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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Juni 2017
18. Jahrgang
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1. Wenn bei einer Gesamtstrafenbildung ein Urteil einzubeziehen ist, das unter anderem auf Entziehung der Fahrerlaubnis und Anordnung einer Sperrfrist erkannt hat, ist zu prüfen, ob sich die Sperrfrist infolge Zeitablaufs erledigt hat.
2. Sollte sich die Sperrfrist infolge des Zeitablaufs erledigt haben, so ist lediglich die Entziehung der Fahrerlaubnis, nicht aber die Sperrfrist aufrechtzuerhalten. Bei Zurückverweisung einer Sache durch das Revisionsgericht kommt es aber auf die Sachlage zum Zeitpunkt des ersten tatrichterlichen Urteils an; eine nach Erlass des ersten tatrichterlichen Urteils eingetretene Erledigung einer Strafe steht ihrer Einbeziehung im Sinne des nicht entgegen; dies hat entsprechend für eine nach Erlass des ersten tatrichterlichen Urteils eingetretene Erledigung der Maßregel zu gelten.
3. Der Angeklagte kann durch die Anordnung einer neuen Sperrfrist beschwert sein, obwohl das Tatgericht bei Verhängung einer Sperre das Verbot der reformatio in peius berücksichtigt. Denn der Nachteil, der dem Angeklagten aus dieser Entscheidung erwachsen ist, kann darin liegen, dass eine Sperre mit der Rechtskraft des Urteils beginnt, während der Lauf der neu festzusetzenden einheitlichen Sperrfrist schon mit der Rechtskraft der früheren Entscheidung beginnt.
1. Ein Täter-Opfer-Ausgleich setzt voraus, dass der Täter in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Opfer zu erreichen, die Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutmacht oder dieses Ziel jedenfalls ernsthaft erstrebt hat. Dies erfordert grundsätzlich einen kommunikativen Prozess zwischen Täter und Opfer, bei dem das Bemühen des Täters Ausdruck der Übernahme von Verantwortung sein und das Opfer die Leistung des Täters als friedensstiftenden Ausgleich akzeptieren muss. Die Wiedergutmachung muss auf einen umfassenden Ausgleich der durch die Straftat verursachten Folgen gerichtet sein.
2. Ein Angeklagter kann im Rahmen seines Geständnisses die Verantwortung für die Tat uneingeschränkt übernehmen, selbst wenn er keine konkrete Erinnerung an das unmittelbare Tatgeschehen hat.
3. Die Zahlung eines Geldbetrages, der zwar objektiv nicht hoch genug ist, um ihn als überwiegende Wiedergutmachung des immateriellen Schadens anzusehen, kann dennoch als ernsthaftes Erstreben einer Wiedergutmachung bewertet werden, wenn der Betrag gemessen an den finanziellen Möglichkeiten des Angeklagten eine ganz erhebliche Leistung darstellt, die den Wiedergutmachungswillen belegt.
Von besonderer Bedeutung für die Annahme eines Hangs im Sinne von § 66 StGB ist die zeitliche Verteilung der Straftaten, wobei längere straffreie Zeiträume zwar im Grundsatz, aber nicht zwingend gegen einen Hang sprechen. Dessen Annahme bedarf in derartigen Fällen besonders eingehender Begründung.
Die Unterbringung nach § 64 StGB geht der Zurückstellung der Vollstreckung der erkannten Gesamtfreiheitsstrafe gemäß § 35 BtMG vor; von der Anordnung der Unterbringung darf daher nicht abgesehen werden, weil eine Entscheidung nach § 35 BtMG ins Auge gefasst ist (st. Rspr.).
Mit der Schaffung des § 66c StGB durch das Gesetz zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I 2425) wurde verfassungsrechtlichen Bedenken
(vgl. BVerfG HRRS 2011 Nr. 488) Rechnung getragen, die sich ausdrücklich auf die Ausgestaltung der Unterbringung der Sicherungsverwahrung und den vorhergehenden Strafvollzug, nicht aber auf die formellen und materiellen Anordnungsvoraussetzungen des § 66 StGB bezogen. Damit ist der Grund für eine über den Gesetzeswortlaut hinausgehende Einschränkung des Anwendungsbereichs der Sicherungsverwahrung entfallen. Nach Inkrafttreten des genannten Gesetzes bestehen gegen die Gültigkeit und die Verfassungsmäßigkeit von § 66 Abs. 1 StGB aus Sicht des Senats keine Bedenken mehr.