde gelegten Auffassung - auch keine Rolle mehr spielen, dass weder C noch W "besondere Fachkenntnisse besaßen, die sie befähigt hätten, die Mangelhaftigkeit der von T vorgegebenen Abstützung zu erkennen". Gerade dieser Umstand hätte sie dazu veranlassen müssen, auf das zuverlässige Einholen einer verbindlichen Auskunft zu dringen, ehe mit der gefährlichen Baumaßnahme begonnen wird. Dies gilt um so mehr für W, der sich (die mitgeteilten Sachverhaltsfeststellungen zugrunde gelegt) offenbar noch weniger um die Klärung der Sachlage bemüht und sich letztlich wohl darauf beschränkt hat, das Problem ungeachtet seiner vorgesetzten Stellung lediglich dem C aufzubürden. Wie das durchaus nicht gewissenlose Verhalten des C am Morgen des Unfalltages auch für ihn entlastend wirken könnte (wovon der BGH ohne jedwede Begründung ausgeht)[39], bleibt ebenfalls rätselhaft. Der einzige wirklich potentiell vertrauensbegründende Umstand ist jener, dass tags zuvor die beabsichtigte Abstützung nicht beanstandet worden ist; an dieser Besprechung haben jedoch die Angeklagten gar nicht teilgenommen (eine Benachrichtigung des C und/oder W über das Ergebnis dieser Besprechung ist nicht erkennbar), so dass es nicht mehr darauf ankommt, ob auf das Ausbleiben von Beanstandungen (was keineswegs bedeutungsgleich ist mit der ausdrücklichen Bestätigung des Vorgehens!) nicht durch den fachlich zuständigen Statiker, sondern durch den Bauleiter und einen "Sicherheitskoordinator" (dessen Fachkompetenz und Aufgabe noch näher zu ermitteln wäre) überhaupt ernsthaft vertraut werden darf.

III. Den Letzten beißen die Hunde?

Im Ergebnis erweist somit erst eine sorgfältige Analyse der situativen und kognitionspsychologischen Handlungsbedingungen aus der Perspektive der jeweils beschuldigten Person, ob die getroffene Entscheidung oder Verrichtung "verantwortungslos" war oder den Anspruch auf verständnisvolle und sanktionslose Hinnahme angesichts der begrenzten Vermeidemacht eines jeden Menschen erheben kann. Eben hierin liegt das Anliegen einer dezidiert um Lebensnähe bemühten Fahrlässigkeitskonzeption, die sich nicht mit leerformelhaften Floskeln und rein normativen Zuschreibungen zufrieden geben will. Denn wenn die Ungewissheit der Ereignisse eine Grundtatsache unseres täglichen Lebens ist und deshalb eine zutreffende Einschätzung der jeweiligen Situation unabdingbar, um die häufig schwer überschaubaren Folgen unseres Handelns wenigstens annäherungsweise abzuschätzen,[40] dann muss auch die rechtliche Bewertung hieran anknüpfen und sich auf die jeweils begrenzten Kapazitäten zur Voraussicht möglicher Gefahren einlassen, sofern sie ihrem Selbstverständnis im Sinne einer fairen und lebensadäquaten Zuschreibung von "Verantwortung" gerecht werden will. So sehr aber die Inanspruchnahme von "Vertrauen" als Grundlage menschlichen Handelns schlechthin unentbehrlich ist, bleibt es "nicht nur im Einzelfall, sondern erst recht auf Systemebene darauf angewiesen, dass die Risikoneigung unter Kontrolle gehalten wird": Vertrauen "reduziert soziale Komplexität dadurch, dass es vorhandene Informationen überzieht"; es bleibt daher, will es nicht "blind" und von lebensuntauglicher Naivität sein, stets auf andere, vertrauensbegründende Strukturen und Orientierungen angewiesen.[41] Solche sind zwar häufig gerade für jene gegeben, die auf unterer Handlungsebene eines hierarchischen Systems auf Weisungen hin tätig sind; insofern ist richtig, dass den Letzten regelmäßig "nicht die Hunde beißen" (sollen). Sehr wohl können sie ihn jedoch beißen, "wenn er gar nicht an Hunde gedacht oder die Anzeichen der Verfolgung nicht bedacht oder beherzigt hat"[42], sei es aus Gleichgültigkeit, übertriebener Risikofreude oder sorgloser Leichtfertigkeit. Wer unkontrollierte Risiken zum Schaden anderer eingeht, verdient keine Nachsicht der Rechtsgemeinschaft. Dem BGH ist daher zuzurufen, dass er bei seinem Bemühen um verständnisvolles Aufklären der realen Lebensbedingungen künftig nicht mehr auf halbem Wege stehenbleiben möge.


[1] Grundlegend Beck, Gegengifte. Die organisierte Unverantwortlichkeit, 1988, S. 9: "Die etablierten Regeln der Zurechnung und Verantwortung - Kausalität und Schuld - versagen. Das heißt, deren unverdrossene Anwendung … bewirkt das Gegenteil: die Gefahren wachsen, ihre Anonymisierung wird legitimiert".

[2] Spaemann, Zur Kritik der politischen Utopie. Zehn Kapitel politischer Philosophie, 1974, S. 174.

[3] Siehe Birnbacher, Grenzen der Verantwortung, in: Bayertz (Hrsg.), Verantwortung - Prinzip oder Problem?, 1995, S. 143, 165.

[4] Kaufmann, Risiko, Verantwortung und gesellschaftliche Komplexität, in: Bayertz (Fn. 3), S. 72, 91.

[5] Weiterführend Picht, Der Begriff der Verantwortung, in: ders. (Hrsg.), Wahrheit, Vernunft, Verantwortung, 1969, S. 318, 335.

[6] Treffend Hart, Vertrauen, Kooperation und Organisation. Probleme der Zusammenarbeit, der Übergabe und an Schnittstellen im Arzthaftungsrecht, in: Laufs-FS 2006, S. 843: "Vertrauen darf investiert werden in höhere Kompetenz, bewährte Kooperation und abgestimmte Organisation".

[7] Zur Problematik dieser Einschränkung näher Duttge, Zur Bestimmtheit des Handlungsunwerts von Fahrlässigkeitsdelikten, 2001, S. 465 ff.

[8] Statt vieler Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil, Bd. I, 4. Aufl. 2006, § 24 Rn 21 ff.; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, Strafgesetzbuch. Kommentar, 27. Aufl. 2006, § 15 Rn 149 f.; Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht Allgemeiner Teil, 5. Aufl. 2004, § 15 Rn 67; Systematischer Kommentar zum StGB/ Hoyer, Stand: 7. Aufl./39. Lfg., Juni 2004, Anh. zu § 16 Rn 39; aus der Rspr. z.B. BGHSt 7, 118 ff.; 12, 81, 83; 14, 97, 99; OLG Stuttgart NStZ 1997, 190: "Risikobegrenzung".

[9] Zuletzt OLG Naumburg MedR 2005, 232 f.; zur Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche zwischen Anästhesist und HNO-Arzt: BGH MedR 1991, 198; zwischen Anästhesist und Urologe: BGH NJW 1984, 1400; zwischen Anästhesisten und Gynäkologen: BGH NJW 1987, 2293; zwischen Neurologie und Neurochirurgie: OLG Oldenburg MedR 1999, 36; vgl. auch Spindler, in: Bamberger/Roth (Hrsg.), Beck`scher Onlinekommentar BGB, Stand: 1.11.2008, § 823 Rn 727 ff.; Staudinger/Hager, Kommentar zum BGB, 12. Aufl. 1999, § 823 Rn I 31: "Gefahr, dass sich Ärzte gegenseitig überwachen, anstatt sich ihrer eigentlichen Aufgabe zu widmen".

[10] Vgl. BGHZ 140, 309, 314 ff. = NJW 1999, 1779, 1781; siehe weiterhin auch Ulsenheimer, Arztstrafrecht in der Praxis, 4. Aufl. 2008, Rn 145a; Wagner, in: Münchener Kommentar zum BGB, 4. Aufl. 2004, § 823 Rn 657.

[11] Dieses Erfordernis hat der BGH bekanntlich im Wuppertaler Schwebebahn-Fall für die dort vor Ort tätigen Arbeiter in Frage gestellt und demzufolge eine generalisierte Aufteilung der Arbeitsbereiche verlangt, vgl. BGHSt 47, 224, 231 f. - Warum jedoch nicht auch eine erst zwischen den Beteiligten konkret getroffene Aufgabenverteilung genügen kann, ist nicht einzusehen, krit. deshalb Duttge, NStZ 2006, 266, 269 f.; Freund, NStZ 2002, 424 f.; zum jeweils eigenständigen Pflichtenkreis im Verhältnis von Bauunternehmer (falsche Auswahl der Baumaterialien sowie fehlerhafte Statikberechnung) und Prüfingenieur vgl. BGH MDR 1978, 504.

[12] Vgl. Wagner (Fn. 10), § 823 Rn 448 m.w.N.

[13] Treffend Kesselring, Verkehrssicherungspflichten am Bau, 2002, S. 69; zur ansonsten sehr begrenzten Pflichtenstellung des Bauherrn, der zwar "geistiger Urheber" der geschaffenen Gefahrenquelle, aber kein Fachmann für die nötige Beurteilung der dadurch veranlassten Sicherungsmaßnahmen ist: Gallas, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit der am Bau Beteiligten, 1963, S. 34 f.: Beauftragung eines Architekten und eines als zuverlässig geltenden Bauunternehmers.

[14] Weiterführend mit Bezug zur Gesundheitsversorgung: Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen. Kooperation und Verantwortung. Voraussetzungen einer zielorientierten Gesundheitsversorgung. 2007, S. 120. Online verfügbar unter: http://www.svr-ge­sundheit.de/Startseite/gutacht07.htm. Ausführlich mit weiteren Bsp. aus der Rspr.: Ulsenheimer (Fn. 10), Rn 167 ff.

[15] Nach OLG Hamm NJW-RR 1999, 319 ist dieser freilich i.d.R. schon durch Ermöglichung von direkten Absprachen zwischen den Beteiligten Genüge getan.

[16] So ausdrücklich Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, 3. Aufl. 2002, § 140 Rn 23.

[17] Aus dem Bereich der Medizin z.B. OLG Düsseldorf NJOZ 2007, 2195 (veraltete Behandlungsmethode); OLG Hamm MedR 2006, 236 (für die Betreiberin eines Geburtshauses leicht erkennbare "Unsinnigkeit" der ärztlichen Anordnungen); vertiefend Franzki, Die Zusammenarbeit von Arzt und Hebamme bei der Geburtshilfe, in: Berg/Ulsenheimer (Hrsg.), Patientensicherheit, Arzthaftung, Praxis- und Krankenhausorganisation, 2006, S. 125 ff.; siehe auch Laag, Die haftungsrechtliche Stellung der Pflege im Wundmanagement, PflegeCongress 2006 (online verfügbar unter: http:// www.johanniter.de/mmo/pub/282318-WEB.pdf): "Bei eindeutig fehlerhaften Behandlungsmethoden wie Eis und Föhn, Olivenölläppchen, Haushaltszucker, für die es keine therapeutische Indikation gibt, bleibt nur die standhafte Weigerung der Pflegenden, die Wundversorgung zu übernehmen".

[18] Vgl. OLG Karlsruhe NJW 1977, 1930 f.; zur fortbestehenden Verantwortlichkeit des Bauunternehmers im Verhältnis zu einem vom Bauherrn bestellten (Ober-)Bauleiter vgl. OLG Stuttgart NJW 1984, 2897, 2898.

[19] Abweichend, aber wohl nur versehentlich auf die tatsächliche Wahrnehmung von Fehlern beschränkt: Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch/Vogel, 12. Aufl. 2007, § 15 Rn 282.

[20] Vgl. auch BGHSt 19, 286, 288; OLG Hamm NJW 1969, 2211, 2212 zum Verhältnis von Bauherr und Bauunternehmer.

[21] Näher BGH NJW 1979, 864, 865 = BauR 1979, 266; OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 1309, 1310.

[22] Vgl. BGH NJW-RR 1995, 659 für mit Abbrucharbeiten beauftragte Arbeitnehmer; OLG Frankfurt/Main BauR 1992, 255 und OLG Koblenz NJW-RR 1998, 374, jeweils für Subunternehmer.

[23] Ausdrücklich betont bei Kesselring (Fn. 13), S. 78.

[24] Zu deren Maßgeblichkeit für Begründung und Reichweite von Verkehrssicherungspflichten siehe aus der st. Rspr. etwa BGH NJW 1990, 906, 907; 1994, 3348, 3349; näher Spindler (Fn. 9), § 823 Rn 234; Staudinger/Hager (Fn. 9), § 823 Rn E 27, jeweils m.w.N.

[25] Bindhardt/Jagenburg, Die Haftung des Architekten, 8. Aufl. 1981, § 13 Rn 13.

[26] Zur Terminologie vgl. Staudinger/Hager (Fn. 9), § 823 Rn E 11.

[27] Der BGH reklamiert hierfür missverständlich und unnötig den Topos der "Natur der Sache".

[28] Zuletzt etwa im "Autoraser"-Fall: BGH HRRS 2009 Nr. 93 = NStZ 2009, 148 m. krit. Anm. Duttge, NStZ 2009[Heft 5]: bereits die Durchführung des Rennens[§ 29 StVO], weiterhin die Einleitung und Durchführung des Überholvorgangs[§ 5 IV S. 2 StVO], zusätzlich der Fahrfehler beim Zurücklenken des Fahrzeugs bzw. bei dem anderen Fahrzeugführer der untersagte Fahrstreifenwechsel[§ 7 V StVO].

[29] Zu deren (bestrittenen) fahrlässigkeitsbegründenden Relevanz siehe Duttge, in: Dölling/Duttge/Rössner (Hrsg.), Gesamtes Strafrecht. Handkommentar, 2008, § 15 Rn 30 sowie ausf. ders., Zum Unrechtsgehalt des Fahrlässigkeitsdelikts, in: Comparative Law Review (jap.) 2009[im Erscheinen], jeweils m.w.N. (auch zur Gegenauffassung); ebenfalls eher skeptisch Freund, in: Küper-FS 2007, S. 63, 76; anders dagegen Kudlich, in: Otto-FS 2007, S. 373, 387 f.

[30] Otto, in: Schlüchter-GS, 2002, S. 77, 89 f.

[31] Zuerst in: Duttge (Fn. 7).

[32] Häufig jedenfalls implizit, mitunter auch explizit die Rspr., vgl. etwa BayObLG NJW 1998, 3580 (unter Verweis auf LG Passau NJW 1997, 1165) m. Bspr. Otto, JK 99, StGB § 15/6 (Horrorvideo-fall).

[33] Treffend Lampe, ZStW 118 (2006), 1, 25.

[34] Zu diesem Verständnis eines "erweiterten Vertrauensgrundsatzes" näher Duttge (Fn. 7), S. 465 ff.; siehe auch ders., in: Münchener Kommentar zum StGB, Bd. 1, § 15 Rn 141.

[35] Die in Bezug genommene Entscheidung BGHSt 47, 224, 229 behandelt dementsprechend ebenso wie die Urteilsanmerkung von Kühl (NJW 2008, 1897, 1899) ausschließlich die Frage der Garantenstellung (der mit der Beseitigung der sog. Dilatationsüberbrückungen beauftragten Arbeiter bzw. des Kfz-Werkstattleiters einer Transportspedition), nicht jedoch die fahrlässigkeitsspezifische "Pflichtwidrigkeit".

[36] Explizit wird am Ende der Urteilsbegründung im Verhältnis der Angeklagten zum Bauunternehmer T auf die Grundsätze und Rspr. zur "horizontalen Aufteilung einzelner Verantwortungsbereiche" verwiesen.

[37] Siehe zum Subunternehmerverhältnis bereits o. bei Fn. 18 ff.

[38] Siehe o. bei Fn. 8 ff. (horizontale Arbeitsteilung) bzw. Fn. 21 ff. (vertikale Arbeitsteilung).

[39] Der Senat formuliert: "Dass die Angeklagten sich vielmehr ihrer Verantwortung für die Sicherheit des Bauwerks bewusst waren, wird daran deutlich, dass der Angeklagte C noch am Morgen des Unfalltages gegenüber T den Abbruch des Teilstücks IV der Wand ankündigte und mit der Fortsetzung seiner Tätigkeit aus Sicherheitsgründen zuwartete, bis der Unterzug hinsichtlich des Teilstücks III angebracht war. Unter diesen Umständen erübrigte sich für die Angeklagten W und C…".

[40] Dazu vertiefend Beck, Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne, 1986, S. 44.

[41] Näher Luhmann, Vertrauen. Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität, 3. Aufl. 1989, S. 98 f., 105 f.

[42] Deutsch, Den Letzten beißen nicht die Hunde: Die Haftung bei der arbeitsteiligen Medizin, in: Duttge (Hrsg.), Perspektiven des Medizinrechts im 21. Jahrhundert (Göttinger Schriften zum Medizinrecht, Bd. 1), 2007, S. 69, 77.