Alle Ausgaben der HRRS, Aufsätze und Anmerkungen ab dem Jahr 2000.
HRR-Strafrecht
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
September 2003
4. Jahrgang
PDF-Download
Für die neue Verhandlung weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass er zu der in der Entscheidung des 3. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 27. März 2003 - 3 StR 435/02 geäußerten Rechtsauffassung ebenfalls neigt, wonach bei einer auf verschuldeter Trunkenheit beruhenden erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB in der Regel nicht in Betracht kommen sollte. Ein solcher Fall liegt allerdings nicht vor, wenn der Täter alkoholkrank ist.
Schließt das Tatgericht aufgrund zwanghafter Persönlichkeitsanteile aus, dass der Angeklagte in der Lage gewesen sei, die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers sowie die Umstände, welche die niedrigen Beweggründe ausmachen könnten, rational zu erfassen, bedeutet dies jedoch nicht, dass die Art des Angriffs und die egoistische Motivation als Belastungsfaktoren gänzlich ausscheiden müssen (vgl. BGHR StGB § 212 Abs. 1 Strafzumessung 1).
Auch wenn der Tatrichter bei der Strafzumessung von einem falschen Strafrahmen ausgegangen ist, so muss die erkannte Strafe nicht auf diesem Rechtsfehler beruhen, wenn der Tatrichter sich bei der Strafzumessung nicht konkret auf Ober- und Untergrenze des Strafrahmens bezogen hat und die Strafe auch im übrigen tat- und schuldangemessen erscheint.
Maßgebender Beurteilungszeitpunkt für die nach § 56 StGB zu treffende Prognose ist auch bei einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung im Rahmen von § 55 StGB der der jetzigen Entscheidung.
1. Nach der in § 67 Abs. 1 StGB zum Ausdruck kommenden Grundentscheidung des Gesetzgebers ist in der Regel die Maßregel nach § 64 StGB vor der Strafe zu vollziehen, um den Täter schon frühzeitig von seinem Hang zu befreien, damit er in der Strafanstalt an der Verwirklichung des Vollzugsziels mitarbeiten kann (vgl. BGHSt 37, 160, 162). Nur wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter zu erreichen ist, kann ausnahmsweise nach § 67 Abs. 2 StGB der Vorwegvollzug eines Teils der Strafe oder der gesamten Strafe angeordnet werden. Richtschnur für die Anordnung des Vorwegvollzugs der Strafe ist das Rehabilitationsinteresse des Verurteilten (vgl. BGHR StGB § 67 Abs. 2 Vorwegvollzug, teilweiser 11).
2. Es wird dem Rehabilitationsinteresse regelmäßig entsprechen, den vorweg zu vollziehenden Teil der Strafe so bestimmen, dass nach seinem Vollzug und dem Vollzug der Maßregel, der gem. § 67 Abs. 4 Satz 1 StGB auf die Strafhaft angerechnet wird, der Zweidrittelzeitpunkt erreicht ist, so dass der Verurteilte nach dem Maßregelvollzug unmittelbar in Freiheit entlassen werden kann (BGHR StGB § 67 Abs. 2 Vorwegvollzug, teilweiser 15).
Ist der Täter vom Versuch eines Tötungsdelikts strafbefreiend zurückgetreten, so darf der - ursprüngliche - Tötungsvorsatz im Rahmen der Strafzumessung beim vollendeten Körperverletzungsdelikt nicht strafschärfend berücksichtigt werden.
1. Beide Alternativen des § 21 StGB können nicht gleichzeitig gegeben sein (vgl. BGHSt 40, 341, 349; st. Rspr).
2. Bei der Anwendung des § 21 StGB ist stets zu prüfen, ob der Angeklagte trotz an sich erheblich verminderter Einsichtsfähigkeit das Unerlaubte seines Tuns noch erkannt hat oder nicht. Denn die Schuld des Täters wird nicht gemindert, wenn er ungeachtet seiner geistigen Verfassung das Unrecht tatsächlich eingesehen hat. Fehlt dem Täter die Einsicht aus einem in § 20 StGB benannten Grund, ohne dass ihm dies zum Vorwurf gemacht werden kann, so ist - auch bei an sich nur verminderter Einsichtsfähigkeit - nicht § 21, sondern § 20 anzuwenden. Die Vorschrift des § 21 StGB kann in den Fällen der verminderten Einsichtsfähigkeit nur dann angewendet werden, wenn die Einsicht gefehlt hat, dies aber dem Täter vorzuwerfen ist (vgl. BGHSt 40, 341, 349 m.w.N.).
3. Das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 StPO steht einer Verschärfung des Schuldspruchs - etwa von sexueller Nötigung zu Vergewaltigung - nicht entgegen, solange keine härtere Sanktion verhängt wird, da sich die Wirkung des Verbots nur auf Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat beschränkt, eine Verschärfung des Schuldspruchs aber nicht hindert (vgl. BGHR StPO § 358 Abs. 2 Nachteil 9).