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HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 742

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, StB 26/14, Beschluss v. 26.01.2017, HRRS 2017 Nr. 742


BGH StB 26 und 28/14 - Beschluss vom 26. Januar 2017 (OLG Düsseldorf)

BGHR; nachträglicher Rechtsschutz gegen erledigte polizeiliche Überwachungsmaßnahmen nach dem BKAG (Verwaltungsrechtsweg; ordentliche Gerichtsbarkeit; Rechtswegspaltung; Richtervorbehalt; Feststellungsinteresse); vorübergehende Weitergeltung verfassungswidriger Normen des BKAG; heimlicher Zugriff auf beim Provider gespeicherte E-Mails (Beschlagnahme; Sicherstellung; Fernmeldegeheimnis; „emergency request“; Rechtshilfe; Fernmeldegeheimnis; Benachrichtigung des Betroffenen; Internet-Provider); „Surfen“ als Telekommunikation im strafprozessualen Sinne (Überwachung von E-Mail_Accounts).

§ 100a Abs. 1 StPO; § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO; § 20v Abs. 2 Satz 2 BKAG; § 20w Abs. 2 Satz 2 BKAG; § 23 Abs. 1 EGGVG; Art. 10 GG

Leitsätze

1. Für den nachträglichen Rechtsschutz gegen bereits erledigte verdeckte polizeiliche Überwachungsmaßnahmen zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus nach §§ 20g bis 20n BKAG ist nicht der ordentliche, sondern ausschließlich der Verwaltungsrechtsweg eröffnet; das gilt auch, wenn wegen des zugrundeliegenden Sachverhalts ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren geführt wird und somit gemäß § 20w Abs. 2 Satz 2 BKAG die Benachrichtigung der von diesen Überwachungsmaßnahmen betroffenen Personen durch die Strafverfolgungsbehörde entsprechend den Vorschriften des Strafverfahrensrechts durchzuführen ist. (BGHR)

2. Die Rechtmäßigkeit der Anordnung der in den §§ 20g ff. BKAG geregelten heimlichen Informationseingriffe sowie der Art und Weise ihres Vollzugs ist nicht in dem Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO zu überprüfen. Tauglicher Gegenstand dieses Verfahrens sind ausschließlich die in § 101 Abs. 1 StPO aufgeführten strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen; der Katalog ist abschließend. Etwas Abweichendes ergibt sich insbesondere nicht aus § 20w Abs. 2 Satz 2 BKAG, der lediglich die Anwendbarkeit der Vorschriften über die Benachrichtigung der von den verdeckten Ermittlungsmaßnahmen betroffenen Personen gemäß § 101 Abs. 4 bis Abs. 7 Satz 1 StPO, nicht aber auch die Eröffnung des gerichtlichen Verfahrens nach § 107 Abs. 7 Satz 2 StPO bewirkt. (Bearbeiter)

3. Auch hinsichtlich der dem Richtervorbehalt unterliegenden Maßnahmen nach dem Unterabschnitt 3a des zweiten Abschnitts des Bundeskriminalamtgesetzes eröffnet § 20v Abs. 2 BKAG nicht den nachträglichen Rechtsschutz gegen die (erledigten) heimlichen Überwachungsmaßnahmen der §§ 20g ff. BKAG. Soweit in Rechtsprechung und Literatur demgegenüber zu anderen polizeirechtlichen Regelungen, in denen hinsichtlich des Verfahrens der richterlichen Anordnung auf die Vorschriften der freiwilligen Gerichtsbarkeit verwiesen wird, die Auffassung vertreten wird, dass gegen diese Maßnahmen auch im Fall ihrer Erledigung der Rechtsschutz der Betroffenen in dem Verfahren nach den Vorschriften über die freiwillige Gerichtsbarkeit - auch in Bezug auf Art und Weise des Vollzugs der polizeilichen Maßnahmen - zu verwirklichen sei, vermag sich der Senat dem jedenfalls für die auf §§ 20g ff. BKAG beruhenden heimlichen Überwachungsmaßnahmen nicht anzuschließen. (Bearbeiter)

4. Die erforderliche Gewährleistung eines einheitlichen Rechtswegs bzw. die Vermeidung von Rechtswegspaltungen für den nachträglichen Rechtsschutz ist nicht durch eine erweiternde Auslegung der Vorschriften des FamFG umzusetzen. Dabei kann offenbleiben, ob es sich überhaupt überzeugend begründen ließe, die Beschwerdemöglichkeit auch auf die Art und Weise des Vollzugs der gerichtlich angeordneten Maßnahme und die Drittbetroffenen zu erstrecken. Diese Lösung versagt jedenfalls im Hinblick auf die Überprüfung solcher Maßnahmen aus dem Katalog des § 20w Abs. 1 BKAG, die keinem Richtervorbehalt unterliegen und damit von vornherein nicht in den Anwendungsbereich des § 20v Abs. 2 BKAG fallen. Demgegenüber trägt das Verwaltungsprozessrecht dem von der Verfassung geforderten nachträglichen Rechtsschutz mit der Möglichkeit der Feststellungs- und Fortsetzungsfeststellungsklage, für die in den Fällen grundrechtsintensiver Eingriffe in der Regel ein Feststellungsinteresse anzuerkennen ist, angemessen Rechnung. (Bearbeiter)

5. Die Bindungswirkung des § 17a Abs. 5 GVG betrifft lediglich den Rechtsweg und die sachliche sowie örtliche Zuständigkeit des Ausgangsgerichts; die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen hat das Rechtsmittelgericht in eigener Kompetenz zu überprüfen. Dabei hat das Rechtsmittelgericht ebenso wie das durch eine bindende Verweisung zuständig gewordene Gericht den Rechtsstreit nach der Verfahrensordnung seiner Gerichtsbarkeit fortzuführen. (Bearbeiter)

6. Unter anderem im Hinblick darauf, dass die Regelung in § 20v Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 BKAG dem Kriterium der hypothetischen Datenneuerhebung nur unzureichend Rechnung trägt, ist die Norm aufgrund ihrer Weite verfassungswidrig (näher BVerfG NJW 2016, 1781). Dies führt indes nicht zur Unwirksamkeit der in der Vergangenheit auf sie gestützten Datenübermittlungen. Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gilt die Vorschrift vielmehr - wenngleich für die aus Wohnraumüberwachungen und Online-Durchsuchungen erlangten Daten nur mit Einschränkungen - bis zu einer Neuregelung, längstens jedoch bis zum 30. Juni 2018 fort. Aufgrund dieser Weitergeltungsanordnung ist § 20v Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 BKAG weiterhin anwendbar mit der Folge, dass die auf diese Regelung gestützten Rechtsakte - vorbehaltlich der sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen - ihre Gültigkeit behalten. (Bearbeiter)

7. Im Unterschied zu den im Herrschaftsbereich des Kommunikationsteilnehmers gespeicherten Inhalten und Umständen einer Kommunikation unterfällt der zugangsgesicherte Kommunikationsinhalt in einem E-Mail-Postfach, auf das der Nutzer nur über eine Internetverbindung zugreifen kann, dem Schutz des Fernmeldegeheimnisses gem. Art. 10 Abs. 1 GG (näher BVerfG HRRS 2009 Nr. 800). Der effektive Schutz dieses Grundrechts bedarf beim strafprozessualen Zugriff auf solche E-Mails auch einer den sachlichen Erfordernissen entsprechenden Ausgestaltung des Verfahrens. Hierbei ist insbesondere die Unterrichtung des Betroffenen über den Zugriff auf seinen E-Mail-Bestand von maßgeblicher Bedeutung. (Bearbeiter)

8. Strafprozessual ermöglichen die §§ 94 ff. StPO die Sicherstellung und Beschlagnahme entsprechender E-Mails (BVerfG aaO). In zeitlicher Hinsicht verfassungsrechtlich erforderlich ist zum Schutz des Postfachinhabers, in dessen Grundrechte durch den Zugriff auf den E-Mail-Bestand eingegriffen wird, dass er spätestens vor Durchführung der Maßnahmen hierüber unterrichtet wird, damit er bei der Sichtung seines E-Mail-Bestandes seine Rechte wahrnehmen kann. Einfachrechtlich wird dies durch § 35 StPO umgesetzt. Eine Zurückstellung der Benachrichtigung ist gesetzlich nicht vorgesehen und führt zur Rechtsfehlerhaftigkeit der Sicherstellung bzw. der Beschlagnahme. (Bearbeiter)

9. Unter den Begriff der „Telekommunikation“ i.S.d. § 100a Abs. 1 StPO fällt auch die Nutzung des Internets im Wege der Internettelefonie, des E-Mail-Verkehrs oder allgemein des „Surfens“ (so BVerfG HRRS 2016 Nr. 860), weshalb auch die Überwachung von E-Mail-Accounts durch § 100a Abs. 1 StPO gedeckt ist. (Bearbeiter)

10. Der Richtervorbehalt der §§ 20l, 20m BKAG besteht nicht in erster Linie im Interesse des Telekommunikationsanbieters. Vielmehr trägt er insbesondere den mit der staatlichen Maßnahme einhergehenden Beeinträchtigungen der Telekommunikationsnutzer Rechnung. Ohne deren Zustimmung darf das Bundeskriminalamt den Internet-Provider daher nicht zu einer Überlassung der Daten veranlassen und hierdurch die Voraussetzungen der §§ 20l, 20m BKAG bzw. diejenigen eines Vorgehens im Wege der Rechtshilfe umgehen. (Bearbeiter)

11. Dass Daten rechtswidrig erhoben wurden, steht ihrer zweckändernden strafverfahrensrechtlichen Verwendung nach der - verfassungsgerichtlich bestätigten (vgl. BVerfG HRRS 2012 Nr. 27) - Rechtsprechung des BGH nicht von vornherein entgegen. Entsprechend den Grundsätzen zu den sog. relativen Verwertungsverboten bedarf es in diesen Fällen allerdings einer Abwägung im Einzelfall, ob die Rechtswidrigkeit der Datenerhebung auch die zweckändernde Verwendung - hier: zur Begründung verdeckter grundrechtsintensiver Ermittlungsmaßnahmen - verbietet. Dies gilt hinsichtlich § 20l und § 20m BKAG auch für Daten, die nicht im deutschen Hoheitsgebiet erhoben werden. (Bearbeiter)

Entscheidungstenor

Die Beschwerden der Verurteilten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 13. November 2014 werden verworfen.

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

A.

Im November 2010 leitete das Bundeskriminalamt zur Abwehr einer Gefahr des internationalen Terrorismus (§ 4a BKAG) den Vorgang „EG Komet“ ein. Hintergrund waren Hinweise, dass die terroristische Vereinigung Al Qaida Anschläge in Berlin und einer weiteren unbekannten deutschen Großstadt plante. Als einen der potenziellen Attentäter machte das Bundeskriminalamt K. aus. Die in der Folge auf Grundlage des Bundeskriminalamtgesetzes durchgeführten Ermittlungen umfassten zahlreiche verdeckte Überwachungsmaßnahmen und richteten sich unter anderem gegen die Beschwerdeführer.

Im April 2011 regte das Bundeskriminalamt aufgrund der Ergebnisse der bis zu diesem Zeitpunkt ausschließlich präventivpolizeilich geführten Ermittlungen gegenüber dem Generalbundesanwalt an, gegen K. und die Beschwerdeführer ein Ermittlungsverfahren - soweit es diese betraf - wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung (§ 129a Abs. 1, § 129b StGB) einzuleiten. Hierauf nahm der Generalbundesanwalt am 15. April 2011 die Ermittlungen auf. Im Zeitraum vom 19. April bis zum 6. Mai 2011 wurden gegen die Beschwerdeführer diverse weitere heimliche Ermittlungsmaßnahmen - nunmehr auf strafverfahrensrechtlicher Grundlage - angeordnet und sodann durchgeführt. Wegen der Einzelheiten zu diesen und den zuvor auf Grundlage des Bundeskriminalamtgesetzes vollzogenen Überwachungsmaßnahmen, von denen die Beschwerdeführer betroffen waren, wird auf die jeweiligen Schreiben des Generalbundesanwalts vom 13. September und 1. Oktober 2012 Bezug genommen.

Im April 2012 erhob der Generalbundesanwalt unter anderem gegen die Beschwerdeführer und K. Anklage zum Oberlandesgericht Düsseldorf - soweit es die Beschwerdeführer betraf - wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in der ausländischen terroristischen Vereinigung Al Qaida.

Der Generalbundesanwalt hat die Beschwerdeführer jeweils mit Schreiben vom 13. September 2012 über die gegen sie angeordneten und durchgeführten verdeckten strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen unterrichtet und auf die Möglichkeit nachträglichen Rechtsschutzes hingewiesen. Die Benachrichtigungen sind dem Beschwerdeführer C. am 28. September 2012 und dem Beschwerdeführer S. am 9. Oktober 2012 zugestellt worden. Jeweils mit Schriftsatz ihrer Verteidiger haben sie am 10. Oktober 2012 die umfassende Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Anordnung der in den Benachrichtigungsschreiben aufgeführten Ermittlungsmaßnahmen sowie der Art und Weise ihres Vollzugs beantragt. Am 1. Oktober 2012 hat der Generalbundesanwalt die Beschwerdeführer zusätzlich über die auf Grundlage des Bundeskriminalamtgesetzes durchgeführten heimlichen Überwachungsmaßnahmen - mit Ausnahme einer Wohnraumüberwachung, über die der Generalbundesanwalt gesondert informiert hat - unterrichtet. Diese Benachrichtigung ist C. am 17. Oktober 2012 zugestellt worden; wann die Zustellung an S. bewirkt worden ist, lässt sich nicht mehr feststellen. Beide Beschwerdeführer haben auch insoweit jeweils mit Schriftsatz ihrer Verteidiger am 26. Oktober 2012 (C.) bzw. 30. Oktober 2012 (S.) die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der betroffenen Anordnungen sowie der Art und Weise ihres Vollzugs beantragt.

Das Oberlandesgericht hat die Beschwerdeführer am 13. November 2014 wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Mit Beschluss vom selben Tag hat es festgestellt, dass die im Rahmen der - zunächst präventivpolizeilich und später repressiv ausgerichteten - Ermittlungen ergangenen Beschlüsse des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs und des Amtsgerichts Wiesbaden, die Anordnungen des Generalbundesanwalts sowie die Eilanordnungen des zuständigen Abteilungsleiters des Bundeskriminalamts zu den verdeckten Maßnahmen rechtmäßig gewesen seien; zur Begründung hat es im Wesentlichen auf die jeweiligen Gründe der angegriffenen Entscheidungen Bezug genommen. Hinsichtlich der Art und Weise ihres Vollzugs hat das Oberlandesgericht die Rechtswidrigkeit festgestellt, soweit die Beschwerdeführer erst mit Schreiben des Generalbundesanwalts vom 13. September und 1. Oktober 2012 von den Maßnahmen benachrichtigt worden seien. Diese seien bis Mitte Juli 2011 vollzogen worden; ausgehend hiervon genügten die erst im September und Oktober 2012 vorgenommenen Unterrichtungen auch unter Berücksichtigung des mit ihnen verbundenen Arbeitsaufwands nicht den Anforderungen des § 101 Abs. 5 Satz 1 StPO (i.V.m. § 20w Abs. 2 BKAG).

Gegen den Beschluss vom 13. November 2014 - soweit nicht antragsgemäß die Rechtswidrigkeit festgestellt worden ist - wenden sich die Verurteilten mit ihren am 17. November (C.) und am 20. November 2014 (S.) eingelegten sofortigen Beschwerden.

Auf die Anträge der Beschwerdeführer hat der Senat die Beschwerdeverfahren zunächst bis zum Abschluss des bei ihm anhängigen Revisionsverfahrens ausgesetzt. Nachdem er mit Beschluss vom 5. Mai 2016 die Revisionen der Beschwerdeführer gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 13. November 2014 verworfen hatte, hat er am 14. Juli 2016 die Fortsetzung der Beschwerdeverfahren beschlossen.

B.

Die Beschwerden sind unzulässig, soweit sie sich gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts in Bezug auf die nach dem Bundeskriminalamtgesetz vollzogenen Überwachungsmaßnahmen richten; im Übrigen sind die Beschwerden zulässig, in der Sache jedoch ohne Erfolg.

I. Soweit der angefochtene Beschluss die Rechtmäßigkeit der nach dem Bundeskriminalamtgesetz angeordneten Ermittlungsmaßnahmen sowie die Art und Weise ihres Vollzugs zum Gegenstand hat, ist die hiergegen gerichtete Beschwerde unzulässig. Für den Rechtsschutz gegen diese bereits erledigten Maßnahmen der Gefahrenabwehr ist nicht der ordentliche, sondern ausschließlich der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Insoweit ist der Senat im Beschwerdeverfahren zwar an die in dem angefochtenen Beschluss enthaltene Rechtswegentscheidung gebunden; indes fehlt es an weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Beschwerde. Im Einzelnen:

1. Für den nachträglichen Rechtsschutz gegen die (erledigten) Überwachungsmaßnahmen nach den §§ 20g ff. BKAG ist gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO der Verwaltungsrechtsweg eröffnet (BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 u.a., BVerfGE 141, 220, 321; Ruthig in Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, § 20v BKAG Rn. 3). Der Rechtsstreit ist öffentlich-rechtlicher Natur, nichtverfassungsrechtlicher Art und auch keinem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen. Näherer Erörterung bedarf insoweit lediglich das Nichtbestehen einer abdrängenden Sonderzuweisung an die ordentliche Gerichtsbarkeit.

a) Die Rechtmäßigkeit der Anordnung der in den §§ 20g ff. BKAG geregelten heimlichen Informationseingriffe sowie der Art und Weise ihres Vollzugs ist nicht in dem Verfahren nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO zu überprüfen. Tauglicher Gegenstand dieses Verfahrens sind ausschließlich die in § 101 Abs. 1 StPO aufgeführten strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen; der Katalog ist abschließend (BGH, Beschluss vom 4. August 2015 - 3 StR 162/15, NStZ 2015, 704, 705).

Auch das Bundeskriminalamtgesetz sieht für den Rechtsschutz gegen eine rechtswidrige Überwachung nicht das Verfahren des § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO vor. Eine derartige Verweisung folgt insbesondere nicht aus § 20w Abs. 2 Satz 2 BKAG. Zwar dient die Vorschrift der Gewährleistung eines effektiven (nachträglichen) Rechtsschutzes für die von den Maßnahmen nach den §§ 20g bis 20n BKAG betroffenen Personen (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 2 BvR 966/09 u.a., BVerfGE 141, 220, 282 ff., 320; NomosBR/Kugelmann BKAG § 20w Rn. 1; Ruthig in Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, § 20w BKAG Rn. 1) und bestimmt vor diesem Hintergrund, dass die Benachrichtigung der in § 20w Abs. 1 Satz 1 BKAG genannten Personen durch die Strafverfolgungsbehörden nach den Vorschriften des Strafverfahrensrechts durchzuführen ist. Daraus ergibt sich lediglich die Anwendbarkeit der Vorschriften über die Benachrichtigung der von den verdeckten Ermittlungsmaßnahmen betroffenen Personen gemäß § 101 Abs. 4 bis Abs. 7 Satz 1 StPO, nicht aber auch die Eröffnung des gerichtlichen Verfahrens nach § 107 Abs. 7 Satz 2 StPO. Dem steht nicht entgegen, dass sich die Verweisung in § 20w Abs. 2 Satz 2 BKAG auch auf die Pflicht der Strafverfolgungsbehörden zum Hinweis auf die Möglichkeit nachträglichen Rechtsschutzes bezieht (§ 101 Abs. 4 Satz 2 StPO), welcher für die in § 101 Abs. 1 StPO genannten Maßnahmen allein durch das in Absatz 7 der Vorschrift geregelte Verfahren gewährleistet wird (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2008 - StB 12 - 15/08, BGHSt 53, 1, 3 f.). Nach seinem Regelungszusammenhang ist § 20w Abs. 2 Satz 2 BKAG Bestandteil der Vorschriften über die Benachrichtigungspflichten der Exekutivbehörden (vgl. BT-Drucks. 16/10121, S. 37 ff.; BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 u.a., BVerfGE 141, 220, 319 f.); diese Regelungen formen ausschließlich das Benachrichtigungsverfahren aus, nicht aber auch das - nach dem Zweck der Informationspflichten diesem erst nachfolgende - gerichtliche Rechtsschutzverfahren. Soweit § 20w Abs. 3 BKAG gerichtliche Zuständigkeiten bestimmt, betrifft dies ebenfalls ausschließlich die Zurückstellung der Benachrichtigung und damit das Benachrichtigungsverfahren. Auch die Gesetzesmaterialien geben keinen Anhalt, dass der Gesetzgeber, der § 20w BKAG in enger Anlehnung an § 101 Abs. 4 bis 6 StPO formuliert hat (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 2 BvR 966/09 u.a., BVerfGE 141, 220, 320), über die Kodifizierung der Informationspflichten hinaus das gerichtliche Rechtsschutzverfahren ausgestalten wollte. Eine analoge Anwendung von § 107 Abs. 7 Satz 2 StPO kommt nicht in Betracht. Angesichts der Möglichkeit für die Betroffenen, gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO den Verwaltungsrechtsweg zu beschreiten, besteht bereits keine Regelungslücke.

b) Auch § 20v Abs. 2 Satz 2 BKAG eröffnet für die Beschwerdeführer, soweit sie sich gegen die vor Einleitung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens getroffenen präventivpolizeilichen Überwachungsmaßnahmen wenden, nicht den ordentlichen Rechtsweg.

aa) Danach gelten für das Verfahren, soweit gerichtliche Entscheidungen nach dem Unterabschnitt 3a des zweiten Abschnitts des Bundeskriminalamtgesetzes zu treffen sind, „die Bestimmungen des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend“. Aufgrund dieser Anknüpfung an gerichtliche Entscheidungen nach dem Unterabschnitt 3a kann die Regelung - ungeachtet der sonstigen hieraus folgenden Konsequenzen für den nachträglichen Rechtsschutz der durch die polizeilichen Maßnahmen Betroffenen - keine Rechtswegzuweisung zu den ordentlichen Gerichten begründen, soweit sich der Betroffene gegen Maßnahmen wendet, die keinem Richtervorbehalt unterliegen. Von den durch die Beschwerdeführer angegriffenen Maßnahmen betrifft dies hinsichtlich des Beschwerdeführers S.

- die Anordnung des zuständigen Abteilungsleiters des Bundeskriminalamts vom 23. Dezember 2010 (längerfristige Observation und Einsatz technischer Mittel),

- die Anordnungen des zuständigen Abteilungsleiters des Bundeskriminalamts vom 12. Januar, 22. Februar und 21. März 2011 (Einsatz technischer Mittel zur Observation),

- die Anordnung des zuständigen Abteilungsleiters des Bundeskriminalamts vom 10. Januar 2011 (Abhören und Aufzeichnen des nichtöffentlich gesprochenen Wortes in dem Pkw Suzuki Swift),

- die Anordnung des zuständigen Abteilungsleiters des Bundeskriminalamts vom 1. April 2011, schriftlich abgefasst am 2. April 2011 (Abhören und Aufzeichnen des nichtöffentlich gesprochenen Wortes in dem Pkw Renault Clio), und

- die Anordnung des zuständigen Abteilungsleiters des Bundeskriminalamts vom 11. Januar 2011 (Abhören und Aufzeichnen des nichtöffentlich gesprochenen Wortes in dem Pkw Mercedes Sprinter).

Hinsichtlich des Beschwerdeführers C. gilt dies bezüglich der Anordnungen des zuständigen Abteilungsleiters des Bundeskriminalamts vom 10. Januar 2011 (Abhören und Aufzeichnen des nichtöffentlich gesprochenen Wortes in dem Pkw Suzuki Swift) und vom 27. März 2011 (längerfristige Observation und Einsatz technischer Mittel).

bb) Auch hinsichtlich der dem Richtervorbehalt unterliegenden Maßnahmen nach dem Unterabschnitt 3a des zweiten Abschnitts des Bundeskriminalamtgesetzes eröffnet § 20v Abs. 2 BKAG nicht den nachträglichen Rechtsschutz gegen die (erledigten) heimlichen Überwachungsmaßnahmen der §§ 20g ff. BKAG (vgl. iE BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 u.a., BVerfGE 141, 220, 321; ebenso Ruthig in Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, § 20v BKAG Rn. 3; aA Brodowski, Verdeckte technische Überwachungsmaßnahmen im Polizei- und Strafverfahrensrecht, S. 70 Fn. 256 i.V.m. S. 332). Soweit in Rechtsprechung und Literatur demgegenüber zu anderen polizeirechtlichen Regelungen, in denen hinsichtlich des Verfahrens der richterlichen Anordnung auf die Vorschriften der freiwilligen Gerichtsbarkeit verwiesen wird, die Auffassung vertreten wird, dass gegen diese Maßnahmen auch im Fall ihrer Erledigung der Rechtsschutz der Betroffenen in dem Verfahren nach den Vorschriften über die freiwillige Gerichtsbarkeit - auch in Bezug auf Art und Weise des Vollzugs der polizeilichen Maßnahmen - zu verwirklichen sei (OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 15. Mai 2012 - 3 Wx 96/12, juris Rn. 8 [zu § 42 Abs. 1 PolG NW]; vom 8. Februar 2002 - 3 Wx 357/01, JR 2002, 424 [zu § 31 PolG NW]; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. April 2009 - 1 L 124/08, NJW 2009, 2695, 2696 [zu § 18 Abs. 1 BbgPolG]; Brodowski, Verdeckte technische Überwachungsmaßnahmen im Polizei- und Strafverfahrensrecht, S. 70 Fn. 256 i.V.m. S. 332; Lisken/Denninger/Rachor, HdB d. PolizeiR, 5. Aufl., Abschnitt L Rn. 40 f., 45; Schoch/Schneider/Bier/Ehlers/Schneider, VwGO, 32. EL, § 40 Rn. 619, 615 ff.; differenzierend Eyermann/Rennert, VwGO, 14. Aufl., § 40 Rn. 135 mwN), vermag sich der Senat dem jedenfalls für die auf §§ 20g ff. BKAG beruhenden heimlichen Überwachungsmaßnahmen nicht anzuschließen (zu anderen Polizeigesetzen ebenso OVG Münster, Urteil vom 25. Februar 1992 - 5 A 2200/90, NJW 1992, 2172 [zu § 20 PolG NW aF]; VG Oldenburg, Urteil vom 6. Juni 2012 - 11 A 3099/12, NVwZ-RR 2012, 721, 722 [zu §§ 25, 19 Nds SOG]; Schenke in Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, § 46 BPolG Rn. 4; vgl. auch Ruthig, ZJS 2011, 63, 69). Hiergegen sprechen die Besonderheiten der verdeckten polizeilichen Maßnahmen der §§ 20g ff. BKAG und die aus der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Anforderungen an einen effektiven Rechtsschutz. Im Einzelnen:

(1) Für den Fall, dass gerichtliche Entscheidungen nach dem Unterabschnitt 3a des zweiten Abschnitts des Bundeskriminalamtgesetzes zu treffen sind, regelt § 20v Abs. 2 Satz 2 BKAG, dass sich das Verfahren nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) richtet. Diese Verweisung ist entgegen dem Wortlaut der Norm dahin auszulegen, dass für das gerichtliche Verfahren die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) gelten. Das FGG ist schon mit Ablauf des 31. August 2009 außer Kraft getreten und durch das FamFG ersetzt worden. In der Folge hat der Gesetzgeber bereits die § 20v Abs. 2 Satz 2 BKAG entsprechenden Verweisungen in § 15 Abs. 5 Satz 3 und § 23 Abs. 3 Satz 6 BKAG an die neue Rechtslage angepasst und die Verfahrensvorschriften des FamFG in Bezug genommen. Angesichts dessen ist davon auszugehen, dass die unterbliebene Änderung des § 20v Abs. 2 Satz 2 BKAG - ebenso wie die des § 15a Abs. 1 Satz 9 BKAG - auf einem gesetzgeberischen Versehen beruht. Insbesondere geben auch die Gesetzesmaterialien keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber zwischen den verschiedenen Verfahrensordnungen differenzieren wollte. Angesichts der Gesetzesanpassungen in § 15 Abs. 5 Satz 3 und § 23 Abs. 3 Satz 6 BKAG steht der - für sich betrachtet eindeutige Wortlaut der Bundesvorschrift - einem Verständnis von § 20v Abs. 2 Satz 2 BKAG im hier beschriebenen Sinne nicht entgegen (iE ebenso NomosBR/Kugelmann BKAG § 20v Rn. 1). Dem widerspricht nicht, dass der Senat zu den landesrechtlichen Regelungen in § 22 Abs. 8 Satz 2 SächsPolG und § 24 Abs. 1 Satz 3 BbgPolG eine „korrigierende“ Auslegung verneint hat (BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 2010 - StB 21/10, NJW 2011, 690; vom 1. März 2011 - StB 28/10, 18 BGHR BbgPolG § 24 Abs. 1 Rechtsmittelweg 1). In den dortigen Fällen ließ sich ein eindeutiger Wille des Landesgesetzgebers nicht feststellen, dass „dynamisch“ die jeweiligen Verfahrensvorschriften über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Bezug genommen sein sollten. Zudem bestanden die Gesetzgebungskompetenz des Landes betreffende Besonderheiten im Hinblick auf die bundesrechtliche Öffnungsklausel des § 40 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Der Senat bemerkt allerdings, dass für den Gesetzgeber Anlass besteht, die bislang unterbliebene redaktionelle Änderung von § 15a Abs. 1 Satz 9, § 20v Abs. 2 Satz 2 BKAG nachzuholen.

(2) Nach den Regelungen des FamFG wäre der gebotene nachträgliche Rechtsschutz für die von den polizeilichen Maßnahmen betroffenen Personen nur unzureichend umgesetzt, weil sich hieraus Rechtswegspaltungen ergeben, die sich mit den Anforderungen an einen effektiven Rechtsschutz nicht in Einklang bringen lassen und auch dem Sinn und Zweck der Benachrichtigungspflichten (§ 20w BKAG) widersprechen.

Während die von den polizeilichen Maßnahmen betroffene Zielperson die richterliche Anordnung nach den §§ 58 ff. FamFG überprüfen lassen könnte, wäre sie - wie bereits dargelegt und ungeachtet der Frage, ob die Beschwerdemöglichkeit auch die Überprüfung von Art und Weise des Vollzugs der Maßnahme einschließen würde (vgl. zum Rechtsschutz gegen erledigte und bereits vollzogene Maßnahmen BVerfG, Beschluss vom 5. Dezember 2001 - 2 BvR 527/99 u.a., NJW 2002, 2456) - hinsichtlich der keinem Richtervorbehalt unterliegenden Eingriffe auf den Verwaltungsrechtsweg verwiesen. Die Beschwerde wäre daneben auch für diejenigen in § 20w Abs. 1 BKAG genannten Personen nicht eröffnet, deren Betroffenheit sich erst aus dem Vollzug der Maßnahme ergibt, so etwa die im Rahmen einer längerfristigen Observation aufgrund ihres Kontakts mit der Zielperson mitüberwachte Person (§ 20w Abs. 1 Nr. 1 BKAG) oder der Gesprächspartner der Zielperson im Rahmen einer Telekommunikationsüberwachung (vgl. § 20w Abs. 1 Nr. 7 BKAG). Dies folgt aus § 59 Abs. 1 FamFG, wonach beschwerdeberechtigt nur ist, wessen Recht im Zeitpunkt der Entscheidung durch die Verfügung des Gerichts unmittelbar nachteilig beeinträchtigt worden ist (Keidel/MeyerHolz, FamFG, 19. Aufl., § 59 Rn. 9 mwN; SchulteBunert/Weinreich/Unger/Roßmann, FamFG, 5. Aufl., § 59 Rn. 15). Für die von den heimlichen Überwachungsmaßnahmen nur mittelbar betroffenen Personen, deren Rechtsschutzbedürfnis der Gesetzgeber durch ihre Benennung im Katalog des § 20w Abs. 1 BKAG zum Ausdruck gebracht hat, ist daher nur der Verwaltungsrechtsweg eröffnet, um sich gegen unberechtigte Grundrechtseingriffe nachträglich zu Wehr zu setzen.

Diese Rechtswegspaltungen können im Einzelfall schwer zu durchschauen sein, bergen aber jedenfalls die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen in sich und widersprechen den Anforderungen an einen effektiven Rechtsschutz (vgl. insoweit BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 1998 - 5 AR (VS) 2/98, BGHSt 44, 265, 267 ff.; vom 25. August 1999 - 5 AR (VS) 1/99, BGHSt 45, 183, 186 f., jew. mwN zur Rspr. des BVerfG; zu § 101 Abs. 7 StPO s. auch BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2008 - StB 12 - 15/08, BGHSt 53, 1, 4). Das gilt mit Blick auf den Anwendungsbereich des Bundeskriminalamtgesetzes umso mehr, als die Überwachungsmaßnahmen der §§ 20g ff. BKAG der Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus dienen (§ 4a Abs. 1, § 20a BKAG). Angesichts der in diesen Fällen häufig zu verzeichnenden Zusammenarbeit mehrerer Täter und deren Einbindung in terroristische Vereinigungen sind die Überwachungsmaßnahmen regelmäßig - wie hier - Teil eines umfangreichen Ermittlungskomplexes und ergänzen sich gegenseitig. In derartigen Konstellationen ist es nicht ungewöhnlich, dass - wie auch hier - die Verdächtigen von einigen Überwachungsmaßnahmen unmittelbar, von anderen hingegen nur mittelbar betroffen sind.

Die danach erforderliche Gewährleistung eines einheitlichen Rechtswegs für den nachträglichen Rechtsschutz ist nicht durch eine erweiternde Auslegung der Vorschriften des FamFG umzusetzen. Dabei kann offen bleiben, ob es sich überhaupt überzeugend begründen ließe, die Beschwerdemöglichkeit auch auf die Art und Weise des Vollzugs der gerichtlich angeordneten Maßnahme (zur Parallelproblematik bei der gerichtlich angeordneten polizeilichen Ingewahrsamnahme vgl. etwa Ruthig, ZJS 2011, 63, 69) und die Drittbetroffenen zu erstrecken. Diese Lösung versagt jedenfalls im Hinblick auf die Überprüfung solcher Maßnahmen aus dem Katalog des § 20w Abs. 1 BKAG, die keinem Richtervorbehalt unterliegen und damit von vornherein nicht in den Anwendungsbereich des § 20v Abs. 2 BKAG fallen. Demgegenüber trägt das Verwaltungsprozessrecht dem von der Verfassung geforderten nachträglichen Rechtsschutz mit der Möglichkeit der Feststellungs- und Fortsetzungsfeststellungsklage, für die in den Fällen grundrechtsintensiver Eingriffe in der Regel ein Feststellungsinteresse anzuerkennen ist, angemessen Rechnung (BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 u.a., BVerfGE 141, 220, 321).

(3) Der Wortlaut des § 20v Abs. 2 Satz 2 BKAG steht diesem Verständnis der Verweisungsregelung nicht entgegen. Zum Rechtsschutz gegen erledigte gerichtliche Entscheidung nach dem Unterabschnitt 3a des zweiten Abschnitts des Bundeskriminalamtgesetzes verhält sich die Regelung nicht ausdrücklich. Mangels entsprechender Einschränkung sind durch die Vorschrift im Übrigen zwar die allgemeinen Vorschriften des FamFG insgesamt und damit auch diejenigen über die Beschwerde in Bezug genommen. Die Beschwerde nach § 58 FamFG behält indes weiterhin eigenständige Bedeutung. Sie ist das statthafte Rechtsmittel, wenn das Amtsgericht die Anordnung einer verdeckten Ermittlungsmaßnahme nach den §§ 20g ff. BKAG ablehnt oder sich der Beschwerdeführer vor der Erledigung der polizeilichen Maßnahme gegen deren - weitere oder erstmalige - Vollziehung wendet.

(4) Soweit der Senat in früheren Entscheidungen der Vorschrift des § 20v Abs. 2 Satz 2 BKAG ähnliche landesrechtliche Regelungen dahin ausgelegt hat, dass sie den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten auch nach Erledigung der angegriffenen Maßnahme eröffnen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 2010 - StB 21/10, NJW 2011, 690 [§ 22 Abs. 8 Satz 2 SächsPolG aF]; vom 1. März 2011 - StB 28/10, BGHR BbgPolG § 24 Abs. 1 Rechtsmittelweg 1 [§ 24 Abs. 1 Satz 2 BbgPolG aF]), bedarf es keiner Entscheidung, ob hieran festzuhalten ist. In den entschiedenen (landesrechtlich geregelten) Konstellationen waren Rechtswegspaltungen nicht in gleichem Maße wie bei den Maßnahmen nach den §§ 20g ff. BKAG zu besorgen.

c) Schließlich ergibt sich auch aus § 23 Abs. 1 EGGVG keine abdrängende Sonderzuweisung im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO für die gerichtliche Überprüfung der gegenständlichen Überwachungsmaßnahmen. Bei den von den Beschwerdeführern angegriffenen, auf Grundlage des Bundeskriminalamtgesetzes vollzogenen Eingriffsmaßnahmen handelt es sich nicht um Regelungen im Bereich der - von den in § 23 EGGVG umfassten Sachgebieten hier allein in Betracht kommenden - Strafrechtspflege. Hierunter fällt nicht die vorbeugend-gefahrenabwehrrechtliche Bekämpfung von Straftaten (st. Rspr.; vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 18. Mai 2011 - 6 B 1/11, NVwZ-RR 2011, 710; Schoch/Schneider/Bier/Ehlers/Schneider, VwGO, 32. EL, § 40 Rn. 604).

2. In dem angefochtenen Beschluss des Oberlandesgerichts liegt allerdings zugleich eine Entscheidung über die Eröffnung des Rechtswegs. Hieran ist der Senat für das weitere Beschwerdeverfahren gebunden, § 17a Abs. 5 GVG. Die Bindung betrifft indes lediglich den Rechtsweg und die sachliche sowie örtliche Zuständigkeit des Ausgangsgerichts (BT-Drucks. 11/7030, S. 38); die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen hat das Rechtsmittelgericht in eigener Kompetenz zu überprüfen (vgl. KK/Barthe, StPO, 7. Aufl., § 17b GVG Rn. 3; Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl., § 17 Rn. 43). Dabei hat das Rechtsmittelgericht ebenso wie das durch eine bindende Verweisung zuständig gewordene Gericht (hierzu Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl., § 17a Rn. 1 i.V.m. § 17 Rn. 48; Schoch/Schneider/Bier/Ehlers, 32. EL, GVG § 17a Rn. 19) den Rechtsstreit nach der Verfahrensordnung seiner Gerichtsbarkeit fortzuführen.

Nach den insoweit geltenden Maßstäben sind die Beschwerden unzulässig, soweit sie sich gegen die auf Grundlage des Bundeskriminalamtgesetzes angeordneten und durchgeführten verdeckten Ermittlungsmaßnahmen richten. Dabei bedarf es keiner Entscheidung über die anwendbare Verfahrensordnung, nach der über die Zulässigkeit der Beschwerde zu entscheiden ist. Hierzu gilt:

a) Bezöge man die aus § 17a Abs. 5 GVG folgende Bindungswirkung auch auf die von dem Ausgangsgericht zugrunde gelegte Verfahrensordnung, wären die Vorschriften der Strafprozessordnung anzuwenden, weil das Oberlandesgericht in seiner den Rechtsweg begründenden Entscheidung von einem strafprozessualen Verfahren ausgegangen ist. In diesem Fall wäre die Beschwerde gemäß § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 StPO unzulässig, weil diese gegen Beschlüsse der Oberlandesgerichte nur in den ausdrücklich geregelten Ausnahmefällen statthaft ist. An einer solchen Regelung fehlt es. Insbesondere liegen die Voraussetzungen des § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 1 StPO nicht vor, da die von den Beschwerdeführern angegriffenen Maßnahmen - wie dargelegt - nicht in den Katalog des § 101 Abs. 1 StPO fallen. Dass den Beschwerdeführern hierbei durch die Anwendbarkeit des § 17a Abs. 5 GVG eine Rechtsmittelmöglichkeit genommen wird, weil gegen eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung die Berufung möglich gewesen wäre, rechtfertigt keine dem ausdrücklichen Wortlaut widersprechende Auslegung von § 304 Abs. 4 StPO.

b) Sähe man die Vorschriften der StPO als nicht anwendbar an, weil die auf Grundlage des Bundeskriminalamtgesetzes angeordneten polizeilichen Maßnahmen nicht strafprozessualer Natur waren und die Bindungswirkung des § 17a Abs. 5 GVG im Hinblick auf die anzuwendende Verfahrensordnung keine Aussage trifft (so wohl hinsichtlich der Bindungswirkung nach § 17a Abs. 2 GVG OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18. April 2013 - 2 VAs 2/13 u.a., NJW 2013, 3738), könnten sich die Beschwerdeverfahren - es handelt sich nicht um zivilrechtliche Streitigkeiten - entweder nach den Vorschriften des FamFG oder nach den Regelungen der §§ 23 ff. EGGVG richten. Für beide Verfahrensarten wäre die Zuständigkeit des Bundesgerichtshofs nur im Rahmen der Rechtsbeschwerde gegeben, deren Statthaftigkeit die - hier nicht gegebene - Zulassung durch das Oberlandesgericht voraussetzt (§ 70 Abs. 1 FamFG, § 29 Abs. 1 EGGVG). Auch in diesem Rahmen könnte die hinsichtlich des Rechtswegs abweichende rechtliche Beurteilung durch das Oberlandesgericht ein Rechtsmittel zum Bundesgerichtshof abweichend von dem gesetzlich bestimmten Rechtszug nicht statthaft machen (vgl. BGH, Beschluss vom 1. März 2011 - StB 28/10, BGHR BbgPolG § 24 Abs. 1 Rechtsmittelweg 1). Als Rechtsbeschwerden nach § 70 FamFG wären die Rechtsmittel der Beschwerdeführer zudem auch deshalb unzulässig, weil sie entgegen § 10 Abs. 4 Satz 1 FamFG nicht von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt worden sind.

II. Die Beschwerden sind hingegen zulässig, soweit sie sich auf die in der angefochtenen Entscheidung aufgeführten strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen beziehen. Insoweit sind sie in der Sache ohne Erfolg.

1. Die von den Beschwerdeführern angegriffenen Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung (Beschlüsse vom 19. April 2011 - 2 BGs 148/11, 2 BGs 150/11, 2 BGs 158/11 [nebst Erweiterung vom 23. April 2011, 2 BGs 179/11]; vom 20. April 2011 - 2 BGs 161/11, 2 BGs 162/11 [nebst Berichtigungsbeschluss vom 21. April 2011, 2 BGs 164/11], 2 BGs 168/11, 2 BGs 169/11, 2 BGs 170/11) sind jeweils rechtmäßig angeordnet worden. Auch die Art und Weise des Vollzugs dieser Maßnahmen ist über die vom Oberlandesgericht bereits festgestellten Verfahrensfehler hinaus nicht zu beanstanden. Hierzu gilt:

a) Die Maßnahmen setzten nach § 100a StPO in der damals geltenden Fassung zunächst voraus, dass bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, der Beschuldigte habe als Täter oder Teilnehmer eine Straftat nach §§ 129, 129a StGB oder eine sonstige Katalogtat begangen. Die Norm verlangt danach - insoweit in Übereinstimmung mit der heute geltenden Fassung - keinen bestimmten Verdachtsgrad; der Tatverdacht muss daher insbesondere weder hinreichend im Sinne des § 203 StPO noch gar dringend im Sinne des § 112 Abs. 1 Satz 1 StPO sein. Vielmehr erfordert § 100a StPO nur einen einfachen Tatverdacht, der allerdings auf bestimmten Tatsachen beruhen muss. Dabei sind mit Blick auf das Gewicht des in Rede stehenden Grundrechtseingriffs Verdachtsgründe notwendig, die sich auf eine hinreichende Tatsachenbasis stützen und mehr als nur unerheblich sind. Es müssen solche Umstände vorliegen, die nach der Lebenserfahrung, auch der kriminalistischen Erfahrung, in erheblichem Maße darauf hindeuten, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine Katalogtat begangen hat; erforderlich ist, dass der Verdacht durch schlüssiges Tatsachenmaterial bereits ein gewisses Maß an Konkretisierung und Verdichtung erreicht hat. Den die Maßnahme anordnenden Stellen steht bei der Prüfung des Tatverdachts ein Beurteilungsspielraum zu. Maßstab für die auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit beschränkte Prüfung nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO ist insoweit, ob die genannten Stellen diesen Beurteilungsspielraum gewahrt oder überschritten haben. Die Tatsachengrundlage hierfür bietet der jeweilige damalige Ermittlungs- und Erkenntnisstand (BGH, Beschlüsse vom 11. März 2010 - StB 16/09, NStZ 2010, 711 m. zahlr. w.N.; vom 11. August 2016 - StB 12/16, juris Rn. 9).

Ein nach diesen Maßstäben ausreichender Tatverdacht gegen die Beschwerdeführer lag bei Anordnung der Überwachung und Aufzeichnung des Fernmeldeverkehrs einschließlich der damit verbundenen Übermittlung der Verkehrsdaten durch die Beschlüsse des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 19. April (S.) und 20. April 2011 (C.) vor.

aa) Der damalige Ermittlungs- und Erkenntnisstand stellte sich im Wesentlichen wie folgt dar:

(1) Die terroristische Vereinigung Al Qaida wurde 1988 von Usama bin Laden und weiteren Islamisten gegründet. Sie verfolgt das Ziel, Gottesstaaten auf der Basis des islamischen Rechts zu errichten und den westlichen Einfluss in der islamischen Welt zu eliminieren. Zu diesem Zweck bekämpft Al Qaida im Rahmen des sogenannten „Heiligen Krieges“ (Jihad) die gesamte westliche Welt, vor allem die Vereinigten Staaten von Amerika und Israel, sowie die als „Apostaten“ titulierten prowestlichen Regime in der muslimischen Welt mit Terrorakten. Den Jihad versteht Al Qaida als individuelle Pflicht eines jeden rechtgläubigen Muslims zu gewaltsamen Aktionen gegen die den eigenen Glauben und die Gemeinschaft der Gläubigen bedrohenden Feinde des Islam. Zur Umsetzung dieser Ideologie entwickelte Al Qaida ab 1996 zentralisierte organisatorische Strukturen und unterhielt vor allem in Afghanistan zahlreiche Lager zur Ausbildung des terroristischen Nachwuchses. Die in der Folgezeit von Al Qaida durchgeführten Terroranschläge wie beispielsweise die Anschläge auf die US-amerikanischen Botschaften in Ostafrika am 7. August 1998 und die Terroranschläge vom 11. September 2001 wurden mit großer Sorgfalt und in jahrelanger Vorarbeit geplant.

Obwohl nach dem 11. September 2001 die bisherigen Strukturen der Al Qaida aufgrund der Militärintervention der Antiterrorallianz teilweise zerschlagen wurden, besteht die Organisation mit ihrer Führungsspitze im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet und ihren zahlreichen nach dem 11. September 2001 aus Afghanistan in deren Heimatländer zurückgekehrten und von dort operierenden Mitgliedern fort. Sie führt den Jihad nach einer Anpassung der Steuerungs-, Koordinations- und Mobilisierungsmechanismen weiter. An der Spitze der Organisation standen in den Jahren 2010/2011 Usama bin Laden und Ayman Al Zawahiri. Die nachgeordneten Organisationsstrukturen bestanden aus den Bereichen Militär, Außenbeziehungen/Operationen, Finanzen und Medien/Propaganda mit jeweils eigenen Führungspersönlichkeiten.

Al Qaida ist nach ihrer inneren Struktur weiterhin auf die gemeinschaftliche oder jedenfalls von der Organisation getragene Begehung von schwerwiegenden Straftaten als Mittel zur Verwirklichung ihrer ideologischen Ziele angelegt. Die Handlungsfähigkeit der Kernorganisation und die Verwirklichung ihrer terroristischen Zielsetzung dokumentieren die nach dem 11. September 36 37 2001 von ihren Mitgliedern verübten und unmittelbar auf die Al Qaida-Spitze zurückgehenden Anschläge und in die Wege geleiteten Anschlagsvorbereitungen. Diese zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass Al Qaida an Planungen für einmal gewählte Ziele trotz Rückschlägen oder Verzögerungen sehr lange festhält. Da Al Qaida in den Jahren 2010/2011 die Führung in der Meinungsbildung im globalen Jihad beanspruchte, blieben spektakuläre Anschläge gegen westliche Einrichtungen und Interessen ein Kernziel dieser terroristischen Vereinigung.

Zu den hochrangigen Führungsmitgliedern gehörte im Jahr 2010 auch der für die Al Qaida in Afghanistan verantwortliche Scheich Atiyatallah, der unmittelbar an die Hierarchieebene um Usama bin Laden angebunden war und dem unter anderem Scheich Younis al Mauritani unterstand, der seinerseits die Funktion eines „Außenministers“ der Organisation innehatte und die Verantwortung für Angelegenheiten der Al Qaida in Europa trug. Scheich Atiyatallah hatte unter anderem in einem im September 2009 veröffentlichten Video im Kontext der bevorstehenden Bundestagswahl Drohungen gegen die Bundesrepublik Deutschland ausgesprochen.

(2) Im November 2010 teilte der sich in Waziristan, einer pakistanischen Grenzregion zu Afghanistan, aufhaltende und mutmaßlich der Vereinigung Al Qaida zugehörige E. dem Bundeskriminalamt im Rahmen mehrerer Telefonate mit, dass Al Qaida operative Planungen vorantreibe, in Deutschland zwei Anschläge zu begehen. Die Planungen gingen von Scheich Mahmoud aus, wobei die weiteren Angaben von E. zu dessen Stellung darauf hindeuteten, dass es sich hierbei um Scheich Atiyatallah handelte. Ein Anschlag sollte in Berlin stattfinden, der zweite in einer anderen Großstadt. Zu zwei potentiellen Attentätern konnte E. Personenbeschreibungen abgeben. K. stand im Verdacht, die von E. als“ M.“ benannte Person zu sein.

Der aus Marokko stammende K. war erstmals im Jahr 2001 nach Deutschland eingereist und hatte hier in den folgenden Jahren studiert. Anfang des Jahres 2010 hatte er sich in Waziristan aufgehalten, wo er Kontakt zu Al Qaida-Mitgliedern hatte. Im Mai 2010 war er wieder nach Deutschland gereist. Gegenüber der Ausländerbehörde hatte er dabei seinen Aufenthalt in Waziristan verschwiegen und stattdessen wahrheitswidrig angegeben, er habe sich von März 2009 bis zum 13. Mai 2010 aus familiären Gründen in Marokko aufgehalten. In der Folgezeit hatte er Recherchen und Vorbereitungen für einen späteren Anschlag unternommen und hierzu die Beschwerdeführer gewinnen können. Im Juli 2010 war K. aus Deutschland nach Marokko ausgewiesen worden; S. hatte ihn in der Folgezeit finanziell unterstützt. Ende November 2010 reiste K. erneut nach Deutschland. In den folgenden Wochen hielt er sich in Düsseldorf auf. Im Internet recherchierte er nach Waffen, kugelsicheren Westen und Laborzubehör. Zudem lud er sich das Handbuch „The Explosives Course“ herunter, in dem unter anderem der Bau von Sprengsätzen beschrieben war, informierte sich über die Verschärfungen der Sicherheitsmaßnahmen an Flughäfen und Bahnhöfen und besuchte die Internetseite sh., wo er die Rubrik „Wie man Terrorismus herstellt“ aufrief. Vom 13. Januar bis zum 20. März 2011 hielt sich K. erneut in Marokko auf. Nach seiner Rückkehr in Deutschland betrieb er die Anschlagsvorbereitungen weiter. In der Wohnung S. s fanden hierzu am 26. März 2011 Erörterungen zwischen K. und beiden Beschwerdeführern statt, daneben auch zwischen K. und S. am 1., 8. und 11. April 2011. Über das Internet recherchierte K. in diesem Zeitraum zudem nach chemischen Grundstoffen für den Bau von Sprengsätzen; ebenso suchte er am 9. April 2011 Kontakt zu dem führenden Al Qaida-Mitglied Scheich Atiyatallah.

S. unterstützte K. über die bereits dargestellten Tätigkeiten hinaus, indem er ihn nach dessen Wiedereinreise im März 2011 in seiner Wohnung aufnahm. Auch C. stand spätestens seit Sommer 2010 mit K. in Kontakt und half ihm bei den Anschlagsvorbereitungen. In diesem Zusammenhang kommunizierten beide konspirativ miteinander. Unter anderem versandte C. am 26. August 2010 eine verschlüsselte Mobiltelefonnummer an K. Diese Nummer nutzten K. und C. später im Rahmen der Verabredung zu dem Treffen vom 26. März 2011 in der Wohnung S. s. Zu diesem Treffen brachte C. eine Speicherkarte mit Verschlüsselungssoftware mit, was den Vorgaben von Al Qaida zur verschlüsselten Kommunikation entsprach.

bb) Dieser Tatverdacht gründete sich auf die Tatsachen und Erkenntnisse, die das Bundeskriminalamt im Rahmen der von ihm von November 2010 bis April 2011 durchgeführten Überwachungsmaßnahmen gewonnen hatte. Wegen der Einzelheiten hierzu nimmt der Senat Bezug auf die entsprechenden Ausführungen in den angegriffenen Entscheidungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs, insbesondere auf den beide Beschwerdeführer betreffenden Beschluss vom 19. April 2011 (2 BGs 149/11), und den Bericht des Bundeskriminalamts vom 12. April 2011 über die Zusammenfassung des Ermittlungsstandes zum 4. April 2011.

Der näheren Erörterung bedarf lediglich, dass die vom Bundeskriminalamt präventivpolizeilich zusammengetragenen Beweisergebnisse im Rahmen des strafprozessualen Ermittlungsverfahrens zur Begründung der von den Beschwerdeführern angegriffenen Beschlüsse des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs und Anordnungen des Generalbundesanwalts zweckändernd verwendet werden durften.

(1) Rechtsgrundlage für die Weitergabe der vom Bundeskriminalamt gefahrenabwehrrechtlich erlangten Daten an den Generalbundesanwalt war § 20v Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 BKAG. Zu dessen Anwendbarkeit und Voraussetzungen gilt:

(a) Unter anderem im Hinblick darauf, dass die Regelung in § 20v Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 BKAG dem Kriterium der hypothetischen Datenneuerhebung nur unzureichend Rechnung trägt, ist die Norm aufgrund ihrer Weite verfassungswidrig (BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 u.a., BVerfGE 141, 220, 337 ff.). Dies führt indes nicht zur Unwirksamkeit der in der Vergangenheit auf sie gestützten Datenübermittlungen. Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gilt die Vorschrift vielmehr - wenngleich für die aus Wohnraumüberwachungen und Online-Durchsuchungen erlangten Daten nur mit Einschränkungen - bis zu einer Neuregelung, längstens jedoch bis zum 30. Juni 2018 fort (BGBl. I S. 1136; BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 u.a., BVerfGE 141, 220, 351 f.). Aufgrund dieser Weitergeltungsanordnung ist § 20v Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 BKAG weiterhin anwendbar mit der Folge, dass die auf diese Regelung gestützten Rechtsakte - vorbehaltlich der sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen - ihre Gültigkeit behalten (vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Juli 2005 - 1 BvR 80/95, BVerfGE 114, 73, 104; Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, 50. EL, § 31 Rn. 232, § 35 Rn. 45a mwN).

(b) Die Übermittlung der präventiv-polizeilich ermittelten Erkenntnisse durch das Bundeskriminalamt an den Generalbundesanwalt war gemäß § 20v Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 BKAG zur Strafverfolgung erforderlich. Nach der Beweislage standen die Beschwerdeführer zumindest im Verdacht, dem Al Qaida-Mitglied K. bei seinen Anschlagsvorbereitungen geholfen und sich hierdurch wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 2 StGB strafbar gemacht zu haben (zur Bewertung von Al Qaida als terroristische Vereinigung im damaligen Zeitraum vgl. auch BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 107 ff.; Beschluss vom 10. März 2011 - AK 5/11, NStZ-RR 2011, 176). Da der Generalbundesanwalt bis zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis von den Aktivitäten K. s und der Beschwerdeführer hatte, waren strafrechtliche Ermittlungen ohne die Mitteilung des Bundeskriminalamts nicht möglich. Die Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung ist im - hier vorliegenden - Fall des § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren bedroht (§ 129a Abs. 5 Satz 1 StGB), so dass auch die Voraussetzungen des § 20v Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 BKAG erfüllt waren. Angesichts dessen bedarf es keiner Entscheidung, ob die Beschwerdeführer - wie vom Generalbundesanwalt bei Einleitung des Ermittlungsverfahrens und vom Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs in den angegriffenen Beschlüssen angenommen - über den Verdacht der Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung hinaus schon zu diesem Zeitpunkt im Sinne eines tatsachengestützten Anfangsverdachts verdächtig waren, ihrerseits jeweils als Mitglied von Al Qaida agiert und sich dementsprechend wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an der Vereinigung strafbar gemacht zu haben.

Die gemäß § 20v Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 BKAG schließlich erforderliche Berechtigung des Generalbundesanwalts zur Abfrage und Verwendung der Daten folgte aus § 161 Abs. 1 und 2 StPO, hinsichtlich der Daten aus einer Wohnraumüberwachung aus § 161 Abs. 2 Satz 2, § 100d Abs. 5 Nr. 3 StPO (s. auch unten).

(c) Auch die Übermittlung der aus den (akustischen) Wohnraumüberwachungen (§ 20h BKAG) am 26. März sowie 1., 8. und 11. April 2011 gewonnenen Erkenntnisse war durch § 20v Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 BKAG gedeckt. Nach den Maßgaben der Weitergeltungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts ist die Übermittlung derartiger Daten unter der Einschränkung zulässig, dass eine dringende Gefahr für die in § 20h Abs. 1 BKAG genannten Rechtsgüter vorliegt (BGBl. I S. 1136; BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 u.a., BVerfGE 141, 220, 352). Eine solche Gefahrenlage war im Zeitpunkt der Übermittlung der Daten durch das Bundeskriminalamt an den Generalbundesanwalt gegeben.

Der polizeirechtliche Begriff der dringenden Gefahr baut im Sinne eines qualifizierten Rechtsgüterschutzes auf demjenigen der konkreten Gefahr auf. Er nimmt Bezug auf das Ausmaß, aber auch auf die Wahrscheinlichkeit eines Schadens (BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 u.a., BVerfGE 141, 220, 271, 296) und verlangt, dass eine Sachlage oder ein Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein bedeutendes Rechtsgut schädigen wird. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sind an die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden wäre. Nicht ausreichend zur Begründung einer Gefahrenlage sind indes bloße Vermutungen oder die Inbezugnahme einer allgemeinen Sicherheitslage (BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 83 f., 93 mwN).

Nach diesen Maßstäben waren die in § 20h Abs. 1 BKAG genannten Schutzgüter, insbesondere Leib und Leben einer Person und Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten ist, auch bei Beachtung der gebotenen Strenge (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 u.a., BVerfGE 141, 220, 296) im Zeitpunkt der Übermittlung der vom Bundeskriminalamt erhobenen Daten dringend gefährdet. Die Beweislage wies auf eine von Al Qaida veranlasste Vorbereitung eines terroristischen Sprengstoffanschlags durch K. und die Beschwerdeführer hin. Für den Fall einer erfolgreichen Umsetzung des Vorhabens ließ dies befürchten, dass es in einem nicht abschätzbaren Umfang zu Toten und Verletzten kommen könnte. Der Gefahrengrad war als hoch einzustufen; die Hinweise auf das Vorhaben K. s und seine Unterstützung durch die Beschwerdeführer waren stichhaltig und gingen deutlich über Spekulationen und vage Vermutungen hinaus. So ließ der Erkenntnisstand nicht nur auf extremistische Grundeinstellungen der Beteiligten schließen. Hinsichtlich K. war darüber hinaus der konkrete Verdacht begründet, dass er sich bereits in einem von Al Qaida unterhaltenen pakistanischen Ausbildungslager aufgehalten hatte. Diese Einschätzungen wurden zuletzt auch dadurch entscheidend gestützt, dass die Betroffenen ihre konspirative Kommunikation untereinander nach den Ergebnissen der Wohnraumüberwachung sogar in der Wohnung von S. aufrecht hielten. Das Ausmaß möglicher Anschläge war nicht abzusehen; jedoch ließen die auch schon im damaligen Zeitraum bestehenden Erfahrungen mit Selbstmordattentaten durch radikale Islamisten, das konspirative Vorgehen der Beteiligten (vgl. hierzu Vermerk des Bundeskriminalamts vom 12. April 2011 über den Ermittlungsstand zum 4. April 2011 S. 61 ff.) sowie deren Internetrecherchen (insb. „The Explosive Course“, Suche nach Mitteln zur Herstellung von Sprengstoff) auf ein erhebliches Potenzial schließen. Der Zeitpunkt des geplanten Anschlags war zwar ungewiss; es ließ sich auf Grundlage der bisherigen Erkenntnisse (mutmaßlicher Kontakt von K. zu Scheich Atiyatallah; Recherche nach zur Herstellung von Sprengstoff geeigneten Mitteln) indes nicht ausschließen, dass es in überschaubarer Zukunft zu einem solchen kommen würde. Angesichts der in die Bewertung des Gefahrengrads einfließenden Folgenbetrachtung gibt es insoweit nichts zu erinnern.

(2) Der Generalbundesanwalt war zum Auskunftsverlangen gegenüber dem Bundeskriminalamt und zur weiteren Verwendung der erlangten Daten befugt (§ 161 Abs. 1 und 2 StPO). In Bezug auf die Maßnahmen aus der akustischen Überwachung der Wohnung S. s lagen auch die engeren Voraussetzungen von § 161 Abs. 2 Satz 2, § 100d Abs. 5 Nr. 3 StPO vor. Die Beschwerdeführer waren jedenfalls der Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung und damit einer Katalogtat nach § 100d Abs. 5 Nr. 3 i.V.m. § 100c Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b StPO im Sinne eines tatsachengestützten Anfangsverdachts verdächtig.

Eine andere Beurteilung des Gefahrenverdachts folgt auch nicht daraus, dass die strafprozessuale Verwendung präventivpolizeilich erhobener Daten nach § 161 Abs. 1 und 2, § 100d Abs. 5 Nr. 3 StPO grundsätzlich die Rechtmäßigkeit der vorangegangenen Datenerhebung voraussetzt (BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 83 [zu § 100d Abs. 5 Nr. 3 StPO]). Die vom Bundeskriminalamt ergriffenen präventivpolizeilichen Überwachungsmaßnahmen begegnen zwar teilweise rechtlichen Bedenken. Dies führte indes nicht zum Wegfall der wesentlichen Tatsachengrundlage, auf der der gegen die Beschwerdeführer bestehende Tatverdacht beruhte.

(a) Die Erhebung der Verkehrs- und Inhaltsdaten zu den E-Mail-Adressen i. com und cl. de war rechtswidrig.

(aa) Der Datenerhebung lag folgendes Vorgehen des Bundeskriminalamts zugrunde:

Die Ermittlungen des Bundeskriminalamts ergaben, dass K. mit den Nutzern der vorstehenden E-Mail-Adressen mehrfach kommuniziert hatte. Hinsichtlich des Accounts cl. de bat das Bundeskriminalamt im Januar 2011 gegenüber der US-amerikanischen Microsoft Corporation im Wege des sog. Emergency requests um Auskunft „zu den vorgenannten Postfächern und den dazugehörigen Adresslisten“. Hierauf übermittelte die Microsoft Corporation die gespiegelten Daten des Postfachs, die das Bundeskriminalamt im Anschluss auswertete. In entsprechender Weise verfuhr es mit Schreiben vom 7. Februar 2011 hinsichtlich der E-Mail-Adresse i. com und erhielt hierauf eine Spiegelung des E-Mail-Postfachs inklusive der zugehörigen Verkehrsdaten. Eine richterliche Anordnung über die Datenerhebung lag weder im Zeitpunkt der jeweiligen Anfragen an die Microsoft Corporation noch bei der späteren Auswertung der übermittelten Daten vor. Sie wurde auch nicht nachträglich eingeholt. Auf Antrag des Generalbundesanwalts beschloss der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs am 26. September 2011 (2 BGs 509/11) allerdings, dass er die Durchsuchung der Geschäftsräume der Microsoft Corporation zum Zwecke der vorläufigen Sicherstellung der Inhalts- und Verkehrsdaten zu den vorstehenden E-Mail-Adressen anordnen würde, wenn sich die Geschäftsräume des Serverbetreibers innerhalb des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland befinden würden.

(bb) Dieses Vorgehen des Bundeskriminalamts entsprach nicht den gesetzlichen Vorgaben. Hierzu gilt:

(i) Im Unterschied zu den im Herrschaftsbereich des Kommunikationsteilnehmers gespeicherten Inhalten und Umständen einer Kommunikation unterfällt der zugangsgesicherte Kommunikationsinhalt in einem E-Mail-Postfach, auf das der Nutzer nur über eine Internetverbindung zugreifen kann, dem Schutz des Fernmeldegeheimnisses (Art. 10 Abs. 1 GG). Das Fernmeldegeheimnis knüpft an das Kommunikationsmedium an und will jenen Gefahren für die Vertraulichkeit begegnen, die sich gerade aus der Verwendung dieses Mediums ergeben, das einem staatlichen Zugriff leichter ausgesetzt ist als die direkte Kommunikation unter Anwesenden. Eine derartige Gefahrenlage besteht aufgrund der besonderen Schutzbedürftigkeit des Nutzers auch für die Fälle der auf einem Mailserver des Providers (zwischen- oder end)gespeicherten E-Mails, weil der Kommunikationsteilnehmer keine Möglichkeit hat, die Weitergabe der E-Mails durch den Provider zu verhindern. Da Art. 10 Abs. 1 GG die Vertraulichkeit der Kommunikation schützt, ist die Kenntnisnahme, Aufzeichnung und Verwertung kommunikativer Daten ohne Einwilligung des Betroffenen, aber auch schon die Anordnung des Zugriffs ein Eingriff in die grundrechtlich geschützte Position des Postfachinhabers (BVerfG, Beschluss vom 16. Juni 2009 - 2 BvR 902/06, BVerfGE 124, 43, 54 ff., 58). Der Eingriff ist allerdings gerechtfertigt, wenn er gemäß Art. 10 Abs. 2 Satz 1 GG durch eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Ermächtigungsgrundlage gedeckt ist. Diese ist unter anderem am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen. Dabei verlangt die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, dass die Einbußen grundrechtlich geschützter Freiheiten nicht in einem unangemessenen Verhältnis zu den Gemeinwohlzwecken stehen, denen die Grundrechtsbeeinträchtigung dient. Neben der Bedeutung der geschützten Rechtsgüter sind dabei maßgebend insbesondere die Gestaltung der Einschreiteschwellen, die Zahl der Betroffenen und die Intensität der Beeinträchtigung. Hinsichtlich des letzten Gesichtspunkts ist zu beachten, dass sich die Schwere eines Eingriffs erhöht, wenn er heimlich durchgeführt wird. Von Bedeutung ist ferner, ob nur eine einmalige und punktuelle Datenerhebung stattfindet. Im Bereich der Strafverfolgung etwa sind daher bei heimlichen Eingriffen in das Fernmeldegeheimnis besonders hohe Anforderungen an die Bedeutung der zu verfolgenden Straftat und den für den Zugriff erforderlichen Grad des Tatverdachts zu stellen (vgl. BVerfG aaO, S. 62 ff.). Das besondere Gewicht des grundrechtlichen Schutzes gegen verdeckte Eingriffe in die Kommunikationsfreiheit beruht darauf, dass sie spezifische Risiken für die Rechte der Betroffenen bergen. Diese können sich frühestens dann mit rechtlichen Mitteln wehren, wenn der Zugriff bereits vollzogen ist, und dies auch nur dann, wenn sie über die Maßnahme informiert werden oder auf andere Weise von ihr Kenntnis erlangen (BVerfG aaO, S. 65; vgl. auch BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1999 - 1 BvR 2226/94 u.a., BVerfGE 100, 313, 361). Der effektive Schutz des materiellen Grundrechts aus Art. 10 Abs. 1 GG bedarf daher auch einer den sachlichen Erfordernissen entsprechenden Ausgestaltung des Verfahrens. Hierbei ist insbesondere die Unterrichtung des Betroffenen über den Zugriff auf seinen E-Mail-Bestand von maßgeblicher Bedeutung (vgl. BVerfG aaO, S. 70 f.).

Strafprozessual ermöglichen nach diesen Maßstäben die §§ 94 ff. StPO die Sicherstellung und Beschlagnahme entsprechender E-Mails (BVerfG aaO, S. 58 ff.; BGH, Beschlüsse vom 24. November 2009 - StB 48/09, NJW 2010, 1297, 1298; vom 4. August 2015 - 3 StR 162/15, NStZ 2015, 704, 705). Danach bedarf es nur dann einer richterlichen Entscheidung über die Beschlagnahme (§ 98 StPO), wenn Daten über den Postfachinhalt nicht freiwillig herausgegeben werden. Ob dies der Fall ist, richtet sich nicht allein nach dem Willen des Providers, sondern auch nach demjenigen des durch Art. 10 Abs. 1 GG geschützten Postfachinhabers (vgl. BVerfG aaO). In zeitlicher Hinsicht verfassungsrechtlich erforderlich ist zum Schutz des Postfachinhabers, in dessen Grundrechte durch den Zugriff auf den E-Mail-Bestand eingegriffen wird, dass er spätestens vor Durchführung der Maßnahmen hierüber unterrichtet wird, damit er bei der Sichtung seines E-Mail-Bestandes seine Rechte wahrnehmen kann (BVerfG aaO, S. 71). Einfachrechtlich wird dies durch § 35 StPO umgesetzt. Eine Zurückstellung der Benachrichtigung ist gesetzlich nicht vorgesehen und führt zur Rechtsfehlerhaftigkeit der Sicherstellung bzw. der Beschlagnahme (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. November 2009 - StB 48/09, NJW 2010, 1297, 1298; vom 4. August 2015 - 3 StR 162/15, NStZ 2015, 704, 705). Ein demgegenüber verdecktes Vorgehen der Strafverfolgungsbehörde wird im strafrechtlichen Schrifttum zwar nicht für grundsätzlich ausgeschlossen erachtet. Angesichts der verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen soll dies strafprozessual jedoch nur unter den Voraussetzungen von § 100a StPO bzw. § 99 StPO zulässig sein (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 94 Rn. 16a f., § 100a Rn. 6b f.; BeckOK StPO/Graf § 100a Rn. 30; KK/Bruns, StPO, 7. Aufl., § 100a Rn. 16 ff.; s. zum Zugriff auf eine telefonische Mailbox auch BGH, Beschluss vom 31. Juli 1995 - 1 BGs 625/95, NStZ 1997, 247, 248).

Im Hinblick auf den Schutzgehalt des Fernmeldegeheimnisses ist ferner zu beachten, dass Art. 10 Abs. 1 GG nicht nur die Kommunikationsinhalte schützt, sondern auch die Informationen über Ort, Zeit sowie Art und Weise der Kommunikation. Der Grundrechtsschutz erstreckt sich daher auch auf die Verkehrsdaten der Telekommunikation, die Aufschluss über die an der Kommunikation beteiligten Personen und die Umstände der Kommunikation geben (BVerfG, Beschluss vom 27. Oktober 2006 - 1 BvR 1811/99, NJW 2007, 3055 mwN; Maunz/Dürig/Durner, 78. EL, GG Art. 10 Rn. 86).

(ii) Unter Berücksichtigung dieser verfassungsrechtlichen Vorgaben und Folgerungen für das einfache Recht gilt hier für die Erhebung der bei der Microsoft Corporation gespeicherten Inhalts- und Verkehrsdaten nach dem Bundeskriminalamtgesetz:

Die Erhebung der Verkehrs- und Inhaltsdaten zu den E-Mail-Adressen i. und cl. de im Wege des „Emergency requests“ entbehrte einer rechtlichen Grundlage. § 20b BKAG aF eröffnete als Grundnorm für die Erhebung personenbezogener Daten keine entsprechende Befugnis. Die Regelung ist subsidiär, soweit die Befugnis zur Datenerhebung speziell in den Bestimmungen des Unterabschnitts 3a des zweiten Abschnitts des Bundeskriminalamtgesetzes geregelt ist (BT-Drucks. 16/9588, S. 20). Solche Vorschriften finden sich hinsichtlich der Inhaltsdaten der Telekommunikation in § 20l BKAG und hinsichtlich der Verkehrsdaten in § 20m BKAG. Nach neuer - im hier relevanten Zeitpunkt indes noch nicht in Kraft getretener - Rechtslage folgt die Unanwendbarkeit von § 20b BKAG auch aus dessen dritten Absatz, der die fachgesetzliche Rechtsgrundlage für die Bestandsdatenauskunft schafft (vgl. auch Graulich in Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, § 20b BKAG Rn. 10 ff.) und im Umkehrschluss die Verkehrs- und Inhaltsdatenerhebung nach der Grundnorm gerade ausschließt.

Es lagen auch weder die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für eine heimliche Überwachung der Telekommunikation (§ 20l BKAG) noch für die Erhebung der Verkehrsdaten (§ 20m BKAG) vor. Zwar ist nicht nur die Überwachung einer laufenden Telekommunikation, sondern auch die (gegenüber dem Postfachnutzer) heimliche Erhebung von auf dem Mailserver des Providers bereits gespeicherten Inhaltsdaten unter den Bedingungen des § 20l BKAG grundsätzlich möglich. Voraussetzung ist nach beiden Regelungen indes, dass die Maßnahme zuvor richterlich angeordnet worden ist oder im Falle bestehender Gefahr im Verzug die gerichtliche Entscheidung unverzüglich nachgeholt wird (§ 20l Abs. 3 Satz 1 und 2, § 20m Abs. 3 Satz 1 BKAG). Hieran fehlte es.

Die Einhaltung des Richtervorbehalts war auch nicht deswegen entbehrlich, weil die Microsoft Corporation die Daten auf Grundlage des US-amerikanischen Rechts dem Bundeskriminalamt freiwillig überlassen hatte. Der Richtervorbehalt der §§ 20l, 20m BKAG besteht nicht in erster Linie im Interesse des Telekommunikationsanbieters. Vielmehr trägt er insbesondere den mit der staatlichen Maßnahme einhergehenden Beeinträchtigungen der Telekommunikationsnutzer Rechnung. Ohne deren Zustimmung durfte das Bundeskriminalamt die Microsoft Corporation daher nicht zu einer Überlassung der Daten veranlassen und hierdurch die Voraussetzungen der §§ 20l, 20m BKAG bzw. diejenigen eines Vorgehens im Wege der Rechtshilfe umgehen (s. zur Parallelproblematik im Rahmen strafprozessualer Ermittlungen auch Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 100a Rn. 5; Gaede, StV 2009, 96, 102). Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der räumliche Geltungsbereich des Art. 10 Abs. 1 GG nur bei hinreichendem territorialen Bezug zur Bundesrepublik Deutschland eingreift (offen gelassen in BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1999 - 1 BvR 2226/94 u.a., BVerfGE 100, 313, 362 f.). Ungeachtet dessen, dass für einen entsprechenden räumlichen Bezug auch hinsichtlich des in Marokko lebenden L., dem Nutzer des Accounts i. com, sprechen würde, dass das Bundeskriminalamt die Datenerhebung aus dem Inland heraus veranlasste und die übermittelten Daten hier auswertete (vgl. BVerfG aaO, S. 363), lässt sich eine derartige Beschränkung auf Daten, die aus einer Telekommunikation mit territorialen Bezug herrühren, § 20l und § 20m BKAG nicht entnehmen.

Soweit der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs auf Antrag des Generalbundesanwalts mit Beschluss vom 26. September 2011 (2 BGs 509/11) festgestellt hat, dass die Durchsuchung der Geschäftsräume der Microsoft Corporation zur Sicherstellung der betreffenden Inhalts- und Verkehrsdaten angeordnet werden würde, wenn sich die Geschäftsräume innerhalb des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland befänden, führte dies - ungeachtet der Frage, welche sonstigen Konsequenzen sich für eine zweckändernde Verwendung der erhobenen Daten hieraus ergäben (zur Erforderlichkeit einer Abwägung nach den zu den relativen Beweisverwertungsverboten entwickelten Maßstäben s.u.) - nicht nachträglich zur Rechtmäßigkeit der bereits abgeschlossenen Datenerhebung. Schon weil der Beschluss auf strafprozessualer Grundlage ergangen ist, bestehen Zweifel, ob er die gefahrenabwehrrechtlich durchgeführten Maßnahme im Sinne von § 20l Abs. 3 Satz 3 (i.V.m. § 20m Abs. 3 Satz 1) BKAG nachträglich bestätigen konnte. Selbst wenn eine solche nachträgliche Bestätigung während des Ermittlungsverfahrens durch den Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs für grundsätzlich möglich erachtet werden sollte, wäre der Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Datenerhebung zu begründen. Insoweit liegt dem Beschluss ein unzutreffender Prüfungsmaßstab zugrunde; denn die (fiktive) Anordnung der Durchsuchung ist maßgeblich auf die Erkenntnisse gestützt worden, die erst durch die Übermittlung der Daten durch die Microsoft Corporation erlangt worden sind.

Das Vorgehen des Bundeskriminalamts war ebenso wenig durch § 20s Abs. 1 Nr. 1 BKAG gedeckt, wonach eine Sache zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr sichergestellt werden kann. Auch wenn die sichergestellten E-Mails und Verkehrsdaten unter den Sachbegriff zu fassen wären (in diesem Sinne BVerfG, Beschluss vom 16. Juni 2009 - 2 BvR 902/06, BVerfGE 124, 43, 60 f.), ist zweifelhaft, ob die Befugnis zur Sicherstellung die Befugnis zur Auswertung - und damit der eigentlichen Erhebung - der Daten miteinschließt. Dies bedarf indes keiner Entscheidung, weil es sich bei der Sicherstellung einer Sache nach § 20s BKAG um eine offene Maßnahme der Gefahrenabwehr handelt. Die Sicherstellung ist ihrer Rechtsnatur nach ein mit einem Realakt einhergehender, auf Duldung gerichteter Verwaltungsakt (vgl. OVG Münster, Urteil vom 21. Januar 1991 - 7 A 246/88, NVwZ-RR 1991, 556, 557 [zu §§ 21, 22 PolG NRW aF]; NomosBR/Kugelmann BKAG § 20s Rn. 1), der gemäß § 41 Abs. 1 VwVfG der Bekanntgabe bedarf (vgl. auch Schenke in Schenke/ Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, § 47 BPolG Rn. 6). Dem entspricht, dass die Sicherstellung nach § 20s BKAG im Katalog des § 20w Abs. 1 BKAG nicht aufgeführt wird, der die gesamten heimlichen Informationseingriffe nach dem Unterabschnitt 3a des zweiten Abschnitts des Bundeskriminalamtgesetzes erfasst (Ruthig in Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, § 20w BKAG Rn. 4). Unabhängig von der Frage, ob die Befugnis zur Sicherstellung nach § 20s BKAG auch die Auswertung der von der Microsoft Corporation übermittelten Datenträger umfasste, war das diesbezügliche Vorgehen des Bundeskriminalamts auf Heimlichkeit angelegt; der Bekanntgabe der Sicherstellung gegenüber den betroffenen Postfachinhabern ermangelte es.

(cc) Dass Daten rechtswidrig erhoben wurden, steht ihrer zweckändernden strafverfahrensrechtlichen Verwendung nach der - verfassungsrechtlich unbedenklichen (BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09 u.a., BVerfGE 130, 1, 28 ff.) - Rechtsprechung des Senats nicht von vornherein entgegen. Entsprechend den Grundsätzen zu den sog. relativen Verwertungsverboten bedarf es in diesen Fällen allerdings einer Abwägung im Einzelfall, ob die Rechtswidrigkeit der Datenerhebung auch die zweckändernde Verwendung - wie hier zur Begründung verdeckter grundrechtsintensiver Ermittlungsmaßnahmen - verbietet (BGH, Urteil vom 14. August 2008 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 86 ff. m. zahlr. w.N.). Dabei kann der Senat erneut offenlassen, ob von diesem Ergebnis abzuweichen wäre, wenn durch die Nutzung der rechtswidrig erhobenen Daten eine in der Verwendungsregelung enthaltene Beschränkung umgangen würde, etwa wenn die Wohnraumüberwachung nicht zur Aufklärung einer Katalogtat oder eines vergleichbaren präventivpolizeilichen Zwecks angeordnet wurde (vgl. BGH aaO, S. 89 f.). Zu einer solchen Verletzung der Verwendungsbeschränkung ist es hier nicht gekommen.

Ob die Verwendung der zu den E-Mail-Adressen i. com und cl. de gewonnenen Daten einer nach obigen Maßstäben durchzuführenden Abwägung standhielte, bedarf keiner Entscheidung. Insbesondere angesichts der zeitlichen Kongruenz zwischen den Angaben des E. und der Einreise von K. in das Bundesgebiet im November 2010, der rechtsfehlerfrei erlangten Erkenntnisse zu dessen seit Dezember 2010 betriebenen Internetrecherchen sowie der Ergebnisse der Wohnraumüberwachungen von März und April 2011 können die aus der Datenerhebung zu den vorgenannten Accounts folgenden weiteren Indizien hinweggedacht werden, ohne dass sich an der Beurteilung des Tatverdachts im Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen ermittlungsrichterlichen Beschlüsse vom 19. und 20. April 2011 eine wesentliche Änderung ergäbe.

(b) Sämtliche anderen von dem Bundeskriminalamt präventiv durchgeführten Überwachungsmaßnahmen waren - soweit hier für die Begründung des gegen die Beschwerdeführer bestehenden Tatverdachts von Belang - rechtmäßig. Der näheren Erörterung bedarf insoweit nur Folgendes:

(aa) Die im Rahmen des Gefahrenabwehrvorgangs „EG Komet“ durch das Bundeskriminalamt ergriffenen, auf § 20g Abs. 1 bis 3, §§ 20h, 20k, 20l und 20m BKAG basierenden Überwachungsmaßnahmen waren nicht deshalb rechtwidrig, weil das Bundesverfassungsgericht diese Normen für mit dem Grundgesetz nicht vereinbar erklärt hat (Urteil vom 20. April 2016 - 2 BvR 966/09 u.a., BVerfGE 141, 220, 351 f.). Es hat auch die (befristete) Weitergeltung dieser Vorschriften angeordnet. Damit lag insbesondere den für die Begründung des Tatverdachts wesentlichen, auf § 20l BKAG gestützten Anordnungen hinsichtlich der Überwachungen der Callshops und Internetcafes „P. Callshop“ (Beschluss vom 25. März 2011), „Cy. Cafe“ (Eilanordnung vom 23. Dezember 2010, Beschluss vom 25. Dezember 2010) und „C. Center A.“ (Beschluss vom 18. März 2011), des vom Beschwerdeführer C. genutzten Telefonanschlusses (Beschluss vom 2. März 2011) und des Telefonanschlusses von Ec. (Beschluss vom 14. Dezember 2010) sowie der auf § 20h BKAG beruhenden akustischen Überwachung der Wohnung S. s (Beschlüsse vom 28. Februar 2011 und vom 27. März 2011) jeweils eine gültige Ermächtigungsgrundlage zugrunde (s. zu den Folgen der Verfassungswidrigkeit einer Norm für das Strafverfahren im Falle der fehlenden Weitergeltungsanordnung BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 86 ff.).

(bb) Hinsichtlich der Überwachung der ISDN-Anschlüsse der Betreiber des Internetcafes „Cy. Cafe“ gemäß § 20l BKAG bestehen allerdings rechtliche Bedenken, soweit dieser Maßnahme aufgrund angenommenen Gefahrenverzugs zunächst nur die Eilanordnung des Präsidenten des Bundeskriminalamts vom 23. Dezember 2010 zugrunde lag (§ 20l Abs. 3 Satz 2 BKAG). Der Eilanordnung war um 15.05 Uhr ein Telefonat zwischen einem Beamten des Bundeskriminalamts und dem für die Anordnung zuständigen Amtsrichter vorausgegangen, bei dem der Amtsrichter erklärt hatte, dass das Amtsgericht Wiesbaden an diesem Tage „keine Anträge mehr annehmen würde. Der zuständige Richter sei heute damit nicht mehr zu erreichen“ (Vermerk des Bundeskriminalamts vom 23. Dezember 2010). Da in die Bewertung des Gefahrenverzugs seitens der für den Erlass einer Eilanordnung zuständigen nichtrichterlichen Organe auch einzustellen ist, in welchem zeitlichen Rahmen mit einer Anordnung durch das Gericht zu rechnen wäre (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Juni 2015 - 2 BvR 2718/10 u.a., BVerfGE 139, 245, 270), begegnete das Vorgehen des Beamten des Bundeskriminalamts zwar keinen rechtlichen Bedenken, soweit dieser zunächst abklärte, ob in einem vertretbaren zeitlichen Rahmen mit einer gerichtlichen Entscheidung über die Anordnung gerechnet werden konnte. Jedoch lassen sich die Hintergründe für die Erklärung des Amtsrichters - etwa die Notwendigkeit, vorrangig andere bereits eingegangene Anträge auf Erlass von Anordnungen nach den §§ 20g ff. BKAG bearbeiten zu müssen - weder dem Vermerk des Bundeskriminalamts vom 23. Dezember 2010 noch der daraufhin ergangenen Eilanordnung entnehmen. Diese verstehen sich - abgesehen davon, dass die Entscheidung, ob Anträge der Ermittlungsbehörden „angenommen“ werden, nicht der Disposition des Gerichts unterliegt - insbesondere angesichts der Uhrzeit des Telefonats auch nicht von selbst (zum Erfordernis der Dokumentation der den Gefahrenverzug begründenden Umstände vgl. etwa BGH, Beschluss vom 7. März 2006 - 1 StR 534/05, 70 wistra 2006, 311, 312). Das lässt besorgen, dass seitens des Amtsgerichts eine richterliche Entscheidung aus sachwidrigen Erwägungen verweigert und diese Erklärung vom Bundeskriminalamt ohne weiteres hingenommen worden war. Es bedarf indes keiner Klärung, ob dies zur Rechtswidrigkeit der Eilanordnung führte, weil die nach § 20l Abs. 3 Satz 1 und 3 BKAG erforderliche richterliche Entscheidung am 25. Dezember 2010 nachgeholt und relevante Erkenntnisse aus der Telekommunikationsüberwachung erst danach gewonnen wurden.

Gegen die Rechtmäßigkeit der richterlichen Anordnung vom 25. Dezember 2010 bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die materiellen Voraussetzungen für die Überwachung des Internetcafes „Cy. Cafe“ lagen vor, weil aufgrund des zu diesem Zeitpunkt bestehenden Wissensstands des Bundeskriminalamts insbesondere zu dem Kommunikationsverhalten von K. zu erwarten war, dass dieser das Internetcafe aufsuchen könnte, um von dort mit anderen Al Qaida-Mitgliedern Kontakt aufzunehmen oder Internetrecherchen im Hinblick auf den geplanten Anschlag durchzuführen (§ 20l Abs. 1 Nr. 4 BKAG). Die in verfassungskonformer Auslegung erforderliche Gefahrennähe der Inhaber des Callshops (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 u.a., BVerfGE 141, 220, 310 f.) bestand in dem begründeten Verdacht, dass sich insbesondere K. gezielt des Internetcafes bedienen könnte, um sein terroristisches Vorhaben durchzuführen. So hatte er in den Vortagen bereits mehrfach - teilweise in auffällig kurzen Abständen - dieses Internetcafe und das „C. Center A.“ aufgesucht. Wegen der Einzelheiten hierzu nimmt der Senat Bezug auf die Darlegungen in dem Vermerk des Bundeskriminalamts vom 10. Januar 2011 (SAO B36 Bl. 10 ff.). Die Abwehr des geplanten Anschlags wäre ohne die Überwachung des Internetcafes auch wesentlich erschwert gewesen (§ 20l Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BKAG). Details zu den Anschlagsplänen von K. und der Beschwerdeführer waren nicht bekannt; es stand zu erwarten, dass die Überwachung ihrer Internetnutzung hierzu nähere Erkenntnisse erbringen würde.

Der Beschluss vom 25. Dezember 2010 genügt auch den formellen Voraussetzungen des § 20l BKAG. Soweit dort gemäß § 20l Abs. 4 Satz 3 BKAG ausgeführt war, dass die Maßnahme auf drei Monate bis zum "24.03.2010", statt 2011, befristet sei, handelte es sich um einen offensichtlichen, bereits aus der Entscheidung heraus erkennbaren Schreibfehler, der die Wirksamkeit der Anordnung nicht gefährdete. Auch dass die amtsrichterliche Anordnung der Telekommunikationsüberwachung vom 25. Dezember 2010 keine Begründung für die Maßnahme enthielt, berührt deren Rechtmäßigkeit im Ergebnis nicht. Eine Begründungspflicht war im Zeitpunkt ihres Erlasses gesetzlich nicht vorgesehen. Zwar gründet sich die Unvereinbarkeit von § 20l BKAG mit dem Grundgesetz unter anderem gerade auf diesen Umstand, dem im Hinblick auf die Begründungspflichten der § 20g Abs. 3 Satz 6, § 20h Abs. 4, § 20k Abs. 6 BKAG nicht ausschließbar eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers zugrunde lag (BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 u.a., BVerfGE 141, 220, 312; s. zur Begründungspflicht für angeordnete Ermittlungsmaßnahmen auch BGH, Beschluss vom 1. August 2002 - 3 StR 122/02, BGHSt 47, 362, 366). Indes hat das Bundesverfassungsgericht die befristete Fortgeltung der Norm insoweit nicht von weiteren Voraussetzungen abhängig gemacht. Insoweit ist § 20l BKAG während der Übergangszeit in seiner bisherigen Fassung anwendbar.

(cc) Auch die richterliche Anordnung vom 18. März 2011 über die Verlängerung der Telekommunikationsüberwachung des Internetcafes „C. Center A.“ (§ 20l Abs. 4 Satz 4 BKAG) erweist sich im Ergebnis als rechtmäßig. Zwar sind die Gründe des Beschlusses fehlerhaft, weil sie sich nicht zu der angeordneten Maßnahme, sondern zur Verlängerung der Observation des Beschwerdeführers S. verhalten. Mit Blick auf die - wie bereits dargestellt - nach der damaligen Rechtslage gesetzlich nicht vorgesehene Pflicht zur Begründung von Anordnungen der Telekommunikationsüberwachung führt dies für sich genommen aber noch nicht zur Rechtswidrigkeit der Anordnung.

Die Voraussetzungen für die Überwachung dieser Telekommunikationsanschlüsse lagen im Zeitpunkt des Erlasses der richterlichen Anordnung vor. Insbesondere war zu erwarten, dass K. das Internetcafe - wie schon in der Vergangenheit - weiterhin gezielt aufsuchen könnte, um von dort Kontakt mit anderen Al Qaida-Mitgliedern aufzunehmen und für die Durchführung des Anschlags erforderliche Internetrecherchen zu betreiben (§ 20l Abs. 1 Nr. 4 BKAG). Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen im Beschluss über die erstmalige Anordnung der Telekommunikationsüberwachung des „C. Center A.“ vom 20. Dezember 2010 und im Antrag des Bundeskriminalamts auf Anordnung der Überwachung der Telekommunikationsanschlüsse des „Cy. Cafe“ vom 16. März 2011. Die Abwehr der Anschlagspläne von K. wäre ohne die Überwachungsmaßnahme auch wesentlich erschwert gewesen. Insoweit ist auf obige Ausführungen zur Anordnung der Überwachung der Telekommunikation des „Cy. Cafes“ zu verweisen.

(dd) Ebenfalls rechtmäßig war die mit Beschluss des Amtsgerichts Wiesbaden vom 2. März 2011 (70 Gs 24/11) angeordnete Überwachung der - aufgrund späterer Erkenntnisse C. zuzuordnenden - Mobilfunknummer . Soweit das Amtsgericht in der Entscheidung als Ermächtigungsgrundlage § 20l Abs. 1 Nr. 4 BKAG aufgeführt hat, handelt es sich um ein offensichtliches Redaktionsversehen. Weder war in den Beschlussgründen dargelegt, dass K. oder S. gemäß den Vorgaben des § 20l Abs. 1 Nr. 4 BKAG diesen Anschluss nutzen könnten, noch war dies aufgrund des sonstigen Erkenntnisstandes anzunehmen. Aus den in dem Beschluss genannten Gründen war vielmehr die Annahme gerechtfertigt, dass es sich bei dem Nutzer der Nummer um einen Nachrichtenmittler von K. und S. handeln könnte (§ 20l Abs. 1 Nr. 3 BKAG). Dies gilt auch mit Blick auf die gebotene verfassungskonforme Auslegung, wonach der Nachrichtenmittler von der Zielperson gezielt in die Tatausführung eingebunden wird und deshalb eine besondere Gefahrennähe aufweist (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 u.a., BVerfGE 141, 220, 310 f.). Hierfür sprach das auffällige Kommunikationsverhalten von K. und S. mit dem im Zeitpunkt der Anordnung noch unbekannten Nutzer der Nummer, wie es im Antrag des Bundeskriminalamts vom 28. Februar 2011 und in dem Vermerk vom 29. März 2011 über die Auswertung der retrograden Verkehrsdaten zur Nummer niedergelegt ist.

(c) Auch vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich unzulässigen Rundumüberwachung (s. hierzu BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 2 BvR 966/09 u.a., BVerfGE 141, 220, 317 f. mwN; BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 104 ff.) begegnen die von dem Bundeskriminalamt durchgeführten präventivpolizeilichen Überwachungsmaßnahmen - wie bereits vom Oberlandesgericht in seinem Beschluss vom 5. September 2013 (Anl. 2 zum Hauptverhandlungsprotokoll) ausgeführt - keinen Bedenken.

cc) Aufgrund der am 19. April 2011 bestehenden Beweislage waren die Beschwerdeführer jedenfalls verdächtig, K. bei seinen im Auftrag von AlQaida durchgeführten Anschlagsvorbereitungen und damit zugleich eine ausländische terroristische Vereinigung unterstützt zu haben (§ 129a Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz 2 StGB). Auch bei der Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung handelt es sich um eine Katalogtat im Sinne von § 100a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d StPO. Angesichts dessen kann auch in diesem Zusammenhang offenbleiben, ob die vorhandenen Ermittlungsergebnisse zum vorgenannten Zeitpunkt bereits ausreichend valide den Verdacht stützten, dass die Beschwerdeführer selbst als Mitglieder der Vereinigung an den Planungen und Vorbereitungen mitwirkten.

b) Die weiteren Voraussetzungen des § 100a StPO lagen bei den angegriffenen Anordnungen der Überwachung der Telekommunikation ebenfalls vor.

Insbesondere fällt unter den Begriff der „Telekommunikation“ auch die Nutzung des Internets im Wege der Internettelefonie, des E-Mail-Verkehrs oder allgemein des „Surfens“ (BVerfG, Beschluss vom 6. Juli 2016 - 2 BvR 1454/13, NJW 2016, 3508), weshalb neben der Überwachung der Telefongespräche der Beschwerdeführer auch die Überwachung der E-Mail-Accounts des Beschwerdeführers C. (Beschlüsse vom 20. April 2011 - 2 BGs 161/11, 2 BGs 162/11) durch § 100a Abs. 1 StPO gedeckt war.

Angesichts der im Fall eines erfolgreichen Anschlags nicht abzusehenden Anzahl an Geschädigten und der für diese zu erwartenden schweren Folgen wog die Tat zudem für beide Beschwerdeführer schwer (§ 100a Abs. 1 Nr. 2 StPO). Die Maßnahmen waren zur Sachverhaltsaufklärung auch geeignet und erforderlich, weil insbesondere die Einzelheiten zu dem geplanten Anschlag unbekannt waren, diese Umstände jedoch den Schuldgehalt der Taten maßgeblich bestimmten. Ohne die weitere Telekommunikationsüberwachung wäre die Erforschung des Sachverhalts wesentlich erschwert gewesen.

Als Beschuldigte waren die Beschwerdeführer auch taugliche Adressaten der Maßnahmen (§ 100a Abs. 3 StPO). Soweit sich die Maßnahmen nicht unmittelbar gegen die Beschwerdeführer richteten und S. von ihnen nur mittelbar betroffen war (Beschlüsse vom 19. April 2011 - 2 BGs 158/11 und vom 23. April 2011 - 2 BGs 179/11), lagen die Voraussetzungen des § 100a Abs. 3 StPO ebenfalls vor. Die ermittlungsrichterlichen Anordnungen bezogen sich insoweit auf die Überwachung der Telefonanschlüsse der in den Entscheidungen genannten Internetcafes. Aus den bereits zur Überwachung der Internetcafes „Cy. Cafe“ und „C. Center A.“ dargelegten Gründen war damit zu rechnen, dass zumindest K. die Internetcafes weiterhin aufsuchen würde, um seine Anschlagspläne zu verwirklichen. Soweit die Anordnung des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 20. April 2011 - 2 BGs 169/11 auf den Anschluss der Mutter des Beschwerdeführers C. gerichtet war, lagen aus den in der Entscheidung dargelegten Gründen ebenfalls zureichende Anhaltspunkte dafür vor, dass K. diesen Anschluss nutzte (§ 100a Abs. 3 StPO).

c) Die Art und Weise des Vollzugs der auf Grundlage von § 100a StPO ergangenen Anordnungen zur Überwachung der Telekommunikation ist über die bereits von dem Oberlandesgericht festgestellten Mängel im Benachrichtigungsverfahren hinaus nicht zu beanstanden. Auch die Beschwerdeführer haben insoweit keine Tatsachen vorgebracht.

2. Auch die gegen die Beschwerdeführer gerichteten Anordnungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs bezüglich der längerfristigen Observation (§ 163f StPO, Beschluss vom 19. April 2011 - 2 BGs 149/11), der technischen Ermittlungsmaßnahmen bei Mobilfunkendgeräten (§ 100i Abs. 1 81 82 83 Nr. 1 StPO, Beschluss vom 19. April 2011 - 2 BGs 152/11), der akustischen Überwachung außerhalb von Wohnraum (§ 100f Abs. 1 StPO, Beschluss vom 20. April 2011 - 2 BGs 160/11) und der Erhebung von Verkehrsdaten (§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO aF, Beschluss vom 6. Mai 2011 - 2 BGs 223/11) sowie der Anordnung des Generalbundesanwalts vom 21. April 2011 hinsichtlich des Herstellens von Bildaufnahmen und des Verwendens technischer Mittel für Observationszwecke (§ 100h Abs. 1 StPO) waren rechtmäßig.

a) Bei dem gegen die Beschwerdeführer bestehenden Verdacht der Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung (§ 129a Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz 2 StGB) handelte es sich im Sinne sämtlicher Ermächtigungsgrundlagen um eine Katalogtat nach § 100a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d StPO oder um eine erhebliche Straftat, die auch im Einzelfall schwer wog. Sämtliche Maßnahmen waren verhältnismäßig und erfüllten die Anforderungen an die jeweils bestehenden Subsidiaritätsklauseln. Wegen der Einzelheiten zum Tatverdacht, zur Schwere der Taten und zur Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen gelten die Erwägungen zu den Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung entsprechend; ergänzend nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen in den angegriffenen Beschlüssen. Die vorstehend aufgeführten Anordnungen waren zudem - soweit erforderlich - entsprechend den gesetzlichen Voraussetzungen befristet.

b) Die gegen den Beschwerdeführer C. nach § 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO aF angeordnete Verkehrsdatenerhebung erweist sich auch im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die sogenannte Vorratsdatenspeicherung (vgl. BVerfG, Urteil vom 2. März 2010 - 1 BvR 256/08 u.a., BVerfGE 125, 260) als rechtmäßig. Die richterliche Anordnung beschränkte sich auf die bei dem Telefonanbieter gemäß §§ 96 ff. TKG gespeicherten Daten und bezog sich nicht auf die verfassungsrechtlich bedenkliche Vorhaltung von Verkehrsdaten gemäß § 113a TKG aF. Einer Befristung der richterlichen Anordnung bedurfte es entgegen § 100g Abs. 2 Satz 1 aF, § 100b Abs. 1 Satz 4 StPO nicht, weil sich diese lediglich auf die Mitteilung von in der Vergangenheit erhobenen Daten richtete (vgl. KK/Bruns, StPO, 7. Aufl., § 100g Rn. 11).

c) Auch die Art und Weise des Vollzugs der vorstehend genannten Ermittlungsmaßnahmen ist über die bereits vom Oberlandesgericht festgestellten Mängel im Benachrichtigungsverfahren hinaus nicht zu beanstanden.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 742

Externe Fundstellen: BGHSt 62, 22 ; NJW 2017, 2631 ; StV 2018, 72

Bearbeiter: Christian Becker