HRR-Strafrecht

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

April 2003
4. Jahrgang
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IV. Nebenstrafrecht, Haftrecht und Jugendstrafrecht


Entscheidung

BGH 5 StR 165/02 - Beschluss vom 12. Februar 2003 (LG Kleve)

BGHR; Anforderungen an die Feststellung einer unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung in Abgrenzung zum Werkvertrag; Konkurrenzverhältnis zwischen Betrug und Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt; Steuerhinterziehung (Vorsatz; Berechnungsdarstellung; Umsatzsteuer; Scheinrechnungen; unwirksames zivilrechtliches Vertragsverhältnis; Unternehmereigenschaft; Leistungsbegriff); Beweiswürdigung bei Verträgen.

§ 9 Nr. 1 AÜG; § 10 Abs. 1 AÜG; § 263 StGB; § 266a Abs. 1 StGB; § 370 AO; § 2 Abs. 1 UStG; § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG; § 261 StPO

1. Zu den Anforderungen an die Feststellung einer unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung in Abgrenzung zum Werkvertrag. (BGHR)

2. Macht der Arbeitgeber gegenüber der sozialversicherungsrechtlichen Einzugsstelle falsche Angaben über die Verhältnisse seiner Arbeitnehmer, so begeht er einen Betrug nach § 263 StGB; eine Strafbarkeit nach § 266a Abs. 1 StGB tritt dahinter zurück. (BGHR)

3. Auch bei der Bewertung von Erklärungen, Verträgen oder Urkunden durch den Tatrichter beschränkt sich die revisionsrichterliche Kontrolle auf eine Prüfung, ob ein Verstoß gegen Sprach- und Denkgesetze, Erfahrungssätze oder allgemeine Auslegungsregeln vorliegt (vgl. BGHSt 37, 55, 61; 21, 371, 372). (Bearbeiter)

4. Maßgeblich für die Einordnung eines Vertrages bleibt im Strafverfahren der nach strafprozessualen Grundsätzen festzustellende Wille der Vertragsparteien. Soll der Auftragnehmer einen bestimmten in einem baulichen Werk verkörperten Erfolg erbringen, liegt ein Werkvertrag vor. Ist dagegen lediglich eine durch Arbeitskraft zu erbringende Tätigkeit geschuldet, wird von einem Arbeitnehmerüberlassungsverhältnis auszugehen sein. (Bearbeiter)


Entscheidung

BGH 4 StR 412/02 - Urteil vom 23. Januar 2003 (LG Siegen)

BGHR; keine Einbeziehung einer rechtskräftigen Vorverurteilung bei vorheriger Einbeziehung in ein anderes noch nicht rechtskräftiges Urteil; Prüfungsgrundlage der Sachrüge.

§ 31 Abs. 2 JGG; § 66 JGG; § 352 StPO

1. Eine rechtskräftige Vorverurteilung darf nicht nach § 31 Abs. 2 JGG einbezogen werden, wenn sie bereits in ein anderes - noch nicht rechtskräftiges - Urteil einbezogen worden war (im Anschluß an BGHSt 20, 292). (BGHR)

2. Die sachlich-rechtliche Nachprüfung des Urteils erfolgt grundsätzlich ausschließlich auf der Grundlage der Urteilsurkunde (BGHSt 35, 238, 241). (Bearbeiter)


Entscheidung

BGH 2 StR 478/02 - Beschluss vom 19. Februar 2003 (LG Köln)

Jugendstrafe neben Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (Prüfung der möglichen Entbehrlichkeit der Strafe).

§ 63 StGB; § 5 Abs. 3 JGG

Wird aus Anlass der Straftat eines nach Jugendstrafrecht zu beurteilenden Heranwachsenden nach § 63 StGB dessen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet, so ist grundsätzlich zu prüfen, ob die angeordnete Maßregel die Ahndung mit Jugendstrafe entbehrlich macht (§ 5 Abs. 3 JGG; vgl. BGH NStZ 2000, 469; StV 2002, 416).