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HRR-Strafrecht
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Dezember 2000
1. Jahrgang
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1. Für die Darstellung einer Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO ist es grundsätzlich erforderlich, daß das Urteil erkennen läßt, welches steuerlich erhebliche Verhalten des Angeklagten im Rahmen welcher Abgabenart und (gegebenenfalls) in welchem Besteuerungszeitraum zu einer Steuerverkürzung geführt hat und welche innere Einstellung der Angeklagte dazu hatte (BGHR § 370 Abs. 1 - Berechnungsdarstellung 5). Entsprechendes gilt für das Vorenthalten von Beiträgen zur Sozialversicherung gemäß § 266a Abs. 1 StGB.
2. Die Rechtsanwendung obliegt dem Strafrichter, nicht den als Zeugen gehörten Ermittlungsbeamten oder Beamten der Finanzverwaltung (vgl. BGHR § 370 AO Berechnungsdarstellung 9).
3. Eine Berechnungsdarstellung ist jedoch ausnahmsweise dann entbehrlich, wenn ein sachkundiger Angeklagter, der zur Berechnung der hinterzogenen Steuern bzw. der nicht abgeführten Beiträge zur Sozialversicherung in der Lage ist, ein Geständnis ablegt (vgl. BGHR AO § 370 Abs. 1 - Berechnungsdarstellung 2, 4, 8).
4. Bei Lohnsteuerhinterziehung ist für die Bemessung der Strafe auf den dem Staat dauerhaft entstandenen Schaden abzustellen, der sich nach den tatsächlichen Verhältnissen der Arbeitnehmer richtet (vgl. BGHSt 38, 285, 290). Ist die genaue Berechnung der endgültig geschuldeten Lohnsteuern nicht ohne weiteres möglich, kann der Tatrichter statt der Ermittlung der tatsächlichen Verhältnisse von geschätzten, gegebenenfalls niedrigeren Durchschnittssteuersätzen ausgehen (vgl. BGH aaO).
5. Die Nachzahlung hinterzogener Steuern stellt keine Wiedergutmachung im Sinne des § 46a Nr. 1 StGB dar. Diese Vorschrift bezieht sich vor allem auf die immateriellen Folgen einer Straftat, die zwar auch bei Vermögensdelikten denkbar sind (BGHR StGB § 46a Nr. 1 - Ausgleich 1; BGH NStZ 2000, 205); erforderlich ist aber jedenfalls ein kommunikativer Prozeß zwischen Täter und Opfer, der auf einen umfassenden Ausgleich der durch die Straftat verursachten Folgen gerichtet sein muß. Bei Steuerdelikten, deren geschütztes Rechtsgut allein die Sicherung des staatlichen Steueranspruchs ist (vgl. BGHSt 36, 100, 102; 40, 109; 41, 1, 5), kommt ein Täter-Opfer-Ausgleich im Sinne des § 46a Nr. 1 StGB nicht in Betracht.
1. Ein Heranwachsender ist einem Jugendlichen gleichzustellen (§ 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG), wenn in ihm noch in größerem Umfang Entwicklungskräfte wirken (BGH NStZ-RR 1999, 26; BGHSt 36, 37).
2. Eine Jugendverfehlung liegt vor, wenn, unabhängig vom generellen Reifegrad des Angeklagten, die konkrete Tat auf jugendlichen Leichtsinn, Unüberlegtheit oder soziale Unreife zurückgeht (BGH NStZ-RR 1999, 26, 27).
3. Wenn auch § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG persönlichkeitsorientiert und § 105 Abs. 1 Nr. 2 JGG tatorientiert ist, und beide Alternativen daher - gleichbedeutend - nebeneinander stehen, können sich doch ihre tatsächlichen Voraussetzungen in erheblichem Umfang überschneiden. So kann etwa das Motiv einer Tat in gleicher Weise auf Entwicklungsrückstände und auf eine Jugendverfehlung hindeuten (BGH StV 1991, 424).
4. Ob eine Tat Ausdruck von sozialer Unreife ist, kann nicht ohne Würdigung des tatsächlichen (sozialen) Rahmens beurteilt werden, in dem sich die Tat ereignet hat. Daher kann auch fremdes Verhalten (Gruppendynamik, Massenschlägerei) Schlüsse darauf zulassen, ob beim Angeklagten eine Jugendverfehlung vorliegt. Vielmehr können gerade die genannten Umstände in besonderer Weise auf das Vorliegen einer Jugendverfehlung hinweisen.
5. Daß Straftaten wie die abzuurteilende auch von Tätern über 21 Jahren begangen werden können, schließt die Annahme einer Jugendverfehlung nicht aus. Dies bezieht sich nicht nur auf das abstrakte Delikt - Delikte, die schon als solche ausschließlich von Tätern unter 21 Jahren begangen würden, gibt es nicht - sondern auf die konkreten Umstände, die Motive und das Erscheinungsbild der Tat.
6. Das Gericht hat bei der Prüfung von § 105 Abs. 1 Nr. 2 JGG einen weiten tatrichterlichen Beurteilungsspielraum (vgl. BGH NStZ-RR 1999, 26, 27; StV 1991, 424).
1. Die "Scheinsozietät" eines Wirtschaftsprüfers ist keine Sozietät im Sinne von § 38 Abs. 1 Nr. 1 lit. d und e, § 44b Abs. 4 Satz 1 WPO. (BGHSt)
2. Wenn mehrere Rechtsanwälte, zwischen denen keine Sozietät, sondern etwa nur ein Anstellungsverhältnis besteht, nach außen hin durch gemeinsames Praxisschild, Briefbögen, Stempel usw. den Anschein einer Sozietät erwecken, so erzeugen sie gegenüber dem Rechtsverkehr den Anschein, daß der einzelne handelnde Rechtsanwalt sie sämtlich vertritt. An diesem von ihnen gesetzten Rechtsschein müssen sich deshalb alle Rechtsanwälte festhalten lassen. (BGHZ 70, 247, 249; BGH NJW 1999, 3040, 3041). Diese Grundsätze gelten auch für die Berufsgruppe der Steuerberater und auch bei der "Scheinsozietät" eines Wirtschaftsprüfers mit Rechtsanwälten und Steuerberatern. (Bearbeiter)
3. Durch die Eintragung einer "Scheinsozietät" als einer vermeintlichen Sozietät würde das Berufsregister unrichtig. (Bearbeiter)
1. Für Teile von Kriegswaffen, die als solche nicht in der Kriegswaffenliste aufgeführt sind, die aber als wesentliche Teile von Schußwaffen nach § 3 Abs. 1 und 2 WaffG erfaßt sind, verbleibt es bei der Anwendung der Vorschriften des Waffengesetzes (hier: Griffstücke von Maschinenpistolen). (BGH)
2. Wesentliche Teile von Schußwaffen werden den Schußwaffen nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 und 2 WaffG auch dann gleichgestellt, wenn es sich um tragbare Schußwaffen handelt, die unter das Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen fallen und auf die die in § 6 Abs. 3 Halbs. 2 WaffG genannten Vorschriften des Waffengesetzes anwendbar sind. (BGH)