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HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 347

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 364/18, Urteil v. 17.12.2019, HRRS 2020 Nr. 347


BGH 1 StR 364/18 - Urteil vom 17. Dezember 2019 (LG Landshut)

Verbotsirrtum (Unvermeidbarkeit bei Einholung von Rechtsrat: Anforderungen an die Auskunftsperson, keine generelle Vertrauenswürdigkeit der Auskunft eines Rechtsanwalts, nur ausnahmsweise Unvermeidbarkeit bei unrichtigen Auskünften unzuständiger Behörden); Unterbrechung der Verjährung (kein Entfallen der Unterbrechungswirkung bei Rücknahme der Anklage); bandenmäßige unerlaubte Ausfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Vorliegen einer nicht geringen Menge: keine Zusammenrechnung von Wirkstoffmengen bei Tateinheit, keine Übertragung der Grundsätze zur Bewertungseinheit).

§ 17 StGB; § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StGB; § 30a Abs. 1 Variante 3 BtMG; § 52 Abs. 1 StGB; § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG

Leitsätze des Bearbeiters

1. Unvermeidbar ist ein Verbotsirrtum erst dann, wenn der Täter alle seine geistigen Erkenntniskräfte eingesetzt und etwa aufkommende Zweifel durch Nachdenken oder erforderlichenfalls durch Einholung verlässlichen und sachkundigen Rechtsrats beseitigt hat. Dabei müssen sowohl die Auskunftsperson als auch die Auskunft aus der Sicht des Täters verlässlich sein; die Auskunft selbst muss zudem einen unrechtsverneinenden Inhalt haben. Eine Auskunft ist in diesem Sinne nur dann verlässlich, wenn sie objektiv, sorgfältig, verantwortungsbewusst und insbesondere nach pflichtgemäßer Prüfung der Sach- und Rechtslage erteilt worden ist. Bei der Auskunftsperson ist dies der Fall, wenn sie die Gewähr für eine diesen Anforderungen entsprechende Auskunftserteilung bietet, sie muss insbesondere sachkundig und unvoreingenommen sein und mit der Erteilung der Auskunft keinerlei Eigeninteresse verfolgen. Zudem darf der Täter nicht vorschnell auf die Richtigkeit eines ihm günstigen Standpunkts vertrauen und seine Augen nicht vor gegenteiligen Ansichten und Entscheidungen verschließen. Maßgebend sind die jeweils konkreten Umstände, insbesondere seine Verhältnisse und Persönlichkeit; daher sind zum Beispiel sein Bildungsstand, seine Erfahrung und seine berufliche Stellung zu berücksichtigen.

2. Der Rat eines Rechtsanwalts ist nicht ohne weiteres bereits deshalb vertrauenswürdig, weil er von einer kraft ihrer Berufsstellung vertrauenswürdigen Person erteilt worden ist. Maßgebend ist vielmehr, ob der Rechtsrat - aus der Sicht des Anfragenden - nach eingehender sorgfältiger Prüfung erfolgt und von der notwendigen Sachkenntnis getragen ist. Auskünfte, die erkennbar vordergründig und mangelhaft sind, können den Täter nicht entlasten. Vielmehr muss der Beratende eine vollständige Kenntnis von allen tatsächlich gegebenen, relevanten Umständen haben. Insbesondere bei komplexen Sachverhalten und erkennbar schwierigen Rechtsfragen ist regelmäßig ein detailliertes, schriftliches Gutachten erforderlich, um einen unvermeidbaren Verbotsirrtum zu begründen.

3. Unzutreffende Auskünfte unzuständiger Behörden können nur dann zur Unvermeidbarkeit des Irrtums führen, wenn sich für den Täter die fehlende Zuständigkeit und Beurteilungskompetenz nicht aufdrängt.

4. Durch die Rücknahme der Anklage entfällt nicht die Unterbrechungswirkung der Anklageerhebung nach § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 6.

5. Eine Zusammenrechnung von Wirkstoffmengen kommt nur bei Annahme einer Bewertungseinheit in Betracht, nicht hingegen bei mehrfachen, aber tateinheitlich zusammentreffenden Verstößen gegen dasselbe Gesetz (§ 52 Abs. 1 Alternative 2 StGB). Nur bei Annahme von Bewertungseinheit wäre von einem einzigen Fall auszugehen Allein diese Unterscheidung zwischen Bewertungseinheit und tateinheitlicher Begehung im Sinne des § 52 Abs. 1 Alternative 2 StGB trägt dem Grundsatz Rechnung, dass der Regelungsgehalt der §§ 52, 53 StGB vornehmlich die Strafenbildung betrifft und daher zum Auslegen von Tatbestands- oder Qualifikationsmerkmalen grundsätzlich nichts beiträgt (vgl. BGHSt 49, 177, 186).

6. Die Grundsätze, die für die Tatbestandsvariante des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 1 Variante 3, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) gelten und etwa zur Bewertungseinheit führen, wenn die weiter zu veräußernden Betäubungsmittel aus einem einheitlichen Erwerbsvorgang stammen oder zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat vereint werden (st. Rspr.), sind nicht auf die Tathandlungen der Ausfuhr zu übertragen.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 12. Februar 2018, soweit es ihn betrifft,

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der unerlaubten Ausfuhr von Betäubungsmitteln schuldig ist;

b) im gesamten Strafausspruch aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten und die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das vorgenannte Urteil werden verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

4. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßiger unerlaubter Ausfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 19 Fällen und wegen unerlaubter Ausfuhr von Betäubungsmitteln in 7.129 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt; hierzu hat es bestimmt, dass drei Monate wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung als vollstreckt gelten. Die gegen seine Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet, hat mit der Sachrüge den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Sein weitergehendes Rechtsmittel ist ebenso wie die auf das Strafmaß beschränkte und vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Revision der Staatsanwaltschaft unbegründet.

I.

Nach den Feststellungen des Landgerichts ließ sich der Angeklagte, ein Apotheker in W., in einen von den rechtskräftig verurteilten vormaligen Mitangeklagten H., F., K. u.a. ersonnenen Versandhandel einspannen, in welchem über das Internet bestellte verschreibungspflichtige Medikamente mit den Wirkstoffen Alprazolam, Amfepranon, Bromazepan, Clonazepam, Diazepam, Lorazepam, Nitrazepam, Oxazepam, Temazepam, Tetrazepam oder Zolpidem an Kunden aus dem Ausland, vorwiegend aus den USA, geliefert wurden. Diese Wirkstoffe können eine Abhängigkeitserkrankung verursachen. Über eine für die Ausfuhr nach dem Betäubungsmittelgesetz erforderliche Erlaubnis verfügte niemand aus der Gruppierung. Rechtsanwalt D. hatte den Angeklagten an H. vermittelt und ihm mitgeteilt, das Vertriebssystem sei von anderen Rechtsanwälten geprüft. Dazu zeigte er dem Angeklagten mehrere Blätter, die er als Gutachten bezeichnete, ohne sie ihm aber zum Lesen zu überlassen. Zudem erhielt der Angeklagte von der Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz die telefonische Auskunft, gegen den Versand von Medikamenten ins Ausland auf der Grundlage von Rezepten bestünden keine Bedenken.

Vier in die Vertriebsstruktur eingebundene Ärzte stellten per Ferndiagnose die Rezepte aus und achteten insbesondere darauf, dass in Bezug auf den jeweiligen Kunden die Höchstdosis gemessen an einem Zeitraum von drei Monaten nicht überschritten wurde. Der Angeklagte und andere Apotheker wie etwa die nichtrevidierende Mitangeklagte G. in anderen Versandfällen ließen von ihren Angestellten anhand der elektronisch versandten Rezepte die Medikamente zusammenstellen, verpacken und verschicken; dabei prüften die Mitarbeiter auf Anweisung des Angeklagten, ob der betreffende Kunde innerhalb des Quartals bereits Medikamente bezogen hatte und dessen zulässiges Kontingent mithin ausgeschöpft war. Kamen sie zu einem solchen Ergebnis, führte die Apotheke die Lieferung nicht aus, sondern ‚gab das Rezept in das System zurück‘. Auf diese Weise versandten die Angestellten des Angeklagten im Zeitraum vom 4. Juni 2007 bis zum 6. August 2008 in 7.129 Fällen Tabletten mit den genannten Wirkstoffen ins Ausland. Der Angeklagte stellte seine Medikamentenlieferungen der die Webseiten betreibenden A. AG in Rechnung, wobei er nur die übliche geringe Spanne zwischen Einkaufsund Apothekenverkaufspreis in Höhe von ca. einem bis zwei Prozent als Gewinn erzielte. An den von der A. AG nach deren Abrechnung gegenüber den Kunden vereinnahmten erheblichen Gewinnen hatte er keinen Anteil.

Bei 19 überwiegend an verschiedenen Tagen im Zeitraum vom 9. November 2007 bis 5. Mai 2008 vorgenommenen Lieferungen überstiegen die auf Veranlassung des Angeklagten ins Ausland versandten Medikamente mit den Wirkstoffen Alprazolam, Diazepam, Lorazepam, Tetrazepam oder Oxazepam die - mit den Urteilen des Bundesgerichtshofs vom 2. November 2010 - 1 StR 581/09 Rn. 48 ff. (BGHSt 56, 52) und 1 StR 579/09 Rn. 36 ff. auf der Grundlage einer noch nicht missbräuchlichen Tagesdosis zwischen zwei und 120 Milligramm multipliziert mit einer noch zulässigen Einnahmedauer von 60 Tagen bestimmten - Grenzen zur nicht geringen Menge.

II.

1. Das Urteil hält der auf die Sachrüge des Angeklagten vorzunehmenden Überprüfung hinsichtlich des Tatvorsatzes bezüglich des Qualifikationsmerkmals der nicht geringen Menge und in den Konkurrenzen nicht stand. Im Übrigen bleibt die Revision des Angeklagten erfolglos.

a) In den 19 Fällen der unerlaubten bandenmäßigen Ausfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 1 Variante 5 BtMG) unterfallen die Versendungen der verschreibungspflichtigen Medikamente als sognannte ausgenommene Zubereitungen wegen Fehlens einer Erlaubnis (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 BtMG) und Genehmigung (§ 11 Abs. 1 Satz 1 BtMG) dem strafbewehrten Ausfuhrverbot (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Variante 5, § 2 Abs. 1 Nr. 2, 3, § 1 Abs. 1 BtMG mit Anlage III zweiter Gedankenstrich Buchst. b Satz 2). Die vom Bundesgerichtshof über zwei Jahre nach Ende der Tatserie bestimmten Grenzwerte (Urteile vom 2. November 2010 - 1 StR 581/09, BGHSt 56, 52 Rn. 48 ff. und 1 StR 579/09 Rn. 36 ff.) sind in diesen Einzelgeschäften überschritten. Indes hat das Landgericht einen entsprechenden Tatvorsatz des Angeklagten nicht tragfähig belegt (dazu unter aa)). Ein solcher Vorsatz lässt sich auch nicht auf die gebotene Zusammenfassung der 7.148 Einzelfälle als tateinheitlich begangen (§ 52 Abs. 1 Alternative 2 StGB) stützen (dazu unter bb)). Der Senat kann daher offenlassen, ob eine Inbegriffsrüge (§ 261 StPO), mit welcher der Angeklagte in den 19 Qualifikationsfällen den Widerspruch zwischen Urteilsinhalt und der verlesenen E-Mail einer ausgebliebenen Zeugin beanstandet, ebenfalls zum Erfolg geführt hätte. Im Einzelnen:

aa) Auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe sind keine Feststellungen zum Tatvorsatz bezüglich des Überschreitens der nicht geringen Menge auf hierfür tragfähiger Beweisgrundlage zu entnehmen.

(1) In den Feststellungen zum Sachverhalt unter III. des Urteils fehlen die erforderlichen Ausführungen zur subjektiven Tatseite.

(2) Erst in der rechtlichen Würdigung (UA S. 348) wird ein bedingter Vorsatz mit dem dem Angeklagten bewussten Risiko begründet, die Rechtsprechung könne die Grenze zur nicht geringen Menge niedriger und strenger als an einem dreimonatigen Zeitraum bemessen ansetzen; das Ãœberschreiten habe der Angeklagte billigend in Kauf genommen, da ihm der gewinnbringende Versand wichtiger gewesen sei. Diese allgemeine Erwägung gibt jedoch nicht die Vorstellungen des Angeklagten bezüglich der ?Qualität? der Zubereitungen wieder (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juni 1983 - 3 StR 163/83 Rn. 2): Entscheidend ist nach den durch die Urteile des Bundesgerichtshofs vom 2. November 2010 - 1 StR 581/09 Rn. 32 ff. (BGHSt 56, 52) und 1 StR 579/09 Rn. 29 ff. aufgestellten Grundsätzen, welches Potential für eine Abhängigkeitserkrankung die Medikamente in sich bargen und mithin ab welcher Dauer die Einnahme die Gefahr des schädlichen Missbrauchs mit sich brachte. Mit diesem tatsächlichen Bezugspunkt für einen Vorsatz (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2016 - 1 StR 366/16 Rn. 17; OLG Nürnberg, Beschluss vom 4. April 2016 - 2 OLG 8 Ss 173/15 Rn. 59) hätte sich das Landgericht auseinandersetzen müssen. So aber fehlt eine Begründung, warum der Angeklagte bei einer Berechnung anhand eines dreimonatigen Zeitraums einen schädlichen Missbrauch zumindest für möglich hielt und sich damit abfand.

(3) Der Angeklagte hat sich dahin eingelassen, er habe in seiner Praxis - abweichend von der im Vertriebssystem vorgegebenen Prüfung der Höchstdosis anhand eines Zeitraums von drei Monaten - ?durch entsprechende Listen? bestimmt, dass seine Mitarbeiter bei Berechnung des noch zulässigen Lieferumfangs eine Grenze von nur sechs Wochen zugrunde zu legen hätten. Die für sich genommen rechtsfehlerfreie Widerlegung dieser Einlassung mit den Erwägungen, der Angeklagte habe zum einen die Listen nicht genauer umschreiben können, zum anderen sei er davon abgerückt, erhellt indes nicht das Vorstellungsbild des Angeklagten bezüglich des schädlichen Risikos eines dreimonatigen Zeitraums. Allein damit hat das Landgericht seine Ãœberzeugung (§ 261 StPO) vom Tatvorsatz nicht dargelegt. Das Widerlegen der Einlassung eines Angeklagten hat nur einen begrenzten Beweiswert, weil auch ein unschuldiger Angeklagter durch eine Lüge sich besser zu verteidigen glauben kann (BGH, Urteil vom 5. Juli 1995 - 2 StR 137/95, BGHSt 41, 153, 156; Beschlüsse vom 18. Mai 2017 - 2 StR 473/16 Rn. 10; vom 30. September 2015 - 1 StR 445/15 Rn. 15; vom 16. Dezember 2010 - 4 StR 508/10 Rn. 3 und vom 17. Mai 2000 - 3 StR 161/00 Rn. 8).

bb) Der Qualifikationstatbestand der bandenmäßigen unerlaubten Ausfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge lässt sich auch nicht damit begründen, dass - im Wege des uneigentlichen Organisationsdelikts - sämtliche 7.148 Einzelgeschäfte dem Angeklagten als tateinheitlich begangen (§ 52 Abs. 1 Alternative 2 StGB) zuzurechnen sind; denn dies führt nicht zur Zusammenrechnung der jeweiligen Menge aus den 7.148 Einzellieferungen. Im Einzelnen:

(1) Bei Zusammenarbeit mehrerer Beteiligter innerhalb einer Tatserie bestimmt sich die Zahl der rechtlichen Handlungen im Sinne von § 53 Abs. 1 StGB für jeden Täter grundsätzlich nach der Anzahl seiner eigenen Handlungen zur Verwirklichung der Einzeldelikte. Leistet der Täter zu einzelnen Taten selbst nicht unmittelbar einen individuellen Tatbeitrag, sondern erschöpft sich seine Mitwirkung daran im Aufbau und in der Aufrechterhaltung des auf die Straftaten ausgerichteten ?Geschäftsbetriebs?, sind diese Taten als - uneigentliches - Organisationsdelikt zu einer einheitlichen Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen (st. Rspr.; BGH, Urteile vom 17. Juni 2004 - 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 183 f. und vom 24. Oktober 2018 - 5 StR 477/17 Rn. 24; Beschlüsse vom 6. Dezember 2018 - 1 StR 186/18 Rn. 5; vom 31. Juli 2018 - 3 StR 620/17 Rn. 22; vom 29. November 2017 - 5 StR 335/17 Rn. 7; vom 29. November 2016 - 3 StR 291/16 Rn. 12 und vom 3. März 2016 - 4 StR 134/15 Rn. 12).

Dass der Angeklagte jedes einzelne der 7.148 Rezepte kontrollierte und jede Lieferung freigab, ist nicht festgestellt (vgl. insbesondere UA S. 10), auch nicht unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Urteilsgründe. Vielmehr legt die Wiedergabe der Aussage des Zeugen B. (UA S. 346) nahe, dass die Angestellten im Rahmen der generellen Weisungen des Angeklagten als ihres Arbeitgebers die Rezepte eigenständig prüften und die Medikamentenlieferungen zusammenstellten sowie nur bei Zweifeln über den noch zulässigen Lieferumfang beim Angeklagten nachfragten.

(2) Das gebotene Zusammenfassen der Einzelgeschäfte zu einer einheitlich begangenen Tat in 7.148 Fällen führt nicht dazu, dass die Mengen aus den Versendungen zusammenzurechnen wären. Insoweit gilt:

(2.1) Eine solche Zusammenrechnung käme nur bei Annahme einer Bewertungseinheit zwischen den 7.148 Ausfuhrgeschäften in Betracht, nicht hingegen bei mehrfachen, aber tateinheitlich zusammentreffenden Verstößen gegen dasselbe Gesetz (§ 52 Abs. 1 Alternative 2 StGB). Nur bei Annahme von Bewertungseinheit wäre von einem einzigen Fall auszugehen (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2017 - 3 StR 487/16 Rn. 4-7; Kudlich, JR 2018, 659, 660; Weber, BtMG, 5. Aufl., § 29a Rn. 171; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 24. Juli 2018 - 3 StR 88/17 Rn. 6 und vom 5. August 2014 - 3 StR 340/14 Rn. 7; Urteil vom 17. April 2014 - 3 StR 84/14 Rn. 11; siehe aber auch BGH, Beschluss vom 3. September 2015 - 3 StR 236/15 Rn. 21). Allein diese Unterscheidung zwischen Bewertungseinheit und tateinheitlicher Begehung im Sinne des § 52 Abs. 1 Alternative 2 StGB trägt dem Grundsatz Rechnung, dass der Regelungsgehalt der §§ 52, 53 StGB vornehmlich die Strafenbildung betrifft und daher zum Auslegen von Tatbestands- oder Qualifikationsmerkmalen grundsätzlich nichts beiträgt (BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 StR 344/03 Rn. 25, BGHSt 49, 177, 186).

(2.2) Die 7.148 Einzelgeschäfte sind nicht zu einer Bewertungseinheit zusammenzufassen. Denn die Grundsätze, die für die Tatbestandsvariante des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 1 Variante 3, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) gelten und etwa zur Bewertungseinheit führen, wenn die weiter zu veräußernden Betäubungsmittel aus einem einheitlichen Erwerbsvorgang stammen oder zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat vereint werden (st. Rspr.; BGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2017 - 3 StR 487/16 Rn. 4; vom 28. Mai 2018 - 3 StR 88/18 Rn. 6, BGHR BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 2 Konkurrenzen 6 und vom 3. September 2019 - 1 StR 300/19 Rn. 10), sind nicht auf die Tathandlungen der Ausfuhr zu übertragen. Denn die Ausfuhr der Zubereitungen ist nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Variante 5, § 2 Abs. 1 Nr. 2, 3, § 1 Abs. 1 BtMG i.V.m. Anlage III zweiter Gedankenstrich Buchst. b Satz 2 unter Strafe gestellt, aber nicht das unerlaubte Handeltreiben mit ihnen (BGH, Urteile vom 2. November 2010 - 1 StR 581/09, BGHSt 56, 52 Rn. 27 und 1 StR 579/09 Rn. 23).

(3) Aus dem gleichen Grund lässt sich der Vorsatz des Angeklagten bezüglich des Ãœberschreitens der nicht geringen Menge auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Besitzes darauf stützen, dass die Medikamente vor ihrer Ausfuhr zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat zusammengeführt wurden (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 24. Januar 2017 - 3 StR 487/16 Rn. 8). Da im Ãœbrigen die Betäubungsmittelmengen bei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen nicht zu addieren sind, kommt es für den Tatvorsatz auch nicht darauf an, ob der Angeklagte als Inhaber der Apotheke die Verfügungsgewalt über die verschiedenen Medikamente vor dem Versand zumindest zugleich ausübte, sich die tatbestandlichen Ausführungshandlungen mithin überschnitten (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 28. Mai 2018 - 3 StR 88/18 Rn. 7, BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 2 Konkurrenzen 6 und 3 StR 95/18 Rn. 6; vom 21. August 2018 - 3 StR 615/17 Rn. 10 und vom 5. Juni 2019 - 2 StR 287/18 Rn. 8).

cc) Insbesondere wegen des Zeitablaufs ist auszuschließen, dass weitergehende tragfähige Feststellungen zum Vorstellungsbild des Angeklagten bezüglich eines Missbrauchs bei zunehmender Einnahmedauer der Medikamente oder zu Einzelanweisungen möglich sind. Der Schuldspruch ist daher auf das Grunddelikt der unerlaubten Ausfuhr von Betäubungsmitten (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Variante 5 BtMG) und auf Tateinheit abzuändern (§ 354 Abs. 1 StPO analog). Der Senat sieht nach § 260 Abs. 4 Satz 5 StPO davon ab, die gleichartige Idealkonkurrenz in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Die Vorschrift des § 265 Abs. 1 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, da auszuschließen ist, dass sich der teilgeständige Angeklagte gegen die Änderung der Konkurrenzverhältnisse wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Diese Korrektur des Schuldspruchs zieht die Aufhebung des gesamten Strafausspruchs nach sich. Sämtliche Feststellungen bleiben aufrechterhalten, da sie von den aufgezeigten Rechtsfehlern nicht betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO). Das nunmehr zur Entscheidung berufene Tatgericht darf seiner Strafzumessung neue Feststellungen zugrundelegen, sofern sie den bisherigen nicht widersprechen.

b) Im Übrigen ist die Revision aus den Erwägungen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet. Der Schuldspruch wegen unerlaubter Ausfuhr von Betäubungsmitteln wird von den Feststellungen getragen.

aa) Davon, dass der Angeklagte, der den Versand bestimmte (vgl. dazu O?lakcio?lu, medstra 2016, 71, 76), wusste, dass die Zubereitungen dem Betäubungsmittelgesetz unterfielen (Prinzip der Positivliste; vgl. dazu BGH, Urteil vom 20. September 2017 - 1 StR 64/17, BGHSt 63, 11 Rn. 20 f. mwN), hat sich das Landgericht rechtsfehlerfrei vor allem aufgrund des Geständnisses überzeugt. Einem Tatbestandsirrtum (§ 16 Abs. 1 Satz 1 StGB) war er nicht unterlegen (vgl. BGH, Urteile vom 2. November 2010 - 1 StR 581/09, BGHSt 56, 52 Rn. 67; vom 7. März 1996 - 4 StR 742/95 Rn. 19-21, BGHR StGB § 17 Unrechtsbewusstsein 3 und vom 11. September 2002 - 1 StR 73/02 Rn. 12 f., BGHR AWG § 34 UN-Embargo 5; Beschlüsse vom 15. November 2012 - 3 StR 295/12 Rn. 3 und vom 23. August 2006 - 5 StR 105/06 Rn. 6; kritisch zur Differenzierung nach einem - hier einschlägigen - repressiven Verbot mit Befreiungsvorbehalt und einem präventiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt BGH, Urteil vom 18. Juli 2018 - 2 StR 416/16 Rn. 9 f., BGHR KWG § 54 Erlaubnispflichtigkeit 1).

bb) Zur Vermeidbarkeit des festgestellten Verbotsirrtums (§ 17 Satz 1 StGB) hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt:

?Unvermeidbar ist ein Verbotsirrtum erst dann, wenn der Täter alle seine geistigen Erkenntniskräfte eingesetzt und etwa aufkommende Zweifel durch Nachdenken oder erforderlichenfalls durch Einholung verlässlichen und sachkundigen Rechtsrats beseitigt hat. Dabei müssen sowohl die Auskunftsperson als auch die Auskunft aus der Sicht des Täters verlässlich sein; die Auskunft selbst muss zudem einen unrechtsverneinenden Inhalt haben. Eine Auskunft ist in diesem Sinne nur dann verlässlich, wenn sie objektiv, sorgfältig, verantwortungsbewusst und insbesondere nach pflichtgemäßer Prüfung der Sach- und Rechtslage erteilt worden ist. Bei der Auskunftsperson ist dies der Fall, wenn sie die Gewähr für eine diesen Anforderungen entsprechende Auskunftserteilung bietet, sie muss insbesondere sachkundig und unvoreingenommen sein und mit der Erteilung der Auskunft keinerlei Eigeninteresse verfolgen (Senat, Urteil vom 11.10.2012 - 1 StR 213/10, juris Rn. 70 mwN). Zudem darf der Täter nicht vorschnell auf die Richtigkeit eines ihm günstigen Standpunkts vertrauen und seine Augen nicht vor gegenteiligen Ansichten und Entscheidungen verschließen. Maßgebend sind die jeweils konkreten Umstände, insbesondere seine Verhältnisse und Persönlichkeit; daher sind zum Beispiel sein Bildungsstand, seine Erfahrung und seine berufliche Stellung zu berücksichtigen (vgl. Fischer, [StGB, 65. Aufl.,] § 17 Rdn. 8; vgl. etwa BGH, Urteil vom 20. November 1952 - 4 StR 850/51, BGHSt 4, 80, 86 [Rechtsanwalt]; BayObLG, Urteil vom 24. Februar 1972 - 8 St 1/72, BayObLGSt 1972, 52, 57 [Hersteller von Lebensmitteln]; BGH, Urteil vom 3. April 2008 - 3 StR 394/07, juris Rn. 38-42).

Gemessen an diesem Maßstab durfte die Kammer die vom Angeklagten entfalteten Bemühungen zur Klärung der Rechtslage als nicht ausreichend werten.

[1] Die Auskunft von Rechtsanwalt D. durfte der Angeklagte nicht als hinreichend verlässlich ansehen.

Der Rat eines Rechtsanwalts ist nicht ohne weiteres bereits deshalb vertrauenswürdig, weil er von einer kraft ihrer Berufsstellung vertrauenswürdigen Person erteilt worden ist. Maßgebend ist vielmehr, ob der Rechtsrat - aus der Sicht des Anfragenden - nach eingehender sorgfältiger Prüfung erfolgt und von der notwendigen Sachkenntnis getragen ist. Auskünfte, die erkennbar vordergründig und mangelhaft sind, können den Täter nicht entlasten. Vielmehr muss der Beratende eine vollständige Kenntnis von allen tatsächlich gegebenen, relevanten Umständen haben. Insbesondere bei komplexen Sachverhalten und erkennbar schwierigen Rechtsfragen ist regelmäßig ein detailliertes, schriftliches Gutachten erforderlich, um einen unvermeidbaren Verbotsirrtum zu begründen (Senat, Urteil vom 11. Oktober 2012 - 1 StR 213/10, juris Rn. 74).

Vorliegend teilte Rechtsanwalt D. dem Angeklagten lediglich mit, externe Rechtsanwälte hätten das Konzept geprüft. Zur Untermauerung dieser Behauptung zeigte er dem Angeklagten mehrere Blätter, ohne dem Angeklagten diese zum Lesen oder zum endgültigen Besitz zu überlassen (UA S. 11). Hier hätte sich von Seiten des Angeklagten sowohl die Nachfrage aufgedrängt, um welche Rechtsanwälte es sich handele, als auch die Bitte, die Dokumente lesen zu dürfen, um diese selbst zu überprüfen oder ggf. eine Überprüfung zu veranlassen. Auf den bloßen Hinweis ohne weitere Erläuterungen hingegen durfte der Angeklagte nicht vertrauen.

[2] Auch die telefonisch erteilte Auskunft der Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz vermag den Angeklagten nicht zu entlasten. Unzutreffende Auskünfte unzuständiger Behörden können nur dann zur Unvermeidbarkeit des Irrtums führen, wenn sich für den Täter die fehlende Zuständigkeit und Beurteilungskompetenz nicht aufdrängt (Senat, Beschluss vom 2. Februar 2000 - 1 StR 597/99, juris Rn. 27 ff).

Bei dem Angeklagten handelt es sich um einen approbierten Apotheker mit langjähriger Berufserfahrung. Zur Ausbildung eines Apothekers gehören auch Grundkenntnisse im Betäubungsmittel- und Arzneirecht. Gerade aufgrund seiner beruflichen Stellung und der hiermit verbundenen Verpflichtungen war von dem Angeklagten zu erwarten, dass ihm bekannt ist, dass der Handel mit Benzodiazepinen und Non-Benzodiazepinen wegen der erhöhten Gefahr einer Abhängigkeitserkrankung bei dauerhaftem Konsum einer besonderen betäubungsmittelrechtlichen Kontrolle unterliegt und daher einer betäubungsmittelrechtlichen Erlaubnis bedarf. Jedenfalls hätte er dies bei gebotener Anstrengung von Verstand und Gewissen erkennen können. Gleichermaßen hätte er - unter Berücksichtigung seiner beruflichen Stellung und Erfahrung - erkennen können, dass er sich an das für die Erteilung von Erlaubnissen und Genehmigungen im Betäubungsmittelrecht zuständige BfArM [Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte] hätte wenden müssen. Diese Zuständigkeit ergibt sich sowohl für die Erlaubnis nach § 3 BtMG, als auch für die - hier ebenfalls nicht eingeholte - Ausfuhrgenehmigung nach § 11 BtMG bereits aus dem Gesetzeswortlaut. Ferner ist zu berücksichtigen, dass § 81 AMG ausdrücklich vorsieht, dass die Vorschriften des BtMG unberührt bleiben. … [3] Schließlich ist nach den Feststellungen auch nicht davon auszugehen, dass das BfArM dem Angeklagten auf eine entsprechende Anfrage ebenfalls die Auskunft erteilt hätte, die Ausfuhr ausgenommener Zubereitungen bedürfe keiner Erlaubnis nach § 3 BtMG.

Hat der Täter einer Erkundigungspflicht nicht genügt, so setzt die Feststellung von Vermeidbarkeit voraus, dass die Erkundigung zu einer richtigen Auskunft geführt hätte (BGH, Urteil vom 7. April 2016 - 5 StR 332/15, juris Rn. 22; Fischer, Strafgesetzbuch, 65. Auflage 2018, § 17 Rn. 15 mwN).

Entgegen der Auffassung der Revision war der Verbotsirrtum des Angeklagten hier auch nicht deshalb als unvermeidbar einzustufen, weil ein Auskunftsersuchen an das BfArM nicht zu einer richtigen Antwort, also dem Hinweis auf die Erlaubnispflichtigkeit des Tuns, geführt hätte. … Zu klären war die nicht von der Verteidigung an das BfArM gerichtete Frage, ob es sich bei ausgenommenen Zubereitungen um Betäubungsmittel im Sinne des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG handelt, sondern vielmehr die Frage, ob die Ausfuhr ausgenommener Zubereitungen nach § 3 Abs. 1 BtMG erlaubnispflichtig ist.

Soweit die Revision vorträgt, eine telefonische Nachfrage bei der Bundesopiumstelle habe ergeben, dass eine Ausfuhrgenehmigung nicht erforderlich sei (RB S. 54), betraf diese Auskunft eine Anfrage des gesondert verfolgten Fr. (UA S. 349). Den Feststellungen ist nicht zu entnehmen, dass auch der Angeklagte Kenntnis von dieser Anfrage und der daraufhin erteilten Auskunft hatte, so dass dies den Angeklagten bereits deshalb nicht entlasten kann.?

c) Der Ausspruch über die Kompensation einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung bleibt von der Aufhebung des Strafausspruchs unberührt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. September 2019 - 1 StR 240/19 Rn. 14 und vom 13. März 2019 - 1 StR 50/19 Rn. 10 mwN).

d) Ein Verfahrenshindernis besteht nicht. Der Ablauf der Verjährungsfrist von fünf Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB) ist rechtzeitig durch den Durchsuchungsbeschluss vom 13. Juli 2009 (Band III Blatt 890/891 der Hauptakten; dazu unter aa)) und erneut durch die Anklageerhebung am 28. Januar 2013 (Band VIII Blatt 2122 R der Hauptakten; dazu unter bb)) unterbrochen worden (§§ 78a, 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Nr. 6 StGB).

aa) Der Durchsuchungsbeschluss vom 13. Juli 2009 erstreckt sich auf alle verfahrensgegenständlichen Fälle (vgl. BGH, Urteil vom 22. August 2006 - 1 StR 547/05 Rn. 25, 28; Beschlüsse vom 29. Januar 2015 - 1 StR 587/14 Rn. 9 und vom 2. November 2010 - 1 StR 544/09 Rn. 8).

bb) Die Anklage vom 23. Januar 2013 hat nach einleitender Beschreibung des Tathergangs präzise sämtliche ausgeurteilten Ausfuhrgeschäfte bezeichnet.

(1) Sie ist nur deswegen zurückgenommen worden, um solche Ausfuhrfälle herauszunehmen, in welchen die Medikamente nicht dem Betäubungsmittelgesetz unterfielen (UA S. 358). Dies führt aber nicht zur Unwirksamkeit der Anklage, die ihrer Umgrenzungsfunktion genügt hat (vgl. dazu insbesondere bei einem uneigentlichen Organisationsdelikt BGH, Urteile vom 24. Januar 2012 - 1 StR 412/11, BGHSt 57, 88 Rn. 19 f.; vom 18. September 2013 - 2 StR 365/12, BGHSt 59, 11 Rn. 5 und vom 29. Juni 2016 - 2 StR 520/15 Rn. 35).

(2) Durch die Rücknahme der ersten Anklage entfällt nicht die Unterbrechungswirkung (NK-StGB-Saliger, StGB, 5. Aufl., § 78c Rn. 56; S/S-Sternberg-Lieben/Bosch, StGB, 30. Aufl., § 78c Rn. 14; vgl. auch - nicht tragend - BGH, Beschluss vom 10. August 2017 - 3 StR 227/17 Rn. 6). Für eine solche Einschränkung gibt der Wortlaut des § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StGB nichts her. Im Gegenteil zeigen die Vorschriften § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 und 11 StGB, dass auch vorläufige Maßnahmen eine Unterbrechungswirkung herbeiführen. Die einmal herbeigeführte Unterbrechung mit der Folge des neuen Ablaufs der Frist (§ 78c Abs. 3 Satz 1 StGB) kann nicht nachträglich wieder beseitigt werden. Die Wirkung einer Rücknahme ist nur bei der Ruhensvorschrift des § 78b StGB geregelt, und zwar für die Rücknahme eines Auslieferungsersuchens (§ 78b Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 StGB; dazu BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2010 - 5 StR 263/10 Rn. 12).

2. Die auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft ist aus den zutreffenden Erwägungen des Generalbundesanwalts in seiner Zuschrift unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

III.

Die Schuldspruchänderung und Aufhebung des Strafausspruchs sind nicht auf die nichtrevidierende Mitangeklagte G. nach § 357 Satz 1 StPO zu erstrecken, da diese nicht wegen derselben Ausfuhrtaten, sondern wegen eigener Lieferungen aus ihrer Apotheke bestraft worden ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. Januar 1959 - 4 StR 428/58, BGHSt 12, 335, 341 ff.; vom 12. September 1996 - 1 StR 509/96 Rn. 10, BGHR StPO § 357 Erstreckung 6 und vom 27. Januar 2010 - 5 StR 254/09 Rn. 8 f.).

IV.

Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:

Das für die Strafzumessung relevante Regelbeispiel der Gewerbsmäßigkeit (§ 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG) bleibt von der Änderung der Konkurrenzverhältnisse unberührt (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 StR 344/03 Rn. 24-27, BGHSt 49, 177, 182 ff.; Beschlüsse vom 29. November 2016 - 3 StR 291/16 Rn. 12; vom 19. Dezember 2012 - 1 StR 165/12 Rn. 44, insoweit in BGHSt 58, 76 nicht abgedruckt, und vom 14. November 2012 - 3 StR 403/12 Rn. 9).

HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 347

Externe Fundstellen: StV 2020, 378

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede