HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Januar 2011
12. Jahrgang
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Hervorzuhebende Entscheidungen des BGH

I. Materielles Strafrecht - Allgemeiner Teil


Entscheidung

96. BGH 2 StR 505/10 - Beschluss vom 27. Oktober 2010 (LG Gießen)

Rechtsfehlerhafte Beurteilung der Schuldfähigkeit zur Tatzeit (Prüfung der verminderten Einsichtsfähigkeit; Unrechtseinsicht; geplanter „Umzug in eine JVA“); versuchte Nötigung; wahnbedingt vorgestellte Notstandslage (Abgrenzung von Erlaubnistatbestandsirrtum und Entschuldigungstatbestandsirrtum).

§ 63 StGB; § 240 Abs. 3 StGB; § 20 StGB; § 21 StGB; § 17 StGB; § 34 StGB

Stellt sich der Angeklagte wahnbedingt eine Notstandslage vor, sind genauere Feststellungen zur Qualität der von dem Angeklagten angenommenen Bedrohungslage und zu seinem Handlungsziel erforderlich, um prüfen zu können, ob er wahnbedingt in einem Erlaubnistatbestandsirrtum gehandelt oder einen Entschuldigungsgrund angenommen hat.


Entscheidung

91. BGH 2 StR 483/10 - Beschluss vom 10. November 2010 (LG Aachen)

Notwehr (Voraussetzungen der Notwehrprovokation; Gebotenheit: sozialethische Schranken der Notwehr; Verhältnismäßigkeit).

§ 32 StGB; § 212 StGB; § 22 StGB

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfährt das Notwehrrecht unter anderem dann eine Einschränkung, wenn der Verteidiger gegenüber dem Angreifer ein pflichtwidriges Vorverhalten an den Tag gelegt hat, das bei vernünftiger Würdigung aller Umstände des Einzelfalles den folgenden Angriff als eine adäquate und voraussehbare Folge der Pflichtverletzung des Angegriffenen erscheinen lässt. In einem solchen Fall muss der Verteidiger dem Angriff unter Umständen auszuweichen suchen und darf zur lebensgefährlichen Trutzwehr nur übergehen, wenn andere Abwehrmöglichkeiten erschöpft oder mit Sicherheit aussichtslos sind (BGHSt 26, 143, 145). Darüber hinaus vermag bereits ein sozialethisch zu missbilligendes Vorverhalten das Notwehrrecht nur einzuschränken, wenn zwischen diesem Vorverhalten und dem rechtswidrigen Angriff ein enger zeitlicher und räumlicher Ursachenzusammenhang besteht und es nach Kenntnis des Täter auch geeignet ist, einen Angriff zu provozieren (vgl. BGH NStZ 2006, 332, 333; BGHSt 42, 97, 100).

2. Allein der Umstand, dass ein Angeklagter mit drei Zeugen eine verbale Auseinandersetzung mit wechselseitigen Beleidigungen geführt und sich auf einen Zweikampf mit einem der Zeugen eingelassen hat, vermag

keine vorwerfbare Provokation eine nachfolgenden Angriffs gegen ihn zu begründen, der erfolgt, nachdem der auf Vorschlag der Gegenseite begonnene Zweikampf für alle erkennbar abgeschlossen war. Dies gilt, soweit kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass der Angeklagte die Auseinandersetzung als solche gezielt gesucht oder besonders gefördert hätte.

3. Das Notwehrrecht erfährt auch nicht deshalb eine Beschränkung, weil sich der Angeklagte auf den Zweikampf eingelassen hat, obgleich er damit rechnen musste, dass es auf Grund der aggressiven Stimmung der Zeugen mit diesem Zweikampf nicht sein Bewenden haben würde. Ein für sich genommen erlaubtes Tun führt nicht allein deshalb zu Einschränkungen der Notwehr, weil der Täter wusste oder wissen konnte, dass andere durch dieses Verhalten zu einem rechtswidrigen Angriff veranlasst werden könnten (vgl. BGH NJW 2003, 1955, 1959; Beschluss vom 4. August 2010 - 2 StR 118/10).

4. Theoretisch denkbare mildere Verteidigungsmittel vermögen die Erforderlichkeit der erfolgten Verteidigungshandlung nicht in Frage zu stellen, wenn nicht aufgezeigt wird, dass es dem Angeklagten in der konkreten Situation auch tatsächlich möglich gewesen wäre, diese Erfolg versprechend zu ergreifen.


Entscheidung

85. BGH 2 StR 434/10 - Urteil vom 20. Oktober 2010 (LG Köln)

Voraussetzungen des Rücktritts vom Versuch (erforderliche Feststellungen für den unbeendeten Versuch; Rücktrittshorizont; Zweifelsgrundsatz); versuchter Totschlag; besonders schwerer Raub; Beweiswürdigung hinsichtlich des Tötungsvorsatzes.

§ 212 StGB; § 22 StGB; § 24 StGB; § 250 StGB; § 249 StGB; § 15 StGB; § 261 StPO

1. Wenn das Tatgericht die Feststellung bedingten Tötungsvorsatzes auf die Form und Intensität der massiven Gewalteinwirkung gegen den Kopf des Tatopfers gestützt hat, so bedarf es, um zur Annahme eines unbeendeten Versuchs aus der Perspektive des so genannten Rücktrittshorizonts zu gelangen, der Feststellung tatsächlicher Umstände, auf Grund derer der Angeklagte nach Abschluss der plangemäß durchgeführten Gewalteinwirkungen und zu der Annahme gelangt sein soll, der Tod des Opfers sei – entgegen seiner bisherigen Annahme – nicht mehr möglich.

2. Nimmt das Tatgericht einen Rücktritt an, müssen widerspruchsfreie, durch objektive Beweisanzeichen hinreichend gestützte Feststellungen zum Rücktrittshorizont des Angeklagten vorliegen. Die Erwägung, es sei von der für den Angeklagten günstigsten Möglichkeit, „seinen Angaben in der Hauptverhandlung“, auszugehen gewesen, genügt zur Begründung eines unbeendeten Versuchs allein nicht.


Entscheidung

86. BGH 2 StR 437/10 - Beschluss vom 18. November 2010 (LG Gießen)

Rücktritt vom Versuch (unbeendeter Versuch: korrigierter Rücktrittshorizont, Abstandnahme von der Tat; fehlgeschlagener Versuch).

§ 24 StGB

Auch wenn der Angeklagte während der Tat bereits davon ausgegangen ist, alles zur Verwirklichung des Tatbestands Erforderliche getan zu haben, kann hinsichtlich der Tat noch ein Rücktritt vom unbeendeten Versuch in Betracht kommen. Wenn der Angeklagte unmittelbar nach seiner letzten Ausführungshandlung erkennt, dass er sich über die mögliche Tatverwirklichung geirrt hat, und zugleich erkennt, dass weitere Handlungen zum erstrebten Erfolg erforderlich und möglich sind, ist eine so genannte Korrektur seines Rücktrittshorizontes anzunehmen. Sie schließt die Annahme eines beendeten Versuchs aus.


Entscheidung

52. BGH 5 StR 464/10 - Beschluss vom 10. November 2010 (LG Flensburg)

Tateinheit (Klammerwirkung; strafrechtlicher Unwert; Dauerdelikt; Strafdrohung); Tatmehrheit; Konkurrenzen; Vergewaltigung; gefährliche Körperverletzung; Freiheitsberaubung; Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus; einstweilige Unterbringung (Grundlage für eine psychiatrische Begutachtung).

§ 52 StGB; § 53 StGB; § 177 StGB; § 224 StGB; § 239 StGB; § 126 StPO; § 63 StGB

1. Ein Delikt, das sich über einen gewissen Zeitraum hinzieht, kann andere Straftaten, die bei isolierter Betrachtung in Tatmehrheit zueinander stünden, zur Tateinheit verbinden, wenn es seinerseits mit jeder dieser Straftaten tateinheitlich zusammentrifft (Klammerwirkung).

2. Die Klammerwirkung bleibt aus, wenn das Dauerdelikt in seinem strafrechtlichen Unwert, wie er in der Strafandrohung Ausdruck findet, deutlich hinter den während seiner Begehung zusätzlich verwirklichten Gesetzesverstößen zurückbleibt. Denn eine minder schwere Dauerstraftat hat nicht die Kraft, mehrere schwerere Einzeltaten, mit denen sie ihrerseits jeweils tateinheitlich zusammentrifft, zu einer Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen.

3. Für die Klammerwirkung eines dritten Delikts ist erforderlich, aber auch hinreichend, dass zwischen dem dritten und einem der verbundenen Delikte annähernde Wertgleichheit besteht. Wiegt nur eines der betroffenen Delikte schwerer als dasjenige, das die Verbindung begründet, so verbleibt es bei der Klammerwirkung.

II. Materielles Strafrecht – Besonderer Teil


Entscheidung

104. BGH 4 StR 413/10 - Beschluss vom 15. November 2010 (LG Itzehoe)

Unerlaubtes Sich Entfernen vom Unfallort (Begriff des Unfallorts; Tatvorsatz; unvorsätzliches und entschuldigtes Sich Entfernen); Einziehung; Wertersatzverfall (mangelnde Erörterung eines Härtefalles).

Art. 103 Abs. 2 GG; § 142 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 StGB; § 74 StGB; § 73a StGB; § 73c StGB; § 111i Abs. 2 StPO

1. Das Entfernen nicht vom Unfallort selbst, sondern von einem anderen Ort, an welchem der Täter erstmals vom Unfall erfahren hat, erfüllt nicht den Tatbestand des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB (BGHSt 28, 129, 131).

2. Auch eine Strafbarkeit nach § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB scheidet aus, da das unvorsätzliche Verlassen des Unfallorts nicht vom Wortlaut der Norm erfasst wird (BVerfG NZV 2007, 368). Entgegen einer in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansicht sieht der Senat keine Veranlassung, die gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung zum Begriff des Unfallorts zu modifizieren, um auf diese Weise Fälle strafrechtlich zu erfassen, in denen der Täter nachträglich auf den Unfall hingewiesen wird und sich dennoch weiter entfernt.

3. Die Einziehung von Tatmitteln ist aber nach § 74 Abs. 1 StGB nur möglich, wenn sie zur Begehung oder Vorbereitung einer Tat gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, die den Gegenstand der Anklage bildet und vom Tatrichter festgestellt worden ist (BGHR StGB § 74 Abs. 1 Tatmittel 6).


Entscheidung

87. BGH 2 StR 447/10 - Beschluss vom 14. Oktober 2010 (LG Aachen)

Voraussetzungen des Kontoeröffnungsbetruges (Vermögensschaden; schadensgleiche Vermögensgefährdung; Überweisungsbetrug).

§ 263 Abs. 1, Abs. 2 StGB; § 22 StGB

1. In den Fällen des „Kontoeröffnungsbetrugs“ kann ein Schaden in Form einer schadensgleichen Vermögensgefährdung schon dann vorliegen, wenn der Täter unter Vorlage eines gefälschten Ausweises und Täuschung über seine Zahlungswilligkeit bei einer Bank Konten eröffnet und ihm antragsgemäß Kreditkarten (BGHSt 33, 244 ff.) oder EC-Karten (BGHSt 47, 160 ff.) ausgehändigt werden bzw. wenn ihm ein Überziehungskredit eingeräumt wird.

2. Anderes gilt, wenn die Konten nur auf Guthabenbasis geführt wurden.


Entscheidung

27. BGH 3 StR 555/09 - Beschluss vom 4. Februar 2010 (LG Lübeck)

Hehlerei (Absetzen; Eintreten eines Förderungserfolgs; Geeignetheit der Absatzbemühungen; polizeiliche Observation); Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Anbringung weiterer Verfahrensrügen).

§ 259 StGB; § 154 StPO; § 154a StPO; § 44 StPO; § 45 StPO

1. Zwar setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der die herrschende Meinung in der Literatur allerdings mit beachtlichen Argumenten entgegentritt, eine vollendete (gewerbsmäßige) Hehlerei in der Begehungsform des Absetzens nicht notwendig voraus, dass ein Förderungserfolg eingetreten ist. Jedoch muss auch nach der Auffassung der Rechtsprechung das Bemühen um Absatz geeignet sein, die rechtswidrige Vermögenssituation aufrecht zu erhalten oder zu vertiefen (BGHSt 43, 110 ff.; BGH NStZ 2008, 152).

2. Letzteres ist zweifelhaft, wenn der Angeklagte nach den getroffen Feststellungen bereits vor der Übernahme des Diebesguts von der Polizei observiert und bei Besteigen des Lkws, mit welchem er die gestohlenen Waren zum Abnehmer bringen wollte, festgenommen wurde.


Entscheidung

102. BGH 4 StR 386/10 - Beschluss vom 10. November 2010 (LG Hagen)

Vollrauschtatbestand (Schuldunfähigkeit durch den Genuss von Rauschmitteln).

§ 323a StGB

Der Anwendbarkeit des § 323a StGB steht zwar nicht entgegen, dass der Zustand der (möglichen) Schuldunfähigkeit nicht allein durch den Alkohol, sondern erst durch das Hinzutreten weiterer Ursachen herbeigeführt worden ist. Der objektive Tatbestand des § 323a Abs. 1 StGB setzt jedoch voraus, dass der Zustand des Täters seinem ganzen Erscheinungsbild nach als durch den Genuss von Rauschmitteln hervorgerufen anzusehen ist (BGHSt 26, 363, 364 ff.; 32, 48, 53; BGH NJW 1997, 3101, 3102).


Entscheidung

103. BGH 4 StR 395/10 - Beschluss vom 20. September 2010 (LG Saarbrücken)

Störung des öffentlichen Friedens (Eignung; E-Mail an ehemalige Mitarbeiterin einer Betreuungseinrichtung).

§ 126 Abs. 1 Nr. 2 StGB

1. Nach ständiger Rechtsprechung ist der öffentliche Frieden dann gestört, wenn das Vertrauen der Bevölkerung in die öffentliche Rechtssicherheit erschüttert wird oder wenn potentielle Täter durch Schaffung eines „psychischen Klimas“, in dem Taten wie die angedrohten begangen werden können, aufgehetzt werden können (vgl. BGH NJW 1978, 58, 59; BGHSt 34, 329, 331; Beschluss vom 19. Mai 2010 - 1 StR 148/10). Vorausge-

setzt wird dabei nicht, dass eine solche Störung bereits eingetreten ist; es reicht aus, dass die Handlung zumindest konkret zur Störung des öffentlichen Friedens geeignet ist (vgl. BGHSt aaO).

2. Dies ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn die entsprechende Ankündigung in der Öffentlichkeit erfolgt. Eine Ankündigung gegenüber einem Einzelnen kann dann genügen, wenn nach den konkreten Umständen damit zu rechnen ist, dass der angekündigte Angriff einer breiten Öffentlichkeit bekannt werden wird, wie bei einer Zusendung an die Medien oder an einen nicht näher einzugrenzenden Kreis von Privatpersonen, von deren Diskretion nicht auszugehen ist, aber auch an einen unmittelbar Betroffenen, wenn anzunehmen ist, dass dieser sich aus Sorge um Opfer oder aus Empörung über diese Drohung an die Öffentlichkeit wenden wird (vgl. BGHSt aaO m.w.N.).

3. Eine drohende E-Mail an eine ehemalige Mitarbeiterin der Betreuungseinrichtung, die den psychisch kranken Angeklagten, insbesondere sein Krankheitsbild und seine allgemeine Lebenssituation, seit langem kennt, erfüllt diese Anforderungen nicht. Nicht anders als in den Fällen, in denen staatliche Organe die Adressaten der Drohung sind, war auch hier zu erwarten, dass eine in der Betreuung psychisch Kranker erfahrene Person zwar Maßnahmen zur Vermeidung der angedrohten Taten veranlassen, im Übrigen aber mit Diskretion vorgehen wird, um weder die Präventionsmaßnahmen zu gefährden noch die Öffentlichkeit zu beunruhigen. Dies gilt umso mehr, wenn – wie hier – der Kreis der Bedrohten konkret bezeichnet wurde und auch Name und Wohnort des Angeklagten bekannt waren, so dass ein polizeilicher Zugriff jederzeit erfolgen konnte.


Entscheidung

64. BGH 5 StR 516/10 - Beschluss vom 8. Dezember 2010 (LG Potsdam)

Schwere Körperverletzung (Verlust des Gehörs; Verlust des Wahrnehmungsvermögens; wertlose Restfähigkeit); Bundeszentralregister (getilgte Eintragung; Verwertungsverbot; Beruhen).

§ 226 StGB; § 51 BZRG; § 337 StPO

Zwar genügen für die Annahme eines Verlusts des Wahrnehmungsvermögens im Sinne des § 226 Abs. 1 Nr. 1 StGB auch schwere Herabminderungen grundsätzlich nicht. Jedoch werden von dem genannten Merkmal Fälle umfasst, in denen lediglich eine für den Geschädigten im Ergebnis wertlose Restfähigkeit zurückbleibt.


Entscheidung

12. BGH 3 StR 410/10 - Beschluss vom 23. November 2010 (auswärtige große Strafkammer des Landgerichts Kleve in Moers)

Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus; sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen; Widerstandsunfähigkeit (auf den Tatzeitpunkt bezogene Gesamtwürdigung; persönlicher Eindruck in der Hauptverhandlung; fachpsychiatrisches Gutachten; Behinderung).

§ 63 StGB; § 179 StGB

1. Widerstandsunfähig im Sinne des § 179 Abs. 1 Nr. 1 StGB ist, wer aus den in dieser Vorschrift genannten Gründen keinen zur Abwehr ausreichenden Widerstandswillen bilden, äußern oder durchsetzen kann. Dabei genügt es, dass das Tatopfer nur vorübergehend widerstandsunfähig ist.

2. Als Ursache einer Widerstandsunfähigkeit kommen nicht nur geistig-seelische Erkrankungen, sondern auch sonstige geistig-seelische Beeinträchtigungen in Betracht, die sich etwa aus einem Zusammentreffen einer besonderen Persönlichkeitsstruktur des Opfers und seiner Beeinträchtigung durch die Tatsituation infolge Überraschung, Schreck oder Schock ergeben.

3. Der Tatrichter hat gegebenenfalls mit Hilfe eines Sachverständigen aufgrund einer Gesamtbetrachtung die geistigseelische Verfassung des Tatopfers und deren Auswirkungen auf das Opferverhalten zu prüfen und in den Urteilsgründen darzulegen. In diese Prüfung ist auch das aktuelle Tatgeschehen einzubeziehen.

4. Die bloße Feststellung einer geistigen Behinderung – mag sie auch einen Grad von 100 % erreichen - kann für sich allein die Annahme von Widerstandsunfähigkeit nicht belegen.

5. Der persönliche Eindruck vom Geschädigten in der Hauptverhandlung lässt eine Aussage über dessen Widerstandsfähigkeit gegen sexuelle Übergriffe schwerlich zu.