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HRR-Strafrecht
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Januar 2002
3. Jahrgang
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1. Der Gesichtspunkt, daß gegen Mittäter verhängte Strafen in einem gerechten Verhältnis zueinander stehen sollten, darf bei der Strafzumessung nicht völlig außer Betracht bleiben (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Zumessungsfehler 1). Bestimmender Maßstab für die Strafzumessung ist jedoch in jedem Fall die persönliche Schuld des Täters; dieser Grundsatz darf nicht gegenüber schematischen, allein rechnerischen oder vergleichenden Erwägungen zurücktreten. Daher wäre es auch rechtsfehlerhaft, eine als schuldangemessen angesehene Strafe allein im Hinblick auf gegen Mittäter verhängte niedrigere Strafen herabzusetzen (vgl. BGHSt 28, 318, 323 f.; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Wertung 4 und Wertungsfehler 23).
2. Diese Grundsätze gelten uneingeschränkt auch für die Strafzumessung im Rahmen der Bildung nachträglicher Gesamtstrafen. Eine vergleichende Zumessung kommt auch insoweit regelmäßig nicht in Betracht, denn Regelungen und Erwägungen, welche für die Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe gegen einen Mittäter von Bedeutung sein können, sind aus dem Blickwinkel des Angeklagten weithin zufällig und können keinen bestimmenden Einfluß auf die Strafzumessung gegen ihn haben.
Daß bei einem Angeklagten die dauerhafte Disposition besteht, in bestimmten, ihn belastenden Situationen wegen mangelnder Fähigkeit zur Affektverarbeitung in den Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit zu geraten, genügt für die Unterbringung nicht, weil diese Disposition allein keinen Zustand der eingeschränkten Schuldfähigkeit auslöst (vgl. BGHR StGB § 63 Zustand 27).
Grundsätzlich nötigt die unterbliebene Festsetzung von Einzelstrafen zur Aufhebung der Gesamtstrafe (BGHSt 4, 345; BGHR StPO § 358 Abs. 2 Satz 1 Einzelstrafe, fehlende 1). Unter besonderen Umständen kann eine Auswirkung auf die Gesamtstrafenbildung zum Nachteil des Angeklagten ausgeschlossen werden.
1. Die Entscheidung, ob ein minder schwerer Fall vorliegt, erfordert eine Gesamtbetrachtung, bei der alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen sind, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen (st. Rspr., BGHSt 26, 97, 981 - BGHR StGB vor § 1/minder schwerer Fall, Prüfungspflicht 1 m.w.N.).
2. Eine lange Zeitspanne zwischen Begehung der Taten und ihrer Aburteilung ist ein wesentlicher Strafmilderungsgrund, ohne daß es dabei auf die Dauer des Strafverfahrens ankommt (st. Rspr., BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 13 und Zeitablauf 1, jew. m.w.N.).
1. In einem Streit gemäß § 14 StPO kann der Bundesgerichtshof nur eines der streitenden Gerichte als zuständiges Gericht bestimmen. Die Bestimmung muß unterbleiben, wenn sich die Zuständigkeit eines anderen, bisher am Streit nicht beteiligten Gerichts ergibt (vgl. BGHR StPO § 462 a Abs. 1 Befaßtsein 2 m.w.N.).
2. Nach Abgabe der nachträglichen Entscheidungen an das Wohnsitzgericht ist dieses kraft seiner nach Maßgabe des § 462 a Abs. 2 Satz 2 StPO abgeleiteten Zuständigkeit auch für die aufgrund anderer Urteile angefallene Bewährungsaufsicht zuständig, sofern in diesen Urteilen auf eine geringere Strafe erkannt ist (BGH NStZ 1994, 97; NStZ-RR 2000, 83). Die Bedenken, die der Senat gegen diese Rechtsansicht in seinen Beschlüssen vom 8. November 2000 (2 ARs 299/00 = BGHR StPO § 462 a Abs. 4 Bewährungsaufsicht 2) und vom 22. November 2000 (2 ARs 284/00) geäußert hat, hält er nicht mehr aufrecht.
Besonderheiten im Sinne des § 67 b Abs. 1 Satz 1 StGB sind Gegebenheiten in der Tat oder in der Person des Täters, die zu dem Schluß führen, die von ihm ausgehende Gefahr könne so herabgemindert werden, daß es angebracht erscheint, den Verzicht auf den Vollzug der Maßregel zu wagen (vgl. BGHR StGB § 67 b Gesamtwürdigung 1 m.N.).