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HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 268

Bearbeiter: Christoph Henckel

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 455/20, Beschluss v. 13.01.2021, HRRS 2021 Nr. 268


BGH 1 StR 455/20 - Beschluss vom 13. Januar 2021 (LG Karlsruhe)

Einziehung von Taterträgen (Begriff des Erlangens: erforderliche Mitverfügungsgewalt, mittäterschaftliche Tatbeteiligung an sich nicht ausreichend).

§ 73 Abs. 1 StGB; § 25 Abs. 2 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Allein die mittäterschaftliche Tatbeteiligung belegt für sich betrachtet keine tatsächliche Verfügungsgewalt im Sinne von § 73 StGB. Einem Tatbeteiligten kann die Gesamtheit des aus der Tat Erlangten mit der Folge einer gesamtschuldnerischen Haftung nur dann zugerechnet werden, wenn sich die Beteiligten einig sind, dass jedem die Mitverfügungsgewalt hierüber zukommen soll, und er diese auch tatsächlich hatte. Dabei genügt es, dass der Tatbeteiligte zumindest faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt über den Vermögensgegenstand erlangte. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn er im Sinne eines rein tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses ungehinderten Zugriff auf den betreffenden Vermögensgegenstand nehmen konnte.

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 20. Juli 2020, soweit es diesen Angeklagten betrifft, im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen aufgehoben; die Einziehung entfällt.

Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten und dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Darüber hinaus hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 300 € angeordnet.

Die Revision des Angeklagten, die auf die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen beschränkt wurde, hat mit der Sachrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).

Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift Folgendes ausgeführt:

„Das Rechtsmittel hat Erfolg, da die Einziehungsentscheidung durchgreifenden Bedenken begegnet.

Allein die mittäterschaftliche Tatbeteiligung belegt für sich betrachtet keine tatsächliche Verfügungsgewalt im Sinne von § 73 StGB. Einem Tatbeteiligten kann die Gesamtheit des aus der Tat Erlangten mit der Folge einer gesamtschuldnerischen Haftung nur dann zugerechnet werden, wenn sich die Beteiligten einig sind, dass jedem die Mitverfügungsgewalt hierüber zukommen soll, und er diese auch tatsächlich hatte. Dabei genügt es, dass der Tatbeteiligte zumindest faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt über den Vermögensgegenstand erlangte. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn er im Sinne eines rein tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses ungehinderten Zugriff auf den betreffenden Vermögensgegenstand nehmen konnte (BGH, Beschluss vom 11. Juni 2020 - 5 StR 154/20, Rn. 3 mwN).

Daran fehlt es hier. Denn faktische und wirtschaftliche Verfügungsgewalt über die nach dem gemeinsamen Tatplan der Angeklagten entwendeten 300 Euro hatte allein der nicht revidierende Mitangeklagte K. (UA S. 19). Über eine spätere Aufteilung der Beute konnte das Landgericht keine Feststellungen treffen (UA S. 24).“

Dem schließt sich der Senat an.

HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 268

Externe Fundstellen: StV 2021, 708

Bearbeiter: Christoph Henckel