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HRRS-Nummer: HRRS 2005 Nr. 307

Bearbeiter: Stephan Schlegel

Zitiervorschlag: BVerfG, 2 BvR 2207/04, Beschluss v. 07.03.2005, HRRS 2005 Nr. 307


BVerfG 2 BvR 2207/04 (3. Kammer des Zweiten Senats) - Beschluss vom 7. März 2005 (OLG Schleswig/LG Lübeck)

Rechtstaatsprinzip; Verschlechterungsverbot; keine unzulässige Doppelbestrafung bei nachträglicher Änderung von Bewährungsauflagen (ne bis in idem; zulässige Auswechslung der Auflage auf Grund bisher unbekannter Umstände).

Art. 19 Abs. 3 GG; Art. 103 Abs. 3 GG; § 56b Abs. 2 StGB; § 56b Abs. 1 StGB; § 56e StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Zwar handelt es sich bei einer Bewährungsauflage gemäß § 56b Abs. 2 StGB, die gemäß § 56b Abs. 1 StGB der Genugtuung für begangenes Unrecht dienen soll, um eine "strafähnliche Maßnahme". Eine nachträgliche Änderung gemäß § 56e StGB stellt jedoch dann keine unzulässige Verschlechterung dar, wenn lediglich die Art der Auflage aufgrund von Umständen, die dem Tatrichter noch nicht bekannt sein konnten, ausgewechselt wird.

2. Es handelt sich bei der nachträglichen Abänderung der Bewährungsauflage auch nicht um eine unzulässige Doppelbestrafung im Sinne des Art. 103 Abs. 3 GG. Diese Vorschrift enthält kein umfassendes Verbot, aus Anlass eines Sachverhalts verschiedene Sanktionen zu verhängen, sondern verbietet nur die wiederholte strafrechtliche Ahndung ein und derselben Tat.

3. Für Maßnahmen der Bewährungsaufsicht ist die Anwendung des Art. 103 Abs. 3 GG ausgeschlossen.

Entscheidungstenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen nach § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. Die auf eine Verletzung des Doppelbestrafungsverbots sowie des Rechtsstaatsprinzips gestützte Verfassungsbeschwerde lässt einen Verstoß gegen verfassungsrechtliche Maßstäbe nicht erkennen. Die angegriffene Entscheidung des Vollstreckungsgerichts enthält keinen Fehler, der auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs, beruht (vgl. BVerfGE 95, 96 <128>).

1. Bei den Bewährungsauflagen gemäß § 56b Abs. 2 StGB, die gemäß § 56b Abs. 1 StGB der Genugtuung für begangenes Unrecht dienen sollen, handelt es sich um "strafähnliche Maßnahmen" (Tröndle/Fischer, StGB, 50. Aufl., 2001, § 56b Rn. 2). Die Auflagen werden in der Regel gleichzeitig mit dem Urteil in einem gesonderten Bewährungsbeschluss erteilt. § 56e StGB sieht jedoch die Möglichkeit vor, sie auch nachträglich zu treffen, zu ändern oder aufzuheben. Dabei handelt es sich jedenfalls dann nicht um eine unzulässige Verschlechterung, wenn lediglich die Art der Auflage aufgrund von Umständen, die dem Tatrichter noch nicht bekannt sein konnten, ausgewechselt wird.

2. Aus dem gleichen Grund handelt es sich bei der nachträglichen Abänderung der Bewährungsauflage auch nicht um eine unzulässige Doppelbestrafung im Sinne des Art. 103 Abs. 3 GG. Diese Vorschrift enthält kein umfassendes Verbot, aus Anlass eines Sachverhalts verschiedene Sanktionen zu verhängen, sondern verbietet nur die wiederholte strafrechtliche Ahndung ein und derselben Tat (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juni 1989 - 2 BvR 804/89 -, NJW 1989, S. 2529). Für Maßnahmen der Bewährungsaufsicht hat das Bundesverfassungsgericht die Anwendung des Art. 103 Abs. 3 GG ausdrücklich ausgeschlossen (BVerfG a.a.O.).

Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

HRRS-Nummer: HRRS 2005 Nr. 307

Bearbeiter: Stephan Schlegel