HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

März 2014
15. Jahrgang
PDF-Download

V. Wirtschaftsstrafrecht und Nebengebiete


Entscheidung

183. BGH 3 StR 5/13 - Urteil vom 27. November 2013 (LG Düsseldorf)

BGHSt; Marktmanipulation (Verfassungsmäßigkeit; matched orders/prearranged trades; Einwirkung auf den Börsenpreis; kein Erfordernis weiterer Geschäfte zu dem auf dem manipulierten Kursniveau beruhenden Preis; subjektiver Tatbestand; Geld- oder Taxkurs kein Börsenkurs i.S.d. Marktmanipulationstatbestandes); Verfall (Bruttoprinzip; erlangtes etwas bei insgesamt verbotenen Geschäften).

§ 38 Abs. 2 WpHG a.F.; § 39 Abs. 1 Nr. 1 WpHG a.F.; § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG a.F.; § 24 BörsG; § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB; Art. 103 Abs. 2 GG

1. Auf den Börsenpreis eines Finanzinstruments wird eingewirkt, wenn dieser künstlich, d.h. gegen die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse erhöht, abgesenkt oder auch nur stabilisiert wird. Hierfür reicht es nicht aus, dass aufgrund des manipulativen Geschäfts erstmals ein Börsenpreis gebildet wird; erforderlich ist vielmehr, dass bereits ein Börsenpreis existiert, der sodann durch die Manipulation des Täters beeinflusst wird. (BGHSt)

2. Für den nach § 28 [38] Abs. 2 WpHG aF erforderlichen Taterfolg reicht es aus, dass der manipulierte Preis an der Börse festgesetzt wird. Es ist nicht erforderlich, dass danach weitere Geschäfte getätigt werden, bei denen die Preise kausal gerade auf dem durch das manipulative Geschäft hervorgerufenen Kursniveau beruhen. (BGHSt)

3. Der Begriff des Börsenpreises im Sinne des § 38 Abs. 2 WpHG aF entspricht dem des § 24 Abs. 1 BörsG. Ein Börsenpreis in diesem Sinne kommt auch dann zustande, wenn das Geschäft, auf dem er beruht, den inhaltlichen Anforderungen des § 24 Abs. 2 Satz 1 BörsG nicht genügt; erfasst sind deshalb auch vollständig oder teilweise manipulierte Börsenpreise. (BGHSt)

4. Der subjektive Tatbestand des § 38 Abs. 2 WpHG aF erfordert Vorsatz; dieser genügt. Nicht vorausgesetzt ist, dass der Täter mit einer Manipulationsabsicht handelt. (BGHSt)

5. Bei einer nach § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG aF strafbaren Marktmanipulation durch den Verkauf von Aktien zu einem zuvor abgesprochenen Preis ist erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB der gesamte für die Aktien erzielte Kaufpreis. (BGHSt)

6. Der Straftatbestand der Marktmanipulation (§ 38 Abs. 2 WpHG a.F. i.V.m. §§§ 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 39 Abs. 1 Nr. 1 WpHG a.F.) ist auch mit Blick auf die zahlreichen unbestimmten Rechtsbegriffe, die auf den ersten Blick wenig übersichtliche Regelungstechnik und die in § 39 Abs. 1 Nr. 1 WphG a.F. enthaltenen blankettartigen Verweise auf verschiedene Rechtsverordnungen grundsätzlich verfassungsgemäß. Sie genügt insbesondere noch dem verfassungsmäßigen Bestimmtheitsgrundsatz aus Art. 103 Abs. 2 GG und verstößt auch nicht gegen den Grundsatz des Gesetzesvorbehalts nach Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG. (Bearbeiter)

7. Der Begriff der irreführenden Signale i.S.d. § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG a.F. entspricht demjenigen der irreführenden Angaben nach § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG a.F. In diesem Sinne ist ein irreführendes Signal gegeben, wenn es geeignet ist, einen verständigen, d.h.

börsenkundigen und mit dem Markt des betroffenen Finanzinstruments vertrauten, Anleger zu täuschen. Zu den Marktverhältnissen gehören alle Umstände, die auf die Preisbildung einwirken, also insbesondere die Angebotslage, die Nachfrageseite, das Umsatzvolumen, die zeitliche Abfolge der getätigten Umsätze sowie allgemein die Marktliquidität. (Bearbeiter)

8. Ein sog. Geld- oder Taxkurs, zu dem kein Umsatz stattfindet, sondern nur eine Nachfrage besteht, genügt für die Annahme eines Börsenkurses im Sinne des Marktmanipulationstatbestandes nicht, da es sich nicht um Börsenkurse im Sinne des § 24 Abs. 1 BörsG handelt. Allein das Ziel, vermeintliche oder tatsächlich bestehende Strafbarkeitslücken zu schließen, kann nicht dazu führen, Tatbestandsmerkmale zu überdehnen. Wie weit und unter welchen Voraussetzungen der strafrechtliche Schutz in gewährleistet werden soll, ist in erster Linie der Entscheidung des Gesetzgebers übertragen. Dieser hat sich bei der Neuregelung der Bußgeld- und Strafvorschriften durch das am 1. Juli 2002 in Kraft getretene Vierte Finanzmarktförderungsgesetz dafür entschieden, die Strafbarkeit marktmanipulativen Verhaltens an die Einwirkung auf einen Börsen- oder Marktpreis zu knüpfen. Dies ist bei der Rechtsanwendung hinzunehmen. (Bearbeiter)

9. Der dem Verfall unterliegende Vorteil bestimmt sich danach, was letztlich strafbewehrt ist. Hat sich der Tatbeteiligte im Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit - insbesondere dem Abschluss oder der Erfüllung eines Vertrages - strafbar gemacht, so ist demgemäß bei der Bestimmung dessen, was er aus der Tat erlangt hat, in den Blick zu nehmen, welchen geschäftlichen Vorgang die Vorschrift nach ihrem Zweck verhindern will; nur der aus diesem Vorgang gezogene Vorteil ist dem Täter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erwachsen. Soweit das Geschäft bzw. seine Abwicklung an sich verboten und strafbewehrt ist, unterliegt danach grundsätzlich der gesamte hieraus erlangte Erlös dem Verfall (vgl. bereits BGH HRRS 2012 Nr. 290). (Bearbeiter)


Entscheidung

182. BGH 3 StR 40/13 - Beschluss vom 28. November 2013 (LG Oldenburg)

BGHSt; Straftat nach dem Gewaltschutzgesetz (Akzessorietät; Blankettnorm; Pflicht des Strafgerichts zur Überprüfung der materiellen Rechtmäßigkeit der Anordnung; Auslegung; Maßgeblichkeit der gesetzgeberischen Intention nach Inkrafttreten des FamFG).

§ 4 GewSchG; § 1 Abs. 1 Satz 1 und 3 GewSchG

1. Die Verurteilung nach § 4 Satz 1 GewSchG wegen einer Zuwiderhandlung gegen eine Anordnung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 GewSchG setzt voraus, dass das Strafgericht die materielle Rechtmäßigkeit der Anordnung überprüft und dabei deren tatbestandliche Voraussetzungen eigenständig feststellt; an die Entscheidung des Familiengerichts ist es insoweit nicht gebunden. (BGHSt)

2. Die Frage, ob das Strafgericht vor einer Verurteilung nach § 4 Abs. 1 GewSchG die materielle Rechtmäßigkeit der Anordnung zu überprüfen hat, muss aus der Norm selbst beantwortet werden. Denn es ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers, darüber zu befinden, ob die Strafbarkeit einer Zuwiderhandlung gegen eine Entscheidung, die von einer Verwaltungsbehörde oder einem anderen als dem über die Strafbarkeit befindenden Gericht getroffen wurde, von der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung abhängen soll oder nicht. (Bearbeiter)

3. Die historische Auslegung von § 4 Satz 1 GewSchG führt insoweit zu einem eindeutigen Ergebnis im Sinne des ersten Leitsatzes, das auch in Ansehung der Tatsache Bestand hat, dass entsprechende Anordnungen seit dem Inkrafttreten FamFG am 1. September 2009 nach der dortigen Verfahrensordnung ergehen. Danach ist zwar eine reine Säumnisentscheidung - auch im Verfahren über eine einstweilige Anordnung - ausgeschlossen (§ 51 Abs. 2 Satz 3 FamFG). Nach wie vor kommt jedoch dem Sachvortrag des Antragstellers eine herausragende Bedeutung zu. Auch sind immer noch Entscheidungen möglich, die ergehen, ohne dass das Vorbringen des Antragsgegners Berücksichtigung findet. (Bearbeiter)

4. Weder Wortlaut noch Systematik oder telos stehen zu der Intention des Gesetzgebers in einem eindeutigen Widerspruch. Daher ist der eindeutige Wille des Gesetzgebers bei der Gesetzesanwendung grundsätzlich zu respektieren, ohne dass der Senat zu beurteilen hat, ob eine andere Konzeption in der Sache vorzugswürdig gewesen wäre. (Bearbeiter)


Entscheidung

201. BGH 1 StR 53/13 - Urteil vom 3. Dezember 2013 (LG Hamburg)

Verfall gegen Drittbegünstige (Verfall bei versuchter Tat; Erlangung durch die Tat: Unmittelbarkeitszusammenhang: Wertungen des Bereicherungsrechts, Bereicherungszusammenhang, Abgrenzung von Vertretungs- Verschiebungs- und Erfüllungsfällen, Gutgläubigkeit des Dritten bei Erfüllungsfällen; Handeln für einen anderen; Fall Falk); Anordnung des Verfalls gegen den Dritten als Täter einer leichtfertig begangenen Geldwäsche.

§ 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 StGB; § 822 BGB; § 261 Abs. 5 StGB

1. Gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB unterliegt das vom Täter oder Teilnehmer einer rechtswidrigen Tat Erlangte dem Verfall. Als rechtswidrige Tat kommt dabei auch eine versuchte Straftat in Betracht (vgl. BGH wistra 2010, 477).

2. Handeln „für einen anderen“ im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB verlangt zwar keinen echten oder gar offenen, nach außen erkennbaren Vertretungsfall, aber der Handelnde muss bei oder jedenfalls im Zusammenhang mit der rechtswidrigen Tat auch, und sei es nur faktisch, im Interesse des Dritten gehandelt haben.

3. „Dadurch“ im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB bedeutet zwar vom Wortlaut her nicht „unmittelbar durch ein- und dieselbe Handlung“. In Fällen, in denen der erlangte Gegenstand nicht im Rahmen der Tat selbst, sondern erst durch vermittelnde Rechtsgeschäfte zu dem Dritten gelangt ist, bedarf es für die Zurechnung aber jedenfalls eines Bereicherungszusammenhangs zwischen der Tat und dem Eintritt des Vorteils bei dem Dritten (vgl. BGHSt 45, 235, 244).

4. Der für die Anwendung des § 73 Abs. 3 StGB erforderliche Bereicherungszusammenhang setzt voraus, dass mit den in Frage stehenden Transaktionen das Ziel verfolgt wurde, das durch die Tat unmittelbar begünstigte Vermögen des Täters oder eines Dritten dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen oder die Tat zu verschleiern. Dabei steht der Annahme eines Bereicherungszusammenhangs nicht entgegen, dass der Täter in solchen Fällen regelmäßig die Vermögensverschiebung primär im eigenen Interesse und allenfalls faktisch (auch) im Interesse des Dritten begeht (BGHSt aaO S. 246). Zur Konkretisierung dieses Bereicherungszusammenhangs hat die Rechtsprechung Fallgruppen gebildet.

5. Ein Bereicherungszusammenhang besteht insbesondere in Vertretungsfällen, in denen er sich durch das (betriebliche) Zurechnungsverhältnis ergibt. Zu den Vertretungsfällen gehört insbesondere das Handeln als Organ, Vertreter oder Beauftragter im Sinne des § 14 StGB, aber auch das Handeln von Angehörigen einer Organisation, die im Organisationsinteresse tätig werden (BGHSt aaO S. 245).

6. Ein Bereicherungszusammenhang liegt auch im Verschiebungsfall vor, bei dem der Täter dem Dritten die Tatvorteile unentgeltlich oder aufgrund eines bemakelten Rechtsgeschäfts zukommen lässt, um sie dem Zugriff des Gläubigers zu entziehen oder um die Tat zu verschleiern. Solches kommt auch dann in Betracht, wenn das Erlangte vor der Weiterleitung an den Dritten mit legalem Vermögen vermischt worden ist oder wenn es lediglich aus ersparten Aufwendungen besteht (vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 2013 – 5 StR 505/12 mwN).

7. Hiervon zu unterscheiden ist der Erfüllungsfall. Dieser ist dadurch gekennzeichnet, dass der Täter oder Teilnehmer einem gutgläubigen Dritten Tatvorteile zuwendet, und zwar in Erfüllung einer nicht bemakelten Forderung, deren Entstehung und Inhalt in keinem Zusammenhang mit der Tat stehen. Hier handelt der Täter zwar nicht selten auch – zumindest faktisch – im Interesse des Dritten. Das Kriterium des faktischen Interesses kann aber nicht bedeuten, dass damit bereits der Anwendungsbereich des § 73 Abs. 3 StGB eröffnet ist (BGHSt aaO S. 247).

8. Beim Erfüllungsfall kommt der Unmittelbarkeit im Sinne von dazwischengeschalteten Rechtsgeschäften entscheidende Bedeutung zu. Hat der Dritte die Tatbeute oder deren Wertersatz aufgrund eines mit dem Täter oder Teilnehmer geschlossenen entgeltlichen Rechtsgeschäfts erlangt, das weder für sich noch im Zusammenhang mit der rechtswidrigen Tat bemakelt ist, so hat der Dritte den Vorteil nicht „durch“ die Tat erlangt. Diese Einschränkung folgt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus der Parallele mit den Bereicherungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 812 BGB ff.), die der Gesetzgeber bei § 73 Abs. 3 StGB im Auge hatte. Grundsätzlich sollte deshalb § 73 Abs. 3 StGB nicht weiter gehen als der Durchgriff nach § 822 BGB. Allerdings sind die Verfallsvorschriften lediglich an die Wertungen des Bereicherungsrechts angelehnt. Anders als bei § 822 BGB ist es deshalb für die Verfallsanordnung nach § 73 Abs. 3 StGB unbeachtlich, ob der Primäranspruch gegen den zunächst Bereicherten durch die Zuwendung weggefallen ist oder nicht (vgl. BGHSt aaO S. 246) und ob gegen diesen eine Verfallsanordnung in Betracht kommt.

9. Zwar ist es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichthofs Kennzeichen eines Erfüllungsfalls, dass der Dritte, dem die Tatvorteile zugewendet werden, gutgläubig ist. Denn nach der Rechtsprechung findet der Verfall beim Drittbegünstigten dort seine Grenze, wo ein zusätzliches Rechtsgeschäft mit einem gutgläubigen Dritten dazwischen tritt (BGHSt aaO S. 240, 247). Das Erfordernis der Gutgläubigkeit kann sich aber nur auf den Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäftes beziehen. Denn auf dieser Ebene werden die gegenseitigen Leistungspflichten begründet, weshalb die Bewertung der Motivlage und mithin der Gutgläubigkeit sich auch nur auf dieser Ebene vornehmen lässt. Damit läge ein Erfüllungsfall grundsätzlich selbst dann vor, wenn die Erfüllung einer nicht bemakelten Forderung mit Mitteln aus einer Straftat bewirkt würde und der Empfänger damit wenigstens rechnete.

10. Das Fehlen der Voraussetzungen des § 73 Abs. 3 StGB schließt es freilich nicht aus, dass gegen den Empfänger einer Leistung Verfall gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB angeordnet werden kann, wenn er sich beim Empfang einer zumindest leichtfertig begangenen Geldwäsche (§ 261 Abs. 5 StGB) schuldig gemacht hat.


Entscheidung

181. BGH 3 StR 146/13 - Urteil vom 12. Dezember 2013 (LG Oldenburg)

Untreue (Vermögensnachteil bei unterlassenem Hinweis des Treunehmers auf Ersatzansprüche; Haushaltsuntreue; Bezahlung privater Veranstaltungen; Repräsentationsaufwand; Festsetzung erhöhter Vergütung für Geschäftsleiter einer Körperschaft des öffentlichen Rechts).

§ 266 StGB; § 13 StGB

1. Eine Untreue durch Unterlassen dadurch, dass der Treunehmer den Treugeber nicht darauf hinweist, dass ihm – dem Treugeber – Ersatzansprüche gegen den Treunehmer bzw. einen Dritten zustehen, scheidet mangels eines bezifferbaren Vermögensnachteils i.d.R. aus, wenn die Ansprüche durch das Verschweigen in ihrem wertmäßigen Bestand nicht beeinträchtigt werden. Das ist insbesondere dann anzunehmen, wenn im Zeitpunkt der Entstehung der Offenbarungspflicht bzw. im weiteren Verlauf weder die Verjährung der Ansprüche noch die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners droht.

2. Die Erhöhung des Gehalts für den Geschäftsführer einer ohne Gewinnerzielungsabsicht handelnden Körperschaft des öffentlichen Rechts führt zu einem Nachteil i.S.d. Untreuetatbestandes, wenn mit der Gehaltserhöhung keinerlei zu erbringende Leistungen des Geschäftsführers einhergehen, die die Treunehmerin nicht schon vor der Erhöhung hätte beanspruchen können. In diesem Fall kommt es für die Bejahung eines Nachteils auf die Angemessenheit der Vergütung nicht an.

3. Die Vermögensbetreuungspflicht eines tauglichen Täters i.S.d. § 266 StGB findet grundsätzlich ihre Grenze in Angelegenheiten, die die Vergütung des Treunehmers betreffen, da hier die Interessen von Treunehmer und

Treugeber gegenläufig sind. Das gilt jedoch nur, wenn sich das Streben nach einem möglichst hohen Gehalt in den dafür vorgesehenen Entscheidungsbahnen hält. Umgeht der Treunehmer dagegen in kollusivem Zusammenwirken den eigentlichen Entscheidungsträger, ist sein Verhalten nicht anders zu bewerten, als wenn er sich unter Ausnutzung seiner Verfügungsmöglichkeiten aus dem Vermögen des Arbeitgebers den entsprechenden Betrag eigenmächtig verschafft.

4. Es kann dahinstehen, ob das pflichtwidrige Verschweigen einer Forderung des Berechtigten zumindest dann einen Vermögensnachteil begründen könnte, wenn im Zeitpunkt der Entstehung der Offenbarungspflicht des Treupflichtigen oder im Verlauf der weiteren Entwicklung die Verjährung der Forderung droht und der Schuldner die entsprechende Einrede auch wirksam erheben könnte oder der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zu besorgen ist.

5. Auch im Rahmen der Haushaltsuntreue kann der Vermögensnachteil nicht allein aus einer (bloßen) Verletzung der Dispositionsfreiheit hergeleitet werden. Der Mitteleinsatz darf nicht nur haushaltsrechtlich formell, sondern er muss zugleich materiell zweckwidrig sein.


Entscheidung

197. BGH 1 StR 469/13 - Beschluss vom 29. Januar 2014 (LG Hamburg)

Umsatzsteuerhinterziehung (Umsatzsteuerpflichtigkeit eines dazwischengeschalteten Strohmanns: umsatzsteuerrechtliche Unbeachtlichkeit des Strohmanngeschäfts als Scheingeschäft).

§ 370 Abs. 1 AO; § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG; § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG; § 41 Abs. 2 AO

1. Auch ein „Strohmann“, der nach außen im eigenen Namen auftritt, im Verhältnis zum „Hintermann“ jedoch auf dessen Rechnung handelt, kann Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sein. Ein „Strohmann“, der von einem Dritten im eigenen Namen Leistungen bezieht, ist daher nicht etwa deshalb nicht selbständig i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG tätig, weil er die Leistungen auf Rechnung des „Hintermanns“ empfängt und er dessen Weisungen verpflichtet ist (vgl. BGH NJW 2013, 2449 mwN). Dementsprechend kann es bei „Strohmanngeschäften“ zu einer Verdoppelung der Leistungsbeziehungen kommen, so dass z.B. der Verkäufer an den „Strohmann“ und dieser an den „Hintermann“ liefert oder leistet (vgl. für Fälle der Verkaufskommission BFH DStRE 2011, 1326 Rn. 21).

2. „Vorgeschobene“ Strohmanngeschäfte hingegen sind dann umsatzsteuerrechtlich (wie auch zivilrechtlich) unbeachtlich, wenn sie nur zum Schein abgeschlossen sind, also die Vertragsparteien einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen eintreten sollen (vgl. § 41 Abs. 2 AO; vgl. BGH NJW 2013, 2449).