HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

August 2004
5. Jahrgang
PDF-Download

Aufsätze und Entscheidungsanmerkungen

Herkunftslandprinzip und internationales Strafrecht

Von Prof. Dr. Hans Kudlich (Bucerius Law School)

I. Hinführung

Mit dem sprunghaften Anstieg der Nutzung des Internet seit Mitte der 90-er Jahre wuchs auch rasch das Interesse an (nicht nur, aber auch straf-)rechtlichen Fragen mit Bezug auf dieses neue Medium.[1] Als Kernprobleme, die auch heute noch mehr oder weniger intensiv diskutiert werden, haben sich vor allem drei Punkte herausgebildet:[2]

- Die Frage, inwiefern die Tathandlungsbeschreibungen in den Tatbeständen des Besonderen Teils auch die Verbreitung von Inhalten über das Internet erfassen.

- Die Frage, wer bejahendenfalls für die Verbreitung entsprechender Inhalte verantwortlich ist, d.h. insbesondere das Problem der Providerhaftung.

- Und zuletzt die Frage, ob das deutsche Strafrecht auf Inhalte im Internet anwendbar ist, deren Ursprung im Ausland liegt.

Zur ersten Frage hat der Gesetzgeber eine (zwar vielleicht nicht vollständige, aber doch) weitreichende Klärung dadurch erreicht, dass der strafrechtliche Schriftenbegriff des § 11 III StGB durch das IuKDG im Jahre 1997 um die Variante der "Datenspeicher" ergänzt wurde. Auf diese Weise ist dafür gesorgt, dass zumindest hinsichtlich des Urhebers eines illegalen Inhaltes grundsätzlich das sinnvolle Prinzip der "Parallelität von Online- und Offline-Strafbarkeit" hergestellt ist.[3]

Hinsichtlich der zweitgenannten Frage der Providerverantwortlichkeit war der deutsche Gesetzgeber mit der ebenfalls im IuKDG eingeführten Vorschrift des § 5 TDG (die mittlerweile durch die §§ 8 - 11 TDG abgelöst wurde) auch international Vorreiter bei der Schaffung von speziellen Querschnittsregelungen für die Providerverantwortlichkeit.[4] Die im Jahre 2000 erlassene "Richtlinie über bestimmte Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs" (sog. E-Commerce-Richtlinie[5]) knüpft in ihren Regelungen zur Providerverantwortlichkeit vielfach an § 5 TDG an.[6]

Sedes materiae der letzt genannten Problematik, also der Anwendbarkeit deutschen Strafrechts, sind zunächst die §§ 3 - 9 StGB über das sog. "Internationale Strafrecht", d.h. genauer gesprochen: über das Strafanwendungsrecht. Diese Vorschriften regeln, wann deutsches Strafrecht auf Taten, die im In- oder Ausland begangen werden, anwendbar ist. Möglicherweise sind jedoch auch diese Normen vom Gesetzgeber durch eine Spezialregelung überlagert worden: In Umsetzung von Art. 3 der E-Commerce-Richtlinie wurde nämlich in § 4 TDG im Jahre 2002 das sog. Herkunftslandprinzip eingeführt. Dieses sagt - vergröbert umschrieben - aus, dass Diensteanbieter, die in einem anderen Staat im Geltungsbereich der E-Commerce-Richtlinie niedergelassen sind und die dortigen rechtlichen Vorgaben einhalten, in Deutschland für diese Dienste nicht zur Verantwortung gezogen werden können, auch wenn die Dienste hier angeboten werden und nach hiesigem Verständnis rechtswidrig wären.[7]

Im Folgenden soll zunächst der Streit um die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts nach den traditionellen Vorschriften der §§ 3 - 9 StGB knapp skizziert werden, um deutlich zu machen, welche davon abweichenden Konsequenzen es haben würde, wenn das Herkunftslandprinzip nach § 4 TDG i.V.m. Art. 3 ECRL auch für den Bereich des Strafrechts (weit reichende) Geltung beanspruchen würde (sogleich II.). Im Anschluss daran soll der - erstaunlicherweise bisher nur wenig diskutierten, dabei dann aber kontrovers beurteilten[8] - Frage nachge-

gangen werden, ob das Herkunftslandprinzip für die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts überhaupt beachtlich ist (anschließend III.).

II. Anwendbarkeit deutschen Strafrechts auf Internetstraftaten nach §§ 3 ff. StGB

1. Die grundsätzliche Bedeutung des "Internationalen Strafrechts"

Das StGB kennt kein Kollisionsrecht i.e.S., das bestimmen würde, welches nationale Strafrecht auf bestimmte Sachverhalte anzuwenden ist, sondern es enthält in §§ 3 ff. "nur" ein Strafanwendungsrecht, das darüber entscheidet, ob speziell das deutsche Strafrecht anwendbar ist.[9] Als Kriterium dafür, wann ein Nationalstaat auf einen bestimmten Sachverhalt sein Strafrecht anwendet, sind verschiedene Anknüpfungspunkte vorstellbar. Der wichtigste ist im deutschen Strafrecht ebenso wie in vielen anderen Strafrechtsordnungen das Territorialitätsprinzip:[10] Gemäß § 3 StGB ist deutsches Strafrecht auf Taten anwendbar, die im Inland begangen worden sind. Daneben finden sich - neben dem das Territorialitätsprinzip nur verlängernden Flaggenprinzip nach § 4 StGB - in §§ 5 ff. StGB für Auslandstaten Ausprägungen des sog. Schutzprinzips für bestimmte inländische Rechtsgüter, des aktiven und passiven Personalitätsprinzips, des Prinzips der stellvertretenden Strafrechtspflege und des Weltrechtsprinzips.[11]

Diese Prinzipien müssen im Folgenden nicht näher dargestellt werden, da sie in den praktisch relevanten Problemfällen der Internetkriminalität keine große Rolle spielen. Eine Ausnahme bildet insoweit allein die Geltung des Weltrechtsprinzips für die Verbreitung von Kinderpornographie nach § 6 Nr. 6 StGB. Allerdings ist diese ihrerseits strafrechtsdogmatisch mehr oder weniger unproblematisch, da eine umfassende und unterschiedslose Anwendung des deutschen Strafrechts angeordnet ist. Fraglich ist hier eher die rechtspolitische und völkerrechtliche Legitimation einer solchen Anordnung der weltweiten Anwendbarkeit deutschen Strafrechts[12] sowie bei der konkreten Rechtsanwendung die Frage, ob und in welcher Gestalt darüber hinaus noch ein spezifischer Inlandsbezug erforderlich ist.[13]

2. Die spezielle Problematik für Internetstraftaten

a) Entscheidendes Kriterium ist in Problemfällen mit Internetbezug daher zumeist das Territorialitätsprinzip und damit die Frage, wann eine Tat i.S.d. § 3 StGB "im Inland begangen" worden ist. § 3 StGB wird dabei durch § 9 StGB näher ausgefüllt, der insoweit vom "Ubiquitätsgrundsatz" ausgeht: Eine Tat ist danach im Inland begangen, wenn entweder die Tathandlung im Inland vorgenommen worden ist oder aber der Taterfolg im Inland eingetreten ist. Ebenso unproblematisch wie unspektakulär sind dabei die Fälle, in denen die Handlung im Inland stattgefunden hat, d.h. in denen der pönalisierte Inhalt in Deutschland ins Internet eingestellt worden ist (und möglicherweise sogar auch auf einem in Deutschland befindlichen Server liegt).

b) Zum Gegenstand kontroverser Diskussionen und auch einer Entscheidung des BGH sind dagegen solche Fälle geworden, in denen der Inhalt im Ausland auf einem dort befindlichen Server abgelegt wird, aber - was im Internet regelmäßig der Fall ist - auch von Deutschland aus abrufbar ist. Da hier die Tathandlung (nahezu unstreitig[14]) im Ausland liegt, kommt es darauf an, ob die Abrufbarkeit des Inhalts in Deutschland dazu führt, dass auch hier i.S.d. § 9 I Var. 3 StGB der "zum Tatbestand gehörende Erfolg" eingetreten ist. Diese Frage ist auch nach einer Leitentscheidung des BGH[15] umstritten. Der damit verbundene umfangreiche Streit kann hier nicht umfassend nachgezeichnet, sondern soll nur knapp zusammengefasst werden:[16]

aa) Soweit es sich um Erfolgsdelikte handelt, für deren Vollendung der Zugang bzw. die Wahrnehmung einer Äußerung erforderlich ist, kann der Erfolgsort noch relativ einfach danach bestimmt werden, wo dieser Zugang bzw. diese Wahrnehmung erfolgt sind. Problematischer ist die Bestimmung eines Erfolgsortes aber bei solchen Inhaltsverbreitungsdelikten, die als Gefährdungsdelikte

ausgestaltet sind. Teilweise wird hier der Eindruck erweckt, als ob in solchen Fällen mangels Taterfolgs eine Anwendung von § 9 I Var. 3 StGB generell ausscheiden müsste. Dass dies wenig überzeugend ist, zeigen schon Beispielsfälle, in denen illegale Inhalte per E-Mail (oder natürlich auch mit der klassischen Post) an einen Empfänger nach Deutschland gesendet und dort dann gelesen werden. Warum ein solches Handeln der deutschen Strafgewalt nicht unterfallen sollte, ist schwer einsehbar. Vor allem aber sagt die Qualifizierung als Verletzungs- oder Gefährdungsdelikt noch nichts darüber aus, ob i.S.d. § 9 StGB ein Erfolg eintreten kann - ist doch Gegenbegriff des Erfolgsdeliktes nicht etwa das Gefährdungsdelikt, sondern das Tätigkeitsdelikt.

Zwar wird man umgekehrt auch einen für § 9 I Var. 3 StGB ausreichenden Erfolg nicht überall dort als gegeben erachten können, wo sich die pönalisierte abstrakte Gefahr realisieren könnte. Denn diese Realisierung ist eben kein "zum Tatbestand gehörender Erfolg" i.S.d. § 9 I Var. 3 StGB, und auch Einschränkungen wie das Erfordernis eines finalen Handeln hinsichtlich der Verbreitung gerade in Deutschland[17] oder eines objektiven territorialen Bezugs zu Deutschland (vor allem auf Grund der Sprache und der Inhalte)[18] sind nicht nur verhältnismäßig unscharf, sondern finden auch keine Stütze im Gesetz.

bb) Soweit aber tatsächlich ein Erfolg i.S. einer von der Tathandlung abtrennbaren und im Tatbestand beschriebenen Veränderung der Außenwelt beschreibbar ist, kann diese Veränderung (überall dort, wo sie durch das Täterhandeln eingetreten ist) einen "zum Tatbestand gehörenden Erfolg" und damit die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts begründen. Eine solche Lösung hat nicht nur den Vorteil, sich auf die historischen Wurzeln des § 9 I StGB stützen zu können,[19] der im wesentlichen die frühere Rechtsprechung des RG fortschreibt,[20] sondern sie kann auch die konkrete Formulierung des jeweiligen Straftatbestandes berücksichtigen und zum Ausgangspunkt der Überlegungen machen. Dabei lässt eine genaue Betrachtung der jeweiligen Norm durchaus differenzierende (und sachgerechte) Ergebnisse zu: So ist etwa bei all den Delikten, die ein "Zugänglichmachen" o.ä. eines illegalen Inhalts fordern, eine "Veränderung in der Außenwelt" nur an dem Ort gegeben, an dem die Inhalte zugänglich gemacht wurden, nicht schon an jedem Ort, von dem aus man sich den anderswo zugänglich gemachten Inhalt beschaffen kann.[21]

cc) Der BGH teilt in der bereits erwähnten Toeben-Entscheidung zwar den Ausgangspunkt, dass die Einordnung als Gefährdungs- oder Verletzungsdelikt für die Frage nach einem Erfolgsort nicht präjudiziell ist. Bei der Festlegung des (hier sog.) "Tathandlungserfolges" geht er aber wesentlich weiter und hat für § 130 StGB die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts auf einen Fall bejaht, in dem ein Australier den Holocaust leugnende Inhalte auf einem australischen WWW-Server zum Abruf bereit gehalten hat. Die Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens sei beim potentiellen bzw. abstrakt-konkreten Gefährdungsdelikt des § 130 StGB Erfolg i.S.d. § 9 I Var. 3, und dieser Erfolg sei auch in Deutschland eingetreten.[22]

Das erscheint zwar fraglich, da die Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens eher eine Modalität der Tathandlung als einen Erfolg beschreibt; insoweit besteht eine gewisse Nähe zum o.g. Ansatz, bei Gefährdungsdelikten einen Erfolgsort überall dort anzunehmen, wo sich die in dem Tatbestand pönalisierte Gefahr in irgendeiner Weise realisieren kann. Für die Rechtsanwendung in der Praxis darf aber natürlich das weite Verständnis des Territorialitätsprinzips durch die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht vernachlässigt werden.[23]

III. Überlagerung des Strafanwendungsrechts durch das Herkunftslandprinzip in § 4 TDG?

Zusammengefasst bedeutet dies, dass nach den allgemeinen Regeln der §§ 3 ff. StGB deutsches Strafrecht häufig auf Inhalte im Internet anwendbar ist: Nicht nur praktisch unstreitig in solchen Fällen, in denen das Weltrechtsprinzip eingreift oder die Tathandlung im Inland begangen wird, sondern darüber hinaus auch in - je nach konkretem Verständnis des Erfolgsbegriffs - mehr oder weniger weitem Umfang,[24] wenn ein Tat(handlungs)erfolg in

Deutschland eintritt, wobei insbesondere die höchstrichterliche Rechtsprechung zu einer weiten Anwendung tendiert. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Frage an Reiz und Bedeutung, ob die Regelungen über das deutsche Strafanwendungsrecht möglicherweise durch das Herkunftslandprinzip der ECRL, das in § 4 TDG (sowie auch in § 5 Mediendienstestaatsvertrag[25]) umgesetzt worden ist, überlagert und modifiziert wird.

Vorstellbar ist dies insbesondere auf Grund des zweiten Absatzes des (hier im Folgenden alleine zitierten) § 4 TDG, wonach "der freie Dienstleistungsverkehr von Telediensten, die in der Bundesrepublik Deutschland von Diensteanbietern geschäftsmäßig angeboten oder erbracht werden, die in einem anderen Staat innerhalb des Geltungsbereichs der Richtlinie 2000/31/EG niedergelassen sind, (...) nicht eingeschränkt" wird. Da nun die drohende strafrechtliche Verantwortlichkeit für einen bestimmten von Deutschland aus abrufbaren Inhalt ohne Zweifel ein Grund sein könnte, bestimmte Inhalte nicht im Internet zugänglich zu machen, obwohl sie im Niederlassungsland des jeweils Handelnden rechtlich unbedenklich sind, scheint § 4 II TDG als strafanwendungsrechtliche Regelung zu verstehen zu sein, die eine Anwendung deutschen Strafrechts trotz Erfolgseintritts im Inland ausschließen würde.[26]

1. Das Anwendungs- und Ausnahmesystem des § 4 TDG

Die gesetzliche Regelung ist jedoch nicht ganz einfach zu durchschauen und allenfalls auf den ersten Blick klar: Dieser erste Blick zeigt, dass das Strafrecht jedenfalls insgesamt kein Gegenstand der Ausnahmekataloge des § 4 III und IV TDG ist. Allerdings findet das Strafrecht - gewissermaßen auf den zweiten Blick - immerhin Erwähnung im Katalog des § 4 V TDG. Danach unterliegen das Angebot und die Erbringung von Telediensten durch einen Diensteanbieter in einem anderen Staat abweichend von § 4 II TDG "den Einschränkungen des innerstaatlichen Rechts, soweit dieses dem Schutz der öffentlichen Ordnung, insbesondere im Hinblick auf die Verhütung, Ermittlung, Aufklärung, Verfolgung und Vollstreckung von Straftaten (...) vor Beeinträchtigungen oder ernsthaften und schwerwiegenden Gefahren dient, und die auf der Grundlage des innerstaatlichen Rechts in Betracht kommenden Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zu diesen Schutzzielen stehen". Für die Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten wird dabei nach § 4 V 2 TDG sogar - wie von Art. 3 IVb ECRL auch ausdrücklich zugelassen - von den Konsultations- und Informationspflichten gegenüber den anderen Mitgliedsstaaten und der Kommission abgesehen, die für andere Materien nach § 4 V TDG vorgesehen sind.

Damit scheint das Strafrecht einerseits der Geltung des Herkunftslandprinzips nicht generell entzogen zu sein; andererseits soll seine Anwendung aber doch unter nur recht unscharf gestalteten Voraussetzungen möglich bleiben, wobei zugleich von den sonst unter diesen Voraussetzungen vorgesehenen Verfahrenserfordernissen suspendiert wird. Die Konsequenz einer solchen etwas unentschlossen und fast schon in sich selbst widersprüchlich wirkenden Regelung ist nicht ganz einfach zu bestimmen. Insoweit ist wenig verwunderlich, dass der - bisher recht spärliche - Meinungsstand in der Literatur von der Annahme einer regelmäßigen Anwendung des Herkunftslandprinzips auch im Strafrecht bis zum Postulat seiner völligen Bedeutungslosigkeit in diesem Gebiet reicht.[27]

2. (Nicht-)Geltung des § 4 TDG im Strafrecht aus übergeordneten Gründen?

Nun könnte man die durch § 4 TDG insoweit geschaffene Verwirrung als eine zwar ärgerliche, aber letztlich unschädliche Ungenauigkeit des Gesetzgebers abtun, wenn die Vorschrift aus gleichsam vorgelagerten Gründen im Strafrecht nicht anwendbar wäre. Dafür erscheinen auf den ersten Blick zwei Begründungen vorstellbar, die aber beide bei näherem Hinsehen nicht tragen:

a) Die Materialien des TDG und die Erwägungsgründe der Richtlinie

Für eine Unanwendbarkeit bzw. Folgenlosigkeit könnte die Gesetzesbegründung zum TDG sprechen, in der die Rede davon ist, dass "die Anwendbarkeit des deutschen Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts (§§ 3 ff. StGB bzw. §§ 5, 7 OWiG) durch das TDG nicht berührt" werden solle. Ein so weiter Ausschluss der Geltung im Strafrecht ist freilich dem Wortlaut des § 4 TDG nicht zu entnehmen. Insbesondere ist - wie oben bereits erwähnt - das Strafrecht als solches nicht ausdrücklich im Katalog der generellen Ausnahmen nach § 4 III TDG genannt. Da nach allgemeinen Grundsätzen eine historisch-genetische Auslegung jedoch üblicherweise nur insoweit starkes Gewicht entfaltet, als der gesetzgeberische Wille in der gesetzlichen Regelung objektiv zum Ausdruck gekommen ist (oder aber jedenfalls Wortlaut und Systematik einem solchen Verständnis nicht entgegenstehen),[28] kommt der soeben zitierten Passage aus der Ge-

setzesbegründung jedenfalls keine absolute Wirkung zu.[29]

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem 8. Erwägungsgrund zur e-commerce-Richtlinie selbst, in dem es heißt: "Ziel dieser Richtlinie ist es, einen rechtlichen Rahmen zur Sicherstellung des freien Verkehrs von Diensten der Informationsgesellschaft zwischen den Mitgliedstaaten zu schaffen, nicht aber, den Bereich des Strafrechts als solchen zu harmonisieren." Zum einen gilt auch hier, dass ein etwaig beabsichtigter vollständiger Ausschluss im Richtlinientext nicht zum Ausdruck gekommen ist; zum anderen und vor allem stünde diese Formulierung auch einer Anwendung des Herkunftslandprinzips nach Art. 3 ECRL bzw. § 4 TDG im Strafrecht nicht entgegen. Denn dabei handelt es sich ja gerade um keine Harmonisierung des Strafrechts, sondern um einen von der Harmonisierung grundsätzlich zu unterscheidenden Fall der gegenseitigen Anerkennung.[30] Dass auch der deutsche Gesetzgeber in seiner Begründung vor dem oben zitierten Satz die Formel von der nicht angestrebten Harmonisierung für die "Bereiche des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts als solchen" aufgreift, mag ein Hinweis darauf sein, dass ihm an dieser Stelle die Unterschiedlichkeit der beiden Integrationsinstrumente der Harmonisierung auf der einen und der gegenseitigen Anerkennung auf der anderen Seite nicht völlig bewusst gewesen ist.

Insoweit bleibt es also auch und gerade mit Blick auf die Richtlinie als Wurzel des TDG zunächst dabei, dass eine generelle Ausnahme des Strafrechts aus der querschnittsartigen Regelung der Diensteinformationsgesellschaft nicht stattfinden soll.

b) Allgemeine Überlegungen zur "Europäisierung" strafrechtlicher Regelungen

Der zweite "vorgelagerte Grund" könnte im Gedanken bestehen, dass der Bereich des Strafrechts gänzlich außerhalb des Kompetenzbereichs der EG liegen würde und deshalb solche Regelungen, die in Umsetzung einer europäischen Richtlinie erfolgen, grundsätzlich keine Auswirkung für den Bereich des Strafrechts haben könnten. Aber auch diese Überlegung verfängt vorliegend nicht:

Zwar entspricht es der ganz herrschenden Meinung, dass der EG grundsätzlich keine originäre Kompetenz zur Setzung von Strafnormen zusteht.[31] Und selbst soweit aus Art. 280 IV EGV etwas anderes abgeleitet wird,[32] beträfe dies nur den hier nicht einschlägigen Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft. Allerdings handelt es sich bei der ECRL gerade um keine unmittelbar anwendbare Regelung etwa nach Art einer Verordnung, sondern um einen umsetzungsbedürftigen Rechtsakt. Da diese Umsetzung - wie im vorliegenden Fall durch das TDG - stets noch durch den nationalen Gesetzgeber erfolgen muss, werden "Anordnungen" an die nationalen Gesetzgeber durch Richtlinien - ähnlich wie durch Rahmenbeschlüsse auf der Ebene der Europäischen Union - auch für den Bereich des Strafrechts als grundsätzlich möglich erachtet, weil die gegen eine originäre Strafrechtskompetenz der Gemeinschaft vorgebrachten Souveränitäts- und Demokratiedefizitargumente an Gewicht verlören, wenn die letztlich für den Bürger verbindliche Regelung durch den jeweils nationalen Gesetzgeber erlassen wird.[33]

Man mag sich zwar fragen, ob dies auch dann gelten kann, wenn die Vorgaben - wie oft bei Richtlinien und Rahmenbeschlüssen und letztlich auch vorliegend - so eng sind, dass sie dem nationalen Gesetzgeber kaum noch einen Umsetzungsspielraum eröffnen. Denn durch ein solches Vorgehen droht die fehlende Kompetenz zur originären Strafgesetzgebung zumindest teilweise unterlaufen zu werden.[34] Allerdings ist hier eine weitere Besonderheit zu beachten: Durch die Umsetzung der Richtlinie wird hier eine Strafbarkeit gerade nicht statuiert, sondern aus dem Blick desjenigen Landes, auf dessen Territorium auf Grund des Herkunftslandprinzips ein bestimmter Inhalt straflos bleiben muss, gerade ausgeschlossen. In der Literatur wird aber auf dem Boden einer Reihe von Entscheidungen des EuGH[35] die gemeinschaftsrechtliche Setzung von der gemeinschaftsrechtlichen Untersagung einer Strafbarkeit unterschieden und der EG ein "ius non puniendi" durchaus zugestanden.[36]

Auch ob dem in uneingeschränkter Form zu folgen ist, mag hier dahinstehen; überzeugend ist die Annahme eines solchen "ius nun puniendi" aber jedenfalls dann, wenn die gemeinschaftsrechtlich suspendierte Strafbarkeit einen unmittelbaren Bezug zu den Grundfreiheiten hat. Denn wie Christian Schröder zu Recht betont, ist "die Aussicht auf strafrechtliche Konsequenzen (...) dazu

prädestiniert, ein gemeinschaftsrechtlich verbürgtes Recht letztlich doch nicht in Anspruch zu nehmen".[37]

Als Zwischenergebnis lässt sich damit feststellen, dass eine Anwendung des Herkunftslandprinzips auf das Strafrecht jedenfalls weder aus Gründen der Entstehungsgeschichte noch auf Grund mangelnder strafrechtlicher Kompetenzen der EG ausgeschlossen wäre. Die Äußerungen im deutschen Gesetzgebungsverfahren sowie auch die Erwägungsgründe in der Richtlinie zeigen aber, dass sowohl Richtlinien- als auch deutscher Gesetzgeber hinsichtlich einer Regelung des Strafrechts eine gewisse Zurückhaltung an den Tag legen. Diese, im Zusammenspiel mit der wenig klaren Regelung des § 4 TDG fast schon "unsicher" wirkende, Haltung mag nicht zuletzt auch mit den Bedenken zusammenhängen, die generell hinsichtlich der Europäisierung des Strafrechts diskutiert werden. Auf Grund dieser Unsicherheiten in Wortlaut und Entstehungsgeschichte erscheint es legitim, im Folgenden weiteren Sachgesichtspunkte, die gegen eine weitreichende Geltung des Herkunftslandprinzips im Strafrecht sprechen würden, nähere Beachtung zu schenken:

3. Gründe für eine Einschränkung des Herkunftslandprinzips im Strafrecht

Diese Gründe liegen zum einen im Anwendungsbereich und im Regelungszusammenhang, in dem die Richtlinie zu sehen ist, zum anderen in den drohenden negativen Konsequenzen eines Herkunftslandprinzips im Bereich des Strafrechts:

a) Anwendungsbereich und Regelungszusammenhang

aa) In konsequenter Umsetzung von Art. 3 ECRL gilt die uneingeschränkte Freiheit von Telediensten nach § 4 II TDG nur für solche Diensteanbieter, die insoweit "geschäftsmäßig" handeln. Diese Geschäftsmäßigkeit ist zwar - das zeigt § 2 III TDG deutlich[38] - nicht zwingend mit "Gewerbsmäßigkeit" gleichzusetzen, sondern zielt nur auf die Nachhaltigkeit ab.[39] Selbst dann ist aber problematisch, dass die Wohltat des § 4 II TDG gerade solchen Anbietern zugute kommen soll, die nachhaltig, d.h. dauerhaft und in mehr oder weniger großem Umfang entsprechende Dienste betreiben - oder wie Schwarzenegger plakativ formuliert: Dass "gerade die kommerziellen (Kinder-)Pornovertreiber, NS-Propaganda-Händler oder Online-Auktionsbetrüger (...) zu privilegieren (seien) und (...) nur im Handlungsort verfolgt werden (dürften)".[40]

bb) Des Weiteren ist die Praktikabilität einer Regelung für das Strafrecht fraglich, aus der gerade ein großer Teil der auch strafrechtlich relevanten Bereiche wie insbesondere die Verletzungen des Urheberrechts oder das illegale Glücksspiel ausgenommen sind.

cc) Schließlich ist zu beachten, dass gerade auf europäischer Ebene etwa in Art. 22 der Cybercrime-Convention sowie in Art. 10 des Rahmenbeschlusses über Angriffe auf Informationssysteme oder in Art. 8 des Rahmenbeschlusses zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornographie abweichende Regelungen getroffen worden sind, die vorrangig auf das Territorialitätsprinzip (bzw. ergänzend auf das aktive Personalitätsprinzip) abstellen.[41] Diese sind mit einer Geltung des Herkunftslandprinzips im Übrigen nur schwer in Einklang zu bringen.

b) Drohende Konsequenzen bei einer Anwendung des Herkunftslandprinzips im Strafrecht

Aber auch die Ergebnisse, die eine uneingeschränkte Anwendung des Herkunftslandprinzips im Strafrecht nach sich ziehen würden, wecken Bedenken: Einerseits würde nämlich in vielen Bereichen eine "Abwärtsspirale" des strafrechtlichen Schutzes hin zum geringsten Schutzniveau drohen,[42] da sich die Mitgliedstaaten aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen sehen könnten, den bei ihnen ansässigen Dienstleistern ein möglichst wenig enges strafrechtliches Korsett anzulegen, um sie nicht an eine "strafrechtliche Oase" zu verlieren. Solche Einwände sind zwar dem Prinzip der gegenseitigen Anerkennung, wie es dem Herkunftslandprinzip zugrunde liegt, generell inhärent und scheinen daher auf dem ersten Blick eben als europarechtliche Notwendigkeit hinzunehmen zu sein.

Allerdings ist hier zu beachten, dass seine Auswirkungen besonders weit reichen, wenn es sich um die Ausübung von Freiheiten handelt, welche wie im Bereich von Computernetzen praktisch immer grenzüberschreitend[43] und dabei zugleich im gesamten Bereich der Gemeinschaft (und nicht schwerpunktmäßig beschränkt auf die unmittelbaren Nachbarstaaten) erfolgt. Darüber hinaus sind derartige Auswirkungen im Strafrecht um so prekärer, wenn wie hier mittelbar über § 4 II TDG eben nicht nur mehr oder weniger wirtschaftsnahe Bereiche, sondern unter Umständen der Gesamtbestand strafrechtlicher Regelungen betroffen sein kann, der in seinen innerhalb der Mitgliedstaaten abweichenden Bereichen zumindest teilweise auch historischen oder soziokulturellen Besonderheiten in den Mitgliedstaaten geschuldet ist, deren

Berücksichtigung Art. 6 III EUV gerade einfordert.[44] Dass im Übrigen innerhalb eines jeweiligen Mitgliedstaates auf Grund der stets europaweiten Verfügbarkeit eines jeden Dienstes die Diskriminierung der in diesem Staat selbst niedergelassenen Inländer unter dem Gesichtspunkt der Geeignetheit entsprechender Strafdrohungen[45] besondere Zweifel an der Legitimation der strafrechtlichen Regelungen weckt, sei hier nur ergänzend bemerkt.

Andererseits könnte in bestimmten Bereichen auch der Druck der Mitgliedstaaten aufeinander wachsen, Lücken im eigenen Strafrecht in eigentlich systemfremder Weise zu schließen,[46] soweit es um gewisse, zumeist nur in einer bestimmten Strafrechtsordnung geschützte Rechtsgüter geht. So ist insbesondere der Schutz bestimmter Verfassungsorgane oder -symbole regelmäßig auf inländische Tatobjekte beschränkt, was bei einer Begehung durch einen im Ausland niedergelassenen Diensteanbieter trotz Eintritt des Erfolges im Inland konsequenterweise zur Straflosigkeit führen würde. Das könnte bei allen Mitgliedstaaten den bedenklichen Wunsch erwachen lassen, dass ihre Güter auch durch die Rechtsordnung der übrigen Mitgliedstaaten mitgeschützt werden.

IV. Fazit

Zusammenfassend sprechen damit gewichtige Sachgesichtspunkte für eine möglichst zurückhaltende Anwendung des Herkunftslandprinzips im Strafrecht. Auch die Materialien lassen eine eingeschränkte Auslegung zumindest zu, da sie zeigen, dass Richtlinien- wie deutscher Gesetzgeber gleichermaßen das Strafrecht nicht en passant "umkrempeln" wollten.[47] Deshalb ist trotz der nicht zu leugnenden Friktionen mit den Ausschlussregeln des § 4 III und IV TDG eine Auslegung des § 4 V TDG vorzugswürdig, welche das Herkunftslandprinzip für das Strafrecht weiter als in anderen Bereichen ausschließt. Dies kann dadurch erreicht werden, dass im Bereich des Strafrechts grundsätzlich davon ausgegangen wird, dass es sich i.S.d. § 4 V TDG um "schwerwiegende und ernsthafte Gefahren" handelt und die Reaktion des deutschen Strafrechts auch "angemessen" ist.

Verfolgt man eine solche Auslegung, so tritt allerdings die legitime Frage auf, welche Bedeutung die Tatsache, dass das Strafrecht nicht in die generelle Ausschlussregel des § 4 III TDG aufgenommen worden ist, noch hat. Aber auch darauf fällt eine Antwort nicht allzu schwer: Der von Richtlinien- und Gesetzgeber eingeschlagene Weg kann als Auftrag gedeutet werden, die Begrenzung des Strafrechts auf "schwerwiegende und ernsthafte Gefahren" sowie auf die Angemessenheit der Reaktion nicht aus den Augen zu verlieren. Anders formuliert: Dem Rechtsanwender ist ein Ausweg eröffnet, in begründeten Ausnahmefällen eine Anwendung des deutschen Strafrechts zu vermeiden, wenn diese dem Herkunftslandprinzip widerspricht und eine Regelung beispielsweise nur formal - vielleicht sogar zur Umgehung des Herkunftslandprinzips - in die Form eines Strafgesetzes gegossen wurde. Zwar erschiene es insoweit zu eng, § 4 TDG auf die Delegitimierung von "Formenmissbräuchen" zu reduzieren; das Erfordernis einer "bei Null beginnenden" Einzelprüfung der deutschen Strafgesetzen auf die ausreichende "Ernsthaftigkeit der Gefahr" und die "Angemessenheit" in jedem konkreten Fall besteht gleichwohl nicht. Insbesondere im Bereich des Kernstrafrechts (oder vielleicht sogar noch weitergehend: außerhalb des Bereichs akzessorischer Strafvorschriften zu genuin den grenzüberschreitenden Handel betreffenden Materien) spricht eine erste Vermutung für die Zulässigkeit der strafrechtlichen Einschränkung, und die Argumentationslast liegt bei demjenigen, der sich mittels des Herkunftslandsprinzips darüber hinwegsetzen will.

Damit bleibt es für den Regelfall - trotz der auch damit verbundenen Schwierigkeiten - bei der Anwendung des Territorialitätsgrundsatzes. Das erscheint auch sachgerecht, prägt dieser doch nicht nur auch andere Rechtsquellen in diesem thematischen Bereich, sondern berücksichtigt darüber hinaus die gebotene Zurückhaltung des Gemeinschaftsgesetzgebers gegenüber den nationalen Strafrechtsordnungen. Ein solches Ergebnis mag man vielleicht als "wenig spektakulär" erachten. Aber zum einen spiegelt dies nur die auch nicht weitergehende Regelungskraft des Herkunftslandprinzips in seiner Richtlinie bzw. Gesetz gewordenen Fassung wider;[48] zum anderen sind "wie jeder Gärtner weiß, (...) die unscheinbarsten Pflanzen häufig die nützlichsten".[49]


[1] Vgl. etwa nur aus dem Bereich der Monographien und Handbücher zu strafrechtlichen Fragen Barton, Multimediastrafrecht, 1998; Frank, Zur strafrechtlichen Bewältigung des Spamming, 2004; Kessler, Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Zugangsprovidern in Deutschland und der Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie in Europa, 2003; Körber, Rechtsradikale Propaganda im Internet - der Fall Toeben, 2003; Popp, Die strafrechtliche Verantwortung von Internet-Providern, 2002.

[2] Diese Probleme bestehen zumeist ganz ähnlich auch in anderen Rechtsgebieten, gewinnen aber auf Grund des strengen Gesetzlichkeitsprinzips nach Art. 103 II GG im Strafrecht teilweise noch besondere Schärfe.

[3] Zu den verbleibenden Probleme im Zusammenhang mit der Tathandlung des Verbreitens vgl. BGHSt 47, 55 m. Anm. Gercke, MMR 2001, 678 ff.; Kudlich, JZ 2002, 310 ff.; Lindemann, JR 2002, 206 ff.

[4] Detaillierte Darstellung der Entstehungsgeschichte der Vorschrift, der Regelung und der Einordnung in den internationalen Zusammenhang bei Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, 1999.

[5] RL 2000/31/EG, AblEG L 178 vom 17.7.2001, S. 1 ff., im Folgenden ECRL.

[6] Aus diesem Grund hat die Neufassung des TDG auf Grund der e-commerce-Richtlinie durch das "Gesetz über rechtliche Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr" vom 14.12.2001, in Kraft getreten am 1.1.2002, keine wesentlichen Änderungen der Rechtslage mit sich gebracht, vgl. dazu aus strafrechtlicher Sicht Kudlich, JA 2002, 798 ff. sowie Hörnle, NJW 2002, 1008, 1009 ff.

[7] Zur Einführung des Herkunftslandprinzip (vor allem auch aus international-privatrechtlicher Sicht) vgl. vertiefend Mankowsky, IPRax 2002, 257 ff. sowie Spindler, RIW 2002, 183 ff.; ders., RabelsZ 66 (2002), 633 ff.

[8] Vgl. nur Manssen-Brunner, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 4 TDG Rn. 73 einerseits und (für die österreichische Umsetzung der ECRL) Schwarzenegger, in: Plöckinger/Duursma/Helm (Hrsg.): Aktuelle Entwicklungen im Internet-Recht, 2. Aufl. (2004 - im Erscheinen), Abschn. IV 2 b, andererseits.

[9] Vgl. nur Schönke/Schröder-Eser (26. Aufl., 2001), Vorbem. §§ 3-7 Rn. 1; Tröndle/Fischer (51. Aufl., 2003), Vor. § 3 Rn. 1. Im Ergebnis führt dies dann auch zur Zuständigkeit der deutschen Strafgerichtsbarkeit. Anders als im internationalen Privatrecht, in dem diese beiden Fragen getrennt sind und in dem durchaus vorstellbar ist, dass etwa ein deutscher Richter französisches Recht anwenden muss, wenden deutsche Strafgerichte genuin erst einmal nur deutsches Strafrecht an, weshalb die Zuständigkeit der deutschen Strafgerichtsbarkeit und die Anwendung deutschen Strafrechts grundsätzlich zusammenfallen.

[10] Vgl. Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts (5. Aufl., 1996), § 18 III; MüKo/StGB-Ambos (2003), vor §§ 3-7 Rn. 25 ff.; Schönke/Schröder-Eser (Fn. 9), Vorbem §§ 3-7 Rn. 4.

[11] Vgl. zu all diesen Prinzipien näher Jescheck/Weigend (Fn. 10), 1996, § 18 III; MüKo/StGB- Ambos (Fn. 10), vor §§ 3-7 Rn. 17 ff.; Schönke/Schröder- Eser (Fn. 9), Vorbem. §§ 3-7 Rn. 4 ff.

[12] Vgl. MüKo/StGB-Ambos (Fn. 10), § 6 Rn. 12 und 16; Schönke/Schröder-Eser (Fn. 9), Vorbem. §§ 3-7 Rn. 8.

[13] Vgl. dazu BGHSt 45, 64, 66 ff.; interessanterweise verlangt der BGH, der in seiner Toeben-Entscheidung (BGHSt 46, 212, 224) das Territorialitätsprinzip extrem weit ausdehnt (vgl. auch näher unten), einen solchen spezifischen Inlandsbezug im konkreten Fall auch bei einer Begründung der Anwendbarkeit deutschen Strafrechts über §§ 3, 9 StGB (krit. zu diesem Vorgehen Kudlich, StV 2001, 397, 399).

[14] Für eine Ausdehnung des Handlungsbegriffs aber offenbar Cornils, JZ 1999, 394, 396 ff.

[15] Vgl. BGHSt 46, 212 ff. m. Anm. Hörnle, NStZ 2001, 309 ff., sowie Kudlich, StV 2001, 397 ff.

[16] Ausführlicher vgl. nur Hilgendorf, NJW 1997, 1873 ff.; Koch, GA 2002, 703 ff.; Sieber, NJW 1999, 2065 ff.; monographisch Lehle, Der Erfolgsbegriff und die deutsche Strafrechtszuständigkeit, 1999; sowie Körber (Fn. 1).

[17] So z.B. Collardin, CR 1995, 618, 621.

[18] So Hilgendorf, NJW 1997, 1873, 1876 f.

[19] Ausführliche Analyse bei Sieber, NJW 1999, 2065 ff., mit dessen Ansatz zwar nicht in allen Ergebnissen und Konsequenzen, wohl aber in den Betrachtung der historischen Wurzeln und dem daraus abgeleiteten Abstellen auf einen "Tathandlungserfolg" Übereinstimmung besteht.

[20] § 9 I StGB beruht im wesentlichen auf dem 1940 durch die Verordnung über den Geltungsbereich des Strafrechts (BGBl. 1940 I, 754) neu eingefügten § 3 III RStGB. Die von Sieber, NJW 1999, 2065, 2069, analysierten Entscheidungen des RG betreffen neben der Beleidigung und dem unzulässigen Vertrieb von Lotterielosen (der an die gegenwärtige Diskussion über das Glücksspiel im Internet erinnert) z.T. ebenfalls Äußerungsdelikte. Dies ist insoweit interessant, als damit eine Basis für eine sachgerechte historische Auslegung geschaffen wird.

[21] Würde man anders entscheiden, müsste man etwa bei einem im Ausland stehenden Kiosk, an dem ein verbotenes Magazin gekauft und dann ins Inland transportiert werden kann, stets auch zugleich ein Zugänglich-Machen durch den Verkauf im Inland annehmen, was soweit ersichtlich niemand ernsthaft erwägt.

[22] Vgl. BGHSt 46, 212, 221 ff.

[23] Zu einer - soweit ersichtlich als solchen noch wenig wahrgenommenen - weiteren Ausdehnung könnte der von BGHSt 47, 55, 58 ff. entwickelte "internetspezifische Verbreitensbegriff" beitragen, der einen Verbreitenserfolg annimmt, wenn eine Datei auf einem in Deutschland stehenden Rechner "angekommen" ist. Damit liegt der Erfolgsort immer auch hier, wenn eine Datei erfolgreich nach Deutschland abgerufen wird. Vgl. bereits Kudlich, JZ 2002, 310, 311.

[24] So ist auch nach dem hier vertretenen engeren Ansatz deutsches Strafrecht dann anwendbar, wenn Inhalte aktiv vom Anbieter nach Deutschland geleitet werden, so etwa bei e-mails aus dem Ausland an deutsche accounts, da dadurch die Veränderung in der Außenwelt in Gestalt eines "Hier-zugänglich-Seins" gerade auch durch eine Aktivität des Täters in Deutschland eintritt.

[25] Vgl. z.B.: HbgGVBl. 1997, S. 280, zuletzt geändert durch den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag vom 04. Februar 2003, HbgGVBl. 2003, S. 27.

[26] Ob die Rechtslage in diesem Staat mit der in Deutschland vergleichbar ist, wäre dabei unerheblich; denn § 4 TDG bzw. der damit umgesetzte Artikel 3 der ECRL geht gerade nicht den Weg einer Harmonisierung des innerstaatlichen Rechts, sondern der gegenseitigen Anerkennung.

[27] Vgl. nochmals die Nachweise in Fn. 8 sowie ferner Altenhain, in: Zieschang/Hilgendorf/Laubenthal (Hrsg.), Strafrecht und Kriminalität in Europa, 2003, S. 107, 109 ff.; Satzger, in: Ohly/Heermann (Hrsg.), Verantwortlichkeit im Netz, 2003, 161, 176 ff.; Spindler, RabelsZ 66 (2002), 634, 644 ff.

[28] Vgl. BVerfGE 1, 299, 312; BGHZ 46, 74, 80; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft (3. Aufl., 1995), S. 164; Schmalz, Methodenlehre (4. Aufl., 1998), Rn. 263.

[29] Ähnlich auch Altenhain, in: Zieschang/Hilgendorf/Laubenthal (Hrsg.), Strafrecht und Kriminalität in Europa, 2003, S. 107, 112, abstellend auf den 8. Erwägungsgrund.

[30] Zutreffend betont von Altenhain, in: Zieschang/Hilgendorf/Laubenthal (Hrsg.), Strafrecht und Kriminalität in Europa, 2003, S. 107, 112; ebenso Manssen-Brunner (Fn. 8), § 4 TDG, Rn. 5.

[31] Vgl. nur Satzger, Die Europäisierung des Strafrechts, 2001, S. 143 m.v.w.N.

[32] Vgl. zum Streit Satzger (Fn. 31), S. 105; Waldhoff in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), Kommentar zum EU-Vertrag und EG-Vertrag (2. Aufl., 2002), Art. 280 Rn. 20; Prieß/ Spitzer in: von der Groeben/Schwarze (Hrsg.), Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (6. Aufl., 2004), Art. 280 Rn. 84 ff.; vgl. auch Zieschang, ZStW 2001, 255 ff.

[33] Vgl. nur Eisele, JZ 2001, 1157, 1160; Satzger (Fn. 31), S. 90 ff.

[34] Dezidiert krit. etwa Schünemann, GA 2004, 193, 201, der von einem "mechanischen Kopiervorgang" spricht "der dem Gesetzesbegriff des Art. 103 II GG nicht unterfällt".

[35] Vgl. EuGH, Rs. 203/80 = E 1981, 2595 ff.; Rs. 186/87 = E 1989, 195 ff.; Rs.  C-226/97 = E 1998 I, 3711, 3731 ff.

[36] Vgl. auch - im Zusammenhang mit dem Herkunftslandprinzip - Altenhain, in: Zieschang/Hilgendorf/Laubenthal (Hrsg.), Strafrecht und Kriminalität in Europa, 2003, S. 107, 115 f.

[37] Vgl. Schröder, Europäische Richtlinien und deutsches Strafrecht, 2002, S. 198.

[38] § 2 III TDG lautet: "Absatz 1 gilt unabhängig davon, ob die Nutzung der Teledienste ganz oder teilweise unentgeltlich oder gegen Entgelt möglich ist".

[39] Vgl. Manssen-Brunner (Fn. 8), § 4 TDG Rn. 33.

[40] Schwarzenegger, in: Plöckinger/Duursma/Helm (Hrsg.): Aktuelle Entwicklungen im Internet-Recht, 2. Aufl. (2004 - im Erscheinen), Abschn.  IV 2 b.

[41] Zutreffend betont bei Schwarzenegger, in: Plöckinger/Duursma/Helm (Hrsg.): Aktuelle Entwicklungen im Internet-Recht, 2. Aufl. (2004 - im Erscheinen), Abschn. IV 1 a dd.

[42] Vgl. Altenhain, in: Zieschang/Hilgendorf/Laubenthal (Hrsg.), Strafrecht und Kriminalität in Europa, 2003, S. 107, 116 ("race to the bottom"); Manssen-Brunner (Fn. 8), § 4 TDG Rn. 22.

[43] Zutreffend Altenhain, in: Zieschang/Hilgendorf/Laubenthal (Hrsg.), Strafrecht und Kriminalität in Europa, 2003, S. 107, 117.

[44] Zur Bedeutung dieses "Schonungsgebotes" für das Strafrecht näher Satzger (Fn. 31), S. 166 ff.; vgl. zum Spannungsverhältnis zwischen der Berücksichtigung kultureller Besonderheiten im Strafrecht einerseits und dem Erfordernis einer grenzüberschreitenden Strafverfolgung bei genuin internationalen Sachverhalten andererseits auch bereits Sieber, JZ 1997, 369 ff.

[45] Zur Frage nach der Geeignetheit der Strafdrohung als Bestandteil einer grundrechtsorientierten Auslegung im Strafrecht vgl. Kudlich, JZ 2002, 127, 130 f.

[46] Vgl. auch hierzu bereits Altenhain, in: Zieschang/Hilgendorf/Laubenthal (Hrsg.), Strafrecht und Kriminalität in Europa, 2003, S. 107, 125.

[47] Zutreffend Satzger, in: Ohly/Heermann (Hrsg.), Verantwortlichkeit im Netz, 2003, 161, 177.

[48] Insoweit kann auch eine richtlinienkonforme oder europarechtsfreundliche Auslegung (welche im Grundsatz auch für das Strafrecht von Bedeutung ist, vgl. nur Satzger[Fn. 31], S. 518 ff.) nicht helfen, ein klareres oder aussagekräftigeres Auslegungsergebnis zu erzielen - denn in der ECRL sind schon die gleichen Inkonsistenzen angelegt, die der deutsche Gesetzgeber richtlinientreu übernommen hat.

[49] So in anderem Zusammenhang zum Wert auch "nicht spektakulärer Lösungen" im Recht anschaulich Pawlik, in: Joerden/Wittmann (Hrsg.), Recht und Politik, Jahrestagung der IVR Deutsche Sektion September 2002 (ARSP-Beiheft 93), S. 115, 132.