Alle Ausgaben der HRRS, Aufsätze und Anmerkungen ab dem Jahr 2000.
HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Mai 2005
6. Jahrgang
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Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
die Mai-Ausgabe enthält insbesondere den Beschluss des Großen Senats für Strafsachen zur Unwirksamkeit des absprachebedingten Rechtsmittelverzichts. Für die Publikationen dieser Ausgabe ist stellvertretend auf den lesenswerten Aufsatz von Nikolaos Gazeas hinzuweisen, der kritisch die Entscheidung des BGH bespricht, mit der dieser Entschädigungsansprüche bei menschenunwürdigen Haftbedingungen nicht für zwingend geboten erachtet. Auch in die Rubrik Prozessdokumentation wurden weitere Dokumente aufgenommen.
Diverse weitere in amtliche Sammlungen des BGH aufgenommene Entscheidungen vor allem zum Strafverfahrensrecht lohnen den Blick in die gesamte Ausgabe.
Mit freundlichen Grüßen für die Redaktion
Karsten Gaede
Wiss. Ass.
1. Die gemäß Art. 6 III lit. b EMRK erforderliche Zeit zur Vorbereitung kann nicht abstrakt bestimmt werden, sondern ist allein relativ auf die Umstände des konkreten Falles zu beziehen.
2. Wenn die Dauer der Vorbereitungszeit zu bestimmen ist, ist nicht nur die Komplexität des Falles, sondern auch die übliche Arbeitsbelastung eines Rechtsanwaltes einzubeziehen, von dem gewiss nicht erwartet werden kann, dass er sein gesamtes Arbeitsprogramm so umstellt, dass er seine gesamte Zeit nur dem einen vorliegenden Fall widmet. Es ist jedoch nicht unvernünftig, zu erwarten, dass ein verteidigender Rechtsanwalt einem besondere Dringlichkeit aufweisenden Fall im Rahmen seiner Arbeitsorganisation eine vermehrte Bedeutung zuweist.
3. Droht dem Angeklagten die Sicherungsverwahrung nach deutschem Recht, hat der Verteidiger nicht nur die aktuelle Anklage zu bewältigen, sondern auch die früheren Verurteilungen und ein Sachverständigengutachten zu bearbeiten. Hierfür muss ein Verteidiger größtmögliche Sorgfalt aufwenden und eine dem angemessene Zeit zur Verfügung haben.
1. Aus dem grundrechtlichen Anspruch auf ein faires Verfahren folgt, dass die Gerichte aus Fehlern, die ihnen selbst zuzurechnen sind, keine Verfahrensnachteile für den Rechtsschutzsuchenden ableiten dürfen (BVerfGE 75, 183, 190 f.). Dies erspart es dem Rechtsschutzsuchenden jedoch nicht, nachteilige Folgen gerichtlicher
Fehler durch Inanspruchnahme verfügbarer Rechtsbehelfe abzuwehren.
2. Führen dem Staat zuzurechnende Fehler des Gerichts zu einer Behinderung des ersten Zugangs zu Gericht, ist die Wiedereinsetzung durch verfassungskonforme Gesetzesauslegung zu erleichtern.
3. Jedenfalls in den Fällen, in denen der Wiedereinsetzungsgrund, in einem den Gerichten zuzurechnenden Fehler liegt, fordert der Grundsatz fairer Verhandlungsführung eine Belehrung des Betroffenen über die Möglichkeit der Wiedereinsetzung.
4. Kann ein Beschwerdeführer mit einem Rechtsmittel, für das ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, erreichen, dass seine Rechte im Wege des fachgerichtlichen Rechtsschutzes gewahrt werden, so ist regelmäßig von ihm zu verlangen, dass er diesen Weg beschreitet, bevor er Verfassungsbeschwerde einlegt (vgl. BVerfGE 10, 274, 281; 77, 275, 282).
5. Das Bundesverfassungsgericht kann keine Wiedereinsetzung im fachgerichtlichen Verfahren gewähren.
Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verlangt nicht, dass bei Ordnungswidrigkeiten generell von Durchsuchung und Beschlagnahme abgesehen wird.