HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Mai 2016
17. Jahrgang
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Aufsätze und Entscheidungsanmerkungen

Fallstricke des Mordtatbestandes

Von Professor Dr. Pierre Hauck LL.M. (Sussex), Trier[*]

Spätestens mit der Präsentation des Gutachtens der vom BMJ eingesetzten Expertengruppe zur Reform der Tötungsdelikte am 29. Juni 2015 ist die Gesetzgebung zur Reform des Mordtatbestandes in Gang gekommen und seit Ende März 2016 werden Details eines Referentenentwurfs öffentlich diskutiert.[1] Würde man angesichts dieser Entwicklung heute den Versuch unternehmen, die jahrzehntelange Diskussion um die Reform der Tötungsdelikte um ein weiteres Konzept zu erweitern, würde man Eulen nach Athen tragen. Denn Vorschläge gibt es genug.[2] Manches bedarf aber der Klarstellung. Hellhörig machen insbesondere Bemerkungen über die Entbehrlichkeit von Mordmerkmalen im Tatbestand (I.), die Bemühung der "Sicherheit der Allgemeinheit" als Leitprinzip (II.), die Leugnung des Tatstrafrechts unter Verweis auf eine Lehre vom Tätertyp (III. 2., 3.) und der dazu passende Ansatz, subjektive Qualifikationsmerkmale aus dem Tatbestand zu verbannen (III. 1.), ferner die angebliche Unhaltbarkeit des dreistufigen Konzepts von Grunddelikt, Qualifikation und Privilegierung (IV.) oder die "historisch schwere Belastung" des gesamten Tatbestands (V.). Der vorliegende Beitrag greift diese Vorstöße auf und unterzieht sie einer gebotenen kritischen Würdigung. Damit bietet er eine Gelegenheit, das ein oder andere Reformziel noch einmal zu überdenken, bevor es zum Gesetz wird.

I. Rechtsstaatliche Vorgaben: Gesetzesrecht statt Richterrecht

Das Rechtsgut Leben fordert staatlichen Schutz.[3] Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verpflichtet wegen Art. 1 Abs. 3 GG alle Staatsgewalt. In besonderem Maße formulieren Art. 103 Abs. 2 GG und § 1 StGB mit dem Gesetzlichkeitsprinzip des nullum crimen sine lege scripta für die Strafbarkeit der Tötungsdelikte einen Vorbehalt an die Adresse der Gesetzgebung.[4] Diese Pflicht erfüllt die Legislative nur, wenn sie und keine andere Gewalt die Voraussetzungen der Strafbarkeit in möglichst unmissverständlichen Tatbestandsmerkmalen von formellen Gesetzen ausformu-

liert.[5] Diese inhaltlich weitestmöglich präzise Definition des Strafbaren ist damit eine originäre Aufgabe des Parlamentsgesetzgebers und nicht eine solche der Rechtsprechung.[6] Denn nur er und niemand sonst hat "die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret zu umschreiben, dass Anwendungsbereich und Tragweite der Straftatbestände sich aus dem Wortlaut ergeben oder jedenfalls durch Auslegung ermitteln lassen"[7].

Wenn das anderenorts wegen einem fehlenden "Bedürfnis nach einer gesetzliche[n] Differenzierung zwischen 'weniger gravierenden' und 'heimtückischen' Tötungen"[8] anders gesehen wird, und wenn eine solche "taugliche Formulierung", die keine differenzierte Tatbestandsmäßigkeit für verschiedenste Formen von vorsätzlichen Tötungen bereithält, sondern für ein und denselben Einheitstatbestand eine Rechtsfolge "von zehn bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe" vorsieht, im gerichtlichen Alltag "gut handhabbar" erscheint oder alle damit "gut leben können",[9] ist das für das deutsche Recht aus den genannten Gründen schlicht inakzeptabel. Denn ebenso wie die Behauptung, "dass es weder über eine begriffliche Definition noch über Regelbeispiele noch über Kasuistik gelingt,[…]die höchststrafwürdige Tat von anderen, weniger gravierenden trennscharf tatbestandlich zu unterscheiden"[10], ändert all das nichts an der rechtsstaatlichen Unerträglichkeit, die zur Verhaltenssteuerung vorsorglich benötigte Definition der Höchststrafwürdigkeit einer erst im Nachhinein handelnden richterlichen Rechtsfindung zu überlassen.[11]

Freilich wird eine solche offene Tatbestandsformulierung ohne Einzelmerkmale mit dem Hinweis zu rechtfertigen versucht, dass schon de lege lata mit Blick auf die "niedrigen Beweggründe" und angesichts des § 212 Abs. 2 StGB ein weiter richterlicher Gestaltungsspielraum bei der Ausurteilung von Tötungsdelikten bestehe; zudem könne unter der Geltung des § 46 StGB von richterlichem Belieben keine Rede sein.[12] Aber dass das Merkmal der niedrigen Beweggründe nicht gerade als bestes Beispiel für tatbestandliche Bestimmtheit taugt,[13] ist doch kein Argument dafür, mit ihm auch sämtliche anderen Tatbestandsmerkmale zu verwerfen, die durchaus zur Konkretisierung erhöhten Handlungsunrechts in der Lage sind. Das wäre so, als würde man bei einer Wettervorhersage von einer Stunde Schauer bei ansonsten prognostiziertem eitlen Sonnenschein lieber gleich ganz zu Hause bleiben, weil es ja kurz regnen könnte. Ferner erweist es sich als denkbar schlechte Idee, ausgerechnet § 212 Abs. 2 StGB als Modell für eine "offene" Tatbestandsformulierung Pate stehen zu lassen. Denn dieser Tatbestand wurde vom BVerfG 1978 zwar als verfassungsmäßig angesehen, doch gilt diese Entscheidung seit BVerfGE 105, 135 als überholt.[14] Und schließlich kann die Begrenzung richterlicher Entscheidungsmacht auf der Rechtsfolgenseite im Rahmen der Strafzumessung gem. § 46 StGB nicht als Ausgleich für eine mangelnde Bestimmtheit auf der Tatbestandsseite dienen. Denn die Tür zur Rechtsfolge lässt sich eben nur mit dem Schlüssel der Tatbestandsmäßigkeit öffnen.

Der einzig verbleibende Vorzug eines solchen "Rechtsprechungsmodells" ist der in ihm bereits angelegte Verzicht auf den Automatismus lebenslanger Freiheitsstrafe.[15] Denn bei der Durchbrechung dieser unangemessenen Zwangsläufigkeit handelt es sich um nicht weniger als ein langjähriges rechtspolitisches Desiderat,[16] das aus Gründen der Rechtssicherheit am besten gleich durch dasselbe Gesetz umgesetzt wird, das die Mordmerkmale bestimmt.

II. Das alleinige Leitprinzip des erhöhten Tötungshandlungsunwerts

1. Vorgaben der allgemeinen Verbrechenslehre

Aber nicht nur wegen der Gewaltenteilung, sondern auch als Begriff und Gegenstand der Verbrechenslehre bedarf der Mordtatbestand einer materiellen Inhaltsbestimmung im Gesetz. Denn er hat wie der Tatbestand des Totschlags die Aufgabe, Tötungsunrecht zu definieren. Er muss aus diesem Grund diejenigen Merkmale umfassen und diese auch als solche benennen, die das Verbrechen des Mordes als solches kennzeichnen und es von anderen Tötungsdelikten unterscheiden.[17] Mit dieser sachlichen Inhaltsbestimmung erhält der Tatbestand des Mordes als "Deliktstypus"[18] zugleich den Gehalt und das Potential eines Systembegriffs. Als solcher ist er in der Lage, zwei we-

sentliche Aufgaben zu erfüllen: Erstens vermittelt der Mordtatbestand damit ein Schutzwertkonzept der höchststrafwürdigen Angriffe auf das Rechtsgut Leben und legt damit Kriterien über den Sinn und die Tragweite solcher Wertgesichtspunkte offen.[19] Wenn der Mordtatbestand auf diese Weise den Bereich des Höchststrafwürdigen eindeutig markiert, bietet er zugleich zweitens einen Ausgangspunkt, einen "Grund- und Eckstein"[20], für die Systematisierung des Besonderen Teils der Tötungsdelikte.[21] Er steht an der Spitze des Strafbaren. Alle anderen Deliktstatbestände sind weniger strafwürdig, weil sie entweder geringwertigere Rechtsgüter betreffen oder das Rechtsgut Leben in einer weniger strafwürdigen Weise beeinträchtigen.

Bei einem Erfolgsdelikt, bei dem es wie beim Mordtatbestand zu einer von der Tathandlung räumlich und zeitlich getrennten Einwirkung auf das Schutzobjekt kommt,[22] sind der Handlungs- und der Erfolgsunwert sodann diejenigen Elemente, die diesen materiellen Gehalt der Tatbestandsmäßigkeit inhaltlich näher bestimmen lassen.[23] Damit fangen die Probleme an:

2. Die Gleichartigkeit des Todeserfolgs

Die erste Möglichkeit einer näheren Inhaltsbestimmung des Mordtatbestands und seiner Abgrenzung gegenüber anderen Tötungsdelikten erblicken manche nun durchaus darin, den Erfolgsunwert (!) des Mordes vom Erfolgsunwert etwa des Totschlags zu unterscheiden. So werde "durch Grausamkeit (Schmerzintensivierung) und gemeingefährliche Mittel (Gefährdung anderer) bereits der objektive Erfolgsunwert wesentlich erhöht"[24] bzw. könne "die gewaltsame Beendigung des Lebens eines Anderen Dimensionen aufweisen[…], die mit dem bloßen Ende der Hirnfunktion nicht erfasst sind", vielmehr "auch solche Elemente der Tat eine Rolle spielen, die durch personale Nähe begründet"[25] sind.

Eine solche Differenzierung im Erfolgsunwert ist jedoch schon deshalb nicht überzeugend, weil sich selbst ein "einfacher" Totschlag nicht in der bloßen Beendigung der Hirnfunktion erschöpft, sondern vielmehr seinerseits eine Tötungshandlung voraussetzt, die sich in den wenigsten Fällen als sterile neutrale Ursache eines Todeserfolgs denken lässt, ihr vielmehr ebenfalls ein Handlungsunwert innewohnt, den es hier wie dort zu bestimmen gilt. Zudem stehen solche "entfernteren Erfolge"[26] mit der Lebensbeendigung[27] als Folge der von der Tathandlung räumlich und zeitlich getrennten Einwirkung am anderen Menschen als Schutzobjekt der Tötungsdelikte in keinem direkten Zusammenhang und es gilt mit Beling: "Zur Konstruktion des Verbrechens kommen doch eben nur die begrifflich erforderten Erfolge in Betracht. Sonst könnten wir unsere Phantasie spielen lassen und z.B. als Erfolge eines Tötungsdelikts das Entstehen einer Blutlache auf dem Boden, das Entsetzen der Umstehenden, das Zerbrechen des zum Schlagen benützten Knüppels usw. uns ausdenken. Es bedarf keiner Ausführung, daß alles dies außertatbestandliche Erfolge sind, die zur Sache nichts beitragen."[28]

3. Handlungsunwert, Erfolgsunwert und Schuldmerkmale

Lässt man sich Belings Zitat aber einmal auf der Zunge zergehen, wird schnell klar, dass die Unterscheidung zwischen nahen und entfernten Erfolgen im Mordtatbestand heute durchaus eine gewisse Rolle spielt. Denn wenn der Tod eines anderen Menschen bei allen Tötungsdelikten als Erfolgssachverhalt gleich ist, und es sich bei dem "Entsetzen der Umstehenden" um außertatbestandliche Umstände handeln soll, fragt sich doch, weshalb Nebenerfolge wie die abstrakte Gefährdung anderer Menschen beim Einsatz gemeingefährlicher Mittel oder der zusätzliche Körperverletzungserfolg, der durch das besondere Schmerz- und Qualempfinden des Opfers bei der grausamen Tötung ausgelöst wird, aktuell vom Gesetzgeber zum Tatbestand des Mordes gerechnet werden.

All diesen entfernten Erfolgen ist jedoch gemeinsam, dass sie als Lebensgefährdungs- oder Körperverletzungserfolge Handlungseigenschaften bilden, die zum Todeserfolg des Tatbestands lediglich hinzutreten. Ihre Tatbestandsmäßigkeit ändert nichts daran, dass der Todeserfolg beim Mord wie beim Totschlag die einzige vollendungsrelevante Erfolgsvoraussetzung der Strafbarkeit ist. Weil somit der Erfolgsunwert, der Tod eines anderen Menschen, bei allen Tötungserfolgsdelikten derselbe ist, wird die Verschiedenheit im Handlungsunwert zur einzigen übergeordneten Vorgabe, um den materiellen Gehalt der Tatbestandsmäßigkeit in Abgrenzung zu anderen Todeserfolgsdelikten zu bezeichnen. Qualifiziertes Tötungsunrecht kann somit nur durch einen gesteigerten Handlungsunwert begründet werden.[29]

Diese besonderen deliktstypbildenden Eigenschaften der Tötungshandlung sind als Merkmale des Handlungsunwerts unrechtskonstituierende Voraussetzungen der Strafbarkeit und somit – auch im Fall subjektiver Merkmale – nicht lediglich Schuldmerkmale.[30] Denn sonst

würde man ein Definiens des Höchststrafwürdigen außerhalb der Tatbestandsmäßigkeit platzieren, was sowohl gegen das Gesetzlichkeitsprinzip (nullum crimen sine lege scripta) verstoßen als auch die Wertungsstufe der Schuldhaftigkeit schlichtweg überfordern würde. Denn dort geht es um nicht weniger, aber eben auch um nicht mehr als die persönliche Vorwerfbarkeit einer rechtswidrigen Tatbestandsverwirklichung als Ausdruck einer fehlerhaften Einstellung zu rechtlichen Normen.[31]

4. Die grundlagenwissenschaftliche Bestimmung des erhöhten Tötungshandlungsunwerts

Sucht man nun nach Kriterien für diese "hervorragend schlechte Handlung"[32], so bietet es sich an, für das Leitprinzip des erhöhten Handlungsunwerts all das zu berücksichtigen, was zum Ausgangspunkt einer normativen Unwerterhöhung werden kann.[33] Gefragt sind damit wertende Kriterien wie etwa sozialethische Faktoren für die Erhöhung des Handlungsunwerts, z.B. die schon historisch belegte Verwerflichkeit und die besondere Gefährlichkeit der Tatbegehung. Damit würde das Strafrecht nicht nur direkt Bezug nehmen auf solche ethischen Vorwertungen, es wäre sogar inhaltlich abhängig von solchen ethischen Vorgaben – was ebenso erforderlich wie statthaft ist.

Es geht folglich um eine inhaltliche Ausgestaltung derjenigen Tötungshandlungseigenschaften, die eine Abstufung im Grad des Unwerts zulassen. Nicht maßgeblich sein kann hingegen eine abstrahierte Zweckbestimmung unter Einschluss des Rechtsfolgenbezugs wie etwa die der Sozialschädlichkeit der Tat oder deren Gefahrenpotential für die Lebenssicherheit der Allgemeinheit ("unrechtserhöhende Bedrohung der Lebenssicherheit der Allgemeinheit").[34] Denn diese Leitmotive sind ohne den Erfolgsunwert der Tötungsdelikte nicht konstruierbar. Dieser starke Einbezug des Erfolgsunwerts verwässert hier jedoch den Blick auf die wesentliche Aufgabe, den Handlungsunwert inhaltlich näher zu bestimmen.

Sozialethische Kriterien, die den erhöhten Handlungsunwert begründen können, findet man am besten dort, wo das Rechtsgut Leben über das dafür objektiv erforderliche Maß hinaus beeinträchtigt wird und wo dies unrechtssteigernd wirken kann. Hier ist eine Vielzahl von Kriterien denkbar, sowohl objektive und subjektive, wie auch die besondere Verwerflichkeit oder Gefährlichkeit begründende Umstände.

Stellt man entsprechende Fragen an Grundlagenwissenschaften wie die Medizin, die Kriminologie, insbesondere ihre kriminalsoziologischen Ansätze und die Kriminalpsychologie mit ihren Erkenntnissen zur Aggressionspsychologie und zu psychoanalytischen Konzepten[35], so erhält man bald Antworten (freilich im Sinne einer nicht abschließenden Auswahl): Die meisten Tötungsdelikte geschehen im sozialen Nahraum, also zumindest unter Bekannten, und resultieren oft aus dauerndem Konflikt oder Streit ("cycle of violence"[36]).[37] Tötungen unter Waffeneinsatz sind immer eine empirische Besonderheit; insbesondere erweisen sich Waffeneinsätze als grundverschieden in der Wahl der Waffe und der Art der Ausführung, je nachdem ob sie spontan oder geplant erfolgen.[38] Tötungsdelikte weisen oft eine ganz unterschiedliche Motivation auf je nachdem, ob sie geplant sind oder spontan erfolgen und ob die Tötung zum Selbstzweck oder unter Verfolgung eines über sie hinausgehenden Zwecks erfolgt (« instrumental/expressive ») [39] Bei einem Tötungsdelikt lassen sich mit Beziehungs-, Bereicherungs-, Sexual[40]- und gruppendynamischen Delikten[41] zudem vier primäre Motivlagen unterscheiden. Bei dieser Motivsituation lässt sich eine nach Schuld und Strafwürdigkeit abgestufte Schwereeinteilung der Vorsatzdelikte vornehmen: (1) Einverständliche Tötung (§ 216 Tötung auf Verlangen), (2) Tötung im Affekt oder im Konflikt, i.d.R. im sozialen Nahraum, (3) Tötung aus der Distanz (z.B. aus terroristischen[42], sexuellen oder Bereicherungs-Motiven[43]) und (4) Serien-, Amok-, Massen-[44] oder -

freilich unter der Voraussetzung, dass es tatsächlich zu Tötungshandlungen kommt, was der Deliktstatbestand des Genozids im Völkerstrafrecht nicht voraussetzt – Völkermord.[45] Als den Handlungsunwert beispielhaft erhöhende Faktoren kommen damit sowohl verwerfliche Motive in Betracht, bei denen das Töten nur Mittel zur Verfolgung eines übersteigenden (v.a. finanziellen, sexuellen oder terroristischen) Zwecks ist, sowie geplante Taten, insbesondere solche unter Einsatz von Waffen.

III. Handlungsunwert und subjektive Qualifikationsmerkmale

1. Die rechtsphilosophische Berechtigung subjektiver Qualifikationsmerkmale

In diesem Zusammenhang kann es auch nicht hingenommen werden, die unrechtssteigernden Qualifikationsmerkmale des Mordtatbestands deshalb in ausschließlich objektiven Merkmalen zu suchen, weil subjektive Merkmale das Unrecht einer Tat (als Rechtsgutverletzung) weder begründen noch steigern könnten. Vielmehr müsse die "Tötung unter Gebrauch rationaler Vernunft[…]als schlimmstmöglicher willkürlicher Verstoß gegen die von der Aufklärung geprägte Werteordnung erscheinen"[46] und es könne somit kein schlimmeres als das vorsätzliche Tötungsdelikt geben. M.a.W. könne der "schwerstmögliche Fall der[grundlosen]Tötung nur als Grunddelikt formuliert werden"[47], von dem nur noch Abstufungen "nach unten", also Privilegierungen, denkbar seien.[48]

Dieser Annahme liegt die Vorstellung zugrunde, dass solche subjektiven ("Motiv"-) Merkmale lediglich verdeutlichen, dass in den genannten Fällen eine Entlastung des Täters nicht angezeigt ist. Sie benennten vielmehr nur Beispiele, in denen ein rechtlich akzeptabler Grund, der eine Milderung des Tötungsunrechts begründen könnte, offensichtlich nicht vorliegt. Der vorgegebene Qualifikationstatbestand des Mordes gründe letztlich in der Vorstellung des Täters. Diese allein könne aber gerade keine Unrechtssteigerung begründen.[49]

Daran trifft zwar zu, dass individuelle Handlungszwecke bei Kant für die Rechtsbegründung in der Tat ohne Relevanz sind. Denn Kant formuliert das Recht positiv als Inbegriff aller Bedingungen, unter denen die Willkür des einen mit der Willkür des anderen nach einem allgemeinen Gesetz der Freiheit vereinigt werden kann.[50] Damit ist das Recht in einem interpersonalen Verhältnis zwischen zwei Menschen auf eine korrespondierende Verbindlichkeit begründet, wonach sich beide Seiten um willkürfreie Handlungen nach dem kategorischen Imperativ bemühen müssen.[51] Die dafür notwendige Gesetzgebung, die die Handlungsmaxime festschreibt, ist nicht eine Gesetzgebung des eigenen Willens, sondern eine solche des Willens überhaupt, der auch der Wille von anderen sein kann.[52] Dieser generelle Wille bedeutet dann aber nur noch eine formale Vorgabe, ohne dass es auf den Inhalt des konkreten Zwecks ankommen könnte.[53]

Dass diese interpersonale Rechtsbegründung von subjektiven Zwecksetzungen entkoppelt ist, bedeutet aber doch mit keinem Wort, dass man die Strafwürdigkeit solcher negativen, rechtsverletzenden Handlungen nicht nach subjektiven Unrechtsmerkmalen differenziert behandeln kann und dass manche individuellen Handlungszwecke nicht durchaus auch unrechtserhöhend wirken können, sofern sie nur ein hinreichend verwerfliches Ziel verfolgen.

Zudem unterscheidet Kant selbst zwischen dem Verbrechen des homicidum und dem homicidum dolosum und geht somit selbst von einer subjektiv qualifizierten Tötungsform aus.[54] Dazu passt auch sein Verständnis vom Verbot des Selbstmords als Handlung, als Verbrechen "gegen den Menschen als Zweck an sich"[55]. Auch Feuerbach, der sich selbst vom Kantschen Geist "genährt" sah,[56] und dessen Leistung es unter anderem war, das kantische gedachte zweckfreie, unpolitische, reine Recht mit dem zweckmäßigen Strafrecht zu einer Einheit zu verbinden und dabei die Reichweite des Strafrechts durch die Gegenüberstellung von Handlung und Gesinnung zu bestimmen,[57] spricht sich klar für subjektive Qualifikationsmerkmale aus. Zum Beleg dieser Tatsache mögen zwei Verweise genügen: zunächst auf den von ihm formulierten Art. 147 bayStGB 1813, der ganz heterogene

und mit dem Eigennutz, der Täuschung und der betrüglichen Hinterlist gerade auch subjektive Merkmale zur Schärfung der Todesstrafe beim Mord regelte.[58] Und sodann auf seine Lehre vom dolus indirectus bzw. der culpa dolo determinata zur Begründung heute sog. erfolgsqualifizierter Straftatbestände,[59] wohlgemerkt erfolgsqualifizierter Delikte, bei denen schon der Kantianer Feuerbach subjektive Besonderheiten des Handlungsunwerts für die Strafbarkeitsbegründung verantwortlich machte.[60]

Eine Unrechtssteigerung entlang der Motivation und dem Handlungszweck entspricht nicht zuletzt auch dem allgemeinen Sprachgebrauch, dem mit dem Lust-, Raub-, Versicherungs-, Entdeckungs-, Mitleids-, Selbst-, Eifersuchts- und politischen Mord Differenzierungen nach den jeweiligen Beweggründen wohlbekannt sind.[61]

2. Die Lehre vom Tätertyp und das Tatstrafrecht

§ 211 StGB wird oft im selben Atemzug vorgeworfen, er befördere in seiner gegenwärtigen Fassung "biologistische Persönlichkeitsbilder"[62], weil er nicht definiere, was ein Mord ist, sondern nur die "Charakteristika eines Mörders" beschreibe. Wer aus Mordlust, Befriedigung des Geschlechtstriebs, Habgier oder sonstigen niedrigen Beweggründen oder heimtückisch oder grausam töte, zeige lediglich Symptome des Wesens eines Mörders als vorgeprägtem Tätertyp analog etwa zum "Gewohnheitsverbrecher" oder "Volksschädling".[63] Um mit einem im schlechtesten Sinne sehr aussagekräftigen Zitat von Bockelmann[64] zu sprechen, wäre damit nicht die Tatsache, dass der Täter eine Tat begeht, sondern dass er ein Täter ist, Gegenstand des gesetzlichen Tadels. Solches Täterstrafrecht liegt also dort vor, wo die Strafe an eine defekte, da kriminogene Persönlichkeit des Täters anknüpft, während Tatstrafrecht dann gegeben ist, wenn die Strafbarkeit Ergebnis eines festgelegten tatbestandlichen Handelns ist und die Strafe auf dieses tatbestandsmäßige Unrecht reagiert.[65]

Dass den Nazis der eingangs in beiden Absätzen insofern tatsächlich täterstrafrechtlich formulierte § 211 StGB ("Der Mörder…", "Mörder ist…") gut zupass kam, darf indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass es unsere Rechtsprechung ganz offensichtlich vermocht hat, den Mordtatbestand seit über 60 Jahren tatstrafrechtlich auszulegen. Bereits in einer seiner ersten Entscheidungen zu § 211 StGB bekannte sich der BGH im Jahr 1952 am Beispiel der Grausamkeit mit klaren Worten zu einer solch tatstrafrechtlichen Interpretation, als er festhielt: "Eine solche Gesinnung[…]braucht nicht im Wesen des Täters zu wurzeln und sein Verhalten im ganzen ständig zu beeinflussen."[66]

Vom Boden der personalen Unrechtslehre aus setzt man sich daher in keinerlei Widerspruch zu einem Tatstrafrecht, wenn man die Tatbestandsmäßigkeit als Missbilligung einer auf einen bestimmten Täter bezogenen Tat versteht, dabei auch subjektive Unrechtselemente anerkennt und diese Tatbestandsmerkmale stets tat- und nicht täterstrafrechtlich auslegt.[67] Gerade diese handlungsbezogenen Unrechtsmerkmale definieren Tat und Deliktstyp des Mordes und nicht eine bloße Tätereigenschaft als Grundlage der Strafbarkeit. Bei diesem Verständnis folgt die Auslegung des § 211 StGB keinem kriminologischen und erst recht keinem normativ-tatbestandlichen Tätertyp.[68]

3. "Entideologisierung" und Verzicht auf "moralische Kategorisierung"

In diesem Zusammenhang wird neuerdings auch "eine konsequente Entideologisierung des Strafrechts" eingefordert, indem man "zu Definitionen zurück[zu]kehren[will], die dem Rationalismus und der Aufklärung verpflichtet sind."[69] Und auch die schon einleitende Referenz auf die Rechtslage in Österreich verweist auf eine Morddefinition, die auf jegliche moralisch definierten Kategorien verzichtet.[70]

Ein solcher berechtigter Verzicht auf rein moralische Kategorisierungen darf aber nicht missverstanden werden als vollständige Abkehr von sozialethischen Umständen, die wie die Verwerflichkeit und Gefährlichkeit (wie o. II.4. gezeigt) durchaus geeignet sind, einen erhöhten Handlungsunwert zu bestimmen. Zwar liegt in jeder

direkten Anknüpfung des Strafrechts an Sittlichkeits- und Ideologievorstellungen eine "prinzipielle Inkonsistenz der Unrechts- und Strafbarkeitsbegründung"[71]. Ethisch bedenkliches und moralisch fragwürdiges Verhalten kann jedoch durchaus geeignet sein, Strafbarkeit zu begründen oder zu verschärfen, wenn das Recht diese ethischen Vorgaben im Gesetz umsetzt. Fließen ethische Vorstellungen dergestalt in gesetzliche Tatbestandsformulierungen ein, lässt sich auch nicht länger von einer rein "moralischen Kategorisierung" sprechen.

Auch entspricht eine Qualifikationskonzeption unter Berücksichtigung sozialethischer Vorgaben am ehesten der üblichen Vorstellung von einem Grunddelikt als merkmalsärmsten Delikt in seiner einfachsten Form, dem durch Hinzufügung weiterer Tatbestandsmerkmale ein abweichender materieller Gehalt beigegeben wird, um die für das Grunddelikt vorgesehene Strafe zu verschärfen oder abschwächen.[72]

IV. Die Beibehaltung der Dreistufigkeit zwischen Grunddelikt, Privilegierung und Qualifikation als "Rückgrat des Systems im Besonderen Teil"[73]

Zur Begründung für die Abkehr von der Dreistufigkeit hin zu einem zweistufigen Modell werden vor allem die Etablierung der Zweistufigkeit in der deutschen Rechtsgeschichte und der vergleichende Blick auf zweistufige Konzepte im Recht des Auslands vorgebracht. Bei näherem Hinsehen entpuppen sich beide Referenzen jedoch ganz unabhängig voneinander als denkbar schlechte Vorbilder.

1. Dreistufigkeit trotz historischer Zweistufigkeit

Schon in manchen Rechtsquellen des Mittelalters, vor allem aber in der Constitutio Criminalis Carolina (CCC) von 1532 und auf deren Grundlage dann während der gesamten Fortdauer des gemeinen Rechts, war der Mord ein gegenüber dem Totschlag schwereres Verbrechen. Erschwernisgrund war zunächst die Heimlichkeit[74] und später dann das Kriterium der Vorbedacht bzw. Überlegung: Art. 137 der CCC formuliert das so, indem er den "Todtschleger" vom "fürsetzlichen muotwilligen Mörder" unterscheidet,[75] während § 211 des RStGB von 1871 wie schon zuvor § 175 prStGB von 1851 den Mord bestimmt als eine vorsätzliche und "mit Ueberlegung ausgeführt[e]" Tötung eines Menschen.[76]

Seit der Frühen Neuzeit und noch im 19. Jahrhundert bei Feuerbach[77] dominierte damit aber nicht nur eine – mehr oder weniger (!)[78] – evidente Zweigleisigkeit der Tötungsdelikte, sondern vor allem eine solche, bei der der Totschlag als Affekttat dem Mord als Planungstat gegenüberstand. Der Totschlag war damals also nicht die Grundform vorsätzlicher Tötung, die sie heute ist und die man durch Hinzunahme von Mordmerkmalen qualifizieren kann, sondern – schon in der Bambergensis von 1507[79] – eine "Privilegierung" für Taten im Affekt, also für emotional instabile Täter. Aus dieser Tradition heraus wurde in letzter Zeit dann aber verhängnisvollerweise gefordert, den Mord als Grunddelikt zu konzipieren und den Affekt wieder zum "wesentliche[n]Abgrenzungskriterium gegenüber dem Mord"[80] zu machen.[81]

Dabei wird jedoch schon verkannt, dass sich diese psychologisierende Konzeption zwischen Affekt und Vorsatz bereits im gemeinen Recht nicht durchsetzen konnte und im Laufe der Zeit von sozialethischen Gesichtspunkten regelrecht "überwuchert"[82] wurde.[83] Die Affektkonzeption der Frühen Neuzeit stand damit schon sehr bald auf tönernen Füßen. Nun könnte man dieser Zweistufigkeit zwar noch mit dem Argument zur Seite springen, sie hätte schließlich im Feuerbachschen StGB von 1813 mit seiner Aufteilung zwischen dem "mit Vorbedacht beschlossen[en]oder mit Ueberlegung ausgeführt[en]" Mord in Art. 146 und dem affektbedingten Totschlag in Art. 151 ihre aufklärerische Adelung erfahren. Aber auch darin täuscht man sich, weil man dabei nur allzu leicht übersieht, dass für den Kantianer Feuerbach die "Tötung unter Gebrauch rationaler Vernunft[…] als schlimmstmöglicher willkürlicher Verstoß gegen die von der Aufklärung geprägte Werteordnung erscheinen"[84] musste und es aus kantianischer Sicht somit kein schlimmeres als das vorsätzliche Tötungsdelikt geben konnte. Nicht jeder teilt aber diese kantianische Perspektive und auch sie hat sich inzwischen weiterentwickelt.

Heute ist es zudem eine kriminologische Gewissheit,[85] dass es Täter gibt, die über den Tötungsvorsatz hinaus besondere Absichten oder verwerfliche Motive verfolgen, die das Handlungsunrecht gegenüber dem einfachen

Vorsatzunrecht erhöhen. Außerdem hat uns die allgemeine Verbrechenslehre den Vorzug eines Grunddelikts in einem dreistufigen Konzept zwischen Privilegierungen und Qualifikation deutlich vor Augen geführt. Man kann an diese zweifelhafte zweistufige Tradition zwischen dem affektverursachten Totschlag und dem Mord deshalb nicht ernsthaft anknüpfen. Denn auch eine qualifizierte Affekttötung bleibt eine Affekttötung und ein privilegierter Mord wird nicht zur Affekttötung, schon weil das tertium comparationis beider Delikte dabei undefiniert bleibt. Und schließlich wäre ein solches System auch deshalb angreifbar, weil es den Vorsatz in ein Ausschlussverhältnis zum Affekt stellt, was dem heutigen Stand der Psychologie nicht entsprechen dürfte: nicht jeder, sondern nur ein besonders starker Affekt kann den Vorsatz ausschließen, sofern durch diesen Affekt eine derartige Bewusstseinstrübung erfolgt, dass dem Täter Tatumstände seiner Handlung nicht bewusst sind.[86]

2. Dreistufigkeit trotz abweichender ausländischer Konzepte

Oft werden dann auch zweistufige Konzepte im ausländischen Recht gelobt, die sich bei näherem Hinsehen als wenig überzeugend herausstellen.[87] So differenziert das oft zitierte schwedische Recht zwischen der vorsätzlichen Tötung als Mord mit einer Freiheitsstrafe "von mindestens zehn Jahren (…) oder unter erschwerten Umständen lebenslänglich ", während umständehalber weniger gravierende Tötungen nur mit "wenigstens sechs und höchstens zehn Jahren" zu bestrafen sind.[88] Doch schon die Strafunterscheidung bei der schwersten Tötungsform zwischen 10 Jahren und lebenslänglich dem Richter zu überlassen, gestaltet sich in der Praxis als schwierig.[89] Ebenso anspruchsvoll ist die Aufgabe, die unbenannten minder schweren Fälle im Einzelfall zu definieren. Und letztlich verkörpert das schwedische Strafrecht heute ebenfalls eine dreistufige Konzeption mit der Kindestötung als schwächster Form vorsätzlicher Tötung.

Österreich taugt ungeachtet der hiergegen bereits eingangs vorgebrachten rechtsstaatlichen Bedenken[90] nicht als Vorbild für eine Abkehr vom dreistufigen hin zu einem zweistufigen Modell, weil es bei näherem Hinsehen sogar eine vierstufige Konzeption verfolgt: Mord (zehn bis zwanzig Jahre oder lebenslänglich), Totschlag (fünf bis zehn Jahre), Tötung auf Verlangen (sechs Monate bis fünf Jahre) und Kindestötung (ein bis fünf Jahre).[91] Ähnliches gilt für die zweistufige Konzeption zwischen Mord und Totschlag im StGB der DDR, wo zwar nur zwei Tatbestände unterschieden, hinsichtlich der Rechtsfolgen aber auch dort drei Zeiträume relevant wurden (bis zu 10 Jahren, ab 10 Jahren oder lebenslänglich).[92]

Hinzu kommt der mahnende Befund bedenklicher Konzepte im englischen und französischen Recht. Dort werden Modelle vertreten, die zwar ebenfalls zwischen Mord und Totschlag differenzieren, die jedoch beide sowohl in der Theorie wie auch in der Praxis darunter leiden, dass

heterogene Mordmerkmale zugunsten einer monokausalen Ausrichtung an der Prämeditation zurückgedrängt wurden. Das englische Recht stützt den Mordtatbestand noch heute auf die alte Definition von Coke aus dem Jahr 1644, wonach "a man of sound memory and of the age of discretion, unlawfully killeth within any county of the realm any reasonable creature in rerum natura under the King's Peace, with malice aforethought, either expressed by the party or implied by law, so as the party wounded, or hurt, et cetera, die of the wound or hurt, et cetera, within a year and a day after the same."[93] Maßgebliches Differenzierungskriterium der Höchststrafwürdigkeit ist damit allein der besondere Vorsatz. Weitere, dem deutschen Modell durchaus ähnliche Mordmerkmale[94] hatte man in England für capital murder mit dem Homicide Act von 1957 zwar zunächst gesetzlich eingeführt, diese mit der Todesstrafe dann aber schon 1965 wieder abgeschafft. Schon in Cokes Definition war die Ausweitung der Prämeditation auf einen nur impliziten Vorsatz vorgesehen ("implied by law"), und auch heute legt die englische Rechtsprechung die Vorbedacht entsprechend extensiv aus. Zu weit, indem sie dafür jede vorsätzliche Tötung genügen lässt.[95] Umso fragwürdiger erscheint ein solches Verständnis, je mehr sich das englische Recht mit der Zuerkennung von Straffreistellungsgründen (defences) zurückhält.

Art. 221-3 des französischen Nouveau Code pénal definiert den Mord (assassinat) auf den ersten Blick ganz ähnlich als Tötung "avec préméditation ou guet-apens", also als vorsätzliche oder aus einem Hinterhalt heraus begangene Tötung.[96] Unter Nachwirkung der Legaldefinition in Art. 297 Code pénal (ancien), wonach dieser Vorsatz aus der festgeformten Absicht vor der Tat besteht, eine bestimmte oder eine gleichwertige angetroffene oder aufgefundene Person anzugreifen, selbst wenn diese Absicht von gewissen Umständen oder Bedingungen abhängig wäre,[97] wird die Prämeditation im französischen Recht deutlich enger als im englischen verstanden. Erfasst sind in Abgrenzung zur "einfachen" vorsätzlichen Tötung (dem meurtre, als der zweiten Form des homicide volontaire) nur solche Tötungen, bei denen der Tötungsentschluss im Sinne einer gereiften Entscheidung (délibération mûrie) in zeitlicher Zäsur vor der Tat gefasst war.[98] Dieses Konzept erscheint damit aber wiederum zu eng, um damit allein die Höchststrafwürdigkeit zu definieren.[99] Rechtsvergleichend überwiegen damit die schlechten Erfahrungen mit zweistufigen Konzeptionen und erst recht mit solchen, die sich auf nur ein Alleinstellungsmerkmal für den Mordtatbestand stützen.

V. Die grundsätzlich sinnvolle Orientierung am Stooßschen Modell von 1894

Freilich ist es längst an der Zeit, sich endlich von der mehr als eigenwilligen Tatbestandsformulierung des § 211 StGB zu verabschieden, wonach der Deliktsgehalt in unüblicher Weise ausgehend von einem typisierenden Substantiv ("Mörder ist…") definiert wird. Denn ganz unabhängig davon, ob diese Regelungstechnik Ausdruck der nationalsozialistischen Idee der Lehre vom Tätertyp war oder nicht,[100] fügt sich diese Formulierung schlicht nicht in den üblichen Sprachgebrauch des StGB ein und gefährdet ganz unnötig eine wesentliche Errungenschaft unseres rechtsstaatlichen Strafrechts, nämlich dass die Strafbarkeit einem Tat- und keinem Täterstrafrecht folgt.[101]

Über diesen Umstand hinaus lässt sich aber kaum davon sprechen, dass die Tötungsdelikte des StGB historisch schwer belastet sind[102] oder dass die §§ 211, 212 StGB "im Wesentlichen aus dem Jahr 1941"[103] stammen. Denn die Nationalsozialisten hatten 1941 bei ihrer Neufass-

ung[104] des § 211 RStGB einen Entwurf[105] des Berner Strafrechtslehrers Carl Stooß aus dem Jahr 1894 zugrunde gelegt, wie er 1931 auch Grundlage für das Schweizerische StGB geworden war. Abgesehen von den 1941 hinzugefügten Mordmerkmalen der "Befriedigung des Geschlechtstriebs" und der "niedrigen Beweggründe" ist § 211 StGB daher – vor allem mit Blick auf die grundsätzliche Tatbestandsstruktur, die Heterogenität der Mordmerkmale und das Stufenverhältnis als Qualifikation des Totschlags – eine alte Schweizerische Idee, der insofern kaum der Ruf politischer Bedenklichkeit anhaften kann.[106]

VI. Fazit

Im Ergebnis unterliegt die Reform des § 211 StGB damit den gezeigten verfassungs- und strafrechtlichen Rahmenbedingungen, denen sich der Gesetzgeber in jedem Moment seines Tuns bewusst sein muss. Und diese Reform ist eine Aufgabe des Gesetzgebers, nicht eine der Gerichte (I.). Sie sollte den Mut haben, die negative Typenkorrektur zu regeln, um den Gerichten einen Ausweg aus dem Absolutheits-Exklusivitäts-Mechanismus zu öffnen. Sie sollte sich allein am Leitprinzip eines qualifizierten, aber heterogenen Handlungsunwerts orientieren und dabei durchaus auch subjektive Qualifikationsmerkmale anerkennen (II., III.). Dabei gibt es weder historische noch rechtsvergleichende Gründe, das bewährte dreistufige Konzept zwischen Grunddelikt, Privilegierung und Qualifikation unnötig zu verwerfen (IV.). Eine solche Reform täte gut daran, sich nach wie vor am grundlegenden Stooßschen Modell von 1894 zu orientieren, weil es sich dabei schon damals um eine zukunftsweisende integrative Idee handelte und weil nicht der gesamte Mordtatbestand historisch schwer belastet ist, sondern nur seine Pervertierung in Gestalt der tätertypisierenden Gesetzgebung von 1941 (V.).


* Den stud. Hilfskräften Kim Eifel, Julia Schmidt und Maximilian Metzen sei Dank für die tatkräftige Unterstützung.

[1] Vgl. Abschlussbericht der Expertengruppe zur Reform der Tötungsdelikte (§§ 211 – 213, 57a StGB), dem Bundesminister für Justiz und Verbraucherschutz Heiko Maas im Juni 2015 vorgelegt, https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/Artikel/Abschlussbericht_Experten_Toetungsdelikte.pdf?__blob=publicationFile&v=2 , abgerufen am 21. März 2016; vgl. zum Referentenentwurf SPIEGEL ONLINE vom 25.3.2016 http://www.spiegel.de/panorama/justiz/heiko-maas-will-zwingende-lebenslange-haft-fuer-mord-abschaffen-a-1084124.html.

[2] Erwähnt seien hier nur stellvertretend etwa grundlegend Eser, Gutachten zum 53. DJT, D (1980); Heine et al. GA 2008, 193 (= AE-Leben 2008) oder der jüngste Entwurf von Deckers et al. NStZ 2014, 9.

[3] BVerfGE 39, 1; Maunz/Dürig/di Fabio GG, 75. EL (September 2015), Art. 2 Abs. 2 S. 1 Rn. 7 f.; Ingelfinger, Grundlagen und Grenzbereiche des Tötungsverbots (2004), S. 43.

[4] BVerfGE 75, 329 (342); Vgl. Maunz/Dürig/Schmidt-Aßmann GG, Art. 103 Abs. 2 Rn. 167; Kindhäuser/Neumann/Paeffgen StGB, 4. Aufl. (2013), Vor §§ 32 ff. Rn. 57; BeckOK GG/Radtke/Hagemeier (Stand: 01.10.2011), Art. 103 Abs. 2 Rn. 24 ff.

[5] BVerfGE 104, 92 = HRRS 2012 Nr. 657; Paeffgen a.a.O. (Fn. 4), Vor §§ 32 ff. Rn. 57a; Vgl. Radtke/Hagemeier a.a.O. (Fn. 4), Art. 103 Rn. 23.

[6] Schon Beccaria nahm den Gesetzgeber in die Pflicht und entzog dem Richter ausdrücklich die Rechtsetzungsbefugnis (Dei delitti e delle pene (1764), S. 8: "nessun Magistrato (che è parte di società) può con giustizia infliger pene contro ad un altro membro della società medesima"). A.A. heute Deckers et al. (Fn. 2), 17.

[7] BVerfGE 92, 1, 12 = NJW 1995, 1141; BVerfGE 126, 170, 196 = NJW 2010, 3209 = HRRS 2010 Nr. 656.

[8] So Richard Soyer, Vorsitzender der Strafrechtskommission des österreichischen Rechtsanwaltskammertages, zitiert von Bleyl, http://www.zeit.de/politik/deutschland/2013-11/rechtsprechung-gesetz-mord-paragraf-211/seite-2 , abgerufen am 21. März 2016 ; ähnlich Deckers et al.a.a.O. (Fn. 2), 16.

[9] Wörtliche Zitate allesamt von Soyer, zitiert von Bleyl, http://www.zeit.de/politik/deutschland/2013-11/rechtsprechung-gesetz-mord-paragraf-211/seite-2 , abgerufen am 21. März 2016 .

[10] Deckers et al. a.a.O. (Fn. 2), 16.

[11] Wie hier Walter NStZ 2014, 368; Vgl. schon Beling, Die Lehre vom Verbrechen, Tübingen (1906), S. 113 f.: "die Verbrechenskonstruktion kann sich nur auf den durch unsere Strafgesetze positivierten Tatbeständen aufbauen."

[12] Fischer AnwBl 2014, 883, 884 f.

[13] Wenngleich es durch Heine, Tötung aus "niedrigen Beweggründen" (1988), 210 ff., 235 ff., beachtliche Konkretisierungen erfahren hat.

[14] Vgl. Krehl ZRP 2014, 98, 100 m.w.N. in Fn. 30.

[15] Kritisch zum Absolutheits-Exklusivitätsmechanismus bei § 211 StGB jüngst auch Saliger ZIS 2015, 600, 602. Die lebenslange Freiheitsstrafe wird heute aber schon grundsätzlich in Frage gestellt, vgl. Höffler/Kaspar GA 2015, 453.

[16] AnwK/StGB-Mitsch, 2. Aufl. (2015), § 211 Rn. 9.

[17] Vgl. Gallas ZStW 67 (1955), 1, 16.

[18] Beling a.a.O. (Fn. 11), S. V ("Verbrechenstatbestand (Typus) als strafrechtliche[r]Grundbegriff"); ders., Die Lehre vom Tatbestand (1930), S. 1 ff.; Gallas (Fn. 17).

[19] Vgl. Gallas (Fn. 17), 17.

[20] Beling a.a.O. (Fn. 11), S. V.

[21] Vgl. Gallas (Fn. 17), 17.

[22] Vgl. Roxin AT I, 4. Aufl. (2006), § 10 Rn. 102.

[23] Vgl. Otto ZStW 87 (1975), 539, 566 ff.

[24] Eser/Sternberg-Lieben , in: Schönke/Schröder StGB, 29. Aufl. (2014), § 211 Rn. 6.

[25] Zaczyk JZ 2012, 197, 198.

[26] Freudenthal , Die notwendige Teilnahme am Verbrechen (1901), S. 31.

[27] Verstanden als Lebensverkürzung, die den Todeserfolg als "Differenzbegriff" bei Mord und Totschlag gleichermaßen zur Folge hat, vgl. Ingelfinger a.a.O. (Fn. 3), S. 88 ff.

[28] Beling a.a.O. (Fn. 11), S. 204 f.

[29] Eisele , Die Regelbeispielsmethode im Strafrecht: zugleich ein Beitrag zur Lehre vom Tatbestand (2004), S. 180; Günther, Strafrechtswidrigkeit und Strafunrechtsausschluss: Studien zur Rechtswidrigkeit als Straftatmerkmal und zur Funktion der Rechtfertigungsgründe im Strafrecht (1983), S. 373.

[30] So auch Heine a.a.O (Fn. 13), S. 230 f.; Lampe, Das personale Unrecht (1967), S. 240; Stratenwerth, FS v. Weber (1963), S. 171 (188); a.A. – reine Schuldmerkmale – Schmidhäuser, Gesinnungsmerkmale im Strafrecht (1958), S. 242 ff.; Hardwig MSchrKrim 1961, 203; eingehend Hake, Beteiligtenstrafbarkeit und "besondere persönliche Merkmale" (1994), S. 117 ff.

[31] Frank , Über den Aufbau des Schuldbegriffs (1907), S. 11; ders., in: ders. (Hrsg.), Festschrift für die juristische Fakultät in Gießen zum Universitätsjubiläum (1907), S. 519 (529); Welzel, Abhandlungen zum Strafrecht und zur Rechtsphilosophie (1975), S. 339.

[32] Stooß , Schweizerisches Strafgesetzbuch. Vorentwurf mit Motiven (1894), S. 147 f.

[33] Kritisch zu den Leitprinzipien Merkel ZIS 2015, 429 ff.

[34] So jedoch BMJ-Kommission, S. 325 verfügbar unter https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/Artikel/Abschlussbericht_Experten_Toetungsdelikte.pdf?__blob=publicationFile&v=2 , abgerufen am 21. März 2016; Heine et al. GA 2008, 193 (AE-Leben 2008) und Walter a.a.O. (Fn. 11), 368.

[35] Vgl. Freud, Die Verdrängung 1915, Zeitgemäßes über Krieg und Tod 1915, in: ders., Gesammelte Werke X (1969), S. 324 (345) zum "Urverbrechen" des Vatermords.

[36] Walker , Terryfying love: Why Battered Women Kill and How Society Responds (1989); zitiert nach Brookman, Understanding homicide (2005), S. 171 f.

[37] Vgl. Lundsgaarde, Murder in space city (1977), S. 43 ff., 101 ff.; Polk, When men kill, Scenarios of Masculine Violence (1994), S. 21; Smith/Zahn, Homicide: A Sourcebook of Social Research (1998), S. 58 ff., 62 ff.; Brookman a.a.O. (Fn. 36), S. 121 ff., 161 ff., 141, wonach weniger als 8% der zwischen 1995 und 2000 in England und Wales getöteten Frauen von Fremden, aber 57% von ihrem Ehemann, Lebensgefährten oder Geliebten getötet wurden; Feltes, Täter und Tätertypen (1995), S. 44. Block, Homicide in Chicago (1986), S. 3 ff., identifiziert mit dem Raubmord und dem Bandenmord zwei typische Phänomene für Tötungsdelikte in Großstädten; ferner Wolfgang, Patterns in criminal homicide (1958), S. 203 ff., 324 ff. Dazu auch Smith/Zahn a.a.O. (Fn. 37), S. 239 ff.

[38] Vgl. eingehend Block a.a.O. (Fn. 37), S. 41 ff.

[39] Brookman a.a.O. (Fn. 36), S. 47 unter Verweis auf Block et al., Are there types of intimate partner homicides?, in: Blackman et al. (Hrsg.), The diversity of homicide: Proceedings of the 2000 Homicide Research Working Group (2001), S. 92 ff.; Ferner Block a.a.O. (Fn. 37), S. 34 ff.

[40] Ressler/Burgess/Douglas , Sexual Homicide. Patterns and Motives (1995); Hill/Berner, Sexuell motivierte Tötungsdelikte, in: Egg (Hrsg.), Tötungsdelikte – mediale Wahrnehmung, kriminologische Erkenntnisse, juristische Aufarbeitung, Reihe Kriminologie und Praxis, Band 36, (2002), S. 165 ff.

[41] Hoffmann/Musolff , Fallanalyse und Täterprofil. Geschichte, Methoden und Erkenntnisse einer jungen Disziplin, BKA-Forschungsreihe, Band 52, (2000), S. 165.

[42] Vgl. Brookman a.a.O. (Fn. 36), S. 224 ff.

[43] Vgl. Smith/Zahn a.a.O. (Fn. 37), S. 67 ff., 149 ff., speziell zum Raubmord und sexuell motivierten Taten.

[44] Vgl. Brookman a.a.O. (Fn. 36), S. 211 ff. unter Verweis auf Gresswell & Hollin BJCrim 34 (1) 1994, 1 ff.; Keeney & Heide IntJOffenderTherCompCrim 39 (4) 1995, 299 ff.; zur Differenzierung zwischen Massen-, Serien- und Amoktaten. Ferner Smith/Zahn a.a.O. (Fn. 37), S. 165 ff.

[45] Vgl. Kreuzer, Kriminologische Aspekte der Tötungskriminalität, in: Egg (Hrsg.) a.a.O. S. 45-70; Lundsgaarde a.a.O. (Fn. 37), S. 4, 123 ff., 148 ff.

[46] Wania, Mordmerkmale – Geschichte, Konzepte und Reformüberlegungen, S. 102 unter Verweis auf Feuerbach, Revision der Grundsätze und Grundbegriffe des positiven peinlichen Rechts II (1800), S. 388 ff., verfügbar unter http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2008/6020/pdf/StrafrechtlicherLebensschutz-2008-97-118.pdf , abgerufen am 21. März 2016.

[47] Jakobs ZStW 123 (2011), 313, 322.

[48] So jedoch Grünewald, Das vorsätzliche Tötungsdelikt (2010), S. 160 ff., 163 f., 196 und Jakobs a.a.O. (Fn 47), S. 315, 322; ähnlich Müssig, Mord und Totschlag (2005), S. 4, 105 ff., 251. Dagegen aber bereits Kelker, Zur Legitimität von Gesinnungsmerkmalen im Strafrecht. Eine strafrechtlich- rechtsphilosophische Untersuchung (2007), S. 479, 613, für subjektive Elemente der Unrechtsbegründung; wie sie Zaczyk a.a.O. (Fn. 25), 198.

[49] Grünewald a.a.O. (Fn. 48), S. 114, 191 f., 369-383.

[50] Vgl. Kant, MdS RL, § B (AA VI, S. 209 f.).

[51] Vgl. Kant, MdS, RL, § B (AA VI, S. 209 f.); MdS, Einl. IV (AA VI, S 221 ff).

[52] Vgl. Kant, MdS, TL, Einl. VI (AA VI, S. 388 f.).

[53] Vgl. MdS, TL, II, VI., IX (AA VI, S. 382 ff, 388 f., 394 f.).

[54] Kant , MdS, RL, E I (AA VI, S. 331-337, 336); ders, in: Werkausgabe, Bd. VIII, hg. v. W. Weischedel, 2. Aufl., (1978), RL, E I, S. 452-460, 458 f.

[55] Malibabo , Kants Konzeption der kritischen Metaphysik der Sitten (2002), S. 191.

[56] Vgl. [L.] Feuerbach, Anselm Ritter von Feuerbachs biographischer Nachlaß Band I, 2. Aufl. (1853), S. 51 letzte Zeile.

[57] Naucke , PJA Feuerbach, in: Enzyklopädie zur Rechtsphilosophie, http://www.enzyklopaedie-rechtsphilosophie.net/autorenliste/19-beitraege/100-feuerbach-paul-johann-anselm-ritter-von , abgerufen am 21. März 2016 .

[58] Art. 147 BayStGB 1813: "Die Todesstrafe ist zu schärfen, wenn die Mordthat verübt worden ist: I. an einer Person der königlichen Familie, II. an Blutsverwandten[…], III. an einer schwangeren Person, IV. wenn sie aus Eigennutz, in der Absicht begangen wurde, um einen unmittelbaren oder mittelbaren Vortheil am Vermögen dadurch zu erlangen, zu erhalten, oder zu sichern V. wenn sie mittelst Täuschung des Ermordeten, oder sonst unter Anwendung betrüglicher Hinterlist vollführt, oder VI. wenn der Entleibte durch ausgesuchte Martern qualvoll getödtet, und endlich VII. wenn durch Gift die Tödtung vollbracht worden ist."

[59] Feuerbach , Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts (1801), S. 52 f.: "daß der Verbrecher, indem er die eine Rechtsverletzung directe will, in die entstandene per indirectum einwillige."

[60] Vgl. Rengier, Erfolgsqualifizierte Delikte und verwandte Erscheinungsformen (1986), S. 18 ff.

[61] Vgl. Kaiser, Kriminologie, 3. Aufl. (1996), § 59 Rn. 10.

[62] Veh zitiert nach Bleyl, http://www.zeit.de/politik/deutschland/2013-11/rechtsprechung-gesetz-mord-paragraf-211/seite-2 , abgerufen am 21. März 2016.

[63] Bleyl , http://www.zeit.de/politik/deutschland/2013-11/rechtsprechung-gesetz-mord-paragraf-211 , abgerufen am 21. März 2016.

[64] Bockelmann , Studien zum Täterstrafrecht I (1939), S. 3 f.; Lange, Der moderne Täterbegriff und der deutsche Strafgesetzentwurf (1935), S. 10 ff.

[65] Roxin a.a.O. (Fn. 22), § 6 Rn. 1 f.

[66] BGHSt 3, 264 f. und zuvor BGH NJW 1951, 204 gegen RGSt 76, 297, 298 f.

[67] Vgl. Gropp, Strafrecht AT, 4. Aufl. (2015), § 4 Rn. 110 f.; Jescheck/Weigend, Strafrecht. Allgemeiner Teil, 5. Aufl. (1996), § 7 III, S. 54 f.; Roxin a.a.O. (Fn. 22), § 6 Rn. 1.

[68] Vgl. Maurach, Deutsches Strafrecht. Allgemeiner Teil (1954), S. 213 f.

[69] http://www.zeit.de/politik/deutschland/2013-11/rechtsprechung-gesetz-mord-paragraf-211/seite-2 , abgerufen am 21. März 2016.

[70] http://www.zeit.de/politik/deutschland/2013-11/rechtsprechung-gesetz-mord-paragraf-211/seite-2 , abgerufen am 21. März 2016.

[71] Frisch , FS Hirsch (1999), S. 485, 506.

[72] Roxin a.a.O. (Fn. 22), § 10 Rn. 132.

[73] Mezger , Strafrecht. Ein Lehrbuch, 3. Aufl. (1949), § 24 I. 3., S. 193.

[74] Sachenspiegel, Landrecht II, Umkehrschluss aus III, 90, § 1; Viktor Friese, Das Strafrecht des Sachenspiegels, S. 221 f.

[75] Und zwar für die Rechtsfolge des (schnellen) Enthauptens oder (qualvollen) Räderns.

[76] Ganz ähnlich definierte auch § 826 des prALR von 1794 den Mord als einen "mit vorher überlegtem Vorsatze zu tödten" begangenen "Todschlag".

[77] Feuerbach, Lehrbuch des gemeinen in Deutschland gültigen peinlichen Rechts, 5. Aufl. (1812), § 215: "Das Verbrechen der vorsätzlichen Tödtung theilt sich in den Todschlag, die im Affect begangene Tödtung und in den qualificirten Todschlag, den Mord, die Tödtung aus Ueberlegung und Willkühr."

[78] Selbst Feuerbach a.a.O. (Fn. 77) differenziert zwischen Todschlag, Mord und "qualificirtem Mord" bei besonderer Pflichtenstellung des Täters.

[79] Art. 162 CCB: "der einen todtschlage auß jheheyt vnd zorn gethan".

[80] Eser DJT 1980 D120.

[81] Eser DJT 1980 D120.

[82] Müssig a.a.O. (Fn. 48), S. 30, 36.

[83] Wania a.a.O. (Fn. 46), S. 100 f.

[84] Wania a.a.O. (Fn. 46), S. 102.

[85] Vgl. oben II. 4.

[86] Vgl. BGHSt 11, 139, 144; BGH NJW 1966, 1823, 1824; Tondorf/Tondorf, Psychologische und psychiatrische Sachverständige im Strafverfahren, 3. Aufl. (2011), Rn. 29 ff. unter Verweis auf Neuhaus, in Festschrift für Tondorf (2004), S. 253; ferner [T.] Walter, Der Kern des Strafrechts (2006), S. 239.

[87] Vgl. Eser DJT 1980 D 113 f.; ders., AnwBl 2014, 877, 879 f.

[88] Brottsbalken, On Crimes against Life and Health, Section 1: "A person who takes the life of another shall be sentenced for murder to at least ten and at most 18 years, or, if circumstances are hindered, for lifetime (since 2014). Section 2: If, in view of the circumstances that led to the act or for other reasons, the crime referred to in Section 1 is considered to be less serious, imprisonment for manslaughter shall be imposed for at least six and at most ten years. Section 3: A woman who kills her child at birth or at a time, when, owing to her confinement, she is in a disturbed mental state or in grave distress, shall be sentenced for infanticide to imprisonment for at most six years. http://www.regeringen.se/contentassets/72026f30527d40189d74aca6690a35d0/the-swedish-penal-code , abgerufen am 21. März 2016 .

[89] Vgl. oben I.

[90] Vgl. oben I. vor Fn. 11.

[91] § 75[Mord]. Wer einen anderen tötet, ist mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu bestrafen. § 76[Totschlag]. Wer sich in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung dazu hinreißen läßt, einen anderen zu töten, ist mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu zehn Jahren zu bestrafen. § 77[Tötung auf Verlangen]. Wer einen anderen auf dessen ernstliches und eindringliches Verlangen tötet, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen. § 78[Mitwirkung am Selbstmord]. Wer einen anderen dazu verleitet, sich selbst zu töten, oder ihm dazu Hilfe leistet, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen. § 79[Tötung eines Kindes bei der Geburt]. Eine Mutter, die das Kind während der Geburt oder solange sie noch unter der Einwirkung des Geburtsvorgangs steht, tötet, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu fünf Jahren zu bestrafen,

http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10002296, abgerufen am 21. März 2016 .

[92] Durch Gesetz vom 18. Dezember 1987 erhielt der § 112 DDR-StGB folgende Fassung: "§ 112. Mord. (1) Wer vorsätzlich einen Menschen tötet, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren oder mit lebenslänglicher Freiheitsstrafe bestraft. (2) Auf lebenslängliche Freiheitsstrafe kann insbesondere erkannt werden, wenn die Tat 1. ein Verbrechen gegen die Souveränität der Deutschen Demokratischen Republik, den Frieden, die Menschlichkeit und die Menschenrechte oder ein Kriegsverbrechen ist oder aus Feindschaft gegen die Deutsche Demokratische Republik begangen wird; 2. mit gemeingefährlichen Mitteln oder Methoden begangen wird oder Furcht und Schrecken unter der Bevölkerung auslösen soll; 3. heimtückisch oder in besonders brutaler Weise begangen wird; 4. mehrfach begangen wird oder der Täter bereits wegen vorsätzlicher Tötung bestraft ist; 5. nach mehrfacher Bestrafung wegen Gewaltverbrechen (§§ 116, 117, 121, 122, 126, 216) begangen wird.[…]§ 113. Totschlag. (1) Die vorsätzliche Tötung eines Menschen wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren bestraft, wenn 1. der Täter ohne eigene Schuld durch eine ihm oder seinen Angehörigen von dem Getöteten zugefügte Mißhandlung, schwere Bedrohung oder schwere Kränkung in einen Zustand hochgradiger Erregung (Affekt) versetzt und dadurch zur Tötung hingerissen oder bestimmt worden ist; 2. eine Frau ihr Kind in oder gleich nach der Geburt tötet; 3. besondere Tatumstände vorliegen, die die strafrechtliche Verantwortlichkeit mindern.[…]"

http://www.verfassungen.de/de/ddr/strafgesetzbuch74. htm , abgerufen am 21. März 2016 .

[93] Coke , The third part of the Institutes of the laws of England: concerning high treason, and other pleas of the crown, and criminal causes. London (1644), CH VII, S. 47.

[94] Homicide Act 1957, c. 11 Part II Section 5

(1) Subject to subsection (2) of this section, the following murders shall be capital murders, that is to say.—

(a) any murder done in the course or furtherance of theft;

(b) any murder by shooting or by causing an explosion;

(c) any murder done in the course or for the purpose of resisting or avoiding or preventing a lawful arrest, or of effecting or assisting an escape or rescue from legal custody,

(d) any murder of a police officer acting in the execution of his duty or of a person assisting a police officer so acting;

(e) in the case of a person who was a prisoner at the time when he did or was a party to the murder, any murder of a prison officer acting in the execution of his duty or of a person assisting a prison officer so acting,

verfügbar unter http://www.legislation.gov.uk/ukpga/1957/11/pdfs/ukpga_19570011_en.pdf , abgerufen am 21. März 2016.

[95] Vgl. jüngst etwa R v Gnango[2011]UKSC 59, wo der Supreme Court die Verurteilung wegen Mordes selbst im Fall einer aberratio ictus aufrechterhalten hat. Bedenken auch im House of Lords, Attorney General's Reference No. 3 of 1994, verfügbar unter http://www.publications.parliament.uk/pa/ld199798/ldjudgmt/jd970724/gneral01.htm#end , abgerufen am 21. März 2016 ; kritisch ferner Binder, Felony murder (2012), S. 105 f.; ders. Buffalo CLR 2000 (4), 399; Ireland Law Reform Commission, Consultation Paper on Homicide: The mental element in murder (2001); Blom-Cooper/Morris, With malice aforethought (2004).

[96] Wobei die zweite Modalität erst im Jahr 2001 zur Klarstellung in den Code pénal eingefügt wurde.

[97] "Consiste dans le dessein formé, avant l’action, d’attenter à la personne d’un individu déterminé, ou même de celui qui sera trouvé ou rencontré, quand même ce dessein serait dépendant de quelque circonstance ou de quelque condition."

[98] Cass. crim. 17 mars 1993, pourvoi n° 92-84.552, Bull. n° 121.

[99] Kritisch Conte, Droit pénal spécial, 3. Aufl. (2007), S. 38; Merle/Vitu, Traité de droit criminel (1982), S. 1382; Rassat, Droit penal (1987), S. 362 f.

[100] Schon diese Frage ist umstritten: Dafür Mitsch a.a.O. (Fn. 16), § 211 Rn. 1 m.w.N. in Fn. 4; dagegen [Eb.]Schmidt, DRiZ 1949, 198, 201.

[101] Gropp a.a.O. (Fn. 67), § 5 Rn. 56.

[102] So jedoch Maas am 29. Juni 2015, abrufbar unter http://www.bmjv.de/SharedDocs/Artikel/DE/2015/06292015_Expertengruppe_Toetungsdelikte.html , abgerufen am 21. März 2016.

[103] So jedoch Maas, Rede des Bundesministers der Justiz und für Verbraucherschutz vom 29. April 2014, abrufbar unter http://www.bmjv.de/SharedDocs/Reden/DE/2014/04292014_Rede_DAV.html , abgerufen am 21. März 2016.

[104] Neufassung des § 211 RStGB durch das Gesetz vom 4. September 1941 (RGBl. 1941 I, 549): "(1) Der Mörder wird mit dem Tode bestraft. (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet."

[105] Vorentwurf zu einem schweizerischen Strafgesetzbuch (Bern 1894), Art. 52: "Wer einen Menschen vorsätzlich tötet, wird mit Zuchthaus von 10 bis 15 Jahren bestraft. Tötet der Täter aus Mordlust, aus Habgier, unter Verübung von Grausamkeit, heimtückisch oder mittels Gift, Sprengstoffen oder Feuer, oder um die Begehung eines anderen Verbrechens zu verdecken oder zu erleichtern, so wird er mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft. Tötet der Täter in leidenschaftlicher Aufwallung, so ist die Strafe Zuchthaus bis zu 10 Jahren."

[106] Wie hier Mitsch a.a.O. (Fn. 16), § 211 Rn. 1; MüKo-Schneider, 2. Aufl. (2011), § 211 Rn. 5; a.A.[G.]Wolf JuS 1996, 189, 192.