HRR-Strafrecht

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Oktober 2000
1. Jahrgang
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Hervorzuhebende Entscheidungen des BGH

I. Materielles Strafrecht

1. Schwerpunkt Allgemeiner Teil des StGB


Entscheidung

BGH 5 StR 74/00 - Beschluß v. 16. August 2000 (LG Berlin)

Aussageerpressung; Ruhen der Strafverfolgungsverjährung; Quasigesetzliches Verfolgungshindernis

§ 343 StGB; § 78b Abs. 1 StGB

In Fällen der Aussageerpressung gegen Beschuldigte, die politischer Straftaten nach dem Strafrecht der DDR beschuldigt wurden, hat die Verjährung in der DDR aufgrund eines quasigesetzlichen Verfolgungshindernisses geruht, auch wenn im Ausnahmefall eine Verfolgung stattgefunden hat.


Entscheidung

BGH 4 StR 238/00 - Beschluß v. 11. Juli 2000 (LG Stralsund)

Natürliche Handlungseinheit bei gefährlicher Körperverletzung bei Verwirklichung zweier Qualifikationsmerkmale; das Leben gefährdenden Behandlung; Tatmehrheit

§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB; § 52 StGB

Verwirklicht der Angeklagte im Verlauf des Tatgeschehens nacheinander zwei Varianten des Straftatbestands der gefährlichen Körperverletzung, rechtfertigt dies nicht die Annahme von Tatmehrheit, wenn die weiteren Körperverletzungshandlungen zum Nachteil des Tatopfers wegen des engen zeitlichen und örtlichen Zusammenhangs der Verletzungshandlungen und wegen des Umstandes, daß diesen ein einheitlicher Wille zugrunde lag, eine natürliche Handlungseinheit (vgl. BGHR StGB vor § 1 natürliche Handlungseinheit Entschluß, einheitlicher 7 m.w.N.) bilden. Auch soweit zwei der Tatmodalitäten des § 224 StGB verwirklicht sind, liegt nur eine Gesetzesverletzung und nicht (gleichartige) Tateinheit vor (vgl. BGHR StGB § 223a Konkurrenzen 4).



2. Schwerpunkt Besonderer Teil des StGB


Entscheidung

BGH 4 StR 189/00 - Urteil v. 27. Juli 2000 (LG Saarbrücken)

Bandendiebstahl; Bandenwille; Strafrahmenwahl; Entziehung der Fahrerlaubnis

§ 244 StGB; § 244a StGB; §§ 69, 69a StGB

Die Annahme bandenmäßiger Begehung setzt ein Handeln mit gefestigtem Bandenwillen voraus (BGHSt 42, 255, 259; BGH NStZ 1996, 339, 340), wobei für den der gemeinschaftlich begangenen Tat zugrunde liegenden, auf eine gewisse Dauer angelegten und verbindlichen "Gesamtwillen" kennzeichnend ist, daß sich der Bandentäter im übergeordneten Interesse der bandenmäßigen Verbindung betätigt (vgl. BGH NStZ 1996, 443; NJW 1998, 2913). Für bandenmäßiges Handeln können insbesondere das Eingebundensein des Täters in einer bandenmäßigen Organisation, eine "geschäftsmäßige Auftragsverwaltung", eine genaue gemeinsame Buchführung, die arbeitsteilige und gleichberechtigte Abwicklung von Akquisition, Vermittlungstätigkeit und Forderungseinziehung, gegenseitige Kontrolle und gegenseitiger Schutz, das Vorliegen einer gemeinsamen Kasse oder die Beteiligung an den gemeinsam erwirtschafteten Gewinnen und Verlusten Indikatoren sein.