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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Juli 2025
26. Jahrgang
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1. Die streng formale Betrachtungsweise beim Abrechnungsbetrug gilt auch bei nicht ordnungsgemäß (gar nicht oder unvollständig) dokumentierte Corona-Testungen, soweit die ordnungsgemäße Dokumentation Voraussetzung der Abrechnung ist. Auch bei streng formaler Betrachtungsweise folgt jedoch nicht, dass durch die Abrechnung fingierter oder formal mangelbehafteter Leistungen auch der Vergütungsanspruch für abgrenzbare vollkommen ordnungsgemäße Leistungen entfiele. Der Anspruch entfällt nur insoweit in seiner Gesamtheit, als er von dem Abrechnungsmangel konkret betroffen ist. Eine „Kontamination“ der Gesamtabrechnung von Corona-Testungen war weder § 7a TestV in der hier maßgeblichen Fassung zu entnehmen noch aus sonstigen Gründen geboten.
2. Ein Vermögensschaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB tritt ein, wenn die Vermögensverfügung des Getäuschten bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts seines Vermögens führt (Prinzip der Gesamtsaldierung). Maßgebend ist dabei der Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswertes unmittelbar vor und nach der Verfügung. In den für die Schadensbetrachtung anzustellenden Vermögensvergleich muss eine Vermögensmehrung beim Verfügenden einbezogen werden, wenn der Vermögenszuwachs unmittelbar durch die Verfügung erfolgt ist. Unmittelbar bedeutet, dass die Vermögensverfügung selbst Vorteil und Nachteil zugleich hervorbringt.
3. In Fällen, in denen der Zahlungsempfänger eine Leistung vorab erbringt und anschließend im Rahmen der Abrechnung über das Vorliegen tatsächlicher Anspruchsvoraussetzungen täuscht, ist grundsätzlich der gesamte ausgezahlte Betrag als Betrugsschaden anzusehen. Der Wert der zuvor erbrachten Leistung ist in diesem Falle nicht entgegenzurechnen.
4. Sowohl die Anordnung der Einziehung als auch der Verzicht auf Gegenstände, die ansonsten nach § 74 Abs. 1 StGB eingezogen werden könnten, können einen Strafmilderungsgrund darstellen. Eine Anordnung nach § 74 Abs. 1 StGB hat den Charakter einer Nebenstrafe; wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, so ist dies deshalb ein bestimmender Gesichtspunkt für die
Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen.
5. Bei der Einziehung von Tatmitteln nach § 74 StGB muss erkennbar sein, dass sich der Tatrichter bewusst war, eine Ermessensentscheidung zu treffen, und er von diesem Ermessen Gebrauch gemacht hat. Der Hinweis, der Angeklagte habe im Rahmen der Hauptverhandlung auf die Herausgabe der Asservate verzichtet, genügt insoweit nicht, wenn der jeweilige Gegenstand nicht sowohl als Einziehungsgegenstand als auch als Asservat im Urteil oder zumindest in der Anklageschrift benannt ist.
1. Zur Berechnung des Vermögensschadens beim Abrechnungsbetrug mit nicht ordnungsgemäß dokumentierten Corona-Tests.
2. Sowohl die Anordnung der Einziehung als auch der Verzicht auf Gegenstände, die ansonsten nach § 74 Abs. 1 StGB eingezogen werden könnten, können einen Strafmilderungsgrund darstellen. Eine Anordnung nach § 74 Abs. 1 StGB hat den Charakter einer Nebenstrafe; wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, so ist dies deshalb ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen.
3. Bei der Einziehung von Tatmitteln nach § 74 StGB muss erkennbar sein, dass sich der Tatrichter bewusst war, eine Ermessensentscheidung zu treffen, und er von diesem Ermessen Gebrauch gemacht hat. Der Hinweis, der Angeklagte habe im Rahmen der Hauptverhandlung auf die Herausgabe der Asservate verzichtet, genügt insoweit nicht, wenn der jeweilige Gegenstand nicht sowohl als Einziehungsgegenstand als auch als Asservat im Urteil oder zumindest in der Anklageschrift benannt ist.
1. Dem Bestimmen einer Person unter 18 Jahren zum Handel mit Cannabis (§ 34 Abs. 4 Nr. 2 KCanG). steht nicht entgegen, dass die zu bestimmenden Personen bereits allgemein zu derartigen Taten bereit waren. Die erforderliche Einflussnahme auf den Willen eines anderen ist in einem solchen Fall gleichwohl gegeben, wenn der Minderjährige erst durch die Übergabe des Rauschgifts mit der Anweisung, dieses zu bestimmten Bedingungen an einem bestimmten Ort zu verkaufen, zu der konkreten Tat des Handeltreibens veranlasst wird.
2. Bestimmt der Täter einer Tat nach § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG bei seinem auf den Umsatz einer Menge gerichteten Handeln zugleich eine Person unter 18 Jahren dazu, mit dieser Menge selbst Handel zu treiben oder das Handeltreiben des Täters zu fördern, so stehen dieses Handeltreiben und das Bestimmen wegen ihres verschiedenartigen Unrechtsgehalts in Tateinheit.
Der Anbau von Cannabispflanzen zum Zweck des gewinnbringenden Verkaufs stellt nach allgemeinen Grundsätzen nur einen unselbständigen Teilakt des Handeltreibens mit Cannabis dar und geht im Wege der Bewertungseinheit in diesem Tatbestand auf.
1. Schädliche Neigungen im Sinne des § 17 Abs. 2 JGG sind erhebliche Anlage- oder Erziehungsmängel, die ohne längere Gesamterziehung des Täters die Gefahr weiterer Straftaten begründen. Diese müssen schon vor der Tat – wenn auch unter Umständen verborgen – angelegt gewesen sein und noch zum Urteilszeitpunkt bestehen.
2. Nach § 45 Abs. 1 JGG bzw. § 47 JGG eingestellte, also nicht mit einer Schuldfeststellung verbundene Strafverfahren gegen den angeklagten Jugendlichen sind nicht geeignet, schädliche Neigungen zu begründen.
3. Gleiches gilt aufgrund der Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK erst recht für laufende Straf- bzw. Ermittlungsverfahren.
Gemäß § 18 Abs. 2 JGG ist die Jugendstrafe so zu bemessen, dass die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist. Der Erziehungsgedanke verliert aber mit fortschreitendem Alter des Täters an Bedeutung. Insbesondere bei besonders gravierenden Straftaten tritt das Erfordernis des gerechten Schuldausgleichs immer mehr in den Vordergrund. War der Täter zur Tatzeit gerade noch
Heranwachsender, ist er im Urteilszeitpunkt bereits Erwachsener und gebietet bei besonders schweren Taten der Strafzweck des gerechten Schuldausgleichs die Verhängung einer Jugendstrafe ohne Rücksicht auf eine fortbestehende Erziehungsbedürftigkeit, kann die Höhe der Jugendstrafe nicht „vorrangig nach erzieherischen Gesichtspunkten“ bemessen werden.