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HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 1208

Bearbeiter: Felix Fischer/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 541/24, Beschluss v. 15.07.2025, HRRS 2025 Nr. 1208


BGH 4 StR 541/24 - Beschluss vom 15. Juli 2025 (LG Hagen)

Bankrott (Vortäuschen von Rechten: Erhöhung des Passivenbestands zum Schein, Behauptung der Erfüllung vermeintlicher Forderungen; Nichtführen der gesetzlich vorgeschriebenen Handelsbücher; erschwerte Übersicht über den Vermögensstand der Gesellschaft: Rekonstruierbarkeit, geordnete Aufbewahrung der Belege; verspätete oder unterlassene Bilanzierung: maßgeblicher Zeitpunkt; Zahlungsunfähigkeit: Beweiswürdigung, wirtschaftskriminalistische Beweisanzeichen, Erörterungsmangel, Abgrenzung zur „Zahlungsstockung“, eingeräumte Zahlungsfristen, Ratenzahlung, Nichteinhaltung eingeräumter Zahlungsfristen).

§ 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB; § 283 Abs. 1 Nr. 4 Var. 1; § 283 Abs. 1 Nr. 5 Var. 1 StGB; § 283 Abs. 1 Nr. 5 Var. 2 StGB; § 283 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b StGB; § 261 StPO

Leitsätze des Bearbeiters

1. Der Bankrott in der Tatvariante des Nichtführens der gesetzlich vorgeschriebenen Handelsbücher (§ 283 Abs. 1 Nr. 5 Var. 1 StGB, § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB) setzt voraus, dass der GmbH-Geschäftsführer die ihm obliegende Buchführung ganz unterlässt, also überhaupt keine Handelsbücher im Sinne von § 238 Abs. 1 HGB führt.

2. An einer erschwerten Übersicht im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 5 Var. 2 StGB kann es fehlen, falls der Kaufmann bzw. Geschäftsführer zwar nichts oder nicht vollständig gebucht, wohl aber sämtliche Belege geordnet aufbewahrt hat, da die fehlenden Bücher auf der Basis einer solchen Belegsammlung zumeist ohne größere Schwierigkeiten rekonstruierbar sind.

3. Nach § 283 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b StGB ist die verspätete oder überhaupt unterlassene Bilanzierung nur dann strafbar, wenn zu dem Zeitpunkt, in dem die Bilanz spätestens zu erstellen war, Überschuldung, Zahlungsunfähigkeit oder zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit vorlag.

4. Zahlungsunfähigkeit ist das nach außen in Erscheinung tretende, auf dem Mangel an Zahlungsmitteln beruhende, voraussichtlich dauernde Unvermögen des Unternehmens, seine sofort zu erfüllenden Geldschulden noch im Wesentlichen zu befriedigen. Der Annahme, dass eine Gesellschaft zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht mehr über hinreichende Finanzmittel zur Tilgung ihrer Verbindlichkeiten verfügt hat, kann entgegenstehen, dass ihr von Gläubigern Zahlungsfristen eingeräumt und Ratenzahlungen bewilligt wurden. Dass auch diese „häufig“ nicht eingehalten und „höhere Schulden“ aufgehäuft wurden, vermag - in Abgrenzung zu einer bloßen Zahlungsstockung - eine Zahlungsunfähigkeit im vorgenannten Sinn noch nicht zu belegen.

5. § 283 Abs. 1 Nr. 4 Alt. 1 StGB sanktioniert nur Verhaltensweisen des Schuldners oder Geschäftsführers, die den Passivenbestand zum Schein erhöhen. Die bloße Behauptung, vermeintliche Forderungen erfüllt zu haben, genügt hingegen nicht.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hagen vom 10. Juli 2024 aufgehoben

a) mit den Feststellungen, soweit der Angeklagte in den Fällen II. 2. a), II. 2. b) Tat 2 und II. 3. b) der Urteilsgründe verurteilt worden ist;

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bankrotts in vier Fällen, Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 25 Fällen sowie vorsätzlicher Insolvenzverschleppung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.

Die Verfahrensbeanstandungen haben aus den vom Generalbundesanwalt genannten Gründen keinen Erfolg. Hinzu kommt, dass die Beweisanträge, deren rechtsfehlerhafte Ablehnung die Revision rügt, entgegen § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO schon keine hinreichend konkreten Beweisbehauptungen enthielten.

II.

1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen vierfachen Bankrotts hält allein im Fall II. 2. b) Tat 3 der Urteilsgründe sachlich-rechtlicher Überprüfung stand. In den Fällen II. 2. a), II. 2. b) Tat 2 und II. 3. b) der Urteilsgründe hat der Schuldspruch hingegen keinen Bestand. Im Einzelnen:

a) Taten bei der D. GmbH

aa) Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe im Fall II. 2. a) der Urteilsgründe entgegen § 283 Abs. 1 Nr. 5 Var. 1, § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB die gesetzlich vorgeschriebenen Handelsbücher nicht geführt, ist rechtsfehlerhaft.

(1) Diese von der Strafkammer herangezogene Tatvariante des Bankrotts setzt voraus, dass der GmbH-Geschäftsführer die ihm obliegende Buchführung ganz unterlässt, also überhaupt keine Handelsbücher im Sinne von § 238 Abs. 1 HGB führt (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Januar 1995 - 2 StR 693/94 Rn. 9; Urteil vom 3. Juli 1953 - 2 StR 452/52, BGHSt 4, 270, 274 [zu § 239 Abs. 1 Nr. 4 KO]; Brand in LK-StGB, 13. Aufl., § 283 Rn. 79 mwN; Fischer/Lutz, StGB, 72. Aufl., § 283 Rn. 22 f.; Biletzki, NStZ 1999, 537, 538). Dies ist nicht festgestellt. Nach den Urteilsgründen war der Angeklagte der faktische Geschäftsführer der D. GmbH, die - wie er spätestens im Oktober 2017 wusste - zahlungsunfähig war und über deren Vermögen im Februar 2019 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Für die Monate Oktober bis Dezember 2017 sowie ab April 2018 bis zur Aufgabe der Geschäftstätigkeit im Dezember 2018 wurde für das Unternehmen keine Finanzbuchhaltung erstellt. Hingegen erstellte ein beauftragter Steuerberater in der gesamten Zeit die Lohnbuchhaltung der Gesellschaft. Damit unterblieb die Buchführung nicht in Gänze.

(2) Den Feststellungen ist auch nicht zu entnehmen, dass der Angeklagte die vorgesehenen Handelsbücher so geführt hat, dass die Übersicht über den Vermögensstand der Gesellschaft erschwert wurde (§ 283 Abs. 1 Nr. 5 Var. 2 StGB). Denn an einer erschwerten Übersicht kann es fehlen, falls der Kaufmann bzw. Geschäftsführer zwar nichts oder nicht vollständig gebucht, wohl aber sämtliche Belege geordnet aufbewahrt hat, da die fehlenden Bücher auf der Basis einer solchen Belegsammlung zumeist ohne größere Schwierigkeiten rekonstruierbar sind (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 1997 - 2 StR 420/97 Rn. 13; Brand in LK-StGB, 13. Aufl., § 283 Rn. 98 mwN; Fischer/Lutz, StGB, 72. Aufl., § 283 Rn. 23). Ebendies legen die Urteilsgründe nahe, denn den eingeschalteten (jedoch nicht vergüteten) Steuerberatern sind für diverse Monate des Tatzeitraums auch Stehordner mit den Finanzbuchhaltungsunterlagen der Gesellschaft übergeben worden. Deshalb kann der Schuldspruch nicht auf einer anderen rechtlichen Grundlage bestehen bleiben.

bb) Ebenso wenig hat der Schuldspruch wegen Bankrotts gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 7b StGB durch das Unterlassen einer fristgerechten Bilanzaufstellung für das Geschäftsjahr 2016 Bestand. Nach dieser Vorschrift ist die verspätete oder - wie hier - überhaupt unterlassene Bilanzierung nur dann strafbar, wenn zu dem Zeitpunkt, in dem die Bilanz spätestens zu erstellen war, Überschuldung, Zahlungsunfähigkeit oder zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit vorlag (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Januar 2003 - 3 StR 437/02 Rn. 9; Beschluss vom 5. November 1997 - 2 StR 462/97 Rn. 8; Brand in LK-StGB, 13. Aufl., § 283 Rn. 137 mwN). Gemäß § 242, § 264 Abs. 1 Satz 4, § 267 Abs. 1 HGB hätte die Bilanz für das Geschäftsjahr 2016 spätestens zum 30. Juni 2017 vorliegen müssen. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Gesellschaft aber nach den Feststellungen des Landgerichts noch nicht (sicher) in der Krise. Vielmehr geht die Strafkammer in den Urteilsgründen von einer Zahlungsunfähigkeit „spätestens zum 30. September 2017“ aus. Die Voraussetzungen eines früheren anderen Insolvenzgrundes, auf den die Strafkammer auch nicht abgestellt hat, sind den Urteilsgründen ebenfalls nicht ohne Weiteres zu entnehmen.

cc) Hingegen hat das Landgericht den Angeklagten als faktischen Geschäftsführer im Fall II. 2. b) Tat 3 der Urteilsgründe ohne Rechtsfehler wegen Bankrotts nach § 283 Abs. 1 Nr. 7b StGB im Hinblick auf die nicht aufgestellte Bilanz der Gesellschaft für das Geschäftsjahr 2017 verurteilt. Für den Zeitpunkt des 30. Juni 2018, bis zu dem die Bilanz 2017 aufzustellen gewesen wäre, belegen die Urteilsgründe auch die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft.

Allerdings ist die Beweiswürdigung zu deren Zahlungsunfähigkeit ab spätestens 30. September 2017 - auch eingedenk des eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstabs (vgl. nur BGH, Urteil vom 7. Juli 2022 - 4 StR 28/22 Rn. 9 mwN) - durchgreifend rechtsfehlerhaft. Zahlungsunfähigkeit ist das nach außen in Erscheinung tretende, auf dem Mangel an Zahlungsmitteln beruhende, voraussichtlich dauernde Unvermögen des Unternehmens, seine sofort zu erfüllenden Geldschulden noch im Wesentlichen zu befriedigen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 1999 - 1 StR 668/98 Rn. 27 mwN). Das Landgericht hat eine solche Krise der GmbH im Ausgangspunkt ohne Rechtsfehler anhand wirtschaftskriminalistischer Beweisanzeichen beurteilt (vgl. dazu näher BGH, Beschluss vom 21. August 2013 - 1 StR 665/12 Rn. 15; Urteil vom 20. Juli 1999 - 1 StR 668/98 Rn. 28). Jedoch steht der Annahme des Landgerichts, die GmbH habe zum genannten Zeitpunkt nicht mehr über hinreichende Finanzmittel zur Tilgung ihrer Verbindlichkeiten verfügt, unerörtert entgegen, dass ihr von Gläubigern Zahlungsfristen eingeräumt und Ratenzahlungen bewilligt wurden. Das auch diese „häufig“ nicht eingehalten und „höhere Schulden“ aufgehäuft wurden, vermag - in Abgrenzung zu einer bloßen Zahlungsstockung - eine Zahlungsunfähigkeit im vorgenannten Sinn noch nicht zu belegen.

Jedoch ist eine - dem Angeklagten bekannte - Zahlungsunfähigkeit der von ihm geleiteten Gesellschaft nach der Gesamtheit der Urteilsgründe hier zumindest ab März 2018 durch die vom Landgericht herangezogenen Beweisanzeichen belegt, womit der für die Tat im Fall II. 2. b) Tat 3 der Urteilsgründe maßgebliche Zeitpunkt erfasst ist. Insoweit traten nicht nur zusätzlich Zahlungsrückstände gegenüber den Sozialversicherungsträgern ein, sondern der Angeklagte intensivierte auch seine Bemühungen, mithilfe neuer finanzkräftiger Investoren den Unternehmensgegenstand in eine neu zu gründende Kapitalgesellschaft zu überführen.

b) Tat bei der A. GmbH

Im Fall II. 3. b) der Urteilsgründe hat die Strafkammer rechtsfehlerhaft den Tatbestand des Bankrotts gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 4 Alt. 1 StGB durch Vortäuschen von Rechten anderer bejaht. Die Vorschrift sanktioniert nur Verhaltensweisen des Schuldners oder Geschäftsführers, die - anders als hier geschehen - den Passivenbestand zum Schein erhöhen (vgl. Petermann/Sackreuther in MüKo-StGB, 4. Aufl., § 283 Rn. 32; Brand in LK-StGB, 13. Aufl., § 283 Rn. 34; jew. mwN).

Nach den Feststellungen - soweit hier relevant - hatte sich der Angeklagte, der als faktischer Geschäftsführer der A. GmbH agierte, einen Kassenbestand der Gesellschaft von 66.823,78 € zu eigenen Zwecken verschafft. Dem am 1. November 2020 bestellten Insolvenzverwalter der A. GmbH legte er zwei vermeintlich von Baufirmen stammende Rechnungsbelege vor, in denen diese für Bauleistungen erhaltene Zahlungen in etwa der vorgenannten Höhe bestätigten. Hierzu erklärte der Angeklagte dem Insolvenzverwalter, er habe die in den jeweiligen Auflistungen genannten Teilbeträge den Rechnungsausstellern mit den vom Geschäftskonto der GmbH abgehobenen Beträgen jeweils in bar bezahlt. Bei den Rechnungsbelegen handelte es sich um gefälschte Schreiben, mit deren Hilfe der Angeklagte die eigenen Entnahmen verschleiern und seine persönliche Inanspruchnahme durch den Insolvenzverwalter verhindern wollte.

Durch diese Tathandlungen hat der Angeklagte keine erhöhten Passiva der Gesellschaft vorgetäuscht, sondern vielmehr die Erfüllung vermeintlicher Forderungen behauptet. Dadurch ist der Tatbestand des § 283 Abs. 1 Nr. 4 StGB entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts nicht erfüllt (vgl. Petermann/Sackreuther in MüKo-StGB, 4. Aufl., § 283 Rn. 34; TK-StGB/Schuster, 31. Aufl., § 283 Rn. 25).

c) Aufhebungsumfang

Die aufgezeigten Rechtsfehler bedingen die Aufhebung des Urteils in den in der Beschlussformel genannten Fällen. Der Senat hebt auch die betroffenen Feststellungen auf (§ 353 Abs. 2 StPO), um dem neuen Tatgericht insgesamt widerspruchsfreie neue Feststellungen zu ermöglichen.

Von der Teilaufhebung unberührt bleibt - anders als der notwendig ebenfalls in Wegfall geratende Gesamtstrafausspruch - der Strafausspruch im Fall II. 2. d) der Urteilsgründe. Insoweit hat das Landgericht den Angeklagten wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung bei der D. GmbH gemäß § 15a Abs. 1 und 4 InsO verurteilt. Bei der Strafzumessung hat es zum Nachteil des Angeklagten den langen Zeitraum berücksichtigt, in dem er pflichtwidrig keinen Insolvenzantrag stellte. Die vom Landgericht daraus abgeleitete besondere Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen lag aber auch bei einem - erst belegten - Beginn der Zahlungsunfähigkeit ab März 2018 vor, zumal der im November 2018 gestellte Fremdantrag die Pflicht des Angeklagten zu eigener Antragstellung bis zur Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht entfallen ließ (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2008 - 5 StR 166/08, BGHSt 53, 24 Rn. 21 ff.; Reinhart in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 3. Aufl., § 15a InsO Rn. 120 mwN). Der Senat vermag daher auszuschließen (§ 337 StPO), dass die Strafkammer bei rechtsfehlerfreiem Vorgehen insoweit eine mildere Einzelstrafe verhängt hätte.

2. Im Übrigen weist das Urteil keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Insbesondere ist die Beweiswürdigung zu seiner faktischen Geschäftsführung bei beiden Gesellschaften nicht zu beanstanden.

3. Die Sache bedarf im Umfang der Aufhebung neuer Verhandlung und Entscheidung. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:

a) Für die erneute Prüfung von Bankrottstraftaten bei der D. GmbH wird das neue Tatgericht aufgrund der bestehen gebliebenen Fälle II. 2. b) Tat 3 und II. 2. d) der Urteilsgründe von einer dem Angeklagten als dem faktischen Geschäftsführer bekannten Zahlungsunfähigkeit dieser Gesellschaft ab zumindest März 2018 auszugehen haben. Diese Feststellungen kann es - neben anderen Insolvenzgründen - auch um eine zu einem früheren Zeitpunkt eingetretene und erkannte Zahlungsunfähigkeit ergänzen. Hierin läge kein Widerspruch zu bindend gewordenen Feststellungen, welche das neue Tatgericht zudem im Übrigen ergänzen kann. Sollte es noch keine Krise am 30. Juni 2017 feststellen, kommt im Fall II. 2. b) Tat 2 der Urteilsgründe eine Strafbarkeit des Angeklagten nach § 283b Abs. 1 Nr. 3b StGB in Betracht (vgl. zum Zusammenhang mit dem Unternehmenszusammenbruch BGH, Urteil vom 20. Dezember 1978 - 3 StR 408/78, BGHSt 28, 231, 232).

b) Im Fall II. 3. b) der Urteilsgründe ist eine Strafbarkeit des Angeklagten etwa wegen versuchten Betruges und Urkundenfälschung in den Blick zu nehmen. Angesichts der Einstellung des Verfahrens nach § 154 Abs. 2 StPO wegen insoweit angeklagter Untreuetaten zum Nachteil der Gesellschaft wird eine Betrugsstrafbarkeit auch nicht unter dem Gesichtspunkt der mitbestraften Nachtat ausscheiden (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 26. Mai 1993 - 5 StR 190/93, BGHSt 39, 233, 235; Beschluss vom 27. Oktober 1992 - 5 StR 517/92, BGHSt 38, 366, 368 f.; Scholze in LK-StGB, 14. Aufl., Vorbem. zu den §§ 52 bis 55 Rn. 189 ff. mwN).

HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 1208

Bearbeiter: Felix Fischer/Karsten Gaede