HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

März 2022
23. Jahrgang
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Schrifttum

Walther, Franziska Maria: Der "Vollrausch" als Straftat (§ 323a StGB) – Zur Legitimation der rechtlichen Missbilligung (abstrakt) gefährlicher Verhaltensweisen und ihrer Sanktionierung, Duncker & Humblot, Strafrechtliche Abhandlungen, Band 300, 2021, 163 S., ISBN: 978-3-428-18141-4).

Spendel bezeichnete den Vollrausch mit Fug und Recht als eine der umstrittensten, wenn nicht gar die strittigste Strafvorschrift des ganzen Strafgesetzbuchs (LK, 11. Aufl. 2005, § 323 Rn. 1). Dieser Umstand führte dazu, dass seit Einführung des Vollrauschtatbestands durch das Gewohnheitsverbrechergesetz von 1933 nicht nur zahlreiche Monographien und Zeitschriftenbeiträge erschienen sind, sondern auch die meisten Kommentierungen zu § 323a StGB einen geradezu monographisch anmutenden Umfang einnehmen. § 323a StGB und die mit ihm einhergehenden Probleme (auch um dessen Legitimation) könnte man vor diesem Hintergrund als "ausgeschrieben" bezeichnen. Umso mehr darf man darauf gespannt sein, was Walther mit ihrer von Georg Freund betreuten und 2021 veröffentlichten Marburger Dissertation Neues beitragen kann und will.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Das von der Verf. erkannte Ergebnis ist nicht neu und auch der von ihr skizzierte Weg dorthin enthält kaum innovatives Neues; anderes gilt für den unterbreiteten Gesetzesvorschlag de lege ferenda. Nach Ansicht der Verf. stellt § 323a Abs. 1 StGB seiner Deliktsnatur nach ein fahrlässiges Erfolgsdelikt dar, demgemäß der Täter nur dann strafbar ist, "wenn er nach seinen individuellen Verhältnissen im Zeitpunkt des Sichberauschens zumindest erkennen und vermeiden konnte, dass es zu der Rauschtat kommt, und wenn er genau dies von Rechts wegen vermeiden musste" (vgl. die zusammenfassende Schlussbetrachtung, S. 146 ff.). Dabei soll aber nicht verschwiegen werden, dass es der Verf. durchaus gelingt, die Probleme des § 323a StGB auf 138 Seiten (reiner Textumfang) konzise und prägnant darzustellen und einer bedenkenswerten Lösung zuzuführen. Die wesentlichen Gedankenschritte dieser Lösung sollen iRd Rezension dargestellt werden, um sich am Ende kritisch mit dem Ergebnis auseinanderzusetzen.

Die Arbeit ist klar in sechs Teile gegliedert, lässt durchweg einen roten Faden erkennen und ist stets leserlich und gut verständlich geschrieben: Nachdem im Ersten Teil kurz in die Problemstellung eingeführt und ein historischer Abriss zum Vollrauschtatbestand gegeben wird (S. 11-15), projiziert Verf. die Grundlagen ihrer Problemlösung zunächst in abstrakter Weise, wobei sie insb. den Fragen nach der Legitimation von Strafe und der Zulässigkeit von Verhaltens- und Sanktionsnorm im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nachgeht (Zweiter Teil; S. 16-41). Die abstrakten Grundsätze finden im Dritten Teil Anwendung auf den Straftatbestand des § 323a Abs. 1 StGB (S. 42-85). Die daraus gewonnen Erkenntnisse werden im Vierten Teil für die Bestimmung des Deliktstypus des § 323a Abs. 1 StGB fruchtbar gemacht, wobei sich die Verf. mit den unterschiedlichen von Rechtsprechung und Literatur vertretenen Konzepten auseinandersetzt (S. 86-130). Im Fünften Teil skizziert Verf. die "Konsequenzen für die Strafzumessung, den richtigen Schuldspruch, die Konkurrenzen und Erwägungen lege ferenda" auf knapp 14 Seiten (S. 131-145), bevor schlussbetrachtend die Ergebnisse zusammengefasst und die rechtspolitischen Konsequenzen aufzeigt werden (Sechster Teil; S. 146-148).

Durchweg orientiert sich Verf. eng an den Lehren ihres Doktorvaters Freund, der in seiner 2020 erschienen Kommentierung zu § 323a StGB die weitgehend selben Ergebnisse bereits publizierte (ders., in: Hdb. des Strafrechts, Bd. 5, Strafrecht Besonderer Teil II, 2020, § 46). Dies gilt insbesondere auch für die (auf Binding zurückgehende und von Freund vielerorts fortentwickelte) Unterscheidung zwischen Verhaltens- und Sanktionsnorm, welche die Verf. ihrer Arbeit als Grundlage der Problemlösung voranstellt (S. 20 ff.). Hiernach betreibt das Strafgesetz (Sanktionsnorm) bekanntlich nur mittelbaren Rechtsgüterschutz, indem es die Geltungskraft der der Sanktionsnorm vorgelagerten (ungeschriebenen) Verhaltensnorm sichert. Verständlich wird dargelegt, dass in einem rechtsstaatlichen Strafrecht sowohl Verhaltens- als auch Sanktionsnorm dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen müssen, indem sie – jeweils für sich genommen – einem legitimen Ziel dienen, hierfür geeignet, erforderlich und angemessen sind (hierzu S. 28). Dabei setzt sich Verf. auch mit jenen Kritikern auseinander (S. 37 ff.), welche den Unterschied zwischen Verhaltens- und Sanktionsnorm bestreiten (stellvertretend dafür dezidiert Herzberg, ZIS 2021, 420 ff., auch wenn sich Verf. mit dessen Kritik angesichts des Erscheinungsdatums nicht mehr auseinandersetzen konnte).

Überzeugend führt Verf. aus, dass Bezugspunkt der Verhaltensnorm nicht die Rauschtat, sondern nur das Sichberauschen sein kann, weil eine Verhaltensnorm einen legitimen Zweck nicht erfüllen kann, wenn sie sich an einen Schuldunfähigen richtet (S. 46 ff.). Aber auch eine am bloßen Sichberauschen orientierte Verhaltensnorm hält Verf. mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz für nicht vereinbar, weil sie die allgemeine Handlungsfreiheit – zumal in Anbetracht der sozialen Adäquanz des Alkoholgenusses in westlichen Gesellschaften – unangemessen beeinträchtige (S. 58 ff.). Die Ausführungen provozieren den Rezensenten nicht etwa deshalb zu Widerspruch, weil er ein strikter Verächter alkoholischer Getränke wäre als vielmehr aus dem Grunde heraus, dass Verf. hierbei letztlich demselben Irrtum wie viele andere Diskutanten auch unterliegt, die in § 323a StGB so etwas wie den Anfang der Prohibition erkennen wollen. Darum geht es § 323a Abs. 1 StGB aber gerade nicht; vielmehr statuiert § 323a StGB nur das dahingehende Verbot, berauschende Mittel bis zum Zustand nicht mehr ausschließbarer Schuldunfähigkeit zu konsumieren (vgl. bereits Puppe, GA 1974, 98[110]). Das erkennt im Ausgangspunkt auch die Verf., wenn sie die am Verhältnismäßigkeitsprinzip gemessene Verhaltensnorm wie folgt formuliert: "Du darfst dich nicht durch alkoholische Getränke oder andere Mittel bis zum Zustand der nicht ausschließbaren

Schuldunfähigkeit berauschen". Deshalb geht die Frage, ob der Alkoholgenuss als solcher in Deutschland sozialadäquat ist, am Wesentlichen vorbei. Richtigerweise ist sie allein darauf zu konkretisieren, ob auch ein so übermäßiger Alkoholgenuss noch als sozialadäquat angesehen werden kann, der die Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit des Konsumenten (nicht ausschließbar) ausschließt. Das dürfte aufgrund der von der Verf. zitierten (S. 58 f.) und in BGHSt 1, 124 (125 f.) genannten Gründe kaum der Fall sein, mag der Rausch bei zahlreichen Bürgern auch einen "harmlosen" Verlauf nehmen. Der von der Verf. im Folgenden projizierte Maßstab, wonach ein verfassungsrechtlich legitimierbares Verbot des Vollrauschs hinreichende Anhaltspunkte dafür erfordere, dass der Konsum in concreto zu bestimmten Übergriffen führen kann ("Du darfst dich nicht berauschen, wenn und weil du dadurch aufgrund deiner persönlichen Neigungen rauschbedingt für Rechtsgüter anderer zu gefährlich werden könntest"[S.75]) erscheint vor diesem Hintergrund verfassungsrechtlich nicht zweifelsfrei belegt. Auf der Grundlage der so gewonnen Verhaltensnorm prüft Verf. im Folgenden die Verhältnismäßigkeit der darauf bezugnehmenden Sanktionsnorm, die vor dem Hintergrund der eng gefassten – weil (volle) Fahrlässigkeit im Bezug auf die später konkret begangene Rauschtat voraussetzenden (vgl. dazu an späterer Stelle, S. 116 f.) – Verhaltensnorm weitgehend unproblematisch (und insoweit zu Recht) angenommen wird (S. 76 ff.).

Im Folgenden setzt sich Verf. eingehend mit den zu § 323a StGB vertretenen Konzeptionen zur Tatbestandsstruktur auseinander. Vor dem Hintergrund der legitimierbaren Verhaltensnorm, die nach Ansicht der Verf. einen Fahrlässigkeitsbezug zur Rauschtat verlangt, ist eigentlich schon entschieden, dass § 323a StGB kein abstraktes Gefährdungsdelikt darstellt, bei der die Rauschtat nur objektive Bedingung der Strafbarkeit darstellt (iErg. S. 99). Verf. sieht in einer solchen Betrachtung überdies einen Verstoß gegen das Schuldprinzip: Hierfür kann sie zum einen die Rechtsprechung, welche die Schwere der Rauschtat – obwohl als objektive Bedingung der Strafbarkeit verstanden – für die Strafzumessungsschuld (contra legem § 46 Abs. 2 S. 2 StGB – "verschuldete[]Auswirkungen der Tat") heranziehen will (so zuletzt BGH NStZ-RR 2020, 250), zum anderen das unschlüssige Normgefälle zwischen § 323a Abs. 1 StGB und § 122 Abs. 1 OWiG anführen. Mit ähnlicher Begründung lehnt Verf. jenes Modell ab, wonach § 323a Abs. 1 StGB eine Ausnahmevorschrift zu den §§ 20, 21 StGB darstellen soll (S. 99 ff.). Schließlich erteilt sie auch der Konzeption des § 323a Abs. 1 StGB als einem konkreten Gefährdungsdelikt eine Absage. Sie begründet das damit, dass für § 323a Abs. 1 StGB nicht nur die konkrete Gefahr einer Rauschtat ausreiche, sondern es zur Begehung einer Rauschtat gekommen sein muss; daraus schließt sie auf ein Verletzungsdelikt (S. 110), für das der bloße Eintritt einer Gefährdung nicht ausreiche. Ob sie damit jener Meinungsgruppe gerecht wird, die im Vollrauschtatbestand ein konkretes Gefährdungsdelikt erkennen, erscheint fraglich. Denn Ansatz verleugnet freilich nicht die Notwendigkeit der tatsächlichen Begehung einer Rauschtat; vielmehr begrenzt er das Unrecht auf Fälle des sog. "qualifizierten Sich-Betrinkens" (teils auch: "unter besonderen gefahrbegründenden Umständen"), bei dem sich der Täter der objektiven Gemeingefährlichkeit des Rausches bewusst sein muss. Nur unter diesen, im Einzelnen umstrittenen Anforderungen an die subjektive Vorhersehbarkeit (irgendeine Rauschtat oder Rauschtat von der Art der eingetretenen) lässt sich hiernach der Strafrahmen von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe hinreichend rechtfertigen (vgl. hierzu exempl. MüKo-StGB/Geisler, 3. Aufl. 2019, § 323a Rn. 9). Im Ergebnis ist aber richtig, dass auch diese Konzeption hinter jener der Verfasserin zurückbleibt, die "volle" Fahrlässigkeit im Bezug auf die Rauschtat fordert.

Soweit Verf. ihr Verständnis von § 323a Abs. 1 StGB (fahrlässiges Erfolgsdelikt) im Folgenden kritisch, etwa im Hinblick auf den unzureichenden Anwendungsbereich neben der actio libera in causa oder daraus resultierende Strafbarkeitslücken, hinterfragt, gelingt es ihr, diese Einwände argumentativ auszuräumen (S. 115 ff.; zu weiteren[nicht gesehenen] Kritikpunkten s.u.); überdies lässt ihr Verständnis von der Vorschrift das Rechtsfolgengefälle zwischen § 323a Abs. 1 StGB und § 122 Abs. 1 OWiG unschwer erklären (dazu S. 113ff.) und Zweifel an der Vereinbarkeit der Vorschrift mit dem Schuldprinzip nicht aufkommen (S. 129). Zuletzt macht Verf. einen Gesetzesvorschlag de lege ferenda, welcher die gewonnenen Erkenntnisse im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck bringt: Die umbenannte "Unerlaubte Berauschung" besteht aus einer Handlungs- (Versetzen "in einen zu gefährlichen Rausch") und Erfolgskomponente ("und dadurch wenigstens fahrlässig eine rechtswidrige Tat begeht"), die sich durch eine Vorsatz-Fahrlässigkeits- und Fahrlässigkeits-Fahrlässigkeitskonstruktion verwirklichen lassen. Der neu eingeführte Begriff des "zu gefährlichen Rauschs" erscheint aber eher noch problematischer als es der bisherige Rauschbegriff ohnehin schon ist, zumal Verf. auf die Benennung der eingetretenen Schuldunfähigkeit bzw. nicht ausschließbaren Schuldunfähigkeit im Gesetzeswortlaut verzichtet. In Abs. 4 erfolgt eine Definition des Rauschs; in Abs. 5 wird der Berauschung das Versetzen in einen gefährlichen Zustand auf andere Weise (etwa mittels eines technischen Geräts) gleichgestellt, wobei Verf. offenbar Fälle eines "Hirnschrittmachers" vor Augen hat, ohne dass der Leser erfährt, was es damit genau auf sich hat (S. 142). Alternativ bringt Verf. einen neuen § 15 Abs. 2 StGB ins Spiel, wonach eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit allgemein für Fälle angeordnet wird, "wenn sich ein Täter vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen zu gefährlichen Rausch versetzt und dadurch wenigstens fahrlässig eine rechtswidrige Tat begeht".

Die unterbreiteten Gesetzesvorschläge dürfen freilich nicht den Blick darauf verschränken, dass es der Verf. in den vorangehenden 129 Seiten darum ging, bereits die derzeit geltende Gesetzesfassung entsprechend auszulegen. Hierbei beruft sich Verf. letztlich auf die Auslegungsmethode der verfassungskonformen Auslegung (S. 139), übersieht dabei aber (wie zahlreiche andere Autoren auch, weshalb der Vorwurf ihr[allein]keineswegs zu machen ist), dass mit einer solchen "Gesetzesumdeutung" die Grenzen der Gesetzesauslegung längst überschritten sind. Die verfassungskonforme Auslegung erspart dem Gesetzgeber das Verdikt der Verfassungswidrigkeit (vgl. Dürig/Herzog/Scholz/Walter, Kommentar GG, 95. EL – Juli 2021, Art. 93 Rn. 112) und ist von der Vermutung getragen, dass sich der Gesetzgeber verfassungskonform verhalten will (vgl. BVerfGE 2, 266[282]). Die Auslegungsgrenzen markieren – neben dem im Strafrecht besonders bedeutsamen Wortlaut (Art. 103 Abs. 2 GG) – auch gesetzgeberische Absichten, Grundentscheidungen und Wertungen (vgl. zuletzt im Zshg. mit dem Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung BVerfGE 153, 182[307]mwN). Dann nämlich versagt der der verfassungskonformen Auslegung zugrundeliegende Gedanke, wonach sich der Gesetzgeber verfassungskonform verhalten will; im Gegenteil möchte er das Gesetz genau so ausgelegt haben, wie er es in der Gesetzesbegründung dargelegt hat. Eine anderslautende (vermeintlich) "verfassungskonforme" Auslegung wäre ihrerseits verfassungswidrig, weil sie einer originären judikativen Rechtsetzung gleichkäme, womit die Strafbarkeit – entgegen Art. 103 Abs. 2 GG – nicht mehr "gesetzlich" bestimmt wäre (BVerfGE 153, 182[307 f.]).

So liegt es auch bei § 323a StGB. In der Historie des § 323a StGB hat der Gesetzgeber nie einen Zweifel daran gelassen, dass er die Rauschtat als objektive Bedingung der Straftat verstanden wissen wollte. Bereits in der Amtlichen Begründung zu § 330a StGB im Jahr 1933 hieß es, dass er das Verhalten des Täters (über die mithilfe der actio libera in causa abzuurteilenden Fälle hinaus) auch dann für strafwürdig erachtet, wenn sich der Täter schuldhaft in einen Rausch versetzt, obwohl er nicht damit

rechnet, in diesem Zustand eine strafbare Handlung zu begehen (vgl. Erste Beilage zum Reichsanzeiger v. 27.11.1933, Nr. 277). Später glich der Gesetzgeber § 330a StGB ausdrücklich an die Fassung des § 122 OWiG an (BT-Drs. 7/550, S. 268), dessen "mit Geldbuße bedrohte Handlung" er offen als objektive Bedingung der Ahndung bezeichnete (vgl. BT-Drs. 5/1269, S. 66). Vor diesem Hintergrund geht es nicht an, den gesetzgeberischen Willen unter dem Vorwand einer verfassungskonformen Auslegung zu missachten und die Strafvorschrift von einem abstrakten Gefährdungsdelikt mit objektiver Strafbarkeitsbedingung in ein fahrlässiges Erfolgsdelikt eigenwillig umzudeuten. Auch bleibt unbeantwortet, wie sich eine solche Auslegung mit § 15 StGB verträgt, der für eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit deren gesetzliche Normierung verlangt. Aus § 323a Abs. 1 StGB erschließt sich diese ebenso wenig wie aus § 18 StGB, weil nicht erkennbar ist, dass der Eintritt der Rauschtat eine "schwerere" Strafe (ggü. was?) nach sich zieht (vgl. Mitsch, in: Baumann/Weber/Mitsch/Eisele, Strafrecht Allgemeiner Teil, 13. Aufl. 2021, § 20 Rn. 7).

Konsequenterweise müssten also diejenigen, die im (bloßen) "Sich-in einen-Rausch-versetzen" kein strafwürdiges Unrecht erblicken wollen, § 323a StGB für verfassungswidrig erklären. Zwingend ist das freilich nicht, zumal die Verfassung dem Gesetzgeber bei der Schaffung von Strafvorschriften einen weiten Beurteilungsspielraum zugesteht; auf die fortbestehenden Probleme unter einem solchen Verständnis (zuvorderst der überhöhte Strafrahmen und das unerklärliche Normgefälle zwischen § 323a StGB und § 122 OWiG) hat die Verf. zu Recht hingewiesen. Über die alten Probleme einer Strafvorschrift immer wieder von Neuem nachzudenken, ist denn auch das Verdienst von Walthers Dissertation zum Vollrausch.

Dr. Maximilian Lenk, Tübingen