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HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 348

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 196/16, Urteil v. 02.03.2017, HRRS 2017 Nr. 348


BGH 4 StR 196/16 - Urteil vom 2. März 2017 (LG Detmold)

Mittäterschaft (erforderliche Gesamtbetrachtung: eingeschränkte revisionsrechtliche Überprüfbarkeit); Strafzumessung (Darstellung der Strafzumessungsgründe im Urteil).

§ 25 Abs. 2 StGB; § 46 StGB; § 267 Abs. 2 Satz 1 StPO

Leitsätze des Bearbeiters

1. Beim Feststellen von Mittäterschaft ist dem Tatrichter vor allem in Grenzfällen ein Beurteilungsspielraum eröffnet, der revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüft werden kann. Enthalten die Urteilsgründe eine hinreichende Darlegung aller maßgeblichen Gesichtspunkte, ist die tatrichterliche Wertung vom Revisionsgericht auch dann hinzunehmen, wenn im Einzelfall eine andere Beurteilung möglich gewesen wäre.

2. Eine erschöpfende Aufzählung aller in Betracht kommenden Strafzumessungserwägungen ist weder vorgeschrieben noch möglich. Daraus, dass ein für die Strafzumessung bedeutsamer Umstand nicht angeführt worden ist, kann nicht ohne weiteres geschlossen werden, der Tatrichter habe ihn überhaupt nicht gesehen oder nicht. Was als wesentlicher Strafzumessungsgrund anzusehen ist, ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls vom Tatrichter zu entscheiden (st. Rspr.).

Entscheidungstenor

Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Detmold vom 14. Dezember 2015 wird verworfen.

Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes, Diebstahls in zwei Fällen und wegen Beihilfe zum Diebstahl in drei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten und auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision wendet sich die Staatsanwaltschaft gegen den Schuldspruch in den Fällen II.4 bis 6 der Urteilsgründe sowie gegen die Strafzumessung in den Fällen II.4 bis 9 und gegen die Aussetzung der Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung. Das wirksam auf die vorbezeichneten Beschwerdepunkte beschränkte, vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

I.

Nach den Feststellungen verschaffte sich der frühere Mitangeklagte H. unter der Vorgabe, er sei ein neuer Mitarbeiter, Zugang zu den Räumlichkeiten zweier Kioske und einer Tankstelle; in allen drei Fällen gelang es ihm, Bargeld aus der Kasse zu entwenden.

Auf seinen Vorschlag, der Angeklagte D. solle ihn künftig zu den Tatorten fahren und, wenn nötig, das anwesende Personal ablenken, ging dieser ein. Im Gegenzug sollte er an der Beute beteiligt werden, wobei H. sich vorbehielt, im Einzelfall zu entscheiden, „wieviel D. für seine Dienste bekäme“.

1. (Fall II.4 der Urteilsgründe) Am 11. November 2014 fuhr der Angeklagte D. den früheren Mitangeklagten H. in seinem Pkw zu einer Tankstelle in B., wo H. sich als künftiger Mitarbeiter ausgab. Er erhielt daraufhin von dem Angestellten S. eine Einarbeitung. Im Folgenden erschien auch der Angeklagte D. in der Tankstelle und verwickelte S. in ein Gespräch. Diese Gelegenheit nutzte H. und entwendete 200 € Bargeld aus der Kasse. Anschließend verließen beide den Tatort; H. behielt das Geld für sich.

2. (Fall II.5 der Urteilsgründe) Am folgenden Tag fuhr der Angeklagte D. den H. zu einer Tankstelle in P. H. gab sich als Praktikant aus und ließ sich die Arbeitsabläufe erklären. Nach wenigen Minuten begab er sich in das Tankstellenbüro und nahm dort ein Mobiltelefon der Marke HTC im Wert von ca. 250 € an sich. H. verließ die Tankstelle mit dem Mobiltelefon und gab dem Angeklagten D. gegenüber vor, er habe nichts erbeutet.

3. (Fall II.6 der Urteilsgründe) Noch am selben Tag wurden die Angeklagten auf eine Spielothek in P. aufmerksam. H. gab sich wiederum als neuer Mitarbeiter aus und entnahm der Kasse in einem unbeobachteten Moment insgesamt 710 € Bargeld.

Nach Rückkehr nach B. ersetzte H. dem Angeklagten D. die Benzinkosten und übergab ihm Bargeld, insgesamt 150 €.

4. (Fall II.7 der Urteilsgründe) Am 17. November 2014 fuhr der Angeklagte D. den H. erneut zu einer Tankstelle in B. Unter der Vorgabe, er sei auf Weisung des Chefs zur Einarbeitung da, gelang es ihm, sich Zugriff auf das Kassensystem zu verschaffen. In einem unbeobachteten Moment, in dem D. das Personal ablenkte, entwendete er 630 € Bargeld aus der Kasse. Anschließend entfernten sich beide vom Tatort.

D. erhielt für seine Dienste von H. neben dem Benzingeld 150 € Bargeld.

5. (Fall II.8 der Urteilsgründe) Am 18. November 2014 fuhr D. den H. zu einer Tankstelle in G. Obwohl er sich als „Probearbeiter“ ausgab, gelang es ihm zunächst nicht, Geld aus der Kasse zu entwenden, da er ständig von dem anwesenden Mitarbeiter beobachtet wurde. Dies nahm der Angeklagte D. zum Anlass, selbst in den Kassenraum zu gehen. Er erklärte dem Mitarbeiter, dass der Staubsauger im Außenbereich der Tankstelle nicht funktioniere, und veranlasste diesen auf diese Weise, ihm nach draußen zu folgen. Nun war H. in der Lage, aus der Kasse 780 € Bargeld zu entnehmen.

Anschließend fuhren beide nach B. zurück; H. entlohnte D. seine Dienste mit knapp 200 €.

6. (Fall II.9 der Urteilsgründe) Der Angeklagte D. und die früheren Mitangeklagten H. und Y. befassten sich spätestens am 21. März 2015 mit der Idee, gemeinsam eine Tankstelle zu überfallen. Am Abend dieses Tages „zogen sie deshalb los“, bekamen aber Angst und verwarfen ihren Plan wieder.

Am Folgetag fassten H. und Y. erneut den Entschluss, diesen Plan in die Tat umzusetzen. Sie forderten D. auf, nach B. zu kommen, ohne ihn zunächst einzuweihen. Dort stiegen H. und Y. zu dem Angeklagten D. in das Auto, wobei sie mit Skimasken und einer täuschend echt aussehenden Softairpistole ausgerüstet waren. Sie fuhren zu einer Tankstelle nach L. Dort schied Y. nach einem Streit aus der weiteren Tatausführung aus. H. und D. maskierten sich und warteten auf eine günstige Gelegenheit, in der keine Kunden in der Tankstelle waren. H. drückte D. die Softairpistole in die Hand mit der Begründung, er, H., habe mehr Erfahrung, eine Kasse zu öffnen.

Die von einem Zeugen herbeigerufene Polizei traf in unmittelbarer Nähe der Tankstelle ein, noch ehe H. und D. mit der Ausführung des Überfalls begonnen hatten. In einem ihrer Ansicht nach günstigen Moment betraten sie die Tankstelle, D. richtete die Softairpistole auf den anwesenden Mitarbeiter. Dieser öffnete weisungsgemäß die Kasse und H. entnahm ihr Bargeld im Wert von insgesamt 1.730 €. Noch ehe sie die Tankstelle wieder verlassen konnten, stürmten drei Polizeibeamte in die Tankstelle. Auf die Ansprache „Polizei. Keine Bewegung“ richtete D. in einer Kurzschlussreaktion die Scheinwaffe auf einen der Polizisten, der diese aber sofort als Attrappe erkannte und den Angeklagten aufforderte, die Waffe loszulassen. Daraufhin konnten beide vorläufig festgenommen werden. Die Beute wurde an den Geschädigten zurückgegeben.

Das Landgericht hat den Angeklagten in den Fällen II.4 bis 6 der Urteilsgründe wegen Beihilfe zum Diebstahl (§ 242 Abs. 1, § 27 Abs. 1 StGB) und in den Fällen II.7 und 8 wegen - mittäterschaftlich begangenen - Diebstahls (§ 242 Abs. 1, § 25 Abs. 2 StGB) verurteilt. Besonders schwere Fälle des Diebstahls nach § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB hat es bei keiner dieser Taten angenommen. In der Reihenfolge der Aburteilung hat es in diesen Fällen Geldstrafen von 70, 50, 60 und zweimal 90 Tagessätzen zu je 40 € verhängt. Die Tat II.9 der Urteilsgründe hat es als schweren Raub (§ 249 Abs. 1, § 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB) gewertet, die Strafe dem Strafrahmen des minder schweren Falles gemäß § 250 Abs. 3 StGB entnommen und eine Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verhängt. Die daraus gebildete Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren hat es zur Bewährung ausgesetzt.

II.

Die Revision der Staatsanwaltschaft bleibt ohne Erfolg.

1. Die Annahme von Beihilfe gemäß § 27 Abs. 1 StGB in den Fällen II.4 bis 6 der Urteilsgründe begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die unterbliebene Verurteilung als Mittäter beruht nicht auf einem Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten.

a) Mittäterschaft liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann vor, wenn ein Tatbeteiligter nicht bloß fremdes Tun fördern, sondern seinen Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils will. Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, handelt mittäterschaftlich, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die gemeinschaftliche Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 15. Januar 1991 - 5 StR 492/90, BGHSt 37, 289, 291). Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können dabei der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein (BGH aaO). Dabei ist dem Tatrichter vor allem in Grenzfällen ein Beurteilungsspielraum eröffnet, der revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüft werden kann. Enthalten die Urteilsgründe eine hinreichende Darlegung aller maßgeblichen Gesichtspunkte, ist die tatrichterliche Wertung vom Revisionsgericht auch dann hinzunehmen, wenn im Einzelfall eine andere Beurteilung möglich gewesen wäre (Fischer, StGB, 64. Aufl., § 25 Rn. 25 mwN).

b) Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte D. sei lediglich Gehilfe gewesen, hält sich noch im Rahmen des dem Tatrichter eingeräumten Beurteilungsspielraums. Der Tatrichter hat sich im angefochtenen Urteil mit allen erheblichen Gesichtspunkten auseinandergesetzt. Nach den von ihm getroffenen Feststellungen wirkte der Angeklagte D. lediglich zur Unterstützung seines Freundes H. an dessen bereits eingeschliffenen Diebstahlstaten mit, wobei er allenfalls auf einen geringen Beuteanteil hoffen konnte. Das gilt auch im Fall II.4 der Urteilsgründe, indem er den dortigen Mitarbeiter ablenkte. Das Landgericht hat ersichtlich darauf abgestellt, dass der Angeklagte auch in diesem Fall keinen Anteil an der Beute erhielt.

2. Die Jugendkammer hat in den Fällen II.4 bis 8 der Urteilsgründe ohne Rechtsfehler den Strafrahmen des § 242 Abs. 1 StGB zugrunde gelegt und diesen in den Fällen II.4 bis 6 nach § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB gemildert. Die Verneinung besonders schwerer Fälle des Diebstahls nach § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB zeigt keinen Rechtsfehler auf. Das Landgericht hat nicht verkannt, dass der Angeklagte mit seiner Beteiligung an den Taten H. wiederholt an Geld gelangen wollte. In der „Gesamtschau“ hat es jedoch von einer Annahme besonders schwerer Fälle des Diebstahls abgesehen. Es hat dabei rechtsfehlerfrei berücksichtigt, dass die Idee zu den Taten von H. stammte, die Rolle des Angeklagten D. nur untergeordnet und seine Tatbeiträge jeweils gering waren. Weiter hat die Jugendkammer auf folgende Gesichtspunkte abgestellt: Zunächst sei es nicht sicher gewesen, dass sich aus den Taten für D. eine Einnahmequelle von einer gewissen Dauer und Erheblichkeit ergeben würde, denn seine Verhandlungsposition gegenüber H. sei schwach gewesen. In jedem Fall sei klar gewesen, dass der weit überwiegende Anteil der Beute bei H. verbleiben sollte. Diese Erwägungen weisen insgesamt keinen Rechtsfehler auf.

3. Die Annahme eines minder schweren Falles gemäß § 250 Abs. 3 StGB im Fall II.9 der Urteilsgründe begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken.

a) Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Einen Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist nur möglich, wenn die Strafzumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein. Dagegen ist eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ausgeschlossen (BGH, Beschluss vom 10. April 1987 - GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349). Das gilt auch insoweit, als die tatrichterliche Annahme oder Verneinung eines minder schweren Falles zur revisionsgerichtlichen Prüfung steht (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 31. Juli 2014 - 4 StR 216/14 mwN).

b) Daran gemessen ist die Annahme des Landgerichts, es liege ein minder schwerer Fall vor, rechtlich nicht zu beanstanden. Dass die Jugendkammer im Rahmen der Gesamtabwägung die im Urteil genannten Milderungsgründe - ohne dabei die Tat des Angeklagten zu verharmlosen - für so überwiegend hielt, dass sie das Vorliegen eines minder schweren Falles bejahte, hält sich im Rahmen tatrichterlichen Ermessens. Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang die Anführung zulässiger Strafschärfungsgründe, wie etwa die Maskierung der Täter (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Januar 2000 - 4 StR 611/99; Urteile vom 5. November 1997 - 5 StR 504/97, NStZ 1998, 188; vom 20. April 2004 - 5 StR 87/04) vermisst, gilt - neben dem oben genannten begrenzten Überprüfungsmaßstab - Folgendes: Eine erschöpfende Aufzählung aller in Betracht kommenden Erwägungen ist weder vorgeschrieben noch möglich. Daraus, dass ein für die Strafzumessung bedeutsamer Umstand nicht angeführt worden ist, kann nicht ohne weiteres geschlossen werden, der Tatrichter habe ihn überhaupt nicht gesehen oder nicht gewertet (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 20. April 2004 aaO, vom 12. Mai 2005 - 5 StR 86/05 und vom 2. August 2012 - 3 StR 132/12, NStZ-RR 2012, 336, 337). Was als wesentlicher Strafzumessungsgrund anzusehen ist, ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls vom Tatrichter zu entscheiden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 2. August 2012 - 3 StR 132/12, NStZ-RR 2012, 336; und vom 12. Mai 2016 - 4 StR 487/15, NJW 2016, 2349, 2351).

4. Auch die Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Terminszuschrift Folgendes ausgeführt:

„Entgegen der Ansicht der Revision ermöglicht die aus dem Urteil ersichtliche Begründung dem Revisionsgericht die Nachprüfung, ob besondere Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB vorliegen.

Das Landgericht hat die Aussetzung der Freiheitsstrafe von zwei Jahren zur Bewährung zwar unmittelbar allein mit Argumenten begründet, die dem Gesichtspunkt der (positiven) Sozialprognose im Sinne von § 56 Abs. 1 StGB zuzuordnen sind (UA S. 15-16). Abgesehen davon, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes Umständen, die eine günstige Sozialprognose zu begründen geeignet sind, auch bezüglich der ‚besonderen Umstände‘ gemäß § 56 Abs. 2 StGB eine besondere Bedeutung zukommt (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Januar 2015, 4 StR 445/14 m.w.N. = NStZ-RR 2015, 107), übersieht die Staatsanwaltschaft, dass der Tatrichter vorangehend bereits die Tat betreffende Strafzumessungsgesichtspunkte dargestellt und abgewogen hat, die ihn zur Annahme eines minder schweren Falls bewogen haben (UA S. 13-14). Hier ist eine Vielzahl von Gesichtspunkten aufgeführt, die den Fall nicht allein im Hinblick auf die Schuldschwere als Ausnahmefall darstellten, sondern auch unter dem Gesichtspunkt des § 56 Abs. 2 StGB (‚Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit‘) Gewicht erlangen mussten. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür anzunehmen, das Landgericht könne übersehen haben, dass für die Strafaussetzung zur Bewährung hier über eine positive Prognose im Sinne von § 56 Abs. 1 StGB hinaus gehende, besondere Gründe erforderlich waren. Eine (bloße) Wiederholung der unmittelbar zuvor dargestellten tatbezogenen Umstände war daher nicht erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2013 - 2 StR 542/12).“

Dem tritt der Senat bei. Durch die Wendung auf UA 15, „dass in der Tat und Persönlichkeit des Angeklagten besondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB vorliegen“, hat das Landgericht insbesondere auf die vom Generalbundesanwalt aufgeführten Umstände Bezug genommen; dadurch unterscheidet sich der Fall von dem vom Senat mit Urteil vom 12. Mai 2016 (4 StR 487/15 aaO) entschiedenen.

5. Schließlich hat die Überprüfung des angefochtenen Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erbracht (§ 301 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 348

Externe Fundstellen: NStZ-RR 2017, 200

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede