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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Juli 2004
5. Jahrgang
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1. Das bloße Dulden einer falschen Aussage in der Hauptverhandlung durch den Angeklagten darf nicht strafschärfend gewertet werden. Ein solches Prozessverhalten erfüllt - von Ausnahmen abgesehen - keinen Straftatbestand (vgl. BGHSt 17, 321). Es dennoch strafschärfend zu verwerten, wäre nur dann zulässig, wenn es nicht allein auf Furcht vor Bestrafung beruhte, sondern Ausdruck von Rechtsfeindlichkeit und Uneinsichtigkeit wäre
(BGHR StGB § 46 Abs. 2 Nachtatverhalten 20 m.w.N.).
2. Das Bestreiten der Tatvorwürfe durch die Angeklagten und die vom Angeklagten Sch. "durch Gesten oder Erinnern der Verteidiger" unterstützte intensive Befragung von als Zeugen vernommenen Geschädigten durch seine Verteidiger überschreiten nicht die Grenzen angemessener Verteidigung und lassen daher keine Rückschlüsse auf eine rechtsfeindliche Einstellung der Angeklagten zu (vgl. nur BGH NStZ-RR 1999, 328 m.w.N.).
1. Bei verminderter Schuldfähigkeit ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Schuldgehalt und damit die Strafwürdigkeit der Tat verringert ist, so dass regelmäßig eine Strafrahmenmilderung nach § 49 Abs. 1 StGB vorzunehmen ist.
2. Zwar können zusätzliche schulderhöhende Gesichtspunkte, etwa die Verwirklichung mehrerer Mordmerkmale mit eigenem Unrechtsgehalt, der fakultativen Milderung gem. § 49 Abs. 1 StGB entgegenstehen. Doch ist stets gesondert zu prüfen, ob die schulderhöhenden Umstände ihrerseits dem Angeklagten anzulasten sind. Dies ist nicht der Fall, wenn die schulderhöhenden Umstände auf dem Defektzustand beruhen, der zur erheblichen Einschränkung der Schuldfähigkeit geführt hat, ohne dass der Angeklagte - wie dies etwa bei Alkoholgenuss vor der Tat der Fall sein kann - diesen Defektzustand selbst schuldhaft herbeigeführt hat (vgl. BGH 3 StR 479/03).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine Gesamtfreiheitsstrafe bei Wegfall einer Einzelstrafe oder eines kleinen Teils von Einzelstrafen dann bestehen bleiben, wenn sich die Gesamtstrafe gleichwohl nach Sachlage, insbesondere im Hinblick auf Zahl und Höhe der übrigen Einzelstrafen ohne weiteres rechtfertigt, also ohne dass insoweit Raum für die Ausübung dem Tatrichter vorbehaltenen Ermessens durch das Revisionsgericht wäre (vgl. BGH, Beschl. vom 13. Februar 2004 - 1 StR 571/03; BGH wistra 1999 28, 29).