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HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 936

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 206/21, Beschluss v. 13.07.2021, HRRS 2021 Nr. 936


BGH 3 StR 206/21 - Beschluss vom 13. Juli 2021 (LG Wuppertal)

Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen (Maßgeblichkeit des tatsächlich Erlangten; keine Namensnennung erforderlich bei Kennzeichnung der gesamtschuldnerischen Haftung).

§ 73 StGB; § 73c StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Der Einziehung des Wertes von Taterträgen unterliegt nach § 73c Satz 1 StGB ein Geldbetrag, der dem Wert des vom betreffenden Täter oder Teilnehmer selbst tatsächlich Erlangten entspricht. Ohne Bedeutung ist demgegenüber, ob er noch mehr erlangen wollte oder sollte.

2. Beim Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen ist die Kennzeichnung einer etwaigen gesamtschuldnerischen Haftung des Angeklagten für den gegen ihn festgesetzten Einziehungsbetrag in der Urteilsformel geboten, um das mehrfache Einziehen der Taterträge zu verhindern. Einer namentlichen Benennung des anderen Gesamtschuldners in der Entscheidungsformel bedarf es indes nicht.

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten M. wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 25. Februar 2021 im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen

dahin geändert, dass hinsichtlich dieses Angeklagten die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 700 € angeordnet wird, sowie

dahin ergänzt, auch soweit es den Mitangeklagten Z. betrifft, dass die Angeklagten in Höhe von 700 € als Gesamtschuldner haften.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in zwei Fällen zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Ein Mitangeklagter ist vom Landgericht ebenfalls des schweren Raubes in zwei Fällen schuldig gesprochen worden; gegen ihn hat es eine Jugendstrafe von zwei Jahren verhängt und deren Vollstreckung gleichfalls zur Bewährung ausgesetzt. Zudem hat das Landgericht die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet, und zwar gegen den Angeklagten in Höhe von 835 € und gegen den Mitangeklagten in Höhe von 970 €.

Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat zum Ausspruch über die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen geringen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen gegen den Angeklagten gemäß § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB ist nur in Höhe von 700 € rechtsfehlerfrei.

a) Ausweislich der Feststellungen reichte der Mitangeklagte von der zunächst durch ihn allein vereinnahmten Tatbeute - 970 € Bargeld - einen Teilbetrag in Höhe von 700 € an den Angeklagten weiter, den dieser verabredungsgemäß zur Tilgung gemeinsamer Schulden bei einem Dritten verwenden wollte. Die Hälfte der restlichen Tatbeute (135 €) sollte der Angeklagte zu einem späteren Zeitpunkt vom Mitangeklagten erhalten. Hierzu kam es jedoch nicht.

b) Der Einziehung des Wertes von Taterträgen unterliegt nach § 73c Satz 1 StGB ein Geldbetrag, der dem Wert des vom betreffenden Täter oder Teilnehmer selbst tatsächlich Erlangten entspricht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Januar 2021 - 1 StR 455/20, wistra 2021, 201 Rn. 3 f.; vom 11. Juni 2020 - 5 StR 154/20, juris Rn. 3; vom 21. August 2018 - 2 StR 311/18, NStZ 2019, 20 Rn. 8 mwN; Urteil vom 18. Juli 2018 - 5 StR 645/17, NStZ-RR 2018, 278, 279; Fischer, StGB, 68. Aufl., § 73 Rn. 29 f. mwN). Ohne Bedeutung ist demgegenüber, ob er noch mehr erlangen wollte oder sollte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. Januar 2019 - 2 StR 212/18, juris Rn. 23; vom 21. Oktober 2008 - 4 StR 437/08, NStZ 2010, 85; vom 18. Oktober 2000 - 3 StR 393/00, NStZ-RR 2001, 82; Fischer, StGB, 68. Aufl., § 73 Rn. 13, 26 mwN). Daher ist die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen hinsichtlich des Angeklagten - in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO - auf 700 € zu reduzieren.

2. Der Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen ist zudem - gleichfalls in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO - zugunsten des Angeklagten dahin zu ergänzen, dass er als Gesamtschuldner haftet. Aus den Urteilsgründen ergibt sich, dass der Angeklagte und der Mitangeklagte über einen Teilbetrag der Tatbeute in Höhe von 700 € faktische Verfügungsgewalt erlangten. Daher ist eine Kennzeichnung der gesamtschuldnerischen Haftung des Angeklagten für den gegen ihn festgesetzten Einziehungsbetrag in der Urteilsformel geboten, um das mehrfache Einziehen der Taterträge zu verhindern (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Januar 2021 - 3 StR 428/20, wistra 2021, 238 Rn. 2; vom 10. November 2020 - 3 StR 308/20, juris Rn. 3; vom 13. Oktober 2020 - 3 StR 289/20, juris Rn. 5; vom 19. September 2020 - 3 StR 354/19, juris Rn. 2). Der namentlichen Benennung des anderen Gesamtschuldners in der Entscheidungsformel bedarf es nicht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2021 - 3 StR 486/20, juris Rn. 14; vom 12. Januar 2021 - 3 StR 428/20, wistra 2021, 238 Rn. 2; vom 10. November 2020 - 3 StR 308/20, juris Rn. 3).

3. Die Anordnung der gesamtschuldnerischen Haftung ist in Höhe des von beiden Angeklagten erlangten Teilbetrages von 700 € gemäß § 357 Satz 1 StPO auf den Mitangeklagten zu erstrecken. Denn das einen sachlich-rechtlichen Mangel begründende Fehlen der Anordnung gesamtschuldnerischer Haftung für diesen Teil der Tatbeute betrifft auch ihn (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2021 - 3 StR 486/20, juris Rn. 15; vom 8. September 2020 - 6 StR 222/20, juris Rn. 2; vom 8. Juli 2020 - 2 StR 538/19, juris Rn. 9; vom 28. April 2020 - 3 StR 104/20, juris Rn. 4; vom 28. Januar 2020 - 4 StR 599/19, juris; vom 4. November 2014 - 1 StR 474/14, StraFo 2015, 22).

4. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

5. Angesichts des geringen Teilerfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 936

Bearbeiter: Christian Becker