Alle Ausgaben der HRRS, Aufsätze und Anmerkungen ab dem Jahr 2000.
HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Juni 2005
6. Jahrgang
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1. Bei der Prüfung, ob ein strafbares Verhalten im Sinne der §§ 92 Abs. 1 Nr. 1 und 6, 92 a Abs. 1 AuslG bzw. der §§ 95 Abs. 1 Nr. 2 und 3, 96 Abs. 1 AufenthG vorliegt, gebietet es das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG, allein auf eine formell wirksame Einreise- oder Aufenthaltsgenehmigung (Visum) abzustellen. Ausländerrechtlichen Erlaubnissen kommt daher in den verwaltungsakzessorischen Tatbeständen des Ausländergesetzes und des Aufenthaltsgesetzes Tatbestandswirkung zu. (BGHSt)
2. Das Bestimmtheitsgebot verlangt für Straftatbestände, die das Fehlen einer verwaltungsrechtlichen Erlaubnis vorsehen, einen eindeutigen Auslegungsmaßstab in Bezug auf ihre verwaltungsrechtlichen Vorgaben. Deshalb muss eine nach verwaltungsrechtlichen Vorschriften wirksam erteilte Aufenthaltsgenehmigung im Strafrecht grundsätzlich Tatbestandswirkung entfalten, auch wenn sie rechtsmissbräuchlich erlangt wurde. Etwas anders kann nur dort gelten, wo das Gesetz durch Täuschung, Drohung oder Bestechung erlangten Erlaubnissen die Wirksamkeit abspricht. (Bearbeiter)
3. Ändert sich der persönliche Anwendungsbereichs eines Straftatbestands, so dass der Angeklagte nicht mehr zu dem mit Strafe bedrohten Personenkreis zählt, während der Gebotsgehalt der Norm im übrigen unverändert bleibt, so gilt § 2 Abs. 3 StGB nicht, so dass bereits begangene Verstöße des Angeklagten verfolgbar bleiben. (Bearbeiter)
Ob die Beteiligung an einem unerlaubten Handeltreiben mit oder einer unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln als Mittäterschaft oder als Beihilfe zu werten ist, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen über diese Beteiligungsformen. Wesentliche Anhaltspunkte für diese Beurteilung können sein der Grad des eigenen Interesses am Erfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Beteiligten abhängen (st. Rspr.; vgl. BGH NStZ 2000, 482; BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Einfuhr 21). Dabei deutet eine ganz untergeordnete Tätigkeit schon objektiv darauf hin, dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st. Rspr.; BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 58 m.w.N. und Einfuhr 21). Mittäterschaft kommt hingegen vor allem in Betracht, wenn der Beteiligte in der Rolle eines gleichberechtigten Partners an der Tat mitgewirkt hat (BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 39).
Der Vollstreckungsleiter nach § 85 Abs. 2 JGG bleibt trotz einer Übertragung der Vollstreckung gemäß § 85 Abs. 5 JGG "Herr des Verfahrens", denn die Abgabe nach § 85 Abs. 5 JGG ist nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung stets widerruflich. Daher hat der Vollstreckungsleiter gemäß § 85 Abs. 2 JGG das Recht, aber auch die Pflicht, bei Änderung der Verhältnisse seine Entscheidung nachzuprüfen und, wenn erforderlich, die Übertragung rückgängig zu machen und ein anderes Gericht mit den weiteren Aufgaben zu betrauen.