HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Dezember 2022
23. Jahrgang
PDF-Download

III. Strafzumessungs- und Maßregelrecht


Entscheidung

1250. BGH 6 StR 279/22 - Beschluss vom 9. August 2022 (LG Braunschweig)

Vergewaltigung (Strafzumessung: Tätigkeit der Geschädigten als Prostituierte).

§ 177 Abs. 6 StGB

1. Der 6. Strafsenat könnte sich der Bewertung nicht anschließen, dass es regelmäßig geeignet sei, die Tat in einem milderen Licht erscheinen zu lassen, wenn die Geschädigte als Prostituierte arbeite und sich vor der Tat zum geschützten Geschlechtsverkehr mit dem Angeklagten bereiterklärt habe.

2. Der vom Gesetzgeber unterschiedslos erstrebte Schutz der sexuellen Selbstbestimmung ist mit einer regelhaften Differenzierung zwischen einer Prostituierten und einer „unbescholtenen Frau“ unvereinbar.


Entscheidung

1207. BGH 3 StR 175/22 – Beschluss vom 22. September 2022 (LG Aurich)

Erweiterung Einziehung von Taterträgen (Feststellungen zur anderen rechtswidrigen Tat); Einziehung von Tatmitteln (Ermessensentscheidung; Tatobjekt bei Geldwäsche); Einziehung gegenüber Organen (Zurechnung der Handlungen von Vertretern; Erlöschen von Rechten am Einziehungsgegenstand).

§ 73 StGB; § 74 StGB; 74e StGB; 75 StGB; § 261 Abs. 7 StGB aF

1. Vor dem Hintergrund der Motive des Gesetzgebers und dem strafähnlichen Charakter der Einziehung nach § 74 Abs. 2 und 3 StGB liegt eine Ausweitung des Personenkreises in den Fällen der Zurechnung von Handlungen natürlicher Personen über die gesetzlich geregelten Konstellationen in § 74e StGB (Leitungspersonen von Organen) hinaus fern.

2. Die Zurechnungsvorschrift in § 74e StGB sowie ihre Grenzen gelten ebenso für die Regelung des § 75 Abs. 2 Satz 3 StGB. Obschon die Zurechnungsnorm des § 74e StGB nicht ausdrücklich auf § 75 StGB Bezug nimmt, folgt die Anwendbarkeit aus der Regelungssystematik.