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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Aug./Sept. 2025
26. Jahrgang
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1. Hat der Täter vorrätig gehaltenes Cannabis teilweise zur gewinnbringenden Veräußerung und teilweise für den Eigenkonsum bestimmt, scheidet ein Schuldspruch wegen Besitzes von Cannabis neben dem Handelsdelikt unter konkurrenzrechtlichen Gesichtspunkten aus, wenn die Eigenkonsummenge für sich gesehen keine der die Strafbarkeit regelnden Grenzen überschreitet. (BGHSt)
2. Bei der Einziehung von Cannabis als Tatobjekt muss eine dem Eigenkonsum des Täters oder Teilnehmers dienende Teilmenge, die für sich betrachtet die straffreien oder erlaubten Besitzmengen wahrt, nicht ausgenommen werden. (BGHSt)
3. Die Strafbarkeit des Besitzes von Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG ist in den Fällen, in denen vorrätig gehaltenes Cannabis sowohl zum Handel als auch für den Eigenkonsum bestimmt ist, gesondert anhand der dem Eigenkonsum dienenden Teilmenge zu beurteilen. Auf die Gesamtbesitzmenge kommt es insoweit nicht an. Zwar besitzt der Täter das gesamte Cannabis. Das Handeltreiben mit Cannabis verdrängt aber dessen Besitz, soweit die Handelsmenge reicht. Daher richtet sich die Beurteilung, ob daneben eine – allein die Überschreitung der gesetzlichen Schwellenwerte erfassende – Strafbarkeit wegen Besitzes von Cannabis vorliegt, nach der Eigenkonsummenge. Diese ist im Ergebnis gesondert dahin zu betrachten, ob sie eine für sich genommen tatbestandsmäßige Mehrmenge über die Grenzen des § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG hinaus umfasst. Entsprechendes gilt für sonstige Cannabismengen, die von keiner anderen Tatvariante des § 34 KCanG erfasst werden. (Bearbeiter)
4. Der „Besitz“ von Cannabis ist ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis verbunden mit einem (Eigen- oder Fremd-)Besitzwillen, der darauf gerichtet ist, sich die ungehinderte Einwirkung auf die Sache zu erhalten. Dieses Verständnis deckt sich mit jenem im Rahmen des Betäubungsmittelgesetzes, an dessen Begrifflichkeiten der Gesetzgeber die Tathandlungen des Konsumcannabisgesetzes ausdrücklich angelehnt hat.
5. Die Besitzstrafbarkeit für Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG knüpft – anders als der auf den Eigenkonsum zielende § 3 Abs. 1 KCanG – an den Begriff des Besitzes an, ohne nach dessen Grund oder Zweck zu differenzieren. Für die Besitzstrafbarkeit kommt es auf die der Sachherrschaft des Betroffenen zugrundeliegende Motivlage nicht an. Nach diesen Maßgaben besitzt der Täter gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG sowohl eine Cannabismenge, die er zum Handeltreiben vorgesehen hat, als auch eine zugleich verfügbare Eigenkonsummenge. (Bearbeiter)
6. Im Betäubungsmittelstrafrecht verwirklicht selbst der gleichzeitige Besitz verschiedener Betäubungsmittel – auch bei getrennt vorgehaltenen Mengen – den Tatbestand des Besitzes von Betäubungsmitteln nur einmal. Es liegt materiellrechtlich keine gleichartige Tateinheit, sondern eine einzige Besitzstraftat vor. Für den Besitz von Cannabis nach § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG gilt angesichts des an das Betäubungsmittelgesetz angelehnten Begriffsverständnisses das Gleiche. (Bearbeiter)
7. Das Tatgericht hat zu klären, ob und in welchem Umfang das – gegebenenfalls vermengt – besessene Cannabis einerseits dem Handeltreiben und andererseits dem Eigenkonsum diente. Hiervon entbindet auch der Umstand nicht, dass § 34 Abs. 1 KCanG für den Besitz von Cannabis (Nr. 1) den gleichen Strafrahmen wie für das Handeltreiben mit diesem Stoff (Nr. 4) vorsieht. Denn im Verhältnis zu anderen (spezielleren) Begehungsformen des § 34 Abs. 1 KCanG hat der strafbare Besitz von Cannabis einen geringeren Unwertgehalt. Daher wirken sich die zum gewinnbringenden Verkauf und für den Eigenkonsum bestimmten Teilmengen sowie ihr Verhältnis zueinander sowohl bei der rechtlichen Einordnung des Sachverhalts als auch bei der Gewichtung der Taten im Rahmen der Strafzumessung aus. (Bearbeiter)
8. Soweit die Handelsmenge reicht, verdrängt der Tatbestand des Handeltreibens mit Cannabis nach § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG deren Besitz gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a oder b KCanG. Der Auffangtatbestand des Besitzes von Cannabis geht in der spezielleren Tatvariante des täterschaftlichen Handeltreibens mit Cannabis auf, dessen Teilakt er ist. Hingegen besteht zwischen dem Handeltreiben mit Cannabis und einem strafbaren Besitz der Eigenkonsummenge Tateinheit nach § 52 Abs. 1 StGB. (Bearbeiter)
9. Das materiellrechtliche Nebeneinander der Handels- und der Besitzstrafbarkeit erfordert allgemeinen konkurrenzrechtlichen Grundsätzen entsprechend eine Betrachtung, die eigenständig an die Handelsmenge auf der einen sowie an die Eigenkonsummenge auf der anderen Seite anknüpft. Eine Addition beider (Gewichts-)Mengen kommt ungeachtet des tateinheitlichen Zusammentreffens nicht in Betracht. Dies kann dazu führen, dass das dem Eigenkonsum dienende Cannabis keine strafbare Besitzmenge umfasst und daher ein Schuldspruch wegen Besitzes von Cannabis neben dem Handelsdelikt ausscheidet. (Bearbeiter)
10. Ein solches Ergebnis ist nicht zugunsten einer „Gesamtbetrachtung“ von Handels- und Eigenkonsummenge korrekturbedürftig, sondern entspricht der Grundkonzeption des § 34 KCanG. Eine „Gesamtbetrachtung“ ist auch in den Fällen nicht angezeigt, in denen erst das Gesamtgewicht von zu verschiedenen Zwecken in Besitz gehaltenen Cannabismengen die Sanktionsgrenzen des § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG überschreitet. Für eine solche Durchbrechung der aufgezeigten Maßgaben fehlt es an einer inneren Rechtfertigung. Insbesondere ist die Konstellation nicht mit der Rechtslage bei § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG vergleichbar. Zur sachgerechten Abbildung des Unrechtsgehalts ist es ebenfalls nicht geboten, eine tateinheitliche Verurteilung wegen Besitzes von Cannabis in den Schuldspruch aufzunehmen, wenn die Eigenkonsummenge – anders als die Gesamtmenge unter Einbeziehung der Handelsmenge – hinter den Sanktionsgrenzen des § 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und b KCanG zurückbleibt. Vielmehr bildet das Handeltreiben mit Cannabis den Schuldumfang zutreffend ab, wenn der weitergehende Besitz die Sanktionsgrenze des § 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a KCanG unterschreitet. (Bearbeiter)
11. Nach der vom Gesetzgeber gewählten Regelungstechnik knüpft die Sanktionierung wegen eines Verstoßes gegen das Besitzverbot – insoweit im weitgehenden Einklang mit den Erlaubnistatbeständen nach § 2 Abs. 3, § 3 KCanG – an Mehrmengen an. Denn die Strafnorm nennt nicht anders als die Bußgeldnorm des § 36 Abs. 1 Nr. 1 KCanG absolute Gewichtsmengen, deren Überschreitung („mehr als“) den Tatbestand des verbotenen Besitzes von Cannabis (erst) erfüllt. Die betroffene Person missachtet das strafbewehrte Besitzverbot daher nur insoweit, als die Cannabismenge die Sanktionsschwellen des § 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a oder b KCanG übersteigt. Gleiches gilt für den Besitz von Cannabispflanzen (§ 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c KCanG). Allein im Besitz dieser überschießenden Menge liegt das tatbestandsmäßige Handeln des Täters. Das Maß, in dem die strafrechtlichen Sanktionsschwellen überschritten sind, bestimmt damit den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat. (Bearbeiter)
12. Im Sinne des § 37 KCanG sind Gegenstände, auf die sich eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit nach dem Konsumcannabisgesetz (§§ 34, 36 KCanG) bezieht, Sachen oder Rechte, die notwendiges Objekt oder notwendiger Beziehungspunkt der tatbestandlichen Handlung sind. Erfasst wird in erster Linie das Cannabis selbst, mithin nach § 1 Nr. 4, 5 und 8 KCanG insbesondere die Cannabispflanzen und -pflanzenteile einschließlich der getrockneten Blüten und blütennahen Blätter (Marihuana) sowie das aus Cannabispflanzen abgesonderte Harz (Haschisch). (Bearbeiter)
13. Die Voraussetzungen für die Einziehung von Cannabis als Tatobjekt beziehen sich auf konkrete Gegenstände, die in einem gesetzlich definierten Verhältnis zu einer der tatrichterlichen Kognitionspflicht unterliegenden Tat stehen, und sind nicht an abstrakte Mengenangaben geknüpft. Die Einziehung erstreckt sich insoweit auf einzelne Sachen, nicht auf gedanklich umrissene – unverkörperte – Bruchteile von ihnen. Sie bewirkt den Übergang des Eigentums (§ 75 Abs. 1 StGB), hat also eine bürgerlich-rechtliche Folge. Auch ihr Umfang bemisst sich daher grundsätzlich nach zivilrechtlichen Begriffen. Besitzt etwa der Täter eine Haschischplatte oder einen Beutel mit Marihuana, die er je zur Hälfte zur gewinnbringenden Veräußerung und für den Eigenkonsum vorgesehen hat, sind die Platte als einheitliche Sache und der Beutelinhalt als – dieser gleichgestellte – Sacheinheit (vgl. § 948 BGB) notwendiger Gegenstand des Handeltreibens mit Cannabis. Ohne Rücksicht auf § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG unterliegt damit hier beides nach § 37 KCanG der Einziehung schon als jeweiliges Tatobjekt der Straftat gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG. Auch die Cannabisblüten sind in einem solchen Fall unselbständige Stücke jener Einheit, die durch ihre Vermengung begründet ist. Dass sich die Strafbarkeit des Besitzes von Cannabis – ebenso wie die wegen dessen Erwerbs oder Entgegennahme gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 12 KCanG – nach bestimmten Gewichtsmengen richtet, ist insoweit nicht bedeutsam. (Bearbeiter)
14. In einem Behältnis aufbewahrtes Marihuana ist ebenso wenig teilweise ausscheidbar. Auch getrennt verwahrte Cannabiseinheiten, die insgesamt zur Besitzstrafbarkeit führen, sind allesamt Tatobjekte, selbst wenn jede oder einzelne von ihnen für sich gesehen den Besitztatbestand nicht erfüllen. Ferner gehen kleinere Einheiten (z.B. 10 Gramm Marihuana) ebenfalls in das jeweilige Maß der Grenzwertüberschreitung ein, wenn sie neben für sich strafbewehrten Einzelmengen (z.B. 100 Gramm Haschisch) besessen werden. Gleiches gilt für den Besitz von Cannabispflanzen. Eine Handhabe, einzelne Cannabismengen oder -pflanzen auszunehmen, sieht das Einziehungsrecht im Rahmen seiner Anordnungsvoraussetzungen nicht vor. (Bearbeiter)
15. Die zum Eigenkonsum bestimmte Teilmenge ist auch dann nicht in Höhe der straffreien oder der verwaltungsrechtlich zulässigen Mengen gleichsam einziehungsfest, wenn der Täter (nur) des Besitzes von Cannabis schuldig ist. (Bearbeiter)
16. Auch verdrängte Strafvorschriften sind zu berücksichtigen, soweit auf sie Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB gestützt werden können. Denn die Verwirklichung eines schwereren Delikts darf den Täter nicht begünstigen. (Bearbeiter)
17. Von der Einziehung müssen auch dann keine Teilmengen ausgenommen werden, wenn der Täter einen Handelsbestand und zusätzlich eine Eigenkonsummenge, welche die Sanktionsgrenze des § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG nur zusammen mit jenem überschreitet, getrennt voneinander aufbewahrt (etwa in verschiedenen Behältnissen). Obwohl der Täter hier nicht des – konkurrenzrechtlich verdrängten – Besitzes von Cannabis schuldig zu sprechen ist, bezieht sich eine solche Strafbarkeit nach § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG auf den gesonderten Eigenkonsumvorrat. Die über den Handelsbestand hinausgehende Einziehung kann sich auf die Besitzstrafbarkeit des Täters stützen, die unter Einbeziehung dieses Bestandes der Sache nach vorliegt. Die konkurrenzrechtliche Betrachtung, die zu einem Schuldspruch allein wegen des Handelsdelikts führt, ist hinsichtlich der Einziehung von Tatobjekten irrelevant. Vielmehr kommt dem verdrängten Tatbestand des Besitzes von Cannabis(pflanzen) nach § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG neben einer Tatvariante wie dem Handeltreiben mit Cannabis eine „Fortwirkung“ für die Einziehung als Nebenfolge zu. (Bearbeiter)
18. Für die Einordnung der gesamten (Eigen- oder Fremd-)Besitzmenge als Tatobjekt ist nicht danach zu differenzieren, ob und inwieweit verwaltungsrechtliche Erlaubnistatbestände greifen. Das Einziehungsrecht kennt kein Erfordernis, dass der Umgang mit dem Tatobjekt als solches nichtstrafrechtlichen Verbotsnormen zuwiderläuft. Maßgeblich sind ein das Tatobjekt betreffendes rechtswidriges Verhalten des Tatbeteiligten und entweder – von § 74a StGB abgesehen – sein Verschulden und sein Eigentum beziehungsweise seine Rechtsinhaberschaft oder die Gefährlichkeit des Gegenstandes. Liegen diese Voraussetzungen vor, so kann mit der Tatobjekteinziehung auf das legale Vermögen des Täters zugegriffen werden. (Bearbeiter)
19. Im Anschluss an die Bestimmung der Tatobjekte hat das Tatgericht das ihm nach § 37 KCanG zustehende Ermessen auszuüben und zu prüfen, ob ihre Einziehung verhältnismäßig ist. In den Erlaubnistatbeständen liegt nach dem zuvor Ausgeführten noch kein hinreichender Grund, von der Einziehung des Cannabis insoweit teilweise abzusehen. Vielmehr hat das Tatgericht im Einzelfall darüber zu befinden, ob dem Betroffenen eine besessene Eigenkonsummenge zu belassen und daher lediglich eine Teileinziehung (§ 74f Abs. 1 Satz 5 StGB) anzuordnen ist. Die auf § 37 KCanG gestützte Einziehungsanordnung wird jedoch in der Regel keinen besonderen Darlegungsanforderungen unterliegen, wenn vorgehaltenes Cannabis nicht nur teilweise, sondern vollständig eingezogen wird. (Bearbeiter)
1. Unrichtige Angaben in einer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (§ 181 Abs. 2 Nr. 1 AO) und solche in einer denselben Veranlagungszeitraum betreffenden Einkommensteuererklärung (§ 25 Abs. 1 EStG, § 56 EStDV) sind auch dann eigenständige Taten im materiellen wie im prozessualen Sinn, wenn die unrichtigen Angaben in beiden Erklärungen dieselben Besteuerungsgrundlagen betreffen und der nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO ergangene Grundlagenbescheid gemäß § 182 Abs. 1 Satz 1 AO Bindungswirkung für die Einkommensteuerveranlagung entfaltet. Dasselbe gilt für das Verhältnis der Taten zueinander, wenn Erklärungen pflichtwidrig nicht abgegeben worden sind. (BGHSt)
2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist der in der Feststellung unrichtiger Besteuerungsgrundlagen mit Bindungswirkung (§ 182 Abs. 1 Satz 1 AO) liegende Vorteil ein solcher spezifisch steuerlicher Art, der auf dem Tätigwerden der Finanzbehörde beruht, und damit nicht gerechtfertigter Steuervorteil im Sinne des § 370 Abs. 1 AO. (Bearbeiter)
3. Sofern der Steuerpflichtige in seiner Einkommensteuererklärung ausschließlich steuererhebliche Tatsachen in dem Umfang unrichtig oder unvollständig mitteilt, wie er es bereits in seiner Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen getan hat, stellt dies eine mitbestrafte Nachtat dar. (Bearbeiter)
4. Erklärt der Steuerpflichtige in seiner Einkommensteuererklärung andere steuererhebliche Tatsachen unrichtig oder unvollständig, so macht er sich einer weiteren Tat der Steuerhinterziehung schuldig. Dem Umstand, dass dem Tatunrecht bereits partiell durch die Ahndung einer anderen Tat Genüge getan worden ist oder wird, kann auf der Strafzumessungsebene Rechnung getragen werden. (Bearbeiter)
5. Folgt die Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen zeitlich der Einkommensteuererklärung nach, so kann die unrichtige oder unvollständige Einkommensteuererklärung unter den vorgenannten Voraussetzungen als Vortat mitbestraft sein. Denn mit Blick auf die Bindungswirkung eines späteren Feststellungsbescheids liegt insoweit – ähnlich einer Umsatzsteuervoranmeldung – im Ergebnis eine Steuerverkürzung auf Zeit vor. (Bearbeiter)
1. In der Geltendmachung einer Forderung kann eine konkludente Täuschung über Tatsachen liegen, wenn mit dem Einfordern der Leistung ein Bezug zu einer unzutreffenden Tatsachenbasis hergestellt oder das Vorliegen eines den Anspruch begründenden Sachverhalts behauptet wird (vgl. BGH NStZ 2023, 37, 38; NJW 2019, 1759). Im Zusammenhang mit der Geltendmachung einer Forderung erwartet der Rechtsverkehr in erster Linie eine wahrheitsgemäße Darstellung, soweit die Tatsache wesentlich für die Beurteilung des Anspruchs ist und der Adressat sie aus seiner Situation nicht ohne Weiteres überprüfen kann (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2024 ‒ 5 StR 498/23, Rn. 35). Liegen keine Besonderheiten vor, kann das Tatgericht regelmäßig von allgemein verbreiteten, durch die Verkehrsanschauung und den rechtlichen Rahmen bestimmten Erwartungen auf den tatsächlichen Inhalt konkludenter Kommunikation schließen (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2006 – 5 StR 181/06, Rn. 19 ff. mwN). In diesem Sinne konkludent täuscht ein Täter, der gegenüber einem Leistungsträger tatsächlich erbrachte Leistungen abrechnet, ohne hierzu berechtigt zu sein (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2017 – 1 StR 535/16, Rn. 4; Beschluss vom 16. Juni 2014 – 4 StR 21/14, NStZ 2014, 640, 641).
2. Die Leistungserbringung unter der ständigen Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft ist nicht nur für die „Zulassung“ eines Leistungserbringers, also für den Abschluss eines Versorgungsvertrags mit den Kranken- und Pflegekassen, sondern auch für die Abrechnungsfähigkeit der Pflegeleistungen von besonderer Bedeutung. Sie setzt voraus, dass sie die Pflegeleistungen zumindest in ihren Grundzügen selbst festlegt, ihre Durchführung organisiert und angemessen überwacht (vgl. BSGE 103, 78 Rn. 15, 17 zu § 71 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI). Damit soll sichergestellt werden, dass die „pflegerische Gesamtverantwortung“ durch hinreichend qualifiziertes Fachpersonal wahrgenommen wird.
3. Bei arbeitsteilig tätigen Unternehmen, Körperschaften und Personenmehrheiten ist für den Irrtum in der Regel auch festzustellen ist, wer im konkreten Fall auf welcher Grundlage und mit welchen Vorstellungen die Entscheidung über die Erbringung der vom Täter erstrebten Leistung getroffen und damit die Verfügung vorgenommen hat (vgl. BGH NJW 2003, 1198, 1199). Bei juristischen Personen oder Behörden, die als solche nicht Subjekt eines Irrtums sein können, kommt es auf das Vorstellungsbild derjenigen natürlichen Person an, die die Vermögensverfügung getroffen hat (vgl. BGH NJW 2003, 1198, 1199).
4. Wird über die Leistungserbringung unter der ständigen Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft getäuscht, entspricht der den zahlenden Pflege- und Krankenkassen entstandene Schaden dem Gesamtbetrag der an den Pflegedienst geleisteten Zahlungen.
Das Einschalten einer ausländischen Gesellschaft ist steuerrechtlich nicht ohne Weiteres rechtsmissbräuchlich. § 42 AO setzt eine unangemessene rechtliche Gestaltung voraus, die zum Umgehen der Steuergesetze gewählt wird und die einen sich daraus ergebenden steuergesetzlichen Vorteil nach sich zieht. Das Zwischenschalten einer „Basisgesellschaft“ im niedrig besteuernden Ausland erfüllt den Tatbestand des Rechtsmissbrauchs, wenn für ihre Einschaltung wirtschaftliche oder sonst beachtliche „außersteuerliche“ Gründe fehlen und wenn sie nicht selbst wirtschaftlich tätig ist. In diesen Fällen ist die Gestaltung vor allem dann steuerlich nicht anzuerkennen, wenn die Wahl des Sitzes nur mit der Absicht der Steuerersparnis zu erklären ist. Dabei muss sich die Steuerersparnis unmittelbar aus der Verlagerung von Wirtschaftsinteressen auf die ausländische Gesellschaft und die dadurch bewirkte Ausgliederung der insoweit bezogenen Einkünfte aus der unbeschränkten Steuerpflicht des Inländers ergeben.
1. Der Tatbestand der Steuerhinterziehung setzt in der Variante des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO keine gelungene Täuschung voraus; anders als bei § 263 StGB steht daher einer Tatvollendung nicht entgegen, dass die Falschangabe erkannt wird. Im Gegensatz zu § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO ist bei § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO – schon nach seinem Wortlaut – nicht auf eine Kenntnis oder Unkenntnis der Finanzbehörden abzustellen oder das ungeschriebene Merkmal der „Unkenntnis“ der Finanzbehörde vom wahren Sachverhalt in den Tatbestand hineinzulesen.
2. Dies ist auch auf der subjektiven Tatbestandsseite in einer Versuchskonstellation zu beachten. Es genügt für die Versuchsstrafbarkeit demnach, dass die unrichtigen oder unvollständigen Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen in anderer Weise als durch eine Täuschung für die Steuerverkürzung oder das Erlangen nicht gerechtfertigter Steuervorteile ursächlich werden sollen.
3. Selbst wenn der Veranlagungsbeamte beim für den Angeklagten zuständigen Wohnsitzfinanzamt von allen für eine zutreffende Besteuerung bedeutsamen Tatsachen Kenntnis hatte und im Besitz aller hierfür erforderlichen Beweismittel war, wirkt sich dies nicht aus.
§ 299 Abs. 1 StGB einerseits und § 299 Abs. 2 StGB andererseits regeln die Strafbarkeit des Vorteilsgebers oder -nehmers im geschäftlichen Verkehr jeweils abschließend. Das Anbieten, Versprechen oder Gewähren eines Vorteils im geschäftlichen Verkehr ist nur nach § 299 Abs. 2 StGB strafbar; der Vorteilsgeber ist nicht zugleich Teilnehmer der Bestechlichkeit. Der Täter der Bestechung im geschäftlichen Verkehr ist somit nicht zugleich tateinheitlich wegen Teilnahme an der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr zu bestrafen, obwohl er weiß, dass er durch seinen Tatbeitrag dieses Delikt erst ermöglicht.
1. Die Bezeichnung der strafbar bleibenden Handlungsformen im Konsumcannabisgesetz orientieren sich an den Begrifflichkeiten des Betäubungsmittelgesetzes. Daher ist für die Auslegung des Begriffs des Handeltreibens in § 2 Abs. 1 Nr. 4, § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG die zu dem gleichlautenden Tatbestandsmerkmal in § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ergangene Rechtsprechung entsprechend heranzuziehen. Danach setzt Handeltreiben eine eigennützige, auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit voraus. Es handelt derjenige eigennützig, der von einem Streben nach Gewinn geleitet wird oder sich irgendeinen anderen persönlichen Vorteil davon verspricht, durch den er materiell oder – objektiv messbar – immateriell bessergestellt wird.
2. In einem Weiterverkauf von Marihuana zum Einkaufs- bzw. Selbstkostenpreis ist ein eigennütziges Umsatzgeschäft und damit ein Handeltreiben regelmäßig nicht zu erblicken, wenn der Täter nicht in Erwartung eines sonstigen persönlichen Vorteils handelt. Es kann sich allerdings um eine Abgabe von Cannabis handeln, da das Konsumcannabisgesetz das Veräußern, also die entgeltliche Übertragung der Sachherrschaft auf einen anderen, anders als das Betäubungsmittelgesetz nicht ausdrücklich unter Strafe stellt und die Abgabe im Sinne des § 34 Abs. 1 Nr. 7 KCanG deshalb auch die entgeltliche Übertragungsform umfasst.
3. Die Kennzeichnung der nicht geringen Menge hat im Falle des § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG zu unterbleiben, da dieser – anders als § 29a Abs. 1 Nr. 2, § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG – keine Qualifikation, sondern das Regelbeispiel eines besonders schweren Falles enthält, das grundsätzlich nicht im Tenor zum Ausdruck zu bringen ist.
Für einen minder schweren Fall des § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG kann es sprechen, wenn der Täter selbst betäubungsmittelabhängig ist, die Tat nur eine geringfügige Menge betrifft und der Minderjährige selbst Konsument war.
1. Bei aufeinanderfolgenden, sich auf unterschiedliche Betäubungsmittelmengen beziehenden Umsatzgeschäften liegt eine jedenfalls teilweise, Tateinheit begründende Überschneidung der objektiven Ausführungshandlungen darin, dass sich der Täter zu seinem Lieferanten begibt, um die vorangegangene Lieferung zu bezahlen und dabei zugleich eine neue, zuvor bestellte Lieferung abzuholen, also das Aufsuchen des Lieferanten als verbindendes Element gleichermaßen beiden Umsatzgeschäften dient. Gleiches gilt, wenn der Empfänger des Rauschgifts im Rahmen einer bestehenden Handelsbeziehung den Lieferanten aufsucht und das Geld für mehrere vorangegangene Lieferungen gleichzeitig übergibt. Das Bezahlen des Lieferanten dient als verbindendes Element den vorangegangenen Umsatzgeschäften gleichermaßen, so dass dieses als teilidentische Ausführungshandlung die Annahme von Tateinheit im Sinne von § 52 Abs. 1 StGB begründet.
2. Der zeitlichen Abstand zwischen Tat und Urteil ist ein gegenüber der Dauer des Verfahrens und einer möglichen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung eigenständiger bestimmender Strafzumessungsgrund im Sinne des § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO.
1. Schädliche Neigungen im Sinne des § 17 Abs. 2 JGG sind erhebliche Anlage- oder Erziehungsmängel, die ohne längere Gesamterziehung des Täters die Gefahr weiterer Straftaten begründen. Diese müssen schon vor der Tat – wenn auch unter Umständen verborgen – angelegt gewesen sein und noch zum Urteilszeitpunkt bestehen.
2. Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt setzt voraus, dass der Täter einen Hang aufweist, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, § 64 Satz 1 StGB. Ein solcher Hang erfordert gemäß § 64 Satz 1 2. Halbsatz StGB eine Substanzkonsumstörung, infolge derer eine dauernde und schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung, der Gesundheit, der Arbeits- oder der Leistungsfähigkeit eingetreten ist und fortdauert. Erforderlich sind insoweit äußere, überprüfbare Veränderungen in mindestens einem der genannten Bereiche der Lebensführung.
3. Für das Vorliegen eines symptomatischen Zusammenhangs i.S.d. § 64 Satz 1, 1. Halbsatz StGB müssen die Anlasstaten des Angeklagten überwiegend auf seinen Drogenkonsum zurückgehen. Die bestehende Substanzkonsumstörung muss, was durch das Tatgericht positiv festzustellen ist, für das Tatgeschehen „mehr als andere Umstände ausschlaggebend“ sein. Die Mitursächlichkeit des Hangs für die Tat(en) ist nur dann ausreichend, wenn sie quantitativ andere Ursachen überwiegt.
4. § 5 Abs. 3 JGG steht einer Trennbarkeit von Unterbringungsanordnung und Jugendstrafausspruch entgegen, wenn eine Unterbringung nach § 63 oder § 64 StGB unterblieben ist und deren Anordnung im zweiten Rechtsgang in Betracht kommt. Würde in einer solchen Konstellation die Jugendstrafe in Rechtskraft erwachsen, wäre es dem neuen Tatrichter verwehrt, im Anschluss an die Anordnung einer Maßregel die nun nach § 5 Abs. 3 JGG gebotene Entscheidung über die Entbehrlichkeit der Verhängung von Jugendstrafe noch zu treffen. In anderen Fallkonstellationen kann das Revisionsgericht die Maßregelanordnung auch isoliert aufheben.
5. Die Erweiterung einer eindeutig beschränkt eingelegten Revision ist nur bis zum Ablauf der Revisionseinlegungsfrist zulässig.
6. Ein Vermögenswert ist dann aus der Tat erlangt, wenn er dem Täter oder Teilnehmer in irgendeiner Phase des Tatablaufs so zugeflossen ist, dass er hierüber tatsächliche Verfügungsgewalt ausüben kann. Dabei genügt es, dass
der Tatbeteiligte zumindest faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt über den Vermögensgegenstand erlangte. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn er im Sinne eines rein tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses ungehinderten Zugriff auf den betreffenden Vermögensgegenstand nehmen konnte. Unerheblich ist dagegen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Täter oder Teilnehmer eine unmittelbar aus der Tat gewonnene (Mit-)Verfügungsmacht später aufgegeben hat und der zunächst erzielte Vermögenszuwachs durch Mittelabflüsse etwa bei der Beuteteilung gemindert wurde.
7. Eine Verfügungsmacht scheidet in den Fällen eines lediglich kurzzeitigen Besitzes eines Boten, Verwahrers oder Verbindungsmannes aus. Ein in diesem Sinne transitorischer Besitz liegt jedoch nicht bereits dann vor, wenn der Tatbeteiligte den betreffenden Vermögensgegenstand nicht zur „freien Verfügung“ hat. Vielmehr steht es der Annahme einer Verfügungsmacht grundsätzlich nicht entgegen, wenn ein weisungsabhängiger Tatbeteiligter die Tatbeute an einen Hintermann alsbald weiterzuleiten hat. Im Regelfall ist es unerheblich, ob das Erlangte beim Täter oder Teilnehmer verbleiben oder es von diesem absprachegemäß an einen anderen weitergegeben werden soll. Entscheidend für das Vorliegen eines rechtserheblichen Vermögenszuflusses ist nur die Frage, ob nach den konkreten Umständen des Einzelfalls im tatsächlichen Sinne eine ungehinderte Zugriffsmöglichkeit des Tatbeteiligten auf den Vermögensgegenstand besteht.
1. Schädliche Neigungen als Voraussetzung für die Verhängung von Jugendstrafe liegen dann vor, wenn bei dem Täter erhebliche Anlage- und Erziehungsmängel zu beobachten sind, die ohne eine längere Gesamterziehung die Gefahr weiterer Straftaten begründen. Sie können in der Regel nur angenommen werden, sofern erhebliche Persönlichkeitsmängel schon vor der Tat, wenn auch unter Umständen verborgen, angelegt waren. Sie müssen schließlich im Urteilszeitpunkt noch bestehen und weitere Straftaten des Angeklagten befürchten lassen.
2. Weder ein fehlender Schulabschluss noch eine fehlende Berufsausbildung deuten für sich genommen indiziell auf ein Fortbestehen von Persönlichkeitsmängeln hin, die ohne eine längere Gesamterziehung die Gefahr weiterer Straftaten begründen.
3. Bei der Prüfung der Schuldschwere im Sinne des § 17 Abs. 2 Alt. 2 JGG kommt dem äußeren Unrechtsgehalt der Tat und ihrer Einstufung im Strafgesetzbuch keine selbständige Bedeutung zu. Entscheidend ist vielmehr, wieweit sich die charakterliche Haltung und die Persönlichkeit sowie die Tatmotivation des Jugendlichen oder Heranwachsenden in vorwerfbarer Schuld niedergeschlagen haben. Der äußere Unrechtsgehalt der Tat ist nur insofern von Belang, als aus ihm Schlüsse auf die Persönlichkeit des Täters und die Höhe der Schuld gezogen werden können. Diese bemisst sich aus dem Gewicht der Tat und der persönlichkeitsbegründenden Beziehung des Täters zu dieser.
4. Die Frage einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit gehört nicht zum Schuldspruch, sondern allein zum Strafausspruch, sodass sie im zweiten Rechtsgang auch bei einem rechtskräftigen Schuldspruch und einer Aufhebung des Strafausspruchs auf Grundlage der bisherigen bindenden Feststellungen erneut zu prüfen ist.