HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Oktober 2004
5. Jahrgang
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Aufsätze und Entscheidungsanmerkungen

Die Effektivierung der revisionsgerichtlichen Rechtskontrolle von Urteilsabsprachen durch die Unwirksamkeit des absprachebedingten Rechtsmittelverzichts

Zugleich Besprechung des Vorlagebeschlusses BGH, 3 StR 368/02, 415/02 v. 15. Juni 2004.

Von Wiss. Ass. Karsten Gaede (Hamburg/Zürich) / RA Markus Rübenstahl, Mag. iur. (Karlsruhe)

Die Abhandlung spricht sich für die vom dritten Strafsenat angestrebte Unwirksamkeit des absprachebedingten Rechtsmittelverzichts aus. Unter Aufarbeitung der vom Schrifttum begleiteten Diskussion unter den Strafsenaten aber auch der einschlägigen Konventionsdogmatik zum Verzicht auf Rechte des Art. 6 EMRK treten die Verfasser für eine Umsetzung des Vorlagebeschlusses und damit für die Aufrechterhaltung und Effektivierung der Entscheidung BGHSt 43, 195 ff. ein. Einer die faktische Legalisierung des abgesprochenen Rechtsmittelverzichts bedeutenden qualifizierten Belehrung tritt der Beitrag ebenso entgegen wie der vom fünften Strafsenat angedachten mit geltendem Recht unvereinbaren Präklusionslösung. Für die Folgefrage der möglichen Unwirksamkeit des parallelen Rechtsmittelverzichts der Staatsanwaltschaft erarbeiten die Verfasser eine Lösung.

I. Einführung: Die Kontrolle der Absprachenpraxis auf der Basis von BGHSt 43, 195 ff.

Die Justiz der Absprachen ist auch im deutschen Strafverfahren neben streitig beendeten Verfahren heute eine Realität.[1] Der BGH hat sich dem Problem insbesondere[2]

mit der Leitentscheidung BGHSt 43, 195 ff. gestellt.[3] Ob die darin zum Ausdruck gekommene vermittelnde, auf eine Integration der Absprachenpraxis in den Kontext des geltenden Strafprozessrechts abzielende Judikatur des BGH bereits zutreffend die rechtlichen Bindungen der Absprachenpraxis auslotet, steht im Schrifttum nach wie vor nicht außer Streit. Vielmehr stellen sich für das überwiegende Schrifttum die Grundsätze von BGHSt 43, 195 ff. als Mindestanforderungen dar, über die zahlreiche Autoren mit beachtlichen Gründen zum Teil weit hinausgehen wollen, wodurch Absprachen in weitaus größerem Umfang unzulässig wären.[4] Die folgende Abhandlung will nicht prüfen, ob und inwiefern BGHSt 43, 195 ff. strengere Maßstäbe hätte anerkennen sollen. Die Grundsätze von BGHSt 43, 195 ff. prägen die unverzichtbaren Mindeststandards aus,[5] hinter denen die Praxis jedenfalls nicht zurück fallen darf. Heute stellt sich eher die für die konkrete Rechtswirklichkeit vordringliche Frage, ob und inwiefern diese Mindeststandards überhaupt wirksam an die Praxis vermittelt werden. Die zu vernehmenden Signale reichen von der erschreckenden Missachtung[6] der höchstrichterlich zusammengetragenen Mindestbedingungen durch die Praxis und damit von ihrem Scheitern bis hin zu einer bisweilen gesehenen wachsenden Verbreitung von BGHSt 43, 195 ff.[7] Die Aufgabe, die vom BGH anerkannten Grundsätze an die tatrichterliche Praxis zu vermitteln, fällt dabei vor allem den Revisionsgerichten und damit dem BGH zu. Hierbei kommt es wiederum wesentlich darauf an, inwiefern der BGH tatsächlich in der Lage ist, Absprachen zu widersprechen, die heute typisch auf einen zuvor kommunizierten sofortigen Rechtsmittelverzicht der Beteiligten hinaus laufen. Anhand des Problems, inwiefern ein abgesprochener oder kommunizierter Rechtsmittelverzicht die vom BGH ausgeübte Absprachenkontrolle hindern können soll, ist die Grundfrage nach der effektiven Rechtskontrolle der Urteilsabsprachen aufgeworfen worden. Der vierte Strafsenat hatte bereits in Ergänzung seiner Rechtsprechung abgesprochene Rechtsmittelverzichte für unwirksam gehalten und zur Durchsetzung von BGHSt 43, 195 ff. eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eröffnet.[8] Hingegen sollte insbesondere nach der Judikatur des ersten Strafsenats eine solche Rechtskontrolle nur dann eröffnet sein, wenn besondere Umstände den Rechtsmittelverzicht infolge einer schwerwiegenden Willensbeeinflussung unwirksam sein lassen,[9] was den abgesprochenen Rechtsmittelverzicht bislang grundsätzlich wirksam sein lässt. Gegen diese früher auch vom fünften Strafsenat geteilte[10] und heute noch vom zweiten Strafsenat getragene Haltung[11] hat nun der dritte Strafsenat einen Vorlagebeschluss gefasst, der darauf abzielt, absprachebedingte Rechtsmittelverzichte als unwirksam zu betrachten.[12]

Die unter den Strafsenaten im Rahmen des Anfrageverfahrens energisch geführte Kontroverse regt dazu an, den für eine wirksame Vermittlung der Mindestmaßstäbe letztlich zentralen Fragen der Zulässigkeit des abgesprochenen oder kommunizierten Rechtsmittelverzichts und seiner Wirksamkeit nachzugehen (II.). Dabei ist es geboten, auch vermittelnde Ansätze zu prüfen, welche für die Ausgestaltung der effektivierten revisionsrichterlichen Prüfung vorgeschlagen worden sind (III.). Zudem wirft die befürwortete Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts bedeutende Folgefragen auf, von denen hier ergänzend die Frage der Wirksamkeit des Rechtsmittelverzichts der Staatsanwaltschaft untersucht werden soll (IV.)

II. Die Unwirksamkeit des absprachebedingten Rechtsmittelverzichts des Angeklagten

Mit dem Vorlagebeschluss sind dem Großen Senat letztlich drei Fragen zulässig [13] vorgelegt worden, die auf-

einander aufbauen und insgesamt auf eine bestätigende Effektivierung von BGHSt 43, 195 ff. abzielen. Erstens sah sich der dritte Senat insbesondere durch den Antwortbeschluss des zweiten Senats dazu veranlasst, den Großen Strafsenat zu einer Bekräftigung des Verbots der Absprache eines Rechtsmittelverzichts zu veranlassen (1.). Zweitens wirkt der Strafsenat darauf hin, dass es den Tatgerichten diesbezüglich verwehrt sein soll, einen Rechtsmittelverzicht des Angeklagten ausdrücklich anzusprechen oder zu befürworten (2.). Drittens soll die vom vierten Strafsenat bereits vorgezeichnete Unwirksamkeit des unzulässig auf Grund einer Absprache erklärten Rechtsmittelverzichts des Angeklagten durch den Großen Strafsenat ausgesprochen werden (3.).

1. Die Aufrechterhaltung des Verbots der Absprache von Rechtsmittelverzichten

Mit der Entscheidung BGHSt 43, 195 ff. hat der BGH Mindestanforderungen an Urteilsabsprachen ausformuliert, die ein konsensuales Verhalten im Strafprozess heute jedenfalls wahren muss, um als noch mit dem geltenden Recht vereinbar gelten zu können. BGHSt 43, 195 ff. bedeutet zum einen erhebliche Restriktionen hinsichtlich des Gegenstandes der Absprachen. Zum anderen wurden auch spezifische Verfahrensvorgaben entwickelt, um die rechtsstaatlichen Grundprinzipien des Strafverfahrensrechts zu wahren. Weitere Konkretisierungen haben in jüngerer Zeit statt gefunden. [14] Ebenfalls wurde mit BGHSt 43, 195, 204 anerkannt und im Folgenden tragend bestätigt, dass die Vereinbarung eines Rechtsmittelverzichts in einer Urteilsabsprache unzulässig ist. [15]

Gegen diese Praxis hat sich nun offen der zweite Strafsenat gewandt, [16] der keine rechtsstaatlichen Bedenken [17] hat, der Praxis die Inaussichtstellung eines allseitigen Rechtsmittelverzichts als Absprachengegenstand im Rahmen einer im übrigen "formgerechten" einverständlichen Verfahrenserledigung zu gestatten. Der erste Strafsenat ist nach der Diktion seines Antwortbeschlusses vor diesem Schritt nur knapp zurückgewichen, wenn er in der Sache das weitere Leerlaufen von BGHSt 43, 195 ff. in Kauf nimmt und die Maßstäbe von BGHSt 43, 195 ff. nur noch als "Hinweise … zur Absprache" versteht. [18]

Gegen diese Infragestellung von BGHSt 43, 195 ff. hat der dritte Strafsenat bereits zutreffendes ausgeführt.[19] Zu Recht hat er auf die zentrale Bedeutung des Verbots, einen Rechtsmittelverzicht zu erwirken, für die Wahrung der rechtlichen Bedingungen der Absprachenpraxis verwiesen. Das Verbot " hat die Aufgabe, die Einhaltung der übrigen Anforderungen, vor allem derjenigen zum Inhalt einer Absprache, zu sichern, und soll verhindern, daß es die Beteiligten in dem Bewußtsein, die Entscheidung werde nicht mehr überprüft, bei der Urteilsfindung an der auch in diesem Verfahren notwendigen Sorgfalt hinsichtlich der Ermittlung des Sachverhalts und der Bestimmung einer schuldangemessenen Strafe fehlen lassen." [20] Der dagegen vom zweiten Strafsenat geführte Einwand, dass bei "formgerechten" einverständlichen Verfahrenserledigungen eine solche Sicherung nicht nötig sei, geht dagegen an Argument und Sache vorbei: ob die Absprachen formgerecht waren, dürfte der Senat gerade nicht mehr kontrollieren. Dazu, dass die praktisch relevante Gefahr des Unterlaufens von BGHSt 43, 195 ff. begrenzt und die "Formgerechtigkeit" herbeigeführt wird, weiß der Ansatz des zweiten Strafsenats nichts beizutragen. Der Senat setzt die Praxis vielmehr insoweit vertrauend "formgerecht" und akzeptiert dann, dass er die tatsächliche Formgerechtheit prinzipiell nicht mehr zu kontrollieren vermag, obschon anders als bei einem streitig geführten Normalverfahren die Willensbildung des Angeklagten hinsichtlich eines Rechtsmittelverzichts gerade durch die Absprachenpraxis in besonderer Weise gefährdet ist. Der Senat entlässt die Absprachenjustiz trotz der klar gesehenen Umgehungssignale als per se unproblematisch aus ihrer revisionsrichterlichen Kontrolle und behandelt sie so, als seien ihr keine besonderen Problemstellungen eigen. Eine solche Argumentation kann BGHSt 43, 195 ff. nicht verdrängen. Sie trägt vielmehr alle Anzeichen einer Kapitulation bzw. eines naturalistischen Fehlschlusses von der Existenz der Absprachenpraxis auf ihre umfassende normative Zulässigkeit.[21]

Dabei ist es auch nur scheinbar überzeugend, die auf Rechtskraft zulaufende selbstverständliche Erwartung der Verbindlichkeit von Absprachen in der Praxis gegen

BGHSt 43, 195 ff. einzuwenden.[22] Diese Erwartung ist tatsächlich nachvollziehbar und sie entspricht der Vorstellung eines konsensualen Verfahrens. Sie kann sich aber de lege lata eben nicht auf den Vertragsgedanken, sondern nur darauf legitim stützen, dass die Verfahrensbeteiligten durch die Beachtung des geltenden Rechts eine unangreifbare und daher im Ergebnis beständige Urteilsgrundlage schaffen, die vor einer Kontrolle keine Sorge mehr haben muss. Das Interesse am Bestand der Absprache ist nicht als legitimer Grund zu fingieren, über den sich dann das faktisch bindende Inaussichtstellen von Rechtsmittelverzichten ableiten und die Kontrollierbarkeit effektiv ausschalten ließe.[23] Vielmehr führte eine solche Fiktion zur praktisch relevanten[24] Gefahr einer unkontrollierbaren Paralleljustiz, für welche die vehement vorgetragenen Umgehungserwartungen der ablehnenden Strafsenate die Belege bieten: wenn die Praxis so zu sehen ist, dass sie sich gewiss jeder Änderung der rechtlich begründeten höchstrichterlichen Maßstäbe entziehen wird, ist es im Gegenteil höchste Zeit, das deutsche Strafverfahrensrecht auch durch eine revisionsrichterliche Rechtskontrolle so gut wie möglich (wieder) praktisch werden zu lassen.

Hinzu kommt, dass eine "formgerecht" vorgehende Praxis gar keinen Bedarf haben dürfte, auch einen Rechtsmittelverzicht zu verabreden. Warum eine "formgerechte einverständliche Verfahrenserledigung unter Mitwirkung aller Verfahrensbeteiligten" auf den verabredeten Ausschluss ihrer Kontrolle angewiesen sein soll, ist nicht ersichtlich. Wenn die Verfahrensabsprachen doch allseits faire und mit den Gesetzen vereinbare Praktiken bedeuten, muss es ihre Fairness und die Übereinstimmung mit dem geltenden Recht sein, die dann die legitime Erwartung begründet, dass eine entsprechende Absprache einverständlich, d.h. jeweils durch Erklärung freier Rechtsmittelverzichte, in Rechtskraft erwachsen wird. Der Angeklagte wird einen wirksamen Rechtsmittelverzicht erklären, so dass die von den Gegnern des dritten Senats betonte Rechtssicherheit[25] gerade auf der formgerechten Verfahrenspraxis basierend gleichsam notwendig nachfolgt. Erhebt der Angeklagte ein Rechtsmittel, dringt sein Anliegen gegen eine formgerechte Absprache nicht durch. Eine Abkehr von der Absprache durch das Gericht oder etwa die Staatsanwaltschaft wären allenfalls zur Abstandnahme von Absprachen zulässig, die kein Vertrauen des Angeklagten hervorrufen können.

All diese Erwägungen für die Beibehaltung von BGHSt 43, 195 ff. werden rechtspolitisch bestätigt. Die derzeitigen Bestrebungen des Gesetzgebers, Verfahrensabsprachen rudimentär zu regeln, gehen davon aus, dass der Rechtsmittelverzicht gerade keinen unverzichtbaren Absprachengegenstand darstellt. BGHSt 43, 195 ff. wird auch insoweit gefestigt (§ 257 b Abs. 2 StPO-Entwurf). [26] Die einzig mögliche Antwort auf die erste Vorlagefrage sollte daher die Bestätigung von BGHSt 43, 195 ff. sein, um so auch einen wohl kaum je vorgekommenen Affront des BGH gegenüber dem Gesetzgeber zu vermeiden.

2. Die Unzulässigkeit der Hinwirkung auf den Rechtsmittelverzicht des Angeklagten

Der Senat will nun noch einen Schritt weiter gehen.[27] Das Gericht soll auch nicht auf einen Rechtsmittelverzicht des Angeklagten hinwirken dürfen, indem es diesen ausdrücklich[28] anspricht oder begrüßt, zumal auch hieran kein legitimes Interesse besteht.[29] Sein Begründungsansatz ist dabei letztlich derjenige, der auch die Bestätigung von BGHSt 43, 195 ff. trägt (s.o.). Die Gefahr der effektiven Abschottung der Praxis gegen eine revisionsgerichtliche Kontrolle durch absprachebedingte Rechtsmittelverzichte im unmittelbaren Anschluss an die Hauptverhandlung ist jedoch nicht schon mit der Bestätigung von BGHSt 43, 195 ff. gebannt. Im Gegenteil lassen etwa die - hier und gerade hier ablehnenden - Beschlüsse des ersten und des zweiten Strafsenates den Schluss zu, dass die Praxis mindestens auf äußerlich unverbindliche "Hinwirkungslösungen" als Umgehungsvarianten ausweichen würde, wenn es zu einer auch im Regelfall und nicht nur bei besonderen Umständen bestehenden Kontrollierbarkeit von Urteilsabsprachen nach abgesprochenen Rechtsmittelverzichten kommen würde.[30] Vielmehr ist angesichts des gehäuften Auftretens bedenklicher Auswüchse der Absprachenpraxis[31] und des breit-

flächig zugegebenen Abweichens von BGHSt 43, 195 ff. eine strikte und weitgehende Lösung geboten, die auch das Hinwirken auf einen Rechtsmittelverzicht untersagt, zumal auch BVerfG NStZ 1987, 419, 420 es für ausdrücklich erwähnenswert hielt, dass der im dortigen Verfahren erfolgte Rechtsmittelverzicht von der Verteidigung selbst in Aussicht gestellt und nicht vom Gericht erwirkt worden ist.

Mehr noch darf - wie der dritte Senat ebenfalls begründend betont [32] - nicht verkannt werden, dass ein Hinwirken des Gerichts auf den Rechtsmittelverzicht nicht nur praktisch dem von BVerfG und BGH zurückgewiesenen strafprozessualen "Vergleich im Gewande des Urteils" [33] dienen müsste. Vielmehr würde ein frei gestelltes Hinwirken die den übrigen Verfahrensbeteiligten schlicht überlegene Stellung des Gerichts zu Lasten der Entscheidungsfreiheit des Angeklagten funktionalisierbar machen. Es ist eine für den Normalfall nicht haltbare Unterstellung, von einem Angeklagten zu erwarten, er sei unmittelbar nach der Urteilsverkündung unter dem Eindruck der den Rechtsmittelverzicht erfassenden Absprache prinzipiell fähig, den vom Gericht und auch vom Verteidiger erwarteten Rechtsmittelverzicht zugunsten einer reiflichen Überlegung zu verweigern. In dem Hinwirken liegt vielmehr eine unzulässige Willensbeeinflussung durch das Gericht. In dem insoweit entscheidenden [34] Moment ist gerade von einer psychischen Ausnahmesituation auszugehen, welche den abgesprochenen oder gerichtlich gewünschten Rechtsmittelverzicht praktisch werden lässt, ohne dass man von der Fähigkeit des Angeklagten zu einer unbefangenen Abschätzung des Verzichts einschließlich seiner Tragweite ausgehen dürfte. [35] Wirkt das Gericht während der Absprache auf einen Rechtsmittelverzicht hin, fühlt sich der Angeklagte im Regelfall zu ihm verpflichtet und [36] die Wirkung der Urteilsverkündung auf den Angeklagten trägt dazu bei, unmittelbar nach Urteilsverkündung von der wahrgenommenen Verpflichtung gerade nicht abzugehen. Seine Entscheidung lässt sich nicht als frei bezeichnen. [37] Die nicht hinreichend sicher vermeidbare Irreführung des Angeklagten [38] über eine Verpflichtung zum Rechtsmittelverzicht muss daher ebenfalls zur effektiven Durchsetzung der Prinzipien von BGHSt 43, 195 ff. untersagt sein.

Dass die Einbeziehung des Hinwirkens hingegen mangels Klarheit verworfen werden müsste, wie es der erste Strafsenat eingewandt hat,[39] lässt sich jedenfalls für den heutigen, präzisierten Ansatz des Senates nicht sagen. Dieser betrifft ein ausdrückliches Ansprechen und Begrüßen des Rechtsmittelverzichts durch das Gericht. Er erfasst auch Äußerungen, mit denen das Gericht indirekt ausspricht, dass es bei der Absprache sein Bewenden haben sollte. Die vom ersten Strafsenat gerade unter dem Aspekt von Beweisschwierigkeiten angesprochenen Sachverhalte sind mit der Einbeziehung des Ansprechens bereits erfasst.[40] Dass es sich hierbei nicht um konkretisierbare Begriffe handeln sollte, lässt sich nicht behaupten, zumal alternativ nach dem ersten Senat das "faktische Gewicht" der Einwirkung im Einzelfall über die Ausübbarkeit der revisionsrichterlichen Kontrolle entscheiden soll. Dass etwaig verbleibende Beweisschwierigkeiten sich strukturell von denen unterscheiden sollten, die auch beim Alternativansatz wegen der regelmäßig außerhalb der Hauptverhandlung Platz greifenden Absprachen ebenfalls auftreten müssen, erschließt sich nicht. Zudem verkennt der Einwand, dass der wesentliche Effekt der Rechtsprechungsänderung in ihrer Präventionswirkung angesichts der nicht ausgeschlossenen Urteilsaufhebung liegen würde. Auf die Beweisbarkeit des Hinwirkens in jedem einzelnen Fall kommt es für den Ansatz nicht entscheidend an.

Schließlich geht auch der vielgestaltig vorgetragene Einwand, dem Bestreben des dritten Senats müsse insbesondere hinsichtlich des Hinwirkens infolge unlösbarer Folgeprobleme entgegen getreten werden, fehl.[41] Zum einen fällt bereits auf, dass die Senate die eingewendeten Folgefragen ausnahmslos selbst nicht zu lösen versuchen, obschon es etwa zum Problem der Erstreckung der Revision auf Mitangeklagte (§ 357 StPO)[42] durchaus anerkannte und zudem auch in der Rechtsprechung vordringende Strategien gibt, um entsprechende Probleme se lege lata zu handhaben. Dass Folgefragen schlechthin unlösbar sein sollten, bleibt eine reine Behauptung. Zum anderen krankt die Argumentation über Folgefragen daran, dass sie den eigentlichen Grund der genannten Probleme ignoriert und bei ihrer Lösung absprachenbezogen mit zweierlei Maß misst. Die Folgeprobleme sind nicht eigentlich dem Ansatz des dritten Strafsenates zuzurechnen. Sie sind in erster Linie die Konsequenzen einer Absprachenpraxis, die BGHSt 43, 195 ff. flächendeckend ignoriert und bereit ist, sich der revisionsrichterlichen Kontrolle insbesondere durch Umgehungen zu entziehen. Dass nun ausgerechnet bei der Kontrolle der mit geltendem Strafverfahrensrecht allenfalls noch zu vereinbarenden, aber dort weder vorausgesetzten noch geregelten Absprachen die Normen der StPO so betrachtet werden, als müssten sie von vornherein die Lösung definitionsgemäß neuartiger rechtlicher Probleme fraglos offenbaren, ist abwegig. Die von den ablehnenden Senaten nunmehr bemühte Dogmatik (die " Rechtsauffassung [des dritten Senats] überzeugt dogmatisch nicht"[43]) ist in diesem Zusammenhang ein Scheinargument. Dogmatische Bedenken bezüglich der Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts dürfen die Strafsenate des BGH jedenfalls nicht von ihrer sonst bei den Absprachen gerade zu ihrer Legitimierung wahrgenommenen Aufgabe entheben, neue Rechtsfragen unter Prüfung des geltenden Rechts zu entscheiden. Unterstellt man die von den ablehnenden Senaten suggerierte Unlösbarkeit denkbarer Folgeprobleme nach geltendem Recht, bedeutete die Konsequenz des status quo der nicht effektiv möglichen Durchsetzung der rechtlichen Mindestbedingungen bei Absprachen nichts anderes, als dass diese selbst zur Gänze eben mit dem unlösbare Folgeprobleme bereitenden Recht unvereinbar sind, weil Missstände wie schuldunangemessene Strafen, abgesprochene Schuldsprüche oder erpresste Aussagen bzw. nichtkongruente Gegenleistungen des Angeklagten unkorrigierbar wären. Etwa auch der erste Strafsenat müsste gegen die Absprachen vorgehen, weil sie sich nicht ohne unerträgliche Brüche des geltenden Rechts bzw. seiner Dogmatik mit den gesetzlichen Regelungen und der angestrebten Rechtssicherheit harmonisieren ließen.[44] Es wäre im Grunde die Position strikter Absprachengegner zu übernehmen. Will man dies aus gutem Grund nicht tun und ebenso wenig die "Unsitte"[45] des abgesprochenen Rechtsmittelverzichts zur Tugend erklären, muss man sich den Folgefragen stellen und sich um ihre möglich scheinende Lösung bemühen. Die Praxis unter Aufgabe der Rechtskontrolle gewähren zu lassen, ist hingegen die dogmatik- und vor allem gesetzesfernste Option, die sich dem Großen Senat unterbreiten ließe. Die Ausweitung von BGHSt 43, 195 ff. auf das Hinwirkungsverbot ist zu befürworten.

3. Die Unwirksamkeit des absprachebedingten Rechtsmittelverzichts

Der Senat will das Verbot des abgesprochenen und des gerichtlich ausdrücklich kommunizierten Rechtsmittelverzichts dadurch effektiv gestalten, dass auch ein unter dem Eindruck einer das Verbot missachtenden Absprache erklärter Rechtsmittelverzicht unwirksam ist. Der Senat will die in der Verzichtsabsprache bzw. der Hinwirkung anzunehmende Einwirkung auf den Willen des Angeklagten auf Grund ihrer Unzulässigkeit schwerwiegenden Willensmängeln gleichstellen. [46] Einerseits sieht er den späteren Verzicht des Angeklagten - wie hier bereits unter II. 2. geteilt - gerade selbst nicht als frei an. Andererseits betont er ergänzend, dass die zentrale Funktion eines effektiven Verbots absprachebedingter Rechtsmittelverzichte, die Kontrolle der Mindestmaßstäbe der Verfahrensabsprache überhaupt zu sichern, zu einer klaren Reaktion in Form der Unwirksamkeit des dennoch abgesprochenen oder erwirkten Rechtsmittelverzichts zwinge. [47] Tatsächlich stellt sich die dritte Vorlagefrage als mit den ersten beiden Fragen untrennbar verbunden dar. Sie kann bei einer Zustimmung zu den ersten Fragen kaum negativ beantwortet werden, [48] selbst wenn die (Wirksamkeits-)Anforderungen an Absprachen und Rechtsmittelverzichte auf einer jeweils eigenständigen Dogmatik beruhen müssen. Erst die Unwirksamkeit des Verzichts lässt aus den in BGHSt 43, 195 ff. ausgeprägten Mindeststandards nicht nur in Ausnahmefällen, sondern grundsätzlich für das Revisionsgericht praktizierbare Maßstäbe werden. Diese Unwirksamkeit beruht aber gerade auch auf der nicht hinzunehmenden Einwirkung auf die Entscheidungsfreiheit des Angeklagten und hat mit einer verfehlten Sanktionierung der tatrichterlichen Praxis um ihrer selbst willen nichts zu tun: [49]

sie würde die rechtlichen Mindestbedingungen von der Praxis einfordern und ihr bei einer Missachtung derselben die Anerkennung ihres Handelns als wirksames und der Rechtskraft anzuvertrauendes Prozessverhalten verweigern. Darin aber liegt - wie es nun auch der dritte Senat betont - die Aufgabe der Revisionsgerichte. Vor allem der BGH trägt insoweit - wie es der Vorsitzende des ersten Strafsenats Nack treffend formuliert - die Verantwortung für die "Rechtskultur, die Kultur der Strafrechtspraxis" [50]. Gesteht es der BGH der Praxis hingegen zu, sich von der ihm obliegenden Rechtskontrolle möglicherweise zu Lasten des in gewisser weise den miteinander vertrauten Strafjuristen ausgelieferten Angeklagten durch initiierte Rechtsmittelverzichte zu befreien, trüge dies zur Abkehr vom Strafverfahrensrecht selbst bei, was der Rechtskultur definitionsgemäß abträglich wäre. [51]

Gegen den Schluss auf die Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts des Angeklagten lässt sich nicht eine fehlende "hinreichend tragfähige" bzw. "konkrete rechtliche Grundlage" einwenden. [52] Eine solche nur scheinbar dogmatisch ansprechende Argumentation fällt im Kontext der Absprachen abermals auf sich zurück: Wer die Absprachenpraxis ohne gesetzliche Ausgestaltung weitestmöglich im Vertrauen auf die Akteure akzeptieren will, [53] kann die Durchsetzung der rechtlichen Mindestbedingungen nicht daran scheitern lassen, dass es für eine vergleichsweise umfassende Rechtsprechungsänderung keine explizite Regelung gibt. Die Prämisse der Zulässigkeit der gesetzlich nicht vorgesehenen Urteilsabsprachen nach geltendem Recht fordert selbst eine Beendigung des tatsächlich eröffneten Leerlaufs positivierter Maßstäbe; die Begründungslast liegt insoweit nicht bei den Befürwortern der Unwirksamkeit des abgesprochenen Verzichts, sondern bei deren Gegnern. [54] Die prinzipielle Konsequenz der Unwirksamkeit überzeugt aber gerade auch dann, wenn man die Begründung der Unwirksamkeit selbst im Anschluss an die sich entwickelnde Rechtsprechung und Dogmatik zur Wirksamkeit des Rechtsmittelverzichts betrachtet. Der Schritt des vorlegenden Senats stellt sich zum einen als Fortentwicklung der sich ankündigenden Hinwendung des BGH zur "unzulässigen Willensbeeinflussung" anstatt einer "schwerwiegenden Willensbeeinflussung" dar, die mit ihrem Abstellen auf die Zulässigkeit eine normative Typisierung begünstigt. [55] Der Vorlageansatz knüpft auch in der Fallgruppe des Hinwirkens mit der von den Verfassern geteilten rechtswidrig herbeigeführten Irreführungsgefahr an eine unzulässige Willensbeeinflussung an. [56] Frank Meyer hat insoweit zutreffend festgehalten, dass der Ansatz des dritten Strafsenats daneben - und scheinbar unverbunden - auch darauf hinaus läuft, einen Rechtsmittelverzicht bei Absprachen nur dann als wirksam zu betrachten, wenn er prozedurale Mindeststandards als positive Wirksamkeitsvoraussetzungen erfüllt, weil der Verzicht nicht nur für den Einzelnen bedeutend, sondern auch im öffentlichen Interesse hinsichtlich der Absprachenpraxis äußerst bedeutsam ist. [57] Beide Aspekte lassen sich hingegen in einem gewissen Umfang auch integrativ verstehen und insofern bündeln. Die mit der Wirksamkeitsdogmatik jedenfalls auch zu wahrende Freiheit der Verzichtsentscheidung ist wie bei jeder menschlichen Entscheidung nicht im eigentlichen Sinne erfahrbar zu belegen. [58] Ob eine Entscheidung frei war, wird im Streitfalle formalisiert anhand von typisierten Umständen wie etwa Belehrungspflichten, fehlenden konstitutionellen Mängeln der Person, unterbliebenen Einwirkungen oder ähnlichem normativ und damit wertend geprüft. Der Nachweis der tatsächlichen Freiheit einer Person bei ihrer Entscheidung wird in Wirklichkeit nicht angestrebt. Wie etwa der erste Strafsenat im Kontext betont hat, wird nicht jeder denkbare Einfluss als so erheblich bewertet, dass er zur Einstufung als unfrei führt. Bei der normativen Festlegung der eine freie Entscheidung im Rechtssinne verbürgenden oder ausschließenden Umstände ist dann aber auch die typische normative Bedeutung der Wirksamkeit des Verzichts für die Absprachenkontrolle dogmatisch erklärbar berücksichtigungsfähig: sie kann dazu beitragen, vorliegende Bedenken an einer freien

Entscheidung - etwa infolge drohender Irreführungen und informeller Bindungen - als hinreichend zu bewerten. Gerade damit ist besonders überzeugend die Freiheit des Rechtsmittelverzichts und damit seine Wirksamkeit mit dem dritten Strafsenat zu verneinen: das besondere Interesse an der Absprachenkontrolle spricht dafür, die bereits maßgeblichen Zweifel an der Freiheit des Verzichts ernst zu nehmen.

Da der Ansatz des Senats bestritten wird, ist stützend der wesentliche Hintergrundmaßstab in Erinnerung zu rufen, an dem sich die Beurteilung der Absprachenpraxis letztlich verfassungs- und menschenrechtlich zu messen hat. Die Kammer des BVerfG sah ihn im Recht auf ein faires Verfahren.[59] Auch der EGMR misst Absprachen bzw. Verzichtspraktiken im Strafverfahren an eben diesem Recht: die schlichte Beteiligung des Angeklagten genügt nicht.[60] Wie das BVerfG hat er zu Detailfragen der Absprachen bislang allerdings wenig zur Ausprägung konkreter Maßstäben beigetragen. Hiervon ist jedoch gerade mit Bezug auf die Frage des Verzichts auf Verfahrensrechte eine Ausnahme zu machen: Es besteht eine seit langem in Grundprinzipien ausgeprägte Rechtsprechung, die stets dann greift, wenn ein Staat einem Beschwerdeführer den Verzicht auf von Art. 6 EMRK geschützte Rechte entgegenhalten will. Da auch der Zugang zu bestehenden Rechtsmittelverfahren dem Art. 6 EMRK unterfällt,[61] ist auch die Wirksamkeit des deutschen Rechtsmittelverzichts an Art. 6 EMRK zu messen. Dazu zwingt nicht nur das Völkerrecht, sondern bereits das geltende nationale Recht im Wege einer entsprechenden konventionskonformen Auslegung.[62] Die Vorlage des dritten Strafsenats führt im Ergebnis zu einer solchen Auslegung, da die von ihr aufgegriffenen Tendenzen im Ansatz des EGMR ein tradiertes und dogmatisch anschlussfähiges Pendant finden. Zu prüfen ist nach dem EGMR, ob ein Verzicht eindeutig, freiwillig und nicht gegen wichtige öffentliche Interessen erfolgt ist.[63] Entscheidend ist hier, dass ein Verzicht hinsichtlich Art. 6 EMRK in Abhängigkeit von der Bedeutung des betroffenen Rechts positiv auf ein Mindestmaß prozeduraler Schutzinstrumente abgestützt werden muss ("at all events such a waiver must, if it is to be effective for Convention purposes, be established in an unequivocal manner and be attended by minimum safeguards commensurate to its importance").[64] Gerade für den Rechtsmittelverzicht muss eine besondere Bedeutung des betroffenen Rechts angenommen werden, da mit ihm ein Verzicht auf die gesamte weitere Verteidigung nach Art. 6 EMRK durch die rechtskräftige Beendigung des Verfahrens und nicht nur ein Teilverzicht vorliegt.[65] Dabei ist der EMRK in der Sichtweise des EGMR ein Verständnis eigen, das den Blick auf die Verfahrensrealität eröffnet, so dass eine nur oberflächliche Schutzgewährung nicht bereits fraglos zur Vereinbarkeit des nationalen Rechts mit Art. 6 EMRK führt.[66]

Es lässt sich nicht behaupten, der EGMR hätte insbesondere die Konstellation des Hinwirkens auf eine unkontrollierbare Absprache selbst bereits entschieden und dem dritten Strafsenat entsprechend geurteilt. Zumal der EGMR auch nicht gegenteilig entschieden hat, stellt dies konventionsrechtlich aber eine normativ sekundäre Erwägung dar, denn die Umsetzung der nicht nur in vom EGMR entschiedenen Einzelfällen geltenden Norm des Art. 6 EMRK obliegt ausnahmslos primär den nationalen Rechtsordnungen und damit insbesondere den nationalen Gerichten. [67] Diese Umsetzung wiederum prüft der EGMR im Anschluss an die von ihm entwickelten Grundsätze seines normgestützten Case Laws, wobei er in neuen Fallkonstellationen diese Grundsätze typisch wie Rechtsquellen anwendet und konkretisiert. [68] Das Fehlen expliziter Rechtsprechung ist nicht mit dem Fehlen von Maßstäben gleichzusetzen, wie dies auch die

jüngeren Zurückweisungen von Entscheidungen des BVerfG durch den EGMR zeigen, in denen das BVerfG - offenbar am Fehlen bekannter Einzelfallentscheidungen orientiert - die Normen und Grundsätze der EMRK praktisch unerörtert ließ. [69] So muss man auch hier die Grundsätze des EGMR zur Kenntnis nehmen. Dies bietet einen vertiefenden Ansatz dafür, dem unmittelbar unter dem Eindruck des Absprachenklimas und der Erwartungshaltung des Gerichts erklärten Verzicht die Wirksamkeit zu versagen: ein solcher Verzicht stützt sich nicht auf situationsangemessene prozedurale Mindestsicherungen als positive Wirksamkeitsvoraussetzungen ab. [70] Die faktische Steuerung des angeklagten Rechtsinhabers durch die Erwartung des rechtswidrig verhandelnden Gerichts ist nicht hinreichend ausgeschlossen.

Zu erwägen bleibt, inwiefern nicht die prozedurale Abstützung insbesondere auch im Rahmen des Art. 6 EMRK durch die diesbezüglich eingewandte Beistands- und Beratungspflicht des Verteidigers als geleistet gelten kann. In der Tat kommt sie grundsätzlich auch bei Art. 6 EMRK als Schutzinstrument in Betracht, das einen Verzicht abstützen kann. [71] Ihre hinreichende tatsächliche Erfüllung ist aber nach der vorherrschenden Rechtsprechung zum einen nicht durch eine Verteidigerkontrolle überprüfbar, was der erste Strafsenat selbst unterstrichen hat. [72] Zum anderen ist die Verteidigermitwirkung hier gerade daher praktisch entwertet und die Erwartung einer unbefangenen Pflichterfüllung schlechthin erschüttert, [73] weil es sich um eine Tätigkeit handeln müsste, mit der der Verteidiger von seiner vorherigen Mitwirkung an der unzulässigen Absprache abrücken und sich letztlich gegen sich selbst wenden müsste. [74] Ganz davon abgesehen müssen auch der erste und der zweite Strafsenat zur Kenntnis nehmen, dass der Gleichklang der Interessen von Staatsanwalt, Richter und Verteidiger an einer schnellen Erledigung des Verfahrens [75] ein relevantes Problem darstellt, das etwa auch im mit Absprachen erfahreneren englischen Strafverfahren als strukturell vorhanden nachgewiesen und als echtes Rechtsproblem erkannt ist. [76] Dass der EGMR in der Beratung durch den an der Absprache beteiligten Verteidiger ein praktisch ausreichendes Schutzinstrument sehen würde, ist angesichts seines Blicks auf die Verfahrensrealität nicht anzunehmen. Überdies stellen die Gerichte nach der EGMR-Rechtsprechung und erst Recht im deutschen reformierten Inquisitionsverfahren die "guarantors of justice" [77] bzw. den "ultimate guardian of the fairness" [78] dar. Sie können nicht ohne weiteres ihre Verantwortung auf Verteidiger und deren möglicherweise unerfüllt bleibenden Verpflichtungen abschieben. Ein Gericht, das mit seinem auf den Rechtsmittelverzicht bezogenen Verhalten das Recht bewusst bricht oder umgeht, kann sich nicht auf die Ausräumung seines Rechtsbruchs durch den über eine Absprache eben in seinem Sinne verteidigenden Verteidiger verlassen. So richtig es ist, dass nicht schlechthin jede Beeinflussung eine Willenserklärung unwirksam machen kann, [79] so sehr bedeutet doch die rechtswidrige Erwartungshaltung des verfahrensleitenden und verfahrensentscheidenden Gerichts hinsichtlich des Rechtsmittelverhaltens des Angeklagten in der unmittelbaren Verzichtssituation eine "normativ gewichtige" Einwirkung auf den Angeklagten. Die vom ersten Strafsenat beklagten Aufhebungsfolgen der "Abstrafung" des Rechtsbruchs der Tatgerichte etwa bei Gewalt- und Sexualdelikten [80] sind dabei letztlich die bedauernswerte Konsequenz der tatrichterlichen Paralleljustiz. Sie sind

der nicht wahrgenommenen Verantwortung der Tatgerichte bei der ihnen obliegenden rechtmäßigen Verfahrensführung anzulasten. Die gesetzliche Pflicht der Revisionsgerichte ist es hingegen, Entscheidungen infolge von Rechtsfehlern nach den §§ 337 und 338 StPO gegebenenfalls aufzuheben und - auch zur Vermeidung von Aufhebungen etwa bei Gewalt- und Sexualdelikten - mit ihrer Rechtsprechung präventiv rechtswidrigem Verhalten der Tatrichter entgegenzuwirken. Sollte es zutreffen, dass sich die Praxis tatsächlich durch weitere Umgehungsmaßnahmen erneut den Mindestbedingungen von BGHSt 43, 195 ff. auf breiter Front entzieht, [81] stünde es um eben diese katastrophal. Folgt man dem dritten Strafsenat gerade wegen dieser Bereitschaft zur Missachtung geltenden Rechts nicht, so gäbe der darin liegende Verzicht auf die Durchsetzung der geltenden rechtlichen Maßstäbe der Instanzpraxis das schlechteste Lehrbeispiel dafür, auch einer "unangenehm einengenden" Verfahrensordnung für Absprachen seitens des Gesetzgebers den Gehorsam zu entziehen, [82] zumal die rechtspolitische Entwicklung auf die von der Praxis offenbar unerwünschte Konsequenz der Unwirksamkeit des absprachebedingten Rechtsmittelverzichts hinausläuft (vgl. § 302 Abs. 1 Satz 2 StPO-Entwurf). Die Unwirksamkeit des absprachebedingten Rechtsmittelverzichts ist nach allem zu befürworten.

III. Mögliche vermittelnde Abschwächungen der eröffneten Absprachenkontrolle

1. Die Option einer qualifizierten Rechtsmittelbelehrung

Dem fünften und dem vierten Strafsenat schwebt vor, die Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts dann zu vermeiden, wenn nach der Urteilsverkündung eine qualifizierte Belehrung des Angeklagten erfolgt.[83] Eine solche müsste dann sinngemäß dahin gehen, dass der Angeklagte darauf hingewiesen wird, dass er trotz der Absprache oder der Kommunikation des Rechtsmittelverzichts nicht zu einem Rechtsmittelverzicht verpflicht sei, sondern vielmehr völlig frei entscheiden kann, gegen das abgesprochen Urteil nunmehr bzw. innerhalb der Wochenfrist die zulässigen Rechtsmittel einzulegen. Es soll insoweit offenbar ein Schutzinstrument geschaffen werden, das es ermöglicht, normativ begründet von einer freien Verzichtsentscheidung ausgehen zu können, die dann immerhin eine Gefährdung von Rechtspositionen des Angeklagten durch die Absprachenpraxis ausräumen könnte. Der dritte und der zweite Strafsenat haben eine solche qualifizierte Belehrung bereits abgelehnt.[84]

In der Tat sind Belehrungen zumal spezifischer Art ein Instrument, mit dem der Schluss auf einen wirksamen Verzicht grundsätzlich belegt werden könnte. Überdies wäre mit einer Belehrung im Anschluss an die Urteilsverkündung auch bedacht, dass die Fähigkeit zur Abwägung der Entscheidung gerade in diesem Zeitpunkt effektiv vorhanden sein muss. Das Kernproblem einer solchen Ausnahme besteht hingegen darin, dass ernsthafteste Zweifel an einer wirksamen Praktizierbarkeit der Belehrung im Kontext der Absprachen bestehen. Der Richter muss nicht nur formal, sondern in einer den vorherigen Bindungseindruck effektiv aufhebenden Art und Weise betonen, dass sein vorheriges Prozessverhalten rechtswidrig war und zu keinerlei Bindung eben des Angeklagten bei seiner jetzt bevorstehenden Entscheidung von großer Tragweite führen darf. Dem Angeklagten wird damit die ganze Widersprüchlichkeit des Verhaltens der ihn richtenden Justiz offen gelegt. Das Gericht, das soeben ein Urteil im Namen des Volkes gesprochen hat und auf das der Angeklagte vertrauen[85] können soll, muss sich dazu verstehen, sich von sich selbst wegen seines vorherigen irreführenden und rechtswidrigen Verhaltens zu distanzieren. In einer fairen Justiz, die rechtlich begründet auch auf ihre Erscheinung achten muss,[86] eine befremdliche Lösung.[87] Dass ein solches Unterfangen mehr als eine im schlechten Sinne formale Praxis bewirken würde, welche der Verteidiger des Angeklagten als aus bürokratisch-formalrechtlichen Gründen erforderlich darstellen würde, kann nicht ernsthaft erwartet werden.[88] Vielmehr dürfte die qualifizierte Belehrung nicht nur keine Praxisänderung leisten,[89] sie dürfte den Königsweg für eine Legalisierung des heutigen, vom dritten, dem vierten und dem fünften Strafsenat abgelehnten Leerlaufs von BGHSt 43, 195 ff. darstellen. Es würde sogleich auf die denkbare Heilung abgestellt, auf welche der Angeklagte dann von den an der Absprache mitwirkenden Justizjuristen vorweg hinreichend vorbereitet würde. Will der Angeklagte sich tatsächlich einmal von der nachträg-

lichen Belehrung über die Unrechtmäßigkeit seiner vorherigen Behandlung motivieren lassen und wollte er vor dem ständig bei der Absprache angesprochenen Rechtsmittelverzicht zurückweichen, müsste er eine Entscheidung gegen alle beteiligten Justizjuristen fassen, insbesondere das Gericht und seinen eigenen Verteidiger gleichsam vor den Kopf stoßen. Dieses Verhalten von einem durchschnittlichen - und durchschnittlich verteidigten - Angeklagten prinzipiell zu erwarten und damit ihm den Ausgleich des widersprüchlichen Verhaltens des Gerichts - erst Absprache des Rechtsmittelverzichts, dann qualifizierte Belehrung über die Rechtswidrigkeit und Bedeutungslosigkeit jener Absprache oder Anregung - abzuverlangen, vermehrt nur das Befremden. Eine solche Lösung wäre ein Kompromiss, der den Aufwand von Anfrage- und Vorlageverfahren nicht gelohnt hätte und die bestehende Praxis sogar verschlimmern müsste. Angesichts der Zweifel, ob der BGH überhaupt noch auf die Absprachenpraxis einwirken kann, muss eine klare und wirkungsmächtige Lösung das Ergebnis der Vorlage sein.

2. Pflicht des Gerichts, den abgesprochenen Verzicht nicht entgegenzunehmen?

Nach Ansicht des ersten Strafsenats soll es mangels relevanter Willensbeeinträchtigung allenfalls in Betracht kommen, dass der Vorsitzende nach einem abgesprochenen oder gerichtlich befürworteten Rechtsmittelverzicht gehalten sei, diesen nicht sofort nach der Verkündung entgegenzunehmen, um dem Angeklagten hinreichend Zeit zur Überlegung einzuräumen. [90] Dies folge aus der prozessualen Fürsorgepflicht des Gerichts, [91] die u.a. aus dem Prinzip des sozialen Rechtsstaats (Art. 20 Abs. 1, 28 GG) abgeleitet wird. [92]

Es erscheint prima facie nicht ausgeschlossen, dass die vom ersten Strafsenat angedeuteten Lösung der Unwirksamkeitsfolge gleichwertig oder sogar überlegen sein könnte: die Nichtentgegennahme eines Rechtsmittelverzichts im Anschluss an die Urteilsverkündung hätte zunächst die Wirkung der Unwirksamkeit, da dem Angeklagten während der Frist die Einlegung der gesetzlichen Rechtsmittel offen stünde. Darüber hinaus würde die nicht wünschenswerte Nebenfolge der Rechtsunsicherheit über diese Frage vermieden, da ein aus Fürsorgegründen vom Gericht nicht entgegengenommener Rechtsmittelverzicht in der Sitzungsniederschrift nicht gemäß § 273 Abs. 3 StPO wörtlich protokolliert, vorgelesen und genehmigt, [93] sondern - wenn überhaupt - in der Niederschrift erwähnt und deshalb nicht der Beweiskraft des Protokolls teilhaftig werden würde. [94] Der Angeklagte, der sich zur Einlegung eines Rechtsmittels entschließt, wäre nicht gezwungen, überzeugend darzulegen, dass sein Verzicht auf einer entsprechenden Urteilsabsprache beruht, was ihm einen nicht unbeträchtlichen Beweisvorteil verschaffen würde. Trotz Zulässigkeit des Freibeweises wäre beim Ansatz der Vorlage damit zu rechnen, dass die Revisionsgerichte die Erklärung des Angeklagten und u. U. des Verteidigers, ein Verzicht sei im Rahmen einer Urteilsabsprache vereinbart oder angesprochen worden, regelmäßig nur akzeptieren werden, wenn dem von Seiten des Gerichts und der Staatsanwaltschaft zumindest nicht direkt entgegengetreten wird.

Gleichwohl bleiben die Prämissen des ersten Strafsenats unzutreffend, was sich auch daran zeigt, dass der Senat meint, dass auch eine qualifizierte Belehrung ausreichen können soll, obschon diese (s.o.) gerade kein verlässliches Gegengewicht gegen die geschehene unzulässige Willensbeeinflussung darstellt. Es wäre nur theoretisch eine geeignete Lösung, dem Gericht zur Widerherstellung von Bedingungen, aus denen ein freier Rechtsmittelverzicht begründet gefolgert werden könnte, aufzuerlegen, bei einen unzulässigen Hinwirken auf den Rechtsmittelverzicht im Rahmen der Absprache nach Urteilsverkündung zunächst eine qualifizierte Belehrung dahingehend zu erteilen, dass ungeachtet dessen die statthaften Rechtsmittel eingelegt werden können, und sodann im Sitzungssaal keine Verzichtserklärung des Angeklagten mehr entgegenzunehmen. Problematisch ist, dass ohne weiteres im Voraus vereinbart werden könnte, dass der Angeklagte noch am selben Tage seinen Rechtsmittelverzicht auf der Geschäftsstelle zu Protokoll des Urkundsbeamten erklärt oder aber - evtl. schriftlich schon vorbereitet und vordatiert - dort abgibt. Es erscheint nicht einmal völlig ausgeschlossen, dass einzelne Verteidiger im Einvernehmen mit Gericht oder Staatsanwaltschaft - oder gar auf deren Initiative - eine solche Erklärung bereits zum Zeitpunkt der Absprache durch den Angeklagten aufsetzen lassen. Hier würde weder eine qualifizierte Belehrung noch die Nichtentgegennahme von Erklärungen helfen, obwohl das Maß der Willensbeeinflussung und die mangelnde Gelegenheit, den Rechtsmittelverzicht unbeeinflusst zu überdenken, noch größer wäre als in anderen Fällen. Natürlich wäre auch ein derartiges Vorgehen des Gerichts nach dem oben dargelegten Standpunkt ein Vorgehen, das dem Rechtsmittelverzicht die Wirksamkeit entziehen muss. Es

stellt sich jedoch die Frage, ob dieses Vorgehen - insbesondere da dies eigentlich nur bei Kollusion des Verteidigers vorstellbar ist - beweisbar wäre. Unabhängig von diesem Extremfall bleibt bei nicht (vollständig) protokollierten Absprachen stets die typische Beweisnot des Angeklagten im Freibeweisverfahren - man denke an den Stellenwert dienstlicher Erklärungen - bestehen, so dass der unproblematische Nachweis (§§ 273, 274 StPO) der sofortigen Entgegennahme des Verzichts dem Angeklagten praktisch kaum hilft, die Rechtsmittelbefugnis zu erhalten, denn er muss auch die Existenz der formwidrigen Absprache, insbesondere das Hinwirken auf den Verzicht beweisen. Dies ist nach beiden Lösungsansätzen gleichermaßen schwierig.

Letztlich ist es ein zweifelhafter Umweg, die richterliche Fürsorgepflicht zu bemühen, um dem Angeklagten "mehr Zeit zum Überlegen" zu gewähren. Darin liegt nicht das eigentliche Problem: Wenn der unverteidigte Angeklagte nach Urteilsverkündung nach kurzer Überlegung und in der vollen Kenntnis der Bedeutung seines Schrittes autonom auf Rechtsmittel verzichtet, eben weil er unbeeinflusst das Urteil als gerecht annimmt, wäre eine gerichtliche Fürsorgepflicht zur Nichtentgegennahme ein typischer Fall für die in einer sozialstaatlich begründeten Fürsorgepflicht liegende Entmündigungstendenz. [95] Der Grund für eine Entgegennahmefrist kann gerade nur die unzulässige Beeinflussung des Rechtsmittelverzichts im Kontext der Absprache sein. Liegt diese aber vor, kann wie dargelegt ein Verzicht auf Rechte des fairen Verfahrens nicht als wirksam betrachtet werden, es sei denn, der Staat würde die bei den diskutierten Fällen begründeten Bedenken an der freien Entscheidung praxistauglich ausräumen. Genau dies scheint aber auch bei der Entgegennahmefrist nicht gesichert, da die oben beschriebenen Umgehungstechniken vorhersehbar drohen und gerade die Vorbereitung des Angeklagten auf das folgende Vorgehen den Willen des Angeklagten besonders intensiv und nachhaltig beeinflussen kann. Es erscheint überdies schwer vorstellbar, dass ein Gericht, das entgegen den Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung einen Rechtsmittelverzicht vereinbart, diesen im Anschluss an die Urteilsverkündung nicht auch annimmt. Anwendungsfälle der Nichtentgegennahme eines unzulässig kommunizierten Rechtsmittelverzichts [96] dürften sich kaum ergeben. Der durchschnittliche Angeklagte würde überdies eine fehlende Bereitschaft des Gerichts, den (soeben) abgesprochenen Rechtsmittelverzicht entgegenzunehmen, faktisch kaum richtig einschätzen können, da ein derart widersprüchliche Verhalten des Gerichts (s.o.) in der Regel den Eindruck hinterlassen wird, er müsse baldmöglichst - etwa noch am selben Tag außerhalb der Verhandlung - verzichten, um in den Genuss der Vorteile der Absprache zu kommen. Dagegen wäre er kaum zu schützen. Der Angeklagte bedarf der Möglichkeit, unbeeinflusst darüber nachzudenken, ob er sich der Überprüfungsmöglichkeit begeben will, um zu erkennen, dass er diese ungeachtet der Vereinbarung noch hat. Der Versuch, die unzulässige Willensbeeinflussung durch diejenigen auszugleichen, die sie ausgeübt haben, muss letztlich scheitern. Es ist vielmehr einzig konsequent, mit der Vorlage einer absprachebedingt abgegebenen Erklärung des Angeklagten die Wirksamkeit zu versagen.

3. Die Ausgestaltung der revisionsrichterlichen Kontrolle im Fall eines unwirksamen Rechtsmittelverzichts: Beschränkung auf die Grundsätze von BGHSt 43, 195 ff.?

a) Das Obiter dictum des fünften Strafsenats und seine denkbaren Konsequenzen

Der fünfte Strafsenat hat in seiner Antwort auf den Anfragebeschluss des dritten Strafsenats gewissermaßen als Kompensation für die Bejahung der Vorlagefragen grundsätzlich eine auf die Einhaltung der Grenzen einer zulässigen Verständigung beschränkte revisionsrichterliche Überprüfbarkeit des abgesprochenen Urteils befürwortet. Die Statthaftigkeit bestimmter verfahrensrechtlicher, aber auch sachlich-rechtlicher Einwände sei unter Umständen infolge der Mitwirkung des Revisionsführers an der Absprache zu verneinen. [97]

Wenn auch eine Entscheidung des Großen Senats über diesen Vorschlag angesichts der Vorlagefragen unzulässig sein dürfte (§ 132 Abs. 2 - 4 GVG), ist es nicht unwahrscheinlich, dass ein obiter dictum in diese Richtung zu Stande kommt. Angesichts der knappen und etwas vagen Ausführungen ist zunächst die Reichweite der vom fünften Strafsenat gewünschten Einschränkung der revisionsrechtlichen Überprüfung soweit als möglich zu klären: Gänzlich unschädlich wäre es, wenn der Senat mit seinem Hinweis auf die Einhaltung der Grenzen einer zulässigen Verständigung lediglich beabsichtigt hätte, die Geltung von BGHSt 43, 195 ff. und der zahlreichen Folgeentscheidungen zu den Grenzen der Absprachen zu bekräftigen. Immerhin sagt schon die Grundsatzentscheidung des vierten Strafsenats unmissverständlich aus, dass verfahrensbeendende Absprachen nur insoweit zulässig sind, als sie inhaltlich und hinsichtlich ihres Zustandekommens sämtlichen unverzichtbaren Prinzipien des Verfahrensrechts und des materiellen Strafrecht entsprechen, womit gerade nicht nur jene Grundsätze erfasst sind, die in der Entscheidung ausdrücklich angesprochen sind. [98] Auch in späteren Entscheidungen hat der BGH betont, dass den Absprachen nur das erlaubt ist, was die Gesamtheit der strafrechtlichen Vorschriften zulässt. [99] Dementsprechend wurde vom BGH auch nie in Zweifel

gezogen, dass grundsätzlich alle im Kontext einer Absprache stehenden Rechtsfehler auch mit der Revision so geltend gemacht werden können, wie dies im allgemeinen auch zulässig ist. Das BVerfG hat sogar ausdrücklich festgehalten, dass das Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG) auch bei Absprachen ein Vorgehen im Rahmen des geltenden (Verfahrens-)Rechts und in den vom (einfachen) Strafrecht gesetzten Grenzen von Verfassung wegen fordert. [100]

Der fünfte Strafsenat zielt dennoch eindeutig auf die Einschränkung bestehender Überprüfungsmöglichkeiten. Er knüpft, da er die aus seiner Sicht gebotene Einschränkung der Anfechtungsmöglichkeit auf die Mitwirkung des Verteidigers an der (rechtswidrigen) Absprache stützt, an seine Rechtsprechung zum Beweisantragsrecht [101] und den Beweisverwertungsverboten [102] an. In diesem Rahmen hat er Mitwirkungspflichten bzw. Obliegenheiten des Verteidigers konstituiert, insbesondere die Pflicht des Verteidigers zur sofortigen Rüge von erkennbaren Fehlern des Gerichts in der Hauptverhandlung. Dies hat zum gedanklichen Hintergrund, dass ein faires und offenes Verhalten nicht nur vom Gericht gegenüber der Verteidigung, sondern auch umgekehrt einzufordern sei [103] - was die Schutzrichtung des Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK umkehrt - und es die fachliche Kompetenz des Verteidigers rechtfertigen kann, den Angeklagten für Verfahrensfehler des Gerichts, die der Verteidiger bei entsprechender Mitwirkung unschwer hätte vermeiden können, im Wege des Rügeverlustes in Mithaftung zu nehmen. Auch die Interpretation des Verteidiger- bzw. Angeklagtenverhaltens als vorweggenommener Rügeverzicht durch schlüssiges Verhalten [104] bzgl. solcher Rügen, die Form und Inhalt der - bewusst und freiwillig eingegangenen - Absprache betreffen, lässt sich dem obiter dictum des fünften Strafsenats möglicherweise entnehmen. Weiter lässt die Formulierung des fünften Strafsenats an einen Rückgriff auf den allgemeinen Rechtsgedanken der Verwirkung [105] denken. Will man eine Verwirkung im Strafverfahren erwägen, ließe sie sich im gegebenen Kontext dahingehend konkretisieren, dass der Angeklagte, dessen Verteidiger mit seiner Kenntnis bewusst eine nach Form oder Inhalt rechtswidrige Absprachen eingegangen ist, sich nicht auf beliebige Rechtsfehler berufen können soll, um im Wege der einseitigen Anfechtung des Urteils gewissermaßen das "Gesamtpaket" der Absprache allein zu seinen Gunsten zu Fall zu bringen. In der weiteren - vom Senat wohl nicht gewollten - Konsequenz dieses Gedankenganges würde es liegen, dass - erst recht - die von allen Seiten entgegen BGHSt 43, 195 ff. einvernehmlich durchgeführte Verheimlichung der Absprache, die Vereinbarung einer Punktstrafe, die fehlende weitere Aufklärung des Sachverhalts nach dem abgesprochenen Geständnis des Angeklagten (§ 244 Abs. 2 StPO), die Stützung des Urteils allein auf die (außerhalb der Hauptverhandlung getroffene) Absprache bzw. die bloße Einräumung des Anklagevorwurfs (§ 261 StPO) [106] oder ähnliche Rechtsfehler von an der Absprachen beteiligen Angeklagten nicht mehr mit der Revision gerügt werden könnten, diese insoweit unzulässig wäre, weil gerade hier die arglistige vorsorgliche Schaffung eines Revisionsgrundes durch den Verteidiger nahe liegt.

Die Gedanken des fünften Strafsenats treffen sich mit der Besorgnis des ersten Strafsenats [107], die Unwirksamkeit des abgesprochenen Rechtsmittelverzichts würde dazu führen, dass die bei allseitigem Rechtsmittelverzicht abgekürzten Urteilsgründe (§ 267 Abs. 4 S. 1 StPO), die nicht selten keine tragfähige - der Rechtsprechung der Revisionsgerichte genügende [108] -Beweiswürdigung

enthalten und nach bisheriger Rechtsprechung auch bei Feststellung der irrtümlichen Annahme der Rechtskraft nicht ergänzt werden dürfen, [109] auf die bloße Sachrüge des Angeklagten aufzuheben wären. Wenn man sich auf den Standpunkt stellt, dass der Verteidiger und der Angeklagte aus ihrer spezifischen Interessenlage beim abgesprochenen Urteil - bei dem die baldige Rechtskraft wenn nicht die Geschäftsgrundlage, so doch in der Regel das Ziel sein wird - gegen abgekürzte Urteilsgründe keine berechtigten Einwendungen haben können, liegt es nahe, den fünften Strafsenat so zu verstehen, dass dieser auch den Kontrollbereich der Sachrüge etwa dergestalt eingeschränkt sehen möchte, dass Einwendungen gegen die Beweiswürdigung im Sinne der ständigen Rechtsprechung des BGH nicht statthaft wären, auch weil der Angeklagte den Sachverhalt regelmäßig durch sein abgesprochenes Geständnis außer Streit gestellt hat. Der Überzeugungskraft der Beweiswürdigung bedürfte es für ihn dann nicht. [110] Unabhängig davon, ob der fünfte Strafsenat soweitgehen wollte, weisen seine Vorschläge - auch deren Begründung - im Ansatz in die Richtung einer alleinigen Kontrolle absprachespezifischer Gesichtspunkte.

b) Stellungnahme

Den Überlegungen des fünften Strafsenats - deren denkbare Tragweite aufgezeigt wurde - ist zu widersprechen. In deren letzter Konsequenz läge die Bildung eines systemwidrigen Sonderstrafverfahrenrechts bei "unstreitigen" Fällen, wie im Rahmen angelsächsisch geprägter Rechtssysteme das des "plea bargaining", bei dem nur Freiwilligkeit und Ernsthaftigkeit der Einwilligung in die Absprache, Informiertheit des Angeklagten über deren Konsequenzen und der (oberflächliche) Ausschluss eines Falschgeständnisses für den rechtlichen Bestand einer "guilty plea" - und den entsprechenden Schuldspruch - ausschlaggebend sind, [111] unabhängig davon, wie weit der Senat diesen Ansatz verfolgen möchte. Der Grundgedanke des Senats, dass dem Angeklagten ein in der Anfechtung der selbst getroffenen Absprache liegendes "venire contra factum proprium" nicht möglich sein dürfe, trägt - unabhängig von der Frage, ob er im grundrechtsgebundenen öffentlichen Recht anwendbar wäre - insbesondere hinsichtlich zahlreicher im Zusammenhang mit Absprachen typischer Verfahrensverstöße nicht: So sindanerkanntermaßen die Öffentlichkeitsmaxime (§§ 169 GVG, 338 Nr. 6 StPO), [112] der Amtsaufklärungsgrundsatz (§ 244 Abs. 2 StPO) [113] und der Unmittelbarkeitsgrundsatz (§ 261 StPO) [114] für den Angeklagten nicht disponibel, da die entsprechenden Vorschriften im allgemeinen Interesse stehen. [115] Gleiches gilt für auch in streitigen Verfahren denkbare Verstöße, etwa gegen die Gegenwartspflicht der notwendigen Beteiligten (§§ 338 Nr. 5, 226, 230, 140 StPO) oder das Unterbleiben der Verlesung des Anklagesatzes (§ 243 Abs. 3 Satz 1 StPO). Ein wirksamer Rügeverzicht im Voraus kommt wegen des Rechtscharakters dieser Normen nicht in Betracht. Die Annahme einer Verwirkung wird im Regelfall bereits daran scheitern, das nicht nachweisbar ist, dass der Angeklagte oder sein Verteidiger vorsätzlich den prozessualen Fehler provoziert haben, eben weil auch auf deren Seite erfahrungsgemäß im Regelfall der endgültige (vorteilhafte) Verfahrensabschluss als Ziel zu vermuten ist. Anderes kann in der konkreten Fallgestaltung allenfalls für Normen gelten, die allein Rechtsposition des Angeklagten schützen, wie dies etwa bei Art. 103 Abs. 1 GG, § 258 Abs. 2 und 3 StPO [116] oder Art. 6 EMRK prinzipiell der Fall ist. Es ist aber zu bedenken, dass auch Normen, die vorrangig im Interesse des Angeklagten stehen, rechtsstaatlich unverzichtbar sein können. Dies gilt etwa für das Verbot der Verwendung verbotener Vernehmungsmethoden und der Androhung unzulässiger Maßnahmen bzw. des Versprechens eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils zur Herbeiführung einer Aussage (§ 136a Abs. 1 S. 3 StPO; vgl. auch in diese Richtung § 136a Abs. 3 StPO).

Gerade die Androhung einer überhöhten - nicht mehr schuldangemessenen - Strafe oder einer solchen, die jedenfalls außer Verhältnis zu einer für den Fall eines Geständnisses angebotenen Strafe steht, kommt bei Absprachegesprächen inzwischen anscheinend vor [117] und ist ohne weiteres unter § 136a Abs. 1 S. 3 StPO zu subsumieren. [118]

Unabhängig davon behandelt der fünfte Strafsenat [119] offensichtlich den Verteidiger und den Angeklagten zu Unrecht als prozessuale (Haftungs-)Einheit. Dies wird der Prozesswirklichkeit bei Urteilsabsprachen nicht gerecht. Diesbezüglich wurde bereits mehrfach überzeugend dargelegt, [120] dass gerade das objektive (Eigen-)Interesse eines Verteidigers, der häufig vor dem betreffenden Gericht verhandelt, schon zwecks Wahrung seiner "Geschäftsfähigkeit" und Glaubwürdigkeit auf die Durchführung einer mit dem Gericht getroffenen Absprache - einschließlich des vereinbarten Rechtsmittelverzichts - gerichtet ist, auch wenn dabei Verfahrensfehler unterlaufen sind. Der Verteidiger kann darüber hinaus in vielfacher Weise von der konsensualen Erledigung profitieren (Arbeitsersparnis etc.), [121] ohne dass diese zwingend auch im Interesse des Angeklagten sein müsste. Der Angeklagte nimmt wohl selten selbst an den einleitenden Gesprächen und Verhandlungen teil. Selbst wenn er dies tut, kann er die Verhandlungen mangels rechtlicher Kenntnisse und Autorität kaum selbst beeinflussen oder steuern. Er stimmt im Regelfall dem Verhandlungsergebnis mehr oder weniger informiert zu, während der Verteidiger zuvor die dominierende Rolle spielt; es kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieser seinem Eigeninteresse auch zu Lasten des Verteidigungsinteresses des Angeklagten folgt. Deshalb geht es auch bei Absprachen nicht an, das Verteidigerhandeln unhinterfragt stets dem Angeklagten zuzurechnen. Der Verstoß gegen prozessuale Grundsätze beim Zustandekommen der Absprache wird dem Angeklagten überdies im Regelfall weder bekannt sein noch unbedingt von dem Verteidiger mitgeteilt werden. Zudem findet die im Zivilprozess mögliche grundsätzliche Zurechnung schuldhaften Verteidigerverhaltens (§ 85 Abs. 2 ZPO) im Strafverfahren keine Grundlage. [122] Unter den rechtlichen Gesichtspunkten der Verwirkung oder des Verzichts kann dem Angeklagten mangels Arglist bzw. Kenntnis deshalb nicht verwehrt sein, die entsprechende Verfahrensrüge - gegebenenfalls durch einen anderen Verteidiger in der Revision - geltend zu machen.

Hinsichtlich der vom fünften Strafsenat angedeuteten Einschränkungen der Statthaftigkeit der Sachrüge lässt sich erst recht kein legitimer Anwendungsbereich finden. Es versteht sich von selbst, dass der Schuldspruch, d.h. die Anwendung des materiellen Strafgesetzes auf den festgestellten Sachverhalt, der Disposition der Prozessbeteiligten und des Gerichts von Verfassung wegen entzogen ist [123] und - auch auf die Sachrüge des paktierenden Angeklagten - schon deshalb die Subsumtion des Tatgerichts einer vollen Rechtskontrolle durch das Revisionsgericht zugänglich sein muss. Dies gilt ganz allgemein, was sich aus der Rechtsnatur diese Vereinbarung - nach BGHSt 43, 195 ff. - ergibt. Wenn auch eine Urteilsabsprache in der Praxis aller Wahrscheinlichkeit nach nicht selten als bindende Vereinbarung einer Punktstrafe gemeint sein dürfte, [124] ist sie unstrittig nur dann - gemessen an § 46 StGB und §§ 244 Abs. 2, 261 StPO - zulässig, wenn das Gericht für den Fall von Einlassungen des Angeklagten, die inhaltlich dem Anklagesatz entsprechen o. ä. (Verzicht auf Beweisanträge, Beschränkung der Berufung auf die Rechtsfolgen), vorbehaltlich der weiteren Ergebnisse der Hauptverhandlung und der abschließenden Beratung zusichert, ein bestimmtes Strafmaß nicht überschreiten zu wollen. Damit ist rechtlich nicht Teil der Absprache, dass im Ergebnis überhaupt ein Schuldspruch steht, geschweige denn, welches Strafgesetz zur Anwendung kommt, schon gar nicht wird der Angeklagte hierfür - wie auch - in die Pflicht genommen; [125] ein Rügeverlust findet gerade in dem Absprachevorgang selbst keine tragfähige Grundlage. Dies ergibt sich auch daraus, dass die Absprache des Rechtsmittelverzichts - der man solches allenfalls entnehmen könnte - für sich betrachtet wegen unzulässiger Willensbeeinflussung rechtswidrig und unwirksam ist (s.o.), so dass schon der Vorwurf einer unbilligen Abstandnahme von

einer früheren belastbaren freien Entscheidung fehl gehen muss. An die Höchststrafenzusage ist allein das Gericht - relativ - und nur zugunsten des Angeklagten gebunden. [126] Die Verpflichtung des Angeklagten geht dahin, dass dieser darauf verzichtet, sich aktiv (durch Beweisanträge etc.) oder passiv (durch Wahrnehmung des Schweigerechtes) gegen den tatsächlichen Anklagevorwurf zu verteidigen, sondern diesen vielmehr durch sein Geständnis belegt. Dieses hat rein tatsächlichen Charakter: ein Geständnis ist das Zugestehen der Tat oder einzelner Tatsachen, die für die Entscheidung zur Schuld- oder Rechtsfolgenfrage erheblich sein können. [127] Zur rechtlichen Beurteilung der Schuldfrage (und Rechtsfolgenfrage) ist dadurch nichts gesagt. [128] Eine Verpflichtung des Gerichts aus der Absprache gegenüber der Staatsanwaltschaft oder der Nebenklage, die vereinbarte (Höchst-)Strafe nicht zu unterschreiten, sondern zu verhängen, ist rechtlich unzulässig, weil diese zum Fortfall einer selbständigen richterlichen Entscheidung zum Schuldspruch und zur Strafzumessung in der Urteilsberatung führen würde, was gegen § 46 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 StGB und §§ 244 Abs. 2, 261 StPO verstößt. [129]

Auch wenn das Gericht die zugesagte Höchststrafe einhält, werden Rügen gegen den Strafausspruch bei Urteilsabsprachen nicht unstatthaft: Das BVerfG hat klargestellt, dass die Grundsätze der Strafzumessung der Disposition der Verfahrensbeteiligten und des Gerichts von Verfassung wegen entzogen sind. [130] Der Angeklagte kann nicht wirksam darauf verzichten, eine schuldangemessene Strafe zu erhalten und eine überhöhte Strafe nicht wirksam akzeptieren. Das Gericht kann sich insoweit ebensowenig wirksam binden. Die Vereinbarung einer Strafe als Verpflichtung auch des Angeklagten ist rechtlich nicht nur unzulässig, sondern unmöglich, da deren Verhängung in die alleinige und unveräußerliche Kompetenz des Gerichts bei Urteilsberatung fällt (s.o.). Soweit der Angeklagte zwar seinen oben genannten - gewissermaßen synallagmatischen - Verpflichtungen nachkommt, aber den Strafausspruch mit der Revision rechtlich überprüfen lässt, enttäuscht der Angeklagte kein berechtigtes Vertrauen, weil er seinen Teil der Absprache - zumeist durch ein Geständnis - voll erfüllt hat. Zwar ist das allseitige Ziel einer Absprache regelmäßig der alsbaldige Abschluss des Strafverfahrens. [131] Dies ändert jedoch nichts, weil diese Motivation nicht zum Inhalt der Absprache wird und werden kann, wie bereits die gefestigte Rechtsprechung zur Unwirksamkeit der Vereinbarung eines Rechtsmittelverzichts zeigt. [132] Etwaige Irrtümer der Prozessbeteiligten oder des Gerichts über die gegenseitige Motivlage, wenn etwa die Verteidigung nur eine Klärung des Sachverhalts und eine Begrenzung des Strafzumessungsrisikos anstrebt, sich dabei aber die rechtliche Überprüfung vorbehält (s. o.), sind deshalb für sich betrachtet ohne rechtliche Relevanz. Weder die Voraussetzungen einer Verwirkung, noch die des Verzichts liegen bezüglich einer Strafzumessungsrüge des Angeklagten bei einer Höchststrafenvereinbarung vor.

Soweit der Angeklagte nach einer Absprache die Beweiswürdigung - insbesondere eines gemäß § 267 Abs. 4 StPO abgekürzten, wegen eines abgesprochenen Rechtsmittelverzichts irrig für rechtskräftig gehaltenen Urteils - beanstandet, kann im Ergebnis nichts anderes gelten. Maßgeblich ist unseres Erachtens, dass die Ermittlung des wahren Sachverhalts nach dem BVerfG wesentlicher Bestandteil des Rechtes des Angeklagten auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. 20 Abs. 3 GG) ist, was zur Folge hat, dass die Wahrheitserforschung nicht zur Disposition der Beteiligten und des Gerichts steht. [133] Der Angeklagte kann daher durch eine Absprache nicht wirksam auf den Schuldnachweis verzichten. Die erschöpfende Beweiswürdigung im schriftlichen Urteil [134] hat nach ständiger Rechtsprechung des BGH aber gerade die Funktion zu belegen, dass die den Schuldspruch tragenden Feststellungen eine hinreichende, verstandesmäßig einsichtige Tatsachengrundlage haben, [135] d.h. zur Überzeugung des Gerichts [136] und mit objektiv hoher Wahrscheinlichkeit der Wahrheit entsprechen. [137] Dem Angeklagten ist also nicht verwehrt, die Beweiswürdigung auch eines abgesprochenen Urteils überprüfen zu lassen. Dafür spricht zusätzlich, das objektiv zumeist keine Notwendigkeit dafür besteht, dass die Beweiswürdigung eines knapp gefassten abgesprochenen Urteils einer Überprüfung auf die Sachrüge hin nicht standhalten muss, wenn die Beweiswürdigung nicht - wie allerdings gemäß § 267 Abs. 4 StPO in das Ermessen des Gerichts gestellt - völlig fehlt. Typischerweise liegt dem Urteil im Wesentlichen ein (Teil-)Geständnis zu

Grunde, welches mit dem Anklagevorwurf (teilweise) deckungsgleich ist. Die Ausführungen könnten sich daher in vielen Fällen - nämlich soweit die Tatbestandsmerkmale durch Wahrnehmungen des Angeklagten ausgefüllt werden können - darauf beschränken, die Glaubhaftigkeit dieser - in der Regel nicht strittigen - Einlassung dazutun. Einige präzise Sätze zur Qualität des Geständnisses (Motivation, Aussageinhalt, Aussageverhalten etc.) in denen offen angesprochen wird, dass dem Urteil einer Absprache zu Grunde liegt, dürften häufig ausreichen. [138] Es ist daher in vielen Fällen durchaus möglich, allein das abgesprochene Geständnis dem Urteil zugrundezulegen. [139] Hohe Anforderungen an die tatrichterliche Beweiswürdigung - insbesondere eine Darlegungs- und Würdigungspflicht bezüglich des Zustandekommens des Geständnisses und seiner Motivation - gelten bei Absprachen nach der Rechtsprechung des BGH allerdings, wenn die Verurteilung eines nichtgeständigen Mitangeklagten im wesentlichen auf abgesprochenen Einlassungen anderer Angeklagter beruht. [140] Dies rechtfertigt sich u.a. aus der sachlichen Nähe zur Aussage-gegen-Aussage-Situation, bei der Vergleichbares gilt. [141] In diesem Fall benötigen die bei mehreren Beschuldigte im Hinblick § 267 Abs. 4 StPO kaum sinnvoll trennbaren Urteilsgründe faktisch eine vollständige Beweiswürdigung auch bezüglich des Geständigen, da es um die Glaubhaftigkeit auch von dessen selbstbelastenden Angaben geht, die zumeist unauflöslich mit den fremdbelastenden Angaben verknüpft sind. Da der geständige Angeklagte zumeist das Urteil nicht anficht, sondern nur der nicht geständige Mitangeklagte, den die (fremde) Absprache selbstverständlich nicht in seinen Rügemöglichkeiten beeinträchtigen darf, liegt darin keineunfaire Belastung des Gerichts, da letzterer in keiner Weise ein Vertrauen des Gerichts auf den Bestand seines Urteils in Anspruch genommen hat. Für die vom fünften Strafsenat erwogene Einschränkung der Zulässigkeit der Revision des Angeklagten gegen abgesprochene Urteile verbleibt daher soweit ersichtlich kein nennenswerter rechtlich zulässiger Anwendungsbereich.

IV. Folgefragen der Vorlage: Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts der Staatsanwaltschaft?

Mit dem Anfrage- und Vorlageverfahren ist offenbar geworden, dass sich eine Reihe von Folgefragen stellen können, die als Konsequenz einer effektivierten Absprachenkontrolle zu beantworten sind. Angesichts des Umfangs dieser Abhandlung soll im Folgenden nur beispielhaft für die Problematik der etwaigen Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts der Staatsanwaltschaft aufgezeigt werden, dass hier durchaus eine Lösung möglich ist.

1. Problemstellung und bisherige Stellungnahmen der Strafsenate

Der dritte Strafsenat konnte die Frage der Unwirksamkeit des abgesprochenen Rechtsmittelverzichts der Staatsanwaltschaft nicht zum Gegenstand des Vorlagebeschlusses machen, weil im konkreten Fall über eine Revision der Staatsanwaltschaft nicht zu befinden war. [142] Der zweite Strafsenat hat sich bereits dezidiert dafür ausgesprochen, dass es jedenfalls nicht bei einer einseitigen Unwirksamkeit des abgesprochenen Rechtsmittelverzichts des Angeklagten bleiben könne. Die Konsequenz, dass der Angeklagte im Hinblick auf das Verschlechterungsverbot nach der erfolgreichen Einlegung eines Rechtsmittels nur zu einer noch milderen Rechtsfolge verurteilt werden könne, will der Senat nicht hinnehmen, da sich der Nichteintritt der Rechtskraft für die anderen Beteiligten als "Wegfall der Geschäftsgrundlage" darstelle. [143] Diesbezüglich hat der dritte Strafsenat bereits angemerkt, dass unter Umständen ein berechtigtes Interesse der Staatsanwaltschaft bestehen mag, eine einseitige Überprüfung des Urteils zu Gunsten des Angeklagten zu verhindern, wenn der Angeklagte durch das Urteil schuldunangemessen begünstigt wurde. Er hat aber ebenfalls betont, dass sich eine Staatsanwaltschaft gegen derartige Absprachen von vornherein wenden kann und muss, entweder indem sie an einer derartigen Absprache nicht mitwirkt oder jedenfalls einen Rechtsmittelverzicht weder vereinbart noch gar erklärt. [144]

2. Stellungnahme

Im Ausgangspunkt erscheint es geboten, sich der allgemeinen Grundsätze zu erinnern, welche die Wahrnehmung der staatsanwaltlichen Rechtsmittelbefugnis in diesem Kontext leiten. Eine Unwirksamkeit auch des Rechtsmittelverzichts der Staatsanwaltschaft kommt danach im Hinblick darauf, dass die Einlegung eines Rechtsmittels durch einen anderen Beteiligten für den Staatsanwalt keinen Grund zur Urteilsanfechtung ist (Nr.

147 Abs. 1 S. 4 RiStBV), nicht einmal in Betracht, wenn eine derart milde Strafe verhängt wurde, dass jede weiter gehende Verbesserung auf das Rechtsmittel des Angeklagten hin nur zu einer schuldunangemessen milden Strafe führen kann. Gerade dann ist davon auszugehen, dass - wenn nicht bereits das Revisionsgericht die Revision verwirft - der neu zuständige Tatrichter von einer Korrektur des Strafmaßes zu Gunsten des Angeklagten absehen wird, weil nur dieses Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden wäre. [145] Die Staatsanwaltschaft hat vielmehr insoweit ein Rechtsmittel nur einzulegen, wenn die verhängte Strafe in einem offensichtlichen Missverhältnis zur Schwere der Tat steht (Nr. 147 Abs. 1 S. 3 RiStBV). Die Tatsache, dass der Angeklagte zu einer milden, aber noch schuldangemessenen Strafe verurteilt wurde und nunmehr aufgrund der Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts Verbesserungschancen in einem neuen Verfahren hat, in dem die Staatsanwaltschaft gerade beteiligt ist, rechtfertigt es in diesem Kontext nicht, der Staatsanwaltschaft trotz Rechtsmittelverzichts ein Anschlussrechtsmittel (wieder) zu eröffnen. Es ist kein Grund ersichtlich, mit der durch Nr. 147 Abs. 1 S. 4 RiStBV ausgeformten Praxis zur Sanktionierung eines die Unwirksamkeit seines Rechtsmittelverzichts geltend machenden Angeklagten zu brechen. Da auch die vorsorgliche Einlegung von Rechtsmitteln (Nr. 148 RiStBV) nur in hier nicht einschlägigen Fällen vorgesehen ist, kann es nicht legitimer Zweck des staatsanwaltschaftlichen Rechtsmittels sein, gewissermaßen als Dispositions- und Verhandlungsmasse für eine eventuelle gegenseitige Rücknahme des Rechtsmittels zur Verfügung zu stehen. Ein Rechtsmittel soll nur eingelegt werden, wenn es für sich betrachtet aussichtsreich ist (Nr. 147 Abs. 1 S. 1 RiStBV). Als allgemeine bundeseinheitliche Weisungen [146] sind die RiStBV für alle Staatsanwälte verbindlich; eine Sollvorschrift fordert im Regelfall - auch dem der Absprache - Befolgung.

Doch nicht nur die Gerichte nicht bindenden Richtlinien, sondern auch die grundsätzlich verschiedene prozessuale Stellung der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten sprechen gegen eine Gleichbehandlung der Staatsanwaltschaft mit dem Angeklagten im Hinblick auf die Unwirksamkeit des abgesprochenen Rechtsmittelverzichts: Die Bedenken des zweiten Strafsenats (und des dritten Strafsenats) gegenüber der Ungleichbehandlung im Hinblick auf die Anfechtungsmöglichkeit setzen unreflektiert [147] eine der Verteidigung gleichgeartete Parteistellung der Staatsanwaltschaft voraus, nach der - so scheint es - immer dann, wenn der Angeklagte die Möglichkeit hat, über die Einlegung eines Rechtsmittels die Strafe zu verringern, auch die Staatsanwaltschaft die Chance haben sollte, eine Verschärfung der Sanktion zu erreichen. Anders lässt sich die Besorgnis, der Staatsanwaltschaft könnte die Rechtsmittel "einseitig" entzogen sein, nicht interpretieren. Dies ist nämlich nur soweit problematisch, als dadurch die Verhängung einer schuldunangemessen oder den anerkannten Strafzwecken zuwiderlaufen Strafe ernstlich zu befürchten ist, wenn man die Rechtsmittelbefugnis nicht schon aufgrund der zurechenbaren, freiwilligen und informierten Mitwirkung des Sitzungsvertreters an der zumindest im Hinblick auf die Vereinbarung des Rechtsmittelverzichts illegalen Absprache als verwirkt ansehen will. Eine Parteistellung der Staatsanwaltschaft sieht die deutsche Rechtsordnung unstreitig nicht vor. [148] Es ist vielmehr allgemein anerkannt, dass die Staatsanwaltschaft ein zu Gerechtigkeit und Objektivität verpflichtetes Rechtspflegeorgan ist, und die Verpflichtung, auch zu Gunsten des Angeklagten sprechende Umstände zu berücksichtigen (§ 160 Abs. 2 StPO), sich auch auf die Hauptverhandlung bezieht. [149] Dort beinhaltet die Rolle der Staatsanwaltschaft die Unterstützung des Richters bei der Erforschung des Sachverhalts und der richtigen Rechtsanwendung, wobei den Angeklagten entlastende Gesichtspunkte gleichermaßen zu berücksichtigen sind. [150] Der Staatsanwalt hat sich m. a. W. - anders als der Verteidiger oder der Angeklagte - auch hinsichtlich seines Strafantrages und der Ausübung seiner Rechtsmittelbefugnis bzgl. des Rechtsfolgenausspruchs auf den Standpunkt eines Richters zu stellen. Einziges legitimes Ziel der staatsanwaltschaftlichen Bestrebungen ist mithin die Verhängung einer gerechten, schuldangemessenen und präventiv erforderlichen Strafe. [151] Überdies müsste die Staatsanwaltschaft als Kehrseite der in der Rechtsprechung allgemein anerkannten Spielraumtheorie [152] und dem gleichermaßen anerkannten Beurteilungs- bzw. Ermessensspielraum des Tatgerichts bei der Strafzumessung, der eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ausschließt, [153] auch von Gesetzes wegen - nach der höchstrichterlichen Auslegung des § 46 StGB - daran gehindert sein, ein Urteil anzufechten, welches aus seiner Perspektive zwar milde ausgefallen ist, aber nicht den Boden schuldangemessenen Strafens (nach unten) ver-

lässt. Nur im Ausnahmefall [154] - nämlich dann, wenn dies spezialpräventiv oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unabweisbar veranlasst ist - ist die Verhängung einer über das milde, aber noch schuldangemessene Urteil des Instanzgerichts hinaus gehende Strafe erforderlich, [155] mit der Konsequenz, dass die Staatsanwaltschaft dies mittels eines Rechtsbehelfs einfordern darf.

Auch die zutreffende und hier ergänzte Begründung, welche der dritte Strafsenat für die Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts des Angeklagten gibt, kann in einem entscheidenden Punkt nicht auf Prozesserklärungen der Staatsanwaltschaft übertragen werden. [156] Der Angeklagte ist nach der Absprache oder der gerichtlichen Befürwortung eines Rechtsmittelverzichts im obigen Sinne bei dessen Erklärung nach Urteilsverkündung in seiner Entscheidung nicht mehr als frei zu betrachten. [157] Es geht allein um das persönliche Schicksal des Angeklagten, über das durch das gerade verkündete Urteil entschieden wurde und das unmittelbar danach zu einer normativ anzunehmenden psychischen Ausnahmesituation führt. Der Angeklagte beginnt regelmäßig erst jetzt damit, die rechtlichen und tatsächlichen Konsequenzen des Urteils (und seiner Tat) zu verarbeiten, deren Realitätsgehalt und Auswirkungen für sich er häufig zuvor noch nicht definitiv begreift. Insbesondere dann, wenn - aufgrund einer Absprache - eine Verurteilung zu einer zu verbüßenden Freiheitsstrafe erfolgte, bei der im Hintergrund steht, das damit möglicherweise eine noch weit längere Haftstrafe vermieden wurde, ist direkt nach der Urteilsverkündung die emotionale Ausgeglichenheit und die nötige Übersicht über die Tragweite einer Rechtsmittelverzichtserklärung bzw. die eigenständige und selbstbestimmte Bewertung des Prozessergebnisses als Erfolg oder Misserfolg - gerade in Gegenwart und unter dem Einfluss des Verteidigers, der es mit herbeigeführt (und dem Angeklagten gegenüber vertreten) hat - nicht gegeben. Ganz anders stellt sich die Situation des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft dar. Dieser ist - im Gegensatz zum Angeklagten - als mit der Sache vertrauter Jurist fachlich zu einer selbstständigen Bewertung des Urteils in der Lage. Er hat kein persönliches Interesse an der Sache, darf es vielmehr nicht haben [158] und kann daher unbefangen abwägen, ob das Urteil dem staatlichen Strafanspruch genügt. Das Gericht - welches möglicherweise auf die Abgabe des versprochenen Rechtsmittelverzichts hinwirkt oder dessen Erklärung sogar anmahnt - kann auf die Willensentschließung des Staatsanwalts als Vertreter eines dem Gericht gleichgeordneten, unabhängigen Organs der Strafrechtspflege (vgl. § 150 GVG) [159] im Regelfall weder faktischen noch gar rechtlichen Einfluss gewinnen. Als im Grundsatz an das Legalitätsprinzip gebundener "Wächter der Gesetze" [160] darf sich der Staatsanwalt selbstredend auch nicht wider bessere Einsicht zur Erklärung eines abgesprochenen Rechtsmittelverzichts drängen lassen. Vor allem aber kommt hinzu, dass er bereits im Rahmen der Absprachengespräche verpflichtet gewesen wäre, die Vereinbarung eines Rechtsmittelverzichts zu verhindern (bzw. daran nicht teilzunehmen) und einer entsprechenden Einwirkung des Gerichts auf den Angeklagten entgegenzutreten, da dies unabhängig von den sonstigen Konsequenzen - nach bisher unbestrittener Rechtsprechung des BGH - rechtlich nicht zulässig ist. Das Verhalten ihres Sitzungsvertreters ist der zuständigen Staatsanwaltschaft zuzurechnen (§ 144 GVG), [161] so dass es nicht darauf ankommt, dass seitens des Behördenleiters eine derartige rechtsfehlerhafte Verfahrensweise nicht gebilligt, geduldet oder gar angeordnet wurde. Die Mitverantwortung der Staatsanwaltschaft für das rechtsfehlerhafte Verfahren spricht zusätzlich gegen die Möglichkeit, dass deren vereinbarter Rechtsmittelverzicht unwirksam sein könnte.

Nach alledem muss man letztlich zur Kenntnis nehmen, dass zwar die Regelung des § 358 Abs. 2 StPO im Rahmen einer Absprachenjustiz auf der Grundlage des geltenden Rechts Bedenken auslöst. Diese aber zu lösen, indem die Staatsanwaltschaft in eine Parteistellung versetzt wird und überdies vor ihren eigenen Fehlern geschützt wird, um somit die Regelung des § 358 Abs. 2 StPO im Kontext der Absprachen leer laufen zu lassen, erscheint auf der Grundlage des geltenden Rechts nicht hinnehmbar. Eine Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts könnte allenfalls - vor dem Hintergrund eines schwerwiegenden Willensmangels, [162] nämlich eines Irrtums aufgrund arglistiger Täuschung [163] - dann in Betracht kommen, wenn der Angeklagte (oder der Verteidiger mit dessen Wissen) dem Sitzungsvertreter arglistig zusichern, auf Rechtsmittel zu verzichten (und dies noch in der Hauptverhandlung tut), obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits die Anfechtung des Urteils plant und der Staatsanwalt - wie vom Angeklagten beabsichtigt - nur wegen dieser Zusicherung sofort auf Rechtsmittel verzichtet. Eine solche aktive Einwirkung auf die Handhabung der gesetzlichen Befugnisse der das öffentliche Interesse repräsentierenden Staatsanwaltschaft könnte

zum Anlass genommen werden, das hier vom Angeklagten selbst untergrabene Interesse an einem verbindlichen und Rechtssicherheit bewirkenden Verfahrensabschluss zurücktreten zu lassen, falls die Staatsanwaltschaft einen gemäß Nr. 147 RiStBV anerkennenswerten Grund für die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens hat, insbesondere wenn die abgesprochene Strafe bereits schuldunangemessen niedrig war. Da der Beweis für eine derartige Konstellation erbracht werden müsste, dürfte diese denkbare Fallgruppe praktisch kaum relevant werden.

V. Zusammenfassung

Die voran stehenden Ausführungen haben gezeigt, dass dem Vorlagebeschluss des dritten Strafsenats in vollem Umfang zu folgen ist. Ein abgesprochener bzw. gerichtlich kommunizierter Rechtsmittelverzicht nach Urteilsverkündung ist als unfrei und daher als unwirksam zu betrachten. Weder eine qualifizierte Belehrung noch ein fürsorglicher Aufschub der Entgegennahme des Rechtsmittelverzichts genügen zur praktischen Gewährleistung eines freien Rechtsmittelverzichts. Ein Rechtsmittelverzicht der Staatsanwaltschaft ist in Anbetracht der dargelegten Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts des Angeklagten nur ausnahmsweise als unwirksam einzustufen.


[1] Vgl. auch zur gesetzgeberischen Tendenz, Absprachen regeln und nicht dezimieren zu wollen, den Diskussionsentwurf der Regierungskoalition in StV 2004, 228, 237 f.

[2] Vgl. zuvor beispielhaft BGHSt 14, 189 ff.; 36, 210 ff.; 37, 10 ff.; 37, 99 ff.; 37, 298 ff.; 42, 46 ff.; 42, 191 ff.

[3] Dies geschah im Anschluss an den Kammerbeschluss BVerfG NStZ 1987, 419 f.

[4] Vgl. insbes. die BGHSt 43, 195 ff. eingehend kritisierende Abhandlung von Moldenhauer, Eine Verfahrensordnung für Absprachen im Strafverfahren durch den BGH? (2004); zu den überwiegend krit. Bewertungen der Absprachen und des BGH im Schrifttum vgl. auch etwa Weigend, BGH-FS-Wiss., S. 1011 ff.; Noak StV 2002, 445 ff.; Kuckein/Pfister, 50-Jahre BGH-FS, S. 641 ff.; Terhorst GA 2002, 600, 603; BGH NJW 2004, 2536, 2537; insbes. krit. zum Konsens als Muster für das Strafverfahren Hassemer JuS 1989, 890 ff.

[5] So etwa auch BGH NJW 2004, 2536, 2537 f. und Pfister DRiZ 2004, 178, 179/180; Meyer-Goßner NStZ 2004, 216 f.; Kuckein/Pfister, 50-Jahre BGH-FS, S. 641, 648 ff. Vgl. auch Weider StraFo 2003, 406 f. und Weigend, BGH-FS Wiss, S. 1011, 1016 f.: trotz erforderlicher Kritik ist dem Ansatz Respekt zu zollen.

[6] Vgl. nur F.Meyer StV 2004, 41, 42: offener Ungehorsam der Praxis; Ders., Willensmängel beim Rechtsmittelverzicht des Angeklagten im Strafverfahren (2003), S. 386; Satzger/Höltkemeier NJW 2004, 2487, 2488; Kargl/Rüdiger NStZ 2003, 672, 674; Rieß, Meyer-Goßner-FS, S. 645, 646; Kuckein/Pfister, 50-Jahre BGH-FS, S. 641, 655; Weider StV 2000, 540: "wild gewordenen Praktiker"; m.w.N. BGH NJW 2004, 2536, 2537 f.; BGH StV 2004, 4 = Beschl. vom 29. Okt. 2003 - 5 ARs 61/03; Weigend StV 2000, 63: unverzichtbare Voraussetzung; Schmitt GA 2001, 411, 424 f.: Scheitern des BGH wegen falscher rechtstatsächlicher Annahmen.

[7] So BGH StV 2004, 115, 116 = Beschl. vom 26. Nov. 2003 - 1 ARs 27/03 = HRRS 2004 Nr. 111; Böttcher, Meyer-Goßner-FS, S. 49, 58; vgl. auch Meyer-Goßner StraFo 2003, 401 ff., der bei einer Ergänzung durch die Vorlage BGHSt 43, 195 ff. dezidiert für verwirklichungstauglich hält.

[8] Vgl. BGHSt 45, 227 ff. Vgl. diesbezüglich etwa bereits Rönnau wistra 1998, 49, 50 Fn. 19: offene Frage der Sanktion des Verstoßes gegen den das Verbot der Einforderung eines Rechtsmittelverzichts.

[9] Vgl. BGH StV 2004, 115 ff.; 2004, 196 = Beschl. vom 28. Jan. 2004 - 2 ARs 330/03 = HRRS 2004 Nr. 300; zur Rspr. zusf. Schröder StraFo 2003, 412 ff.; grundsätzlich auch der Form nach BGHSt 45, 227 ff. und zur dagegen erhobenen Kritik etwa Weigend StV 2000, 63 f.; Rieß NStZ 2000, 98, 99.

[10] Vgl. zur früheren Senatsrechtsprechung und ihrer Aufgabe BGH StV 2004, 4 f. Zur nicht entgegenstehenden Rechtsprechung des 4. Strafsenates vgl. den Beschl. vom 25. Nov. 2003 - 4 ARs 32/03.

[11] Vgl. u.a. BGH StV 2004, 196 ff. m.w.N.

[12] Vgl. BGH NJW 2004, 2536, 2537 ff. und bereits den Anfragebeschluss BGH NJW 2003, 3426 ff. Zust. auch Moldenhauer (Fn. 4), S. 204 ff., 237, 265, 269.

[13] Ob etwa die Vorlage des Festhaltens an BGHSt 43, 195 ff. selbst zwingend war, ließe sich zwar diskutieren. Die Verwobenheit von Verbot und seinen Konsequenzen gibt aber gerade angesichts des auch vom Senat beabsichtigen Vorgehens nach § 132 IV GVG zur Hinwirkung auf den Rechtsmittelverzicht gute Gründe, für die drei verbundenen Fragen insgesamt eine grundsätzliche Bedeutung für die Rechtsfortbildung anzunehmen.

[14] Vgl. beispielhaft etwa BGH 4 StR 371/03 - Urteil vom 19. Febr. 2004 = HRRS 2004 Nr. 306 und m.w.N. Meyer-Goßner StraFo 2003, 401 ff.

[15] Vgl. BGH NJW 2003, 3426, 3427 m.w.N.; BGHSt 45, 227, 233 f.; BGH StV 2000, 542, 543; BGH StV 2001, 554; BGH StV 2001, 557; BGHSt 47, 238, 242; BGH NStZ 2002, 219 f.; für das begrüßende Schrifttum Rönnau wistra 1998, 49 f. und Meyer-Goßner StraFo 2004, 401, 405.

[16] Vgl. BGH StV 2004, 196: unbedenkliche Inaussichtstellung von Rechtsmittelverzichten bei formgerechter einverständlicher Verfahrenserledigung; zust. Satzger/Höltkemeier NJW 2004, 2487, 2489 f.; auch Weider, Lüderssen-FS, S. 773, 776 ff.; nun aber eben denselben in StraFo 2003, 406, 410!

[17] Vgl. auch die von BVerfG JZ 2004, 670 ff. = HRRS 2004 Nr. 238 deutlich gerügten mangelnden rechtsstaatlichen Bedenken des zweiten Strafsenats in der Entscheidungsbegründung BGHSt 47, 68 ff.; vgl. zum Ganzen Mühlbauer HRRS 2004, 132 ff.; Wohlers JZ 2004, 678 ff.

[18] Vgl. BGH StV 2004, 115 ff.

[19] Vgl BGH NJW 2004, 2536, 2538 f.; BGH NJW 2003, 3426, 3427 ff.; für die Aufrechterhaltung von BGHSt 43, 195 ff. auch BGH StV 2004, 4 f. und BGHSt 47, 238, 242; ebenso etwa auch Meyer-Goßner NStZ 2004, 216 f.; Moldenhauer (Fn. 4), S. 204 ff., 237, 269, zur Übersicht über das entsprechende Schrifttum S. 84 f.

[20] Vgl. BGH NJW 2004, 2536, 2538, wobei der Senat auf Salditt ZStW 115 (2003), 570, 580 verweist; vgl. auch Rieß NStZ 2000, 98, 99; Volk, Salger-FS, S. 411, 418; auch Satzger/Höltkemeier NJW 2004, 2487: zentrale Frage des Rechtsmittelverzichts, die dies dann aber im Ergebnis verwerfen.

[21] Vgl. grundlegend für den naturalistischen Fehlschluss vom Sein auf das Sollen die "nebenbei gemachte" Bemerkung von David Hume, A Treatise on Human Nature, Book III, Part 1, sec. 1 (Nachdruck 2003, Oxford).

[22] So aber BGH StV 2004, 196 f.; Satzger/Höltkemeier NJW 2004, 2487, 2489 f.; Mosbacher NStZ 2004, 52 f.; Schmitt GA 2001, 411, 424 f. der in seiner Würzburger Antrittsvorlesung vollumfänglich die faktische Bindung ignoriert und wesentlich auf den formalen Unterschied von Ankündigung und Erklärung des Verzichts abstellt.

[23] Vgl. auch BGH NJW 2004, 2536, 2538 f.: kein legitimer Grund; BGH NJW 2003, 3426, 3427, wobei hier zutreffend auch das fehlende legitime Interesse des Angeklagten an einer zu milden Absprache hingewiesen wird; Rieß , Meyer-Goßner-FS, S. 645, 651; Erb GA 2000, 511, 516.

[24] Vgl. für die Praxis, die Maßstäbe von BGHSt 43, 195 ff. gerade durch die Vereinbarung eines Rechtsmittelverzichts die Regelungen des Bundesgerichtshofs zu umgehen etwa BGH NJW 2004, 2536, 2537 f.; Satzger/Höltkemeier NJW 2004, 2487 ff.; Rönnau wistra 1998, 49, 50; Weider StV 2000, 540; Kargl/Rüdiger NStZ 2003, 672, 674; F. Meyer (Fn. 6), S. 386: verheerend.

[25] Vgl. BGH StV 2004, 115 ff., StV 2004, 196 ff. Vgl. zur tatsächlichen Bedeutung und den Kriterien der Rechtssicherheit insoweit aber bereits Erb GA 2000, 511, 521 ff.

[26] Vgl. den Diskussionsentwurf StV 2004, 228, 237.

[27] Vgl. BGH NJW 2004, 2536, 2538 f. und zust. BGH StV 2004, 4 f.; Meyer-Goßner NStZ 2004, 216 f. Vgl. auch bereits Erb GA 2000, 511, 522 ff.

[28] Freilich wird zu erwägen bleiben, ob und inwiefern konkludente Kommunikationen im Einzelfall darüber hinaus gleich gestellt werden müssen. Jedenfalls dürften aber die bei konkludenten Verhaltensweisen wahrscheinlicheren Missverständnisse, welche die Beteiligten nicht ohne weiteres in Kauf zu nehmen bereit sein werden, insoweit ein Ausweichen auf rein konkludentes Verhalten erheblich abbremsen.

[29] Vgl. zum Folgenden nur BGH NJW 2004, 2536, 2538 f.

[30] Vgl. auch die zweite Konstellation bei BGH NJW 2004, 2536, die Grund für die weite Vorlage gibt.

[31] Vgl. m.div.Nachw. BGH NJW 2004, 2536 ff.; BGH StV 2004, 4; Salditt ZStW 115 (2003), 570; Weider StV 2002, 397, 398; Ders., FS Lüderssen, S. 773 f.: Farce; Ders. StraFo 2003, 406 ff.; Terhorst GA 2002, 600, 601. Jüngst etwa bedenklich BGH StraFo 2003, 97 f.; BGH HRRS 2004 Nr. 683, 688, 823.

[32] Vgl. BGH NJW 2004, 2536, 2538 f. und Erb GA 2000, 511, 524: Widerspruch zu den Rechtsmittelfristen.

[33] Vgl. so auch BGH NJW 2004, 2536, 2539; vgl. auch die Mindestgrenze in BVerfG NStZ 1987, 419 f.; zu Recht gegen Mosbacher NStZ 2004, 52 betont auch Meyer-Goßner NStZ 2004, 216 f.

[34] Vgl. auch zum in anderem Kontext gerade auch vom ersten Strafsenat akzeptierten Abstellen auf den spezifischen Moment der Rechtsausübung BGH JR 2002, 290 ff. m. Anm. Wohlers.

[35] Vgl. so auch Erb GA 2000, 511, 515 f.; BGH NJW 2004, 2536, 2538 mit treffendem Hinweis auf Nr. 142 Abs. 2 Satz 1 RiStBV; auch m.w.N. F.Meyer StV 2004, 41, 44, der zutreffend klarstellt, dass hiermit allein begründet ist, den Rechtmittelverzicht nicht gegenüber dem Angeklagten wirken zu lassen.

[36] Das Argument von BGH StV 2004, 196, 197 f., dass der Rechtsmittelverzicht nach der Urteilsverkündung gerade zulässig ist, geht insoweit fehl, weil die Unwirksamkeit gerade nicht nur mit der Situation, sondern auch mit der bindenden Absprache bzw. der Kommunikation des Verzichts begründet ist. Mehr noch stand dem Gesetzgeber nicht das Leitbild der Absprachenjustiz vor Augen, so dass die Regelung des § 302 StPO insoweit im Lichte eines fairen Verfahrens heute selbst höchst fraglich scheint, siehe etwa Erb GA 2000, 511 ff. Gänzlich fehlt geht der Verweis des Senats auf die auch ohne vorhergehende Verständigung verbreitete Praxis von Tatrichtern, bei milden Urteilen auf die Erklärung des Rechtsmittelverzichts zu drängen: diese sind nach Nr. 142 Abs. 2 RiStBV aber auch unter dem Gesichtspunkt eines freien Verzichts rechtsstaatlich selbst mehr als fraglich. Die diesbezügliche rhetorische Frage sollte man ernst nehmen und uneingeschränkt bejahen, vgl. auch F.Meyer (Fn. 6), S. 230 ff. Soweit ersichtlich sind diese Gebräuche auch von den Revisionsgerichten nie explizit gebilligt worden. Keinesfalls kann aus dieser Praxis aber ein Argument gegen die Unwirksamkeit des abgesprochenen Rechtsmittelverzichts werden, zumal es schon an der Willensbeeinträchtigung im Absprachenkontext mangelt.

[37] Vgl. so auch BGH NJW 2004, 2536, 2538; F.Meyer (Fn. 6), S. 330 f.; vgl. auch Erb GA 2000, 511, 515 f.; für den abgesprochenen Rechtsmittelverzicht auch (darüber hinaus - zur Verhinderung einer Verwässerung der Dogmatik (!) - jedoch nur im Einzelfall) Grunst NStZ 2004, 54 f.

[38] Vgl. näher auch bereits zu diesem Aspekt BGH NJW 2003, 3426, 3428; F.Meyer StV 2004, 41, 45 f. m.w.N.; Satzger/Höltkemeier NJW 2004, 2487, 2488; siehe auch BGH NStZ 2002, 219 f.: Hinweispflicht nach Ablehnung des Verlangens nach einem Rechtsmittelverzicht.

[39] Vgl. BGH StV 2004, 115, 119; Mosbacher NStZ 2004, 52, 53 f.; ansatzweise auch Grunst NStZ 2004, 54, 55.

[40] Vgl. so zutreffend bereits F.Meyer StV 2004, 41, 45, dessen Hoffnung, dass damit bereits alle Umgehungen ausgeschlossen seien, jedoch etwas optimistisch scheint; ähnlich aber auch Meyer-Goßner StraFo 2004, 401, 406; das andere Extrem hingegen mit problemat. Konsequenz bei Satzger/Höltkemeier NJW 2004, 2487, 2589 f.

[41] Siehe BGH StV 2004, 115, 118 f. und insbes. BGH StV 2004, 196 ff.; so auch Mosbacher NStZ 2004, 52 ff.

[42] Zu den heutigen Vermeidestrategien und weitergehenden Lösungen vgl. Basdorf, FS Meyer-Goßner, S. 1345 ff.; BGH 5 StR 62/02 v. 9.7.2003, Rn. 15; in Fortentwicklung dessen m.div.N. Wohlers/Gaede NStZ 2004, 9 ff.

[43] So BGH StV 2004, 196 und ff.

[44] Vgl. BGH StV 2004, 115 ff.

[45] Vgl. Rieß, Meyer-Goßner-FS, S. 645, 663 und BGH NJW 2004, 2536, 2539.

[46] Vgl. BGH NJW 2004, 2536, 2538 f.; Beulke, Strafprozessrecht (7. Aufl. 2004), Rn. 396a; an sich zust. aber die praktische Realisierung nicht erwartend Satzger/Höltkemeier NJW 2004, 2487, 2488 ff.

[47] Siehe BGH NJW 2004, 2536, 2538 f.; auch Rieß, Meyer-Goßner-FS, S. 645, 658 ff., 663: Leerlaufen der Rechtsmaßstäbe infolge fehlender Sanktion; BGH StV 2004, 4 f.; obiter BGHSt 47, 238, 242.

[48] Vgl. auch F.Meyer StV 2004, 41, 43: Ausführungen zur Untersagung des abgesprochenen Rechtsmittelverzichts als Ableitungsbasis für die Unwirksamkeitskonsequenz. Anders Grunst NStZ 2004, 54.

[49] So offenbar der Vorwurf von BGH StV 2004, 196 und im Grunde auch von BGH StV 2004, 115, 117 ff.: nur Sanktion, die den Tatrichter treffen soll; dagegen bereits Gaede, in: HRRS-Newsletter 04/2004, IV: Begründung, mit der sich Revisionsrechtsprechung prinzipiell einstellen ließe; vgl. nun auch zutr. BGH NJW 2004, 2536, 2539; Satzger/Höltkemeier NJW 2004, 2487, 2488; Meyer-Goßner NStZ 2004, 216 f.

[50] Siehe Nack, Rieß-FS, S. 361 ff.

[51] Vgl. auch BGH NJW 2004, 2536, 2539.

[52] Vgl. BGH StV 2004, 115, 117 ff.

[53] Vgl. die bemerkenswerte Diktion der Beschlüsse BGH StV 2004, 196 ff. und BGH StV 2004, 115 ff.: "Der Senat hält deshalb die - den Regeln entsprechend gehandhabte [!] - verfahrensbeendende Absprache für ein mittlerweile unverzichtbares prozedurales Mittel, um die Strafverfahren in Deutschland in vertretbarer Zeit bewältigen zu können … Verfahrensbeendende Absprachen sind heutzutage [!] ein wirksamer Weg, dafür geeignete Verfahren zügig und konsensual zu erledigen".

[54] Vgl. auch bereits BGH NJW 2004, 2536, 2538; Rieß, Meyer-Goßner-FS, S. 645, 654 in Fn. 37.

[55] Vgl. insoweit BGH 2004, 115, 117 f. m.w.N., wobei aber eine schwere unzulässige Einwirkung gefordert wird, die man im vorliegenden Kontext verneinen will; siehe auch Erb GA 2000, 511, 520 ff. Für die weitere Entwicklung dürfte die demnächst in der HRRS vorgestellte Dissertation (Fn. 6) von F.Meyer Impulse setzen.

[56] Vgl. BGH NJW 2004, 2536, 2538 f.; zum Irreführungsmoment bzw. dem begründeten Irrtum m.w.N. F.Meyer StV 2004, 41, 44 f.: Irreführung durch das Gericht, die auch unabhängig vom Absprachenproblem zu einem beachtlichen Irrtum führt; so etwa auch Satzger/Höltkemeier NJW 2004, 2487, 2488.

[57] Vgl. m.w.N. F.Meyer StV 2004, 41, 43 f.; auch SK-Frisch, (Loseblattk. StPO Lfg-Stand Okt. 2004) § 302 Rn. 26 ff.; Erb GA 2000, 511, 522 ff. Zu ihrer - überzeugenden - Kritik hinsichtlich der fraglich paternalistischen Natur erneut F.Meyer StV 2004, 41, 44; F.Meyer (Fn. 6), S. 322 ff. Unzutreffend wäre es hingegen, zu meinen, die Erheblichkeit der Willensbeeinträchtigung könne nicht auch mit auf die eher objektiven normativen Erwägungen zur Bedeutung des Verzichts abgestützt werden. Auch bei der Irreführungsgefahr bleibt dogmatisch zu bewerten, ob sie als Beeinträchtigung so erheblich ist, dass sie stets zum Verdikt der Unfreiheit und damit zur Unwirksamkeit führen muss. Zum Schutz der Autonomie ist lediglich geboten, Wirkungen gegen den Angeklagten prinzipiell auszuschließen, was hier auch durch die nötige spätere Einlegung gewährt schiene.

[58] Vgl. bereits Kant, Grundlegung der Metaphysik der Sitten, S. 431, 455, 459 (Akademie-Ausgabe, hier der Meiner-Ausgabe 1999 entnommen); einführend m.w.N. aus dem weiteren Werk Kants Hofer ZRph 2003, 149 ff.

[59] Vgl. BVerfG NStZ 1987, 419.

[60] Vgl. Deweer v. Belgien (B), Nr. 35, §§ 49 ff.; auch Richard v. Frankreich (FRA), Rep. 1998-II, §§ 46 ff.; Paliot v. FRA Rep. 1998-II, §§ 51 ff.; Clayton/Tomlinson, The Law of Human Rights (2000), 11.202, 6.149; auch - wenig überzeugend - zum Vertrauensschutz bereits Colak v. Deutschland (D), Nr. 147, §§ 31 ff. Bereits in einer anderen Absprachenkonstellation für mögliche Einflüsse des Art. 6 EMRK Gaede HRRS 2003, 93, 96.

[61] Vgl. für diese st. Rspr. etwa m.w.N. Khalfaoui v. FRA, Rep. 1999-IX, §§ 35, 37; siehe auch zur Geltung des Art. 6 EMRK hinsichtlich der deutschen Revision m.w.N. Wohlers/Gaede NStZ 2004, 9, 13 ff.

[62] Zum Gebot der konventionskonformen Auslegung vgl. etwa BVerfGE 74, 358, 370; BGHSt 45, 321, 329; Weigend StV 2000, 384 ff.; Gaede wistra 2004, 166, 167.

[63] Vgl. Colozza u.a. v. Italien, Nr. 89, § 28; Oberschlick v. Österreich (AUT), Nr. 204, § 51; Pfeiffer u. Plankl v. AUT, Nr. 227, § 38; Poitrimol v. FRA, Nr. 277-A, § 31; Khalfaoui v. FRA, Rep. 1999-IX, §§ 51 ff.; Schöps v. D, 13.2.2001, § 48; Hennings v. D, Nr. 251-A, §§ 24 ff. Vgl. auch Deweer v. B, Nr. 35, § 49: "absence of constraint is at all events one of the conditions to be satisfied: this much is dictated by an international instrument founded on freedom and the rule of law".

[64] Vgl. Pfeiffer u. Plankl v. AUT, Nr. 227, §§ 38 f., auch den Bericht der EKMR aaO §§ 74 ff.; Poitrimol v. FRA, Nr. 277-A, § 31; Mihaies v. FRA, Nr. 36106/97, DR 93-B, 95, 102 f.; ZE Jones v. UK, 9.9.2003: nötige hinreichende Vorhersehbarkeit der Konsequenzen des Verhaltens. Der EGMR hat dieses Prinzip auch für eine auf ein Strafverfahren bezogene Verständigung im Individualbeschwerdeverfahren bestätigt, vgl. Richard v. FRA, Rep. 1998-II, §§ 46 ff.; Paliot v. FRA Rep. 1998-II, §§ 51 ff.; Clayton/Tomlinson (Fn. 60), 6.149.

[65] Vgl. dahingehend auch die zutreffende Zurückweisung der vom ersten Strafsenat angestrengten Vergleiche mit dem Verzicht bei § 251 II StPO und dem zivilprozessualen Vergleich durch BGH NJW 2004, 2536, 2539.

[66] Vgl. als Beispiele für diese Praxis Engel u.a. v. Niederlande (NL), Nr. 22, § 82; Karlheinz Schmidt v. D, Nr. 291-B, § 28; Axen v. D, Serie A, Nr. 72, §§ 25 f.; Adolf v. AUT, Nr. 49, § 30: "examine the realities of the procedure in question"; m.w.N. aus dem Schrifttum Wohlers/Gaede NStZ 2004, 9, 15.

[67] Vgl. grundlegend Handyside v. Großbritannien (GB), Nr. 24, § 48; besonders betont Kudla v. Polen (PL) [GC], Rep. 2000-XI, § 152; Stavros, The guarantees for accused persons under article 6 of the European Convention on Human Rights (1993), S. 90; m.w.N. auch Gaede StV 2004, 46, 51.

[68] Vgl. beispielgebend für das Vorgehen, die nationale Praxis auf die Wahrung niedergelegter Prinzipien zu prüfen Steur v. NL JR 2004, 339 ff. m. Anm. Gaede. Zum Anspruch des EGMR, ein vorhersehbares und stetiges case law zu entfalten Stafford v. GB [GC], Rep. 2002-IV, § 68; Cossey v. GB, Nr. 184, § 31; m.w.N. auch seinen Präsidenten Wildhaber, Ryssdal-GS, S. 1529 ff.; m.w.N. auch bereits Gaede StV 2004, 46 f.

[69] Vgl. für derartige Beispiel aus diesem Jahr die Verfahren Caroline v. Hannover v. D, 24.6.2004, NJW 2004, 2647 ff. und Jahn u.a. v. D, 22.1.2004, §§ 65 ff. NJW 2004, 923 ff. ("Bodenreform").

[70] Vgl. ohne Bezugnahme auf den EGMR-Ansatz auch bereits Erb GA 2000, 511, 522 ff.

[71] Vgl. statt vieler die Erwägungen des EGMR bei Pfeiffer u. Plankl v. AUT, Nr. 227, § 38.

[72] Vgl. m.w.N. BGH StV 2004, 115, 116; zu bedenken ist auch die Schweigepflicht des Verteidigers und die mangelnde Wahrheitspflicht des Angeklagten, die einen zuverlässigen Freibeweis faktisch verhindern.

[73] Zur Skepsis an der hinreichenden Pflichtenwahrnehmung BGH NJW 2004, 2536, 2538 f.; BGH NJW 2003, 3426, 3428; F.Meyer StV 2004, 41, 45; Rieß, Meyer-Goßner-FS, S. 645, 650/651; Kargl/Rüdiger NStZ 2003, 672, 674; Meyer-Goßner StraFo 2003, 401, 405; Schünemann NJW 1989, 1895, 1900 f.; auch Salditt StraFo 2004, 60 und Weider StraFo 2003, 406, 410: Verteidiger als Garant der Rechtskraft aus der Sicht des Gerichts. Siehe auch vor kurzem BGH HRRS 2004 Nr. 823!

[74] Vgl. BGH NJW 2004, 2536, 2538; Salditt StraFo 2004, 60, der auch eine Irreführung des Gerichts zur Aufgabe des Verteidigers gemacht sieht und die Gefahr benennt, dass der Mandant das Nachsehen haben wird.

[75] Vgl. etwa Schünemann NJW 1989, 1895, 1900 f.; Terhorst GA 2002, 600, 602, 606 f.; Schmitt GA 2001, 411, 425; Weigend, BGH-FS Wiss., S. 1011, 1012: geballte Interessenkonvergenz der beteiligten Juristen; Moldenhauer (Fn. 4), S. 214; Weider StV 2000, 540: Schulterschluss; Kargl/Rüdiger NStZ 2003, 672, 674; auch bereits Luhmann, Legitimation durch Verfahren (4. Aufl. 1997), S. 75 ff.: Kontaktsysteme. Erinnert sei auch das altbekannte Problem der bedenklichen Einschaltung des Gerichts bei der Bestellung des Pflichtverteidigers Sarstedt JR 1957, 470, 471; Schlothauer StV 1981, 443 f.

[76] Vgl. Ashworth, Criminal Process (2. Aufl. 1998), S. 77, 272, 275, 290 f.; 306; Uglow, Criminal Justice (2. Aufl. 2002), S. 218 f.: das Gericht und die (Staats-)Anwälte sind "the cast of the play", während der Angeklagte den "casual one-day actor" gibt: "it´s just another day´s work to them"; Bottoms/McClean, Defendants in the criminal process (1976), S. 231 f.; anschaulich Sanders/Young, Criminal Justice (2. Aufl. 2000), S. 395, 415 ff.; s. auch R. v. Smith and Beaney, Archb.News 1999, VI, S. 1; Archbold, Criminal Pleading, Evidence and Practice 2004, § 4-104; McConville/Hodgson/Bridges/Pavlovic, Standing Accused: The organisation and practices of criminal defence lawyers in Britain (1994), S. 70, 160, 189 ff., 252 ff., 271.

[77] Vgl. zu dieser in zahlreichen Kontexten bestätigte Grundauffassung des EGMR Nikula v. Finnland, Rep. 2002-II, § 45; m.w.N. Steur v. NL § 36 JR 2004, 339 ff. m. Anm. Gaede ; Barberà u.a. v. Spanien, Nr. 146, § 75: "It should be noted firstly that although under Spanish legislation it is to a certain extent left to the initiative of the parties to offer and present evidence, this does not absolve the court of first instance from its duty of ensuring that the requirements of Article 6 … of the Convention are complied with".

[78] Vgl. Cuscani v. GB, 24.9.2002, §§ 39 f. Die hier genannten Entscheidungen entstammen freilich anderen Kontexten, prägen jedoch gerade auch unter dem Eindruck des Art. 1 EMRK ein allgemeines Prinzip aus.

[79] Vgl. näher BGH StV 2004, 115, 117 ff.

[80] Vgl. BGH StV 2004, 115, 118; siehe auch zur "Gefahr der Überkompensation" BGH StV 2004, 196, 197.

[81] So suggeriert von BGH StV 2004, 115, 117 ff. und BGH StV 2004, 196, 197 f.; vgl. aber auch sehr optimistisch F.Meyer StV 2004, 41, 45: es würden mit der Anfrage bereits jetzt alle "Hintertüren" geschlossen.

[82] Vgl. Moldenhauer (Fn. 4), S. 235, 269: Umgehung jeglicher Verfahrensordnung durch Rechtsmittelverzicht.

[83] Vgl. BGH StV 2004, 4, 5 mit einem Anschluss an die erwägende Entscheidung BGHSt 45, 227, 233; dazu neigend Rieß NStZ 2000, 98, 99 f.; dafür F.Meyer StV 2004, 41, 44, der aber allein davon motiviert scheint, dass er die Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts nicht gegen den Willen des Rechtsinhabers gelten lassen will. Dieses Anliegen vermag aber nicht die Eignung der qualifizierten Belehrung als Problemlösung zu begründen.

[84] Vgl. BGH NJW 2004, 2536, 2539; BGH StV 2004, 196, 198; Satzger/Höltkemeier NJW 2004, 2487, 2489.

[85] Vgl. Fey v. AUT, Nr. 255-A, § 30: "the courts... must inspire confidence... above all... in the accused"; ebenso etwa Gregory v. GB, Rep. 1997-I, § 43; Sander v. GB, Rep. 2000-V, § 22; Archbold 2004 (Fn. 76), 4-32; vgl. auch Salditt ZStW 115 (2003), 570, 576: das Amt des Richters werde mit der Absprachenpraxis infiziert.

[86] Zu Art. 6 EMRK gilt die Maxime "justice must not only be done, it must also be seen to be done", vgl. Delcourt v. Belgien, Nr. 11, § 31; Campbell u. Fell v. GB, Nr. 80, § 81; Stavros (Fn. 67), S. 215; m.w.N. zur dem englischen Recht entlehnten Maxime auch Gaede HRRS 2004, 44, 51, 54.

[87] Vgl. so auch - mit freilich anderer Zielrichtung - BGH StV 2004, 196, 198.

[88] BGH NJW 2004, 2536, 2539; BGH StV 2004, 196 ff.: Alibifunktion; Moldenhauer (Fn. 4), S. 228 ff., 233; Satzger/Höltkemeier NJW 2004, 2487, 2489.

[89] Vgl. BGH NJW 2004, 2536, 2539; BGH StV 2004, 196, 198; Moldenhauer (Fn. 4), S. 228 ff., 233.

[90] BGH StV 2004, 115, 119.

[91] Etwa BVerfGE 57, 250, 280; BGHSt 22, 118, 122; grdl. zur Fürsorgepflicht Maiwald, Lange-FS, S. 745 ff.

[92] Vgl. so etwa KK-Pfeiffer (5. Aufl. 2003), Einl. Rn. 32; Müller-Dietz ZStW 93 (1981), 1177, 1239, 1253 ff.; kumulativ auch SK-Rogall (Fn. 57) Vor § 133 Rn. 110; LR-Rieß, StPO (25. Aufl. 1997 ff.), Einl. H Rn. 120; für die Ableitung aus dem fair trial allein u.a. Maiwald, Lange-FS, S. 745 ff., 754 ff., 763 f.

[93] Vgl. BGH StV 2004, 115, 119.

[94] St.Rspr.: Vgl. BGHSt 18, 257, 258; aA LR-Gollwitzer (Fn. 92), § 273 Rn. 21. Zwar ist der Rechtsmittelverzicht keine wesentliche Förmlichkeit im Sinne des § 273 Abs. 1 StPO (KK-Engelhardt[Fn. 92] § 274 Rn. 4; Meyer-Goßner StPO [47. Aufl. 2004], § 274 Rn. 9-11); nach BGHR StPO § 274 Beweiskraft 2 entfaltet ein einfacher Protokollvermerk über den Rechtsmittelverzicht keine absolute Beweiskraft im Sinne des § 274 StPO, spricht jedoch im Freibeweisverfahren uU entscheidend dafür, dass tatsächlich ein Rechtsmittelverzicht erklärt wurde. Umgekehrt wird man sagen müssen, dass ein solcher Vermerk gekoppelt mit einem Vermerk, dass der Vorsitzende aus Fürsorgegründen die Erklärung nicht entgegennahm, ausreichen müsste, um den Rechtsmittelverzicht als unwirksam anzusehen.

[95] Vgl. statt vieler Maiwald, Lange-FS, S. 745 ff.; siehe im Zusammenhang auch F.Meyer StV 2004, 41, 44.

[96] Jedoch dürfte es besonders gewissenhafte (vorsichtige) Gerichte geben, die, wenn sie eine Absprache treffen ohne auf den Rechtsmittelverzicht gedrängt zu haben, dem Angeklagten begrüßenswerter Weise nach der Urteilsverkündung nahe legen, zunächst keine Erklärung zum Rechtsmittelverzicht abzugeben.

[97] Vgl. BGH StV 2004, 4, 5.

[98] BGHSt 43, 195, 203 und 208: "Die so erfolgte Verständigung steht unter dem Vorbehalt, dass das später ergehende Urteil materiell- rechtlich zutreffend und unter Berücksichtigung aller Umstände vertretbar ist".

[99] Vgl. BGH NJW 2004, 2536, 2537 f.; BGH, Urt. v. 19. Aug. 2004 3 StR 380/03 = HRRS 2004 Nr. 816.

[100] BVerfG NStZ 1987, 419.

[101] BGHR StPO § 244 Abs. 6 - Beweisantrag 3, 30; BGH StV 2001, 436; 2001, 504; 1989, 465 mit krit. Anm. Schlothauer; vgl. auch BGH NStZ 2002, 656; 2003, 381; BGHR StPO § 244 Entscheidung 2 m.w.N.

[102] Vgl. die Widerspruchslösung bei Belehrungs- und Informationsrechten des Angeklagten (§ 136 Abs. 1 StPO), die nur unter der Voraussetzung der Geltendmachung durch einen Widerspruch in der Hauptverhandlung zum Verwertungsverbot führen, was u.A. auf die Disponibilität dieser Rechte zurückgeführt wird, BGHSt 38, 214, 225 ff.; BGHSt 42, 15, 22; aA etwa Heinrich ZStW 112 (2000), 398 ff.; Ventzke StV 1997, 543 ff.; m.umfangr. N. SK-Wohlers (Fn. 57) § 163a Rn. 80 f.

[103] Vgl. Basdorf StV 1995, 310, 318 f.; Ders. StV 1997, 488, 492 m.w.N.

[104] Der BGH geht davon aus, dass ein Verzicht auch durch konkludentes Verhalten möglich ist, vgl. für den Rechtsmittelverzicht etwa BGH, Beschl. vom 11.03.2003 - 1 StR 60/03. Allgemein setzte er voraus, dass der Erklärendein der Lage ist die Bedeutung der abgegebenen Prozesserklärung zu erkennen; vgl. BGH NStZ 1983, 280; 1984, 129; 1994, 181; darüber hinaus ist nach allgem. Rechtsgrundsätzen voraus des Verzichts stets, dass Verhalten des Berechtigten als Willensäußerung bewertet werden kann, dem ein Verzichtwille zugrunde liegt, was wiederum Kenntnis des Betroffenen rechts voraussetzt, siehe nur Palandt/Heinrichs 2004, § 242 Rn. 89.

[105] Der in der zivilrechtlichen Dogmatik des BGH zu § 242 BGB (Treu und Glauben) geprägten Begriff stellt einen Fall der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens dar; nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist ein Recht verwirkt, wenn der Berechtigten längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und der verpflichtete ich nach den gesamten Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und auch eingerichtet hat, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde; im Gegensatz zum Verzicht ist die Verwirkung vom Willen des Berechtigten unabhängig, vgl. BGHZ 43, 292; BGHZ 84, 281; BGHZ 105, 298. Dieser allgemeine Rechtsgrundsatz soll gemäß BVerfGE 32, 305, 308/309 auch im Strafverfahren anwendbar sein. Die Strafsenate des BGH gehen von der Verwirkung einer Revisionsrüge aus, wenn ein gezielt auf die - vorsorgliche - Schaffung eines Revisionsgrundes gerichtetes Verhalten gegeben ist und wenn dies in einer dem Angeklagten zurechenbaren Weise erfolgt ist, weil dann die Zulässigkeit der Rüge unter dem Gesichtspunkt arglistigen (rechtsmißbräuchlichen) Vorgehens beeinflusst sei, vgl. dazu BGHSt 24, 280, 283; 22, 83, 85; 15, 306, 308; 10, 77; BGH, Beschl. vom 11.03.1997 - 5 StR 77/97; W. Schmid, Die Verwirkung von Verfahrensrügen im Strafprozeß (1967), S. 53, 67 ff., 336 ff.; Weber GA 1975, 289, 302 f.; Maatz NStZ 1992, 513, 514 f., 516; Widmaier NStZ 1992, 519, 521 f.; Basdorf StV 1997, 488, 492.

[106] Vgl. BGH, Beschl. vom 20. April 2004 - 5 StR 11/04, S. 6 f. = HRRS 2004 Nr. 531.

[107] BGH, StV 2004, 115, 119.

[108] Nach dem Gesetz (§ 267 Abs. 1 S. 2 StPO) sind die Indiztatsachen, aus denen für erwiesen erachtete Tatsachen gefolgert werden, anzugeben. Nach st.Rspr. wird diese Verpflichtung dahin erweitert, dass die Einlassung des Angeklagten mitzuteilen und unter Berücksichtigung aller erhobenen Beweise erschöpfend zu würdigen ist (BGH MDR 1974, 548; BGH NJW 1980, 2423; BGH StV 1984, 64), wobei naheliegendes Verteidigungsvorbringen abgehandelt und sich aufdrängende Beweisumstände erörtert werden müssen (BGH NStZ 1984, 212) sowie zahlreiche erhöhte Würdigungsanforderungen bei besonderen Beweissituationen gelten (vgl. zusf. Meyer-Goßner[Fn. 94] § 267 Rn. 12/13 m.w.N. zur Rechtsprechung). Bei gemäß § 267 Abs. 4 S. 1 StPO abgekürzten Urteilen wird - da bzgl. des Schuldspruchs allein die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden und das angewendete Strafgesetz angegeben werden müssen (vgl. § 267 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1 StPO), nicht aber die Beweiswürdigung (Kröschel/Meyer-Goßner, 23. Aufl. (1988), S. 200) - die Beweiswürdigung nicht selten völlig weggelassen oder in einer formelhaften und verkürzten Weise dargestellt, die von vornherein den geschilderten Ansprüchen nicht genügen kann.

[109] Vgl. BGH MDR 1990, 490; Meyer-Goßner (Fn. 94), § 267 Rn. 30 m.w.N.; zu Recht verweist 1. Strafsenat auch darauf, dass eine Ergänzung faktisch nach Jahr und Tag mangels plastischer Erinnerungen der Richter und der Vernichtung von Aufzeichnungen und Notizen selten praktikabel sein dürfte, BGH StV 2004, 115, 119.

[110] Die Sichtweise des fünften Strafsenats könnte auch darauf hinauslaufen, dass das abgesprochene Urteil nachträglich - wie dies bei Wiedereinsetzung in die Rechtsmittelfrist der Fall ist (§ 267 Abs. 4 Satz 3 StPO) - innerhalb der Frist des § 275 StPO nach Maßgabe des § 267 Abs. 1 bis 3 StPO begründet werden dürfte, obwohl nach ständiger Rechtsprechung die Vorschrift für den Fall, dass das Gericht irrtümlich von der Rechtskraft des Urteils ausgeht, nicht anwendbar sein soll, vgl. BGH MDR 1990, 490; BayObLG NJW 1981, 2589; BayObLG NJW 1991, 105; KG VRS 1982, 135; OLG Celle StV 1997, 402; OLG Stuttgart MDR 1984, 74; abw. aber BGH NStZ-RR 2002, 261; LR-Gollwitzer (Fn. 92), § 267 Rn. 145; Rieß NStZ 1982, 445.

[111] Vgl. zu den USA Schumann, Der Handel mit der Gerechtigkeit (1977), S. 109 f.; 157-171 und etwa m.w.N. die Darstellung bei Saltzburg/Capra, American Criminal Procedure (6. Aufl. 2000), S. 959 ff., 973 ff., die zeigt, dass selbst hier die Prüfungsanforderungen tendenziell gesteigert, nicht hingegen zurückgenommen werden.

[112] Statt aller KK-Diemer (Fn. 92), GVG § 169 Rn. 1, 2 m.w.N. zur Rspr.

[113] Statt aller BGHSt 34, 209, 210; KK-Herdegen (Fn. 92), § 244 Rn. 18-20 m.w.N.

[114] Vgl. KK-Schoreit (Fn. 92), § 261 Rn. 1, 2 m.w.N.; Meyer-Goßner (Fn. 94), § 261 Rn. 5, 6 m.w.N.

[115] Vgl. Sarstedt/Hamm, Die Revision in Strafsachen, 6. Aufl. (1998) Rn. 1084 m.w.N.; Jescheck JZ 1952, 401.

[116] Vgl. Rübenstahl GA 2004, 33, 41 m.w.N.

[117] BGH, Beschl. vom 9. Juni 2004 - 5 StR 579/03, S. 10 ff, 12 = HRRS 2004, Nr. 688 ; BGH StV 2002, 637, 639; vgl. auch zum - analog zu behandelnden - unangemessenen Einsatz von Untersuchungshaftvollzug bei Verständigungen BGH, Beschl. vom 20. April 2004 - 5 StR 11/04 = HRRS 2004, Nr. 531.

[118] Vgl. 5. Strafsenat a. a. O. S. 12 = HRRS 2004, Nr. 688: "... dürfen die vom Gericht ernsthaft aufgezeigten Strafgrenzen nicht so weit auseinanderfallen, dass die Willensfreiheit des Angeklagten ungebührlich beeinträchtigt wird..... Dieses Vorgehen kann nur noch als massives Druckmittel zur Erwirkung eines verfahrensverkürzenden Geständnisses verstanden werden;... ". Zwar ist nicht ausdrücklich von § 136a StPO die Rede, sondern lediglich von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK, das Zitat spricht jedoch für sich; vgl. nunmehr explizit zu § 136a Abs. 1 Satz 3 StPO: BGH, Beschl. vom 16. Sept. 2004 - 4 StR 84/04, S. 8 ff.

[119] A. a. O.; der erste Strafsenat folgt einem ähnlichen Ansatz, vgl. BGH StV 2004, 115, 117.

[120] Vgl. allg. Schünemann, Gutachten B zum 58. DJT (1990), B 27 ff m. w. N.; Schumann (Fn. 111), S. 102 ff. (für die USA); vgl. auch die Nachw. in Fn. 73-76.

[121] Vgl. Schünemann und Schumann (vorherige Fn.).

[122] Vgl. BVerfG NJW 1991, 351; BVerfG NJW 1994, 1856; BGHSt 14, 306, 308; BGH NJW 1994, 3112; Fezer StV 1997, 57, 58; SK-Wohlers (Fn. 57) § 352 Rn. 14; aA etwa Basdorf StV 1997, 488.

[123] Siehe BGHSt 43, 195, 204 ff.; vgl. schon BVerfG NStZ 1987, 419.

[124] Auch wenn formal - insbesondere für das Protokoll - eine bloße Höchststrafe vereinbart wird, vgl. nur Schmitt GA 2001, 411 ff.

[125] Statt aller BGHSt 43, 195, 204 ff.: Danach kann bindend lediglich eine Höchststrafe vereinbart werden, die vom Gericht nach Maßgabe der dem Inbegriff der Hauptverhandlung (§ 261 StPO), auch aufgrund von durch die richterliche Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) veranlassten weiteren Beweiserhebungen, zu entnehmenden Strafzumessungstatsachen schuldangemessen (§ 46 StGB, Art. 3 Abs. 1 GG) unterschritten werden kann und - gegebenenfalls - werden muss; wie schon die Erwähnung des Amtsaufklärungsprinzips zeigt, darf danach auch ein Freispruch, etwa bei einem erkennbar falschen Geständnis, nicht von vornherein ausgeschlossen werden.

[126] BGHSt 43, 195, 210 ("ist das Gericht daran gebunden"); BGH NJW 2003, 1404 [4. Strafsenat] ("Durch die...protokollierte Angabe einer Strafobergrenze hat es [das Gericht] bei dem Angeklagten einen Vertrauenstatbestand geschaffen"); vgl. auch BGH NStZ 2002, 219.

[127] RGSt 45, 196; RGSt 54, 126; BGH MDR 1977, 1984; vgl. auch Meyer-Goßner (Fn. 94), § 254 Rn. 2; KK-Pfeiffer (Fn. 92), Einl. Rn. 29g.

[128] Ein Verteidiger könnte uU, wenn nur Streit über das anwendbare Strafgesetz besteht, eine der Schadensbegrenzung dienende Absprache mit dem Gericht über eine möglichst milde Höchststrafe gegen vollständige und wahrheitsgemäße - bzw. dem Anklagesatz entsprechende - Einlassungen zur Sache treffen, für den Fall, daß seine auf Freispruch aus Rechtsgründen oder die Anwendung eines milderen Tatbestand zielende rechtliche Argumentation das Gericht nicht überzeugt. Dann besteht hinsichtlich des Schuldspruchs von vornherein kein schützenswertes Vertrauen zu Gunsten des Gerichts oder der Staatsanwaltschaft, selbst wenn auf Initiative des Gerichts mißbräuchlich ein Rechtsmittelverzicht vereinbart wird.

[129] BGHSt 43, 195, 211: gerade wegen dieser unzulässigen Bindung war die vereinbarte Punktstrafe aufzuheben.

[130] Siehe BVerfG NStZ 1987, 419.

[131] Vgl. statt vieler KK-Pfeiffer (Fn. 92), Einl. Rn. 29g: "Ziel".

[132] Vgl. hierzu und zur nicht tragfähigen Argumentation des zweiten Strafsenats oben II. 1.

[133] BVerfG NStZ 1987, 419; vgl. BVerfGE 57, 250, 275; im Hintergrund steht auch die Verwirklichung des materiellen Schuldprinzips (Art. 3 Abs. 1 GG), welche einen zutreffenden Sachverhalt voraussetzt.

[134] Statt aller BGH NJW 1980, 2423.

[135] Statt aller BGHR StPO § 261 Vermutung 8, 11 m. w. N.; BGH StV 1995, 453.

[136] Vgl. BGH NStZ 1988, 236; 1990, 28; 1999, 153; Rieß GA 1978, 257 ff.

[137] Stellvertretend vgl. nur BVerfG NJW 2003, 2444, 2445.

[138] Vgl. BGHSt 43, 195, 204; KK-Pfeiffer (Fn. 92), Einl. Rn. 29g: die erforderliche Überprüfung der Glaubwürdigkeit des Geständnisses erfordert in der Regel Ausführungen in den Urteilsgründen; enger BGH NStZ 1999, 93 [2. StR]: Erörterungspflicht bzgl. der Glaubhaftigkeit des Geständnisses nur bei Zweifel an der Richtigkeit. Unstrittig genügt es auch wegen § 261 StPO nicht, wenn sich aus Urteil und Protokoll allein ergibt, dass der Angeklagte den Vorwürfen der Anklage nicht entgegentreten sei bzw. die ihm vorgeworfenen Taten einräume, wenn keine (geständige) Einlassung zur Sache ersichtlich ist, vgl. BGH HRRS 2004 Nr. 538.

[139] Implizit aber eindeutig BGH NStZ 1999, 93; unklar BGHSt 43, 195, 204; aA ["in der Regel nicht einziges Beweismittel"]Kuckein, Meyer-Goßner-FS, S. 71; Meyer-Goßner (Fn. 94), Einl. Rn. 119g. Wo dies nicht geht, etwa wenn ein Irrtum des Geschädigten (§ 263 StGB) oder sonstige Tatbestandsmerkmale, über die nur dritte zuverlässig Auskunft geben können, zu belegen ist, könnte es ausreichen, auf die Verlesung der entsprechenden Urkunden bzw. auf die Vernehmung entsprechender Zeugen zu verweisen.

[140] Vgl. BGHSt 48, 161 ff [1. StR]; BGH HRRS 2004 Nr. 531; BGH HRRS 2004 Nr. 688.

[141] Vgl. insb. bereits BGH StV 1991, 452; 1993, 97/98; 1997, 110 und im übrigen Meyer-Goßner (Fn. 94), § 261 Rn. 11a m. w. N. zur Rechtsprechung.

[142] BGH NJW 2004, 2536, 2539.

[143] BGH StV 2004, 196, 197.

[144] BGH NJW 2003, 3426, 3427.

[145] Es sei denn, es treten schuldmindernde Gesichtspunkte im nennenswerten Umfang hinzu, insbesondere durch eine wesentliche weitere Verlängerung des Verfahrens, vgl. BGH NJW 1999, 1198; eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK) kann durch die erfolgreiche Revision des Angeklagten als besonderer Strafzumessungsgrund aber jedenfalls in der Regel nicht zustande kommen, BGH NStZ 2001, 106; vgl. aber auch Gaede wistra 2004, 166, 174.

[146] Meyer-Goßner (Fn. 94), GVG § 146 Rn. 2, 3 ff.

[147] Allgemein zur nicht parteiisch motivierten Rechtsmittelbefugnis der Staatsanwaltschaft m.w.N. Wohlers, Entstehung und Funktion der Staatsanwaltschaft (1994), S. 278 ff.; Meyer-Goßner (Fn. 94), Vor § 296 Rn. 16.

[148] Vgl. OLG Stuttgart MDR 1974, 1393, 1395; LR-Rieß (Fn. 92), Einl. I Rn. 53 ff.; Meyer-Goßner (Fn. 94), Vor § 296 Rn. 16; Peters, Strafprozeß (4. Aufl. 1984), S. 101 f.; m.w.N. SK-Wohlers (Fn. 57), § 160 Rn. 37.

[149] BGH bei Steffen, DRiZ 1972, 153, 154; Kuhlmann DRiZ 1976, 1, 13; SK-Wohlers (Fn. 57), § 160 Rn. 37.

[150] Vgl. Meyer-Goßner (Fn. 94), GVG vor § 141 Rn. 8; RGSt 60, 190; Wohlers (Fn. 147), S. 223 ff., 269 ff.

[151] Vgl. BGHSt 20, 266; BGHSt 24, 133; BGHSt 29, 321; siehe auch Wohlers (Fn. 147), S. 280 ff.: Maßstab der Erreichung des Verfahrensziels.

[152] BGHSt 7, 28; BGHSt 7, 89; BGHSt 10, 263; BGHSt 20, 266; BGHSt 29, 320; BGH wistra 1988, 345.

[153] St.Rspr. vgl. BGHSt 34, 349; BGH NStZ 1998, 188; BGH NStZ 2001, 333. Zum Frage der Bindung der Staatsanwaltschaft an höchstrichterliche Rspr. vgl. freilich m.w.N. Beulke (Fn. 46), Rn. 89 f.

[154] Vgl. zur st.Rspr. des BGH zum Regelfall etwa BGHSt 27, 4; BGH NStZ 83, 217; eine im Durchschnitt der gewöhnlicher Weise vorkommenden Fälle liegende Tat kann danach nicht mit einer über die Mitte des Strafrahmens liegenden Strafe geahndet werden (vgl. BGHR § 46 Abs. 1 Durchschnittsfall 2; BGHSt 34, 360). Eine strafschärfende Berücksichtigung generalpräventiver Erwägungen ist nur mit erheblichen Einschränkungen zulässig, vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl. 2004, § 46 Rn. 11 m. w. N. zur Rechtsprechung.

[155] Vgl. BGHSt 7, 32.

[156] Vgl. zur hiesigen Zustimmung im Einzelnen oben II. 2 und 3. Für die fehlende Übertragbarkeit auch bereits Schröder StraFo 2003, 412, 416.

[157] Vgl. erneut m.w.N. oben II. 2 und 3.

[158] Vgl. zum Problem der Befangenheit des Staatsanwalts m.w.N. Tolksdorf, Mitwirkungsverbot für den befangenen Staatsanwalt (1989); Wohlers (Fn. 147), S. 286 ff.; SK-Rudolphi (Fn. 57), Vor § 22 Rn. 18 ff.

[159] BGHSt 24, 170, 171.

[160] Meyer-Goßner (Fn. 94), GVG vor § 141 Rn. 3, 7 m.w.N.

[161] BGHSt 19, 377, 382; RGSt 20, 40; Meyer-Goßner (Fn. 94), GVG § 144 Rn. 2; KK-Schoreit (Fn. 92), GVG § 144 Rn. 3; Katholnigg, Strafgerichtsverfassungsrecht, 3. Aufl. (1999), GVG § 144 Rn. 2.

[162] Vgl. BGHSt 46, 257 m.w.N.

[163] Allein aus einer enttäuschten Erwartung könnte jedenfalls keine Unwirksamkeit hergeleitet werden, vgl. auch BGH wistra 2002, 108.