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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Januar 2005
6. Jahrgang
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1. Keine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt bei "Spielsucht". (BGHSt)
2. Die Entscheidung des Gesetzgebers, aus der Vielzahl delinquenzfördernder psychischer Fehlentwicklungen lediglich den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, zur Voraussetzung einer Unterbringung in der Entziehungsanstalt auszuwählen, ist verfassungsrechtlich unbedenklich. (Bearbeiter)
3. "Pathologisches Spielen" oder "Spielsucht" stellt für sich genommen keine die Schuldfähigkeit erheblich einschränkende oder ausschließende krankhafte seelische Störung oder schwere andere seelische Abartigkeit dar (BGH NStZ 2004, 31; BGHR StGB § 21 seelische Abartigkeit 8). Maßgeblich ist insoweit vielmehr, ob der Betroffene durch seine "Spielsucht" gravierende psychische Veränderungen in seiner Persönlichkeit erfährt, die in ihrem Schweregrad einer krankhaften seelischen Störung gleichwertig sind (vgl. BGH NStZ 2004, 31). Nur wenn die "Spielsucht" zu schwersten Persönlichkeitsveränderungen führt oder der Täter bei Beschaffungstaten unter starken Entzugserscheinungen gelitten hat, kann ausnahmsweise eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit im Sinne von § 21 StGB anzunehmen sein (vgl. BGH aaO). (Bearbeiter)
Ein früheres Strafverfahren kann eine bei der Strafzumessung berücksichtigungstaugliche Warnfunktion selbst dann entfalten, wenn es mit einer Einstellung nach § 170 Abs. 2, §§ 153 ff. oder § 260 Abs. 3 StPO oder gar mit einem Freispruch geendet hat. Auch die Zustellung einer Anklage wegen eines vergleichbaren Vorwurfs kann in diesem Sinne beachtlich sein. Auch ist es grundsätzlich möglich, der Bezichtigung durch eine Privatperson eine Warnfunktion der genannten Art beizumessen - nämlich dann, wenn die Richtigkeit der Bezichtigung festgestellt
ist. Indes ist es ausgeschlossen, privaten Bezichtigungen ohne Rücksicht auf deren Wahrheitsgehalt, also möglicherweise unwahren Verdächtigungen eine solche strafschärfend wirkende Warnfunktion zuzusprechen.
1. Der Hang im Sinne von § 64 StGB verlangt eine chronische, auf körperlicher Sucht beruhende Abhängigkeit oder zumindest eine eingewurzelte, auf psychischer Disposition beruhende oder durch Übung erworbene intensive Neigung, immer wieder Alkohol oder andere Rauschmittel zu sich zu nehmen (st. Rspr.).
2. Es kann offen bleiben, ob bei einer Heroinabhängigkeit - unabhängig von der Konsumform - überhaupt ein kontrollierter, nicht übermäßiger Konsum des Betäubungsmittels möglich ist. Ausreichend für die Annahme eines Hangs zum übermäßigen Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls, dass der Betroffene aufgrund seiner Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint. Das kommt insbesondere auch bei Beschaffungskriminalität in Betracht.
1. Tatmodalitäten und Tatmotive dürfen einem Angeklagten nur dann strafschärfend zur Last gelegt werden, wenn sie vorwerfbar sind, nicht aber, wenn ihre Ursache in einer von ihm nicht zu vertretenden geistig-seelischen Beeinträchtigung liegt. Ihm dürfen demgemäß solche Umstände nicht strafschärfend angelastet werden, die unverschuldete Folgen dieses Zustands darstellen.
2. Auch der im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert schuldfähige Täter ist für die von ihm begangene Tat in ihrer konkreten Ausgestaltung verantwortlich, so dass für eine strafschärfende Verwertung durchaus Raum bleibt, jedoch nur nach dem Maß der geminderten Schuld (BGHSt 16, 360, 364; BGH NStZ 1992, 538).
3. Gleiches gilt für die strafschärfende Berücksichtigung des Nachtatverhaltens.
§ 73 c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB eröffnet für den Fall, dass der Wert des Erlangten im Vermögen des Betroffenen ganz oder teilweise nicht mehr vorhanden ist, die Möglichkeit, nach pflichtgemäßem Ermessen von einer Verfallsanordnung abzusehen. Für die Anwendbarkeit dieser Ermessensvorschrift kommt es darauf an, ob der Wert des Erlangten noch im Vermögen des Angeklagten vorhanden ist. Die entsprechende Beurteilung setzt die Feststellung der Vermögensverhältnisse des Angeklagten voraus.