HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

August 2004
5. Jahrgang
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IV. Wirtschaftsstrafrecht und Nebengebiete


Entscheidung

675. BGH 4 StR 428/03 - Beschluss vom 22. Juni 2004 (LG Bielefeld)

BGHSt; wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen (Beschränkung der rechtswidrigen Absprache im Sinne des § 298 Abs. 1 StGB auf kartellrechtswidrige Absprachen zwischen miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen; Täterschaft und Teilnahme); Tateinheit beim Betrug (Maßgeblichkeit des individuellen Tatbeitrages jedes einzelnen Mittäters; Versuch nur bei Annahme der Bösgläubigkeit); Untreue bei der GmbH (Vermögensbetreuungspflicht; faktischer Geschäftsführer; tatsächliche Verfügungsmacht).

§ 298 Abs. 1 StGB; § 263 StGB; § 25 StGB; § 22 StGB; § 15 StGB

1. Eine "rechtswidrige Absprache" im Sinne des § 298 Abs. 1 StGB liegt nur bei einer kartellrechtswidrigen Absprache zwischen miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen vor. (BGHSt)

2. Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob nur Kartellmitglieder Täter des § 298 StGB sein können, wie dies von einem Teil der Literatur vertreten wird. (Bearbeiter)


Entscheidung

676. BGH 5 StR 136/04 - Beschluss vom 9. Juni 2004 (LG Stuttgart)

BGHR; Betrug durch das Erschleichen eines Rabatts nur bei anderweitiger äquivalenter Verkaufsoption (Vermögensschaden; bloße Vereitelung einer Vermögensmehrung; Anwendung bei Expektanzen; Stoffgleichheit; quantifizierbare Beeinträchtigung); Erstreckung der Revision auf Mitangeklagte (Anhörung; Recht auf Verfahrensbeschleunigung; rechtliches Gehör).

Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK; Art. 103 Abs. 1 GG; Art. 81 Abs. 2 EGV; § 263 StGB; § 357 StPO

1. Erschleicht sich der Käufer einer Ware einen Rabatt, liegt ein Betrug nur dann vor, wenn festgestellt werden kann, dass die Ware zu einem höheren Preis anderweitig ohne einen gleichzeitig höheren Kostenaufwand hätte verkauft werden können (im Anschluss an BGH NStZ 1991, 488). (BGHR)

2. Die bloße Vereitelung einer Vermögensvermehrung begründet keinen Betrug im Sinne des § 263 StGB (BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 8). Entscheidend ist für die Tatbestandserfüllung beim (Eingehungs-)Betrug, dass der Verfügende aus dem Bestand seines Vermögens aufgrund der Täuschung mehr weggibt als zurückerhält (BGHSt 16, 220, 223). Etwas anderes gilt dann, wenn die unterlassene Vermögensmehrung sich nicht nur auf eine tatsächliche Erwerbs- oder Gewinnaussicht bezieht, sondern bereits so verdichtet ist, dass ihr der Geschäftsverkehr deswegen bereits wirtschaftlichen Wert beimisst, weil sie mit Wahrscheinlichkeit einen Vermögenszuwachs erwarten lässt (BGHSt 17, 147, 148). (Bearbeiter)

3. Die Beeinträchtigung eines selektiven Vertriebssystems durch die "Erschleichung eines Rabatts" ist als Schaden für die Erfüllung des Betrugstatbestandes nicht in notwendigem Umfang quantifizierbar. (Bearbeiter)


Entscheidung

618. BGH 2 StR 161/04 - Urteil vom 23. Juni 2004 (LG Frankfurt)

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (Tatherrschaft; Täterschaft; Abgrenzung zur Beihilfe; vorsätzliches Fördern einer fremden Absatztätigkeit; Eigennützigkeit: Motivbündel).

§ 29 BtMG; § 25 Abs. 1 StGB; § 27 StGB

Auch sekundäre eigennützige Motive neben uneigennützigen Hauptmotiven begründen insgesamt eigennütziges Handeln im Sinne der Definition des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln.