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HRR-Strafrecht
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Dezember 2002
3. Jahrgang
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1. Die Anwendbarkeit der Ermessensvorschrift des § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Betroffene zum Zeitpunkt der Verfallsanordnung noch über Vermögen verfügt, das wertmäßig dem Verfallsbetrag zumindest entspricht, aber in keinem denkbaren Zusammenhang zu den verfallsbegründenden Straftaten steht (im Anschluß an BGHSt 38, 23). (BGHSt)
2. Es bestehen keine grundlegenden Bedenken dagegen, dass das Tatgericht im Rahmen der Ermessensentscheidung nicht vollständig außer Betracht lässt, dass die errechnete Höhe des Verfallsbetrages letztlich auch auf die umfassende Aufklärungs- und Geständnisbereitschaft des Angeklagten zurückgeht. Ebenso darf das Tatgericht darauf abstellen, die Resozialisierung des Angeklagten nicht durch zu hohe finanzielle Belastungen zu gefährden (BGHR StGB § 73 c Härte 4 und 6; BGH NStZ 2001, 42). (Bearbeiter)
3. Es kommt grundsätzlich nicht darauf an, ob das vorhandene Vermögen einen konkreten oder unmittelbaren Bezug zu den Straftaten hat; ebensowenig hängt die Anordnung des Verfalls davon ab, ob der Angeklagte die vorhandenen Vermögenswerte unmittelbar mit Drogengeldern erworben hat oder ob er mit Drogengeldern andere Aufwendungen bestritten und erst mit den so eingesparten Mitteln das noch vorhandene Vermögen gebildet hat (BGHR StGB § 73 c Wert 2 = wistra 2000, 298). Deshalb scheidet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Ermessensentscheidung nach § 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB aus, solange und soweit der Angeklagte über Vermögen verfügt, das wertmäßig nicht hinter dem "verfallbaren" Betrag zurückbleibt (BGHR aaO). Diese Rechtsprechung ist aber nicht dahin zu verstehen, dass auf den "Wert" des vorhandenen Vermögens als solchen abzustellen sei, ohne dass seine Herkunft noch von Bedeutung wäre. Wie der Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung dazu näher ausgeführt hat, liegt es in diesen Fällen nur "nahe", dass der Wert des Erlangten im Vermögen des Angeklagten noch vorhanden ist. (Bearbeiter)
4. Ist der "Wert des Erlangten", d.h. der Wert des dem Täter anfangs zugeflossenen Vermögensvorteils verbraucht, so ist der "Wert" nicht deshalb im Vermögen "vorhanden", weil der Täter über weiteres Vermögen verfügt. (Bearbeiter)
5. Erlangte Betäubungsmittel unterliegen als Beziehungsgegenstände aber nicht dem Verfall, sondern nur der Einziehung nach § 33 Abs. 2 BtMG (BGHR BtMG § 33 Beziehungsgegenstand 1). Damit scheidet auch die ersatzweise Anordnung des Wertersatzverfalls nach § 73 a StGB aus, die nur anstelle des Verfalls in Betracht kommt (vgl. BGHSt 33, 233; BGHR StGB § 73 a Anwendungsbereich 1). (Bearbeiter)
Handelt es sich bei den Straftaten, die die formellen Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung begründen (sog. Symptomtaten), um solche ganz verschiedener Art, die völlig unterschiedliche Rechtsgüter verletzen, ist ihr Indizwert für einen verbrecherischen Hang des Täters besonders sorgfältig zu prüfen und zu begründen (BGHR StGB § 66 I Hang 10).
1. Bei der Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß §§ 69, 69 a StGB handelt es sich nicht um eine Nebenstrafe, sondern um eine Maßregel der Sicherung und Besserung. Ihre Verhängung und Dauer hängen daher nicht von der Schwere der Tatschuld, sondern ausschließlich von der Ungeeignetheitsprognose ab (BGHSt 15, 393, 397; BGHR StGB § 69 a Abs. 1 Dauer 2 und 3).
2. Der Umstand, dass der Täter ein Kraftfahrzeug zur Begehung von Straftaten benutzt hat, begründet nicht bereits eine "gesetzliche Regelvermutung" für seine charakterliche Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen. Nur bei Begehung einer der in § 69 Abs. 2 StGB aufgeführten rechtswidrigen Taten ist er in der Regel als ungeeignet anzusehen. Wird die Entziehung auf die Begehung anderer als der in § 69 Abs. 2 StGB bezeichneten Straftaten gestützt, so ist regelmäßig eine Gesamtabwägung erforderlich und die fehlende Eignung des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen näher zu begründen (st. Rspr., vgl. nur BGHR StGB § 69 Abs. 1 Entziehung 5 und 6).
Bei der Prüfung und Begründung der Milderung wegen Versuchs nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB hat der Tatrichter neben der Persönlichkeit des Täters die Tatumstände im weitesten Sinne und dabei insbesondere die versuchsbezogenen Gesichtspunkte, die Nähe zur Tatvollendung, die Gefährlichkeit des Versuches und die eingesetzte kriminelle Energie in einer Gesamtschau umfassend zu würdigen (BGHR StGB § 23 Abs. 2 Strafrahmenverschiebung 12, 13). Eine floskelhafte Wendung, aus der sich lediglich ergibt, dass der Angeklagte zwar den Willen zur Tatbestandsverwirklichung hatte, der Erfolg aber ausblieb, genügt diesen Erfordernissen nicht.
Die allgemeine strafmildernde Berücksichtigung der Schadenswiedergutmachung kann eine nach den Fallumständen gebotene Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 46 a StGB nicht ersetzen (BGH StV 2001, 346).
Die Art der Tatausführung darf einem Angeklagten nur dann strafschärfend zur Last gelegt werden, wenn sie vorwerfbar ist, nicht aber, wenn ihre Ursache in einer von ihm nicht zu vertretenen geistig-seelischen Beeinträchtigung liegt. Allerdings ist auch der im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert schuldfähige Täter für die von ihm begangene Tat in ihrer konkreten Ausgestaltung verantwortlich, so dass für eine strafschärfende Verwertung durchaus Raum bleibt, jedoch nur nach dem Maß der geminderten Schuld (vgl. BGH NJW 1993, 3210, 3211 f.; BGH NStZ 1992, 538).
1. Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen.
2. Das Revisionsgericht kann nur eingreifen, wenn ein Rechtsfehler vorliegt. Das ist namentlich dann der Fall, wenn der Tatrichter fehlerhafte Erwägungen angestellt hat oder wenn erforderliche Erwägungen oder Wertungen unterblieben sind und das Urteil auf dem Mangel beruhen kann, oder wenn sich die verhängte Strafe nicht im Rahmen des Schuldangemessenen hält. Eine ins einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist ausgeschlossen (vgl. BGHSt 29, 319, 320; 34, 345, 349).
3. Dabei ist auch zu beachten, dass die Strafrahmen dem Tatrichter einen gewissen Spielraum geben, um die schuldangemessene Strafe zu finden; innerhalb dieses Beurteilungsrahmens ist eine Strafe schon oder noch als schuldangemessen anzuerkennen (vgl. BGHSt 20, 264, 266/267; BGHR StGB § 46 Abs. 1 Beurteilungsrahmen 2).
4. Schließlich müssen die Urteilsgründe nicht etwa sämtliche Straffindungsgesichtspunkte aufführen; es genügt, die für die Strafe bestimmenden Gründe anzugeben (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO).
5. Das Bestreben, dem Angeklagten Strafaussetzung zur Bewährung zu bewilligen, darf nicht dazu führen, dass die schuldangemessene Strafe unterschritten wird. Die Strafzumessungserwägungen haben aber um so eingehender zu sein, je knapper die verhängte Strafe eine an sich noch bewährungsfähige Strafe übersteigt (vgl. BGH StV 1992, 462, 463).
1. Eine Änderung der rechtlichen Bewertung der "Anlasstat" durch das Revisionsgericht führt dann nicht zur Aufhebung einer Unterbringungsanordnung, wenn trotzdem noch immer eine Tat vorliegt, die in ihrer konkreten Ausgestaltung ohne weiteres Grundlage einer Unterbringung sein kann.
2. Wird der Rechtsfriedens erheblich gestört, indem Bankangestellte unter Einsatz einer (auch ungeladenen) Pistole zur Herausgabe von Geld gezwungen werden, kann eine solchen Tat unabhängig von ihrer Einstufung als räuberische Erpressung eine Unterbringungsanordnung rechtfertigen.