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HRR-Strafrecht
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Mai 2001
2. Jahrgang
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1. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dem Grundsatz nach anerkannt, daß durch vorläufige Einstellung des Verfahrens ausgeschiedene Taten - selbst wenn sie prozeßordnungsgemäß festgestellt worden sind - auch bei der Beweiswürdigung nur dann zu Lasten des Angeklagten verwertet werden dürfen, wenn dieser zuvor auf die Möglichkeit einer solchen Verwertung hingewiesen worden ist (vgl. BGHSt 31, 302, 303). Eine faire Verfahrensgestaltung (Vertrauenstatbestand), aber auch der Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs gebieten es dann in der Regel, einen Hinweis zu erteilen, wenn der Tatrichter solchen Verfahrensstoff doch zu berücksichtigen gedenkt.
2. Dieser Grundsatz gilt indessen nicht ausnahmslos. Ein ausdrücklicher Hinweis ist dann entbehrlich, wenn ein Vertrauenstatbestand nach dem Gang der Hauptverhandlung nicht geschaffen werden konnte (BGH NJW 1985, 1479; BGH NJW 1996, 2585, 2586; vgl. auch BVerfG-Kammer NStZ 1995, 76). Ein Vertrauen des Angeklagten kann nur dort verletzt sein, wo es zuvor geschaffen worden ist, wo also der Angeklagte durch den Beschluß nach § 154 StPO in eine Lage versetzt worden ist, die sein Verteidigungshandeln beeinflußt hat und bei verständiger Einschätzung der Verfahrenslage auch beeinflussen konnte (hier Beurteilung der Glaubwürdigung eines Zeugen).
1. Nach der Rechtsprechung dürfen Umstände der allgemeinen Lebensführung bei der Strafzumessung nur berücksichtigt werden, wenn sie wegen ihrer engen Beziehung zur Tat Schlüsse auf den Unrechtsgehalt zulassen oder Einblicke in die innere Einstellung des Täters zur Tat gewähren.
2. Die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 Abs. 1 StGB) setzt voraus, daß der Täter den Hang hat, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, er wegen einer auf den Hang zurückzuführenden rechtswidrigen Tat verurteilt wird und die Gefahr besteht, daß er infolge seines Hanges mit Wahrscheinlichkeit erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird (std. Rspr.; BGHR StGB § 64 Abs. 1 Gefährlichkeit 1, 3).
3. Nach der Grundentscheidung des Gesetzgebers in § 67 Abs. 1 StGB soll möglichst umgehend mit der Behandlung des süchtigen oder kranken Täters begonnen werden, weil dies am ehesten einen dauerhaften Erfolg verspricht (std. Rspr.). Die beim Angeklagten "zur Zeit" fehlende "erforderliche selbstkritische Einstellung" vermag eine Änderung der Vollstreckungsreihenfolge ebensowenig zu rechtfertigen wie die Erwartung, "eine solche Einstellungsänderung (könne) in der Haft erreicht werden" (BGHR StGB § 67 Abs, 2 Vorwegvollzug, teilweiser 9 und Zweckerreichung, leichtere 11, 12).
1. Die Entwicklung eines "Steuermodells" für einen Mandanten, das diesem ermöglichte, unter Verwendung überhöhter Rechnungen in der Buchhaltung über einen längeren Zeitraum eine Verkürzung von Körperschaft-, Gewerbe-, Umsatz- und Einkommensteuern herbeizuführen, verstößt in schwerwiegender Weise gegen die beruflichen Pflichten eines Rechtsanwalts und eines vereidigten Buchprüfers. Dieses Verhalten, das die Strafkammer zutreffend als Anstiftung zur Steuerhinterziehung gewertet hat, ist grundsätzlich geeignet, ein Berufsverbot für die Berufe Rechtsanwalt und vereidigter Buchprüfer auszulösen (vgl. BGHR StGB § 70 - Pflichtverletzung 6).
2. Zur Gesamtwürdigung bei § 70 StGB (Prognose, bei weiterer Berufsausübung bestehe die Gefahr erheblicher gleichartiger Taten). Aus einem berechtigten Verteidigungsverhalten darf kein für den Angeklagten nachteiliger Schluß gezogen werden (vgl. BGHR StGB § 70 Abs. 1 - Dauer 1 und StGB § 46 Abs. 2 - Nachtatverhalten 2).
3. Umsatzsteuerrechtlich ist auf die tatsächliche Gestaltung eines Rechtsgeschäfts abzustellen; maßgeblich sind die tatsächlichen Leistungsbewegungen (vgl. BGHR AO § 41 Abs. 1 - Durchführung, tatsächliche 1). Scheingeschäfte und Scheinhandlungen sind für die Besteuerung unerheblich (§ 41 Abs. 2 Satz 1 AO).
4. Zum "Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer". Bei der Ausstellung einer Scheinrechnung mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer ist eine Gefährdung des Steueraufkommens jedenfalls gegeben, wenn diese Rechnung noch zum Vorsteuerabzug benutzt werden kann und der Rechnungsaussteller die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt abgeführt hat.
Von einem bestreitenden Angeklagten kann weder Schuldeinsicht noch Reue verlangt werden, da sich niemand selbst belasten muß. Nichts anderes gilt, wenn ein Täter, dessen Tat noch nicht bekannt ist, sich gegenüber Außenstehenden unauffällig verhält und auf nicht zielgerichtete, beiläufige Fragen, die er richtig nur mit einem Geständnis beantworten könnte, unzutreffende Antworten gibt. Allenfalls Besonderheiten könnten gleichwohl eine strafschärfende Berücksichtigung des geschilderten Nachtatverhaltens rechtfertigen.