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HRR-Strafrecht
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Oktober 2002
3. Jahrgang
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Der Verfall ist, auch bei Anwendung des Bruttoprinzips, keine Strafe, sondern eine Maßnahme eigener Art. Die Abschöpfung des über den Nettogewinn hinaus Erlangten verfolgt primär einen Präventionszweck. Dies gilt auch für die Anordnung des Verfalls gegen den Drittbegünstigten nach § 73 Abs. 3 StGB. (BGHSt)
Ein Hang kann bereits bei einer eingewurzelten, durch Übung erworbenen intensiven Neigung, immer wieder Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen, gegeben sein. Soweit der festgestellte Konsum von Kokain allein nicht ausreicht, einen solchen Hang zu bejahen, ist es zu berücksichtigen, wenn dieses Betäubungsmittel nur der Beikonsum zu dem im Rahmen der Substitution verabreichten Methadon war, welches seinerseits ein berauschendes Mittel im Sinne des § 64 StGB darstellt (vgl. BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 7 m.w.N.). Bereits die Tatsache, dass der Angeklagte mit Methadon behandelt wurde, deutet auf einen bei ihm vorhandenen Hang hin, da zur Aufnahme in das Methadonprogramm eine Opiatabhängigkeit erforderlich ist (vgl. BGH NStZ 1998, 414).
Welche steuerlichen Einbußen aufgrund der durch die Unrechtsvereinbarung veranlassten rechtswidrigen Diensthandlung dem Fiskus entstanden sind oder wenigstens hätten entstehen können, bestimmt ganz wesentlich das Maß der Pflichtwidrigkeit nach § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB (vgl. BGH wistra 1989, 261).
1. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist nicht zulässig, wenn der Täter mit strafbefreiender Wirkung vom Versuch der rechtswidrigen Tat zurückgetreten ist (BGHSt 31, 132).
2. Die fachliche Durchführung der Untersuchung ist allein Sache des Sachverständigen; er hat hinsichtlich der Informationsbeschaffung und der Methodenwahl weitgehend freie Hand. Das Gericht darf ihm keine Weisungen dar über erteilen, auf welchem Weg er das Gutachten zu erarbeiten hat.
3. Das Recht des Beschuldigten, sich in jeder Lage des Verfahrens anwaltlicher Hilfe zu bedienen, führt nicht zu einem Anwesenheitsrecht des Verteidigers bei der Exploration. Auch wenn die Exploration unter Umständen in Abhängigkeit von dem Gutachtenauftrag vernehmungsähnliche Elemente haben kann, ist sie mit den Vernehmungen bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht nicht gleichzusetzen. Die Anwesenheit des Verteidigers ist auch nicht erforderlich, um sicher zustellen, daß die Begutachtung den medizinischen Standards und der Strafprozeßordnung entspricht.
4. Wenn der Beschuldigte sich gleichwohl nur in Anwesenheit seines Verteidigers untersuchen lassen will und damit die Untersuchung in der vom Sachverständigen für erforderlich gehaltenen Art verweigert, muss er in den Fällen, in denen die Untersuchung ihrer Art nach die freiwillige Mitwirkung des Beschuldigten voraussetzt, damit rechnen, dass seine Begutachtung ggf. nur auf einer schmaleren Basis von Befunden erfolgen wird.
Bei Untreuehandlungen eines Angestellten führen Mängel im Kontrollsystem des geschädigten Unternehmens nur dann zu einer Strafmilderung, wenn nicht gleichzeitig ein straferschwerender Pflichtenverstoß vorliegt, z.B. der Missbrauch des dem Täter in seiner Person entgegengebrachten besonders hohen Vertrauens.
1. § 46a Nr. 1 StGB verlangt, dass der Täter im Bemühen, einen Ausgleich mit dem Opfer zu erreichen, die Tat "ganz oder zum überwiegenden Teil" wiedergutgemacht hat; es ist aber auch ausreichend, dass der Täter dieses Ziel ernsthaft erstrebt. Das Bemühen des Täters setzt grundsätzlich einen kommunikativen Prozess zwischen Täter und Opfer voraus, der auf einen umfassenden, friedensstiftenden Ausgleich der durch die Straftat verursachten Folgen angelegt sein muß. Das einseitige Wiedergutmachungsbestreben ohne den Versuch der Einbeziehung des Opfers genügt dazu nicht (BGH NStZ 1995, 492; NJW 2001, 2557; NStZ 2002, 29). Wenngleich ein "Wiedergutmachungserfolg" nicht zwingende Voraussetzung ist (BGH aaO), so muss sich doch das Opfer auf freiwilliger Grundlage zu einem Ausgleich bereit finden und sich auf ihn einlassen.
2. Ebensowenig wie allein die Erfüllung von Schadensersatzansprüchen genügt, ist andererseits bei einem auf Ausgleich angelegten Verhalten des Täters, das sich als "Ausdruck der Übernahme von Verantwortung" erweist, die vollständige Erfüllung der bestehenden Ersatzansprüche erforderlich; die strafrechtliche Wiedergutmachung im Sinne von § 46a StGB darf mit dem zivilrechtlichen Schadensersatz nicht ohne weiteres gleichgesetzt werden (so zu § 46a Nr. 2 StGB: BGH NJW 2001, 2557). Der Anwendbarkeit steht zudem nicht von vornherein entgegen, dass der Täter den finanziellen Ausgleich durch seinen Verteidiger und etwa erst zu einem Zeitpunkt veranlasst hat oder sich dazu verpflichtet hat, zudem ihn das Opfer bereits auf Zahlung in Anspruch genommen hat (BGH StV 2000, 129 = NStZ-RR 2000, 364; StV 1999, 89; NStZ 1995, 284). Regelmäßig sind aber tatrichterliche Feststellungen dazu erforderlich, wie sich das Opfer zu den Bemühungen des Täters gestellt hat, wie sicher die Erfüllung einer etwaigen Schmerzensgeldzahlungsverpflichtung ist und welche Folgen diese Verpflichtung für den Täter haben wird (BGH NStZ 2002, 29). Auf dieser Grundlage hat der Tatrichter in "wertender Betrachtung" und schließlich nach Ermessensgesichtspunkten zu entscheiden, ob er die Voraussetzungen des Täter-Opfer-Ausgleichs annimmt und danach von der so eröffneten Milderungsmöglichkeit Gebrauch macht. Dabei gilt es, das gesetzgeberische Anliegen im Blick zu behalten, mit der Vorschrift für den Täter einen als "vertypten Strafmilderungsgrund" ausgestalteten Anreiz für entsprechende Ausgleichsbemühungen zu schaffen. Das verbietet nach Auffassung des Senats ein allzu enges Verständnis der Vorschrift jedenfalls in denjenigen Fällen, in denen ein kommunikativer Prozess zwischen Täter und Opfer stattgefunden hat; dies wird vornehmlich für Taten im Familienverbund oder innerhalb sonstiger persönlicher Beziehungen zu gelten haben.
3. Der Senat lässt offen, ob es dem § 46a StGB entgegenstünde, wenn das Opfer die friedensstiftende Konfliktregelung "innerlich nicht akzeptiert" und nicht "ernsthaft mitträgt".
Die Anordnung von Sicherungsverwahrung ist neben der Verhängung von lebenslanger Freiheitsstrafe als Einzelstrafe ebenso wie bei einer lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe, die aus mehreren lebenslangen Einzelstrafen gebildet wurde, unzulässig (BGHSt 33, 398). Für die Anordnung der Sicherungsverwahrung ist die Verurteilung zu "zeitiger" Freiheitsstrafe Voraussetzung.
Das Rücktrittsprivileg bewirkt, dass der auf die versuchte Straftat gerichtete Vorsatz sowie ausschließlich darauf bezogene Tatbestandsverwirklichungen nicht strafschärfend berücksichtigt werden dürfen (vgl. BGHSt 42, 43; BGH StV 2000, 554 m. w. N.).
Für die Berücksichtigung von Tatfolgen als strafschärfend kommt es nicht darauf an, ob die Folgen in den Schutzbereich der strafrechtlichen Normen fallen, deren Verletzung dem Angeklagten vorgeworfen wird, da eine solche Auslegung des § 46 Abs. 2 StGB die Strafzumessung zu stark einengen würde. Vielmehr ist für Tatfolgen, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem strafbaren Verhalten stehen und außerhalb des eigentlichen Tatbereichs liegen, das Abgrenzungskriterium der Voraussehbarkeit der Tatfolge ausreichend.
Zwar kann die Anordnung einer Maßregel nach § 64 StGB grundsätzlich nicht allein deswegen verneint werden, weil außer der Sucht noch weitere Persönlichkeitsmängel eine Disposition für die Begehung von Straftaten begründen (BGHR StGB § 64 Zusammenhang, symptomatischer 1 und 2). Gleichwohl darf die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht ausschließlich zur Besserung des Täters, also ohne gleichzeitige günstige Auswirkungen auf die Interessen der öffentlichen Sicherheit im Sinne einer Verminderung der vom alkoholabhängigen Täter ausgehenden Gefährlichkeit erfolgen. Vielmehr ist erforderlich, dass bei erfolgreichem Verlauf der Behandlung jedenfalls das Ausmaß der Gefährlichkeit des Täters nach Frequenz und krimineller Intensität der von ihm zu befürchtenden Straftaten deutlich herabgesetzt wird (vgl. BGHR StGB § 64 Zusammenhang, symptomatischer 2).