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HRR-Strafrecht
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
November 2002
3. Jahrgang
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1. Der Senat beabsichtigt zu entscheiden: Ein gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 StGB strafbefreiender Rücktritt vom Versuch eines unechten Unterlassungsdelikts setzt nicht voraus, dass der Täter, der die Vollendung der Tat erfolgreich verhindert und dies auch anstrebt, unter mehreren Möglichkeiten der Erfolgsverhinderung die sicherste oder optimale gewählt hat.
2. War das auf Rettung des bedrohten Rechtsguts abzielende Handeln des Angeklagten, der eine als möglich erkannte Vollendung der Tat jedenfalls nicht mehr billigte, für die Verhinderung der Vollendung kausal, kommt es nach Auffassung des Senats für § 24 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz StGB beim durch Unterlassen begangenen Versuch nicht darauf an, ob dem Angeklagten schnellere oder sicherere Möglichkeiten der Rettung zur Verfügung gestanden hätten. Die Anforderungen an ein "ernsthaftes Bemühen" im Sinne von § 24 Abs. 1 Satz 2 StGB gelten für diesen Fall nicht. Erforderlich ist danach allein, dass der Täter seinen Vollendungsvorsatz vollständig aufgibt, im Fall bedingten Vorsatzes also den als weiterhin möglich erkannten Taterfolg nicht mehr billigt, und dass er - erfolgreich - eine solche Rettungsmöglichkeit wählt, die er für geeignet hält, die Vollendung zu verhindern.
3. Die im Ergebnis ungleiche Behandlung des Rücktritts vom beendeten untauglichen Versuch, bei dem mangels Kausalität der Bemühungen stets der Maßstab des § 24 Abs. 1 Satz 2 StGB anzuwenden ist, sieht der Senat; sie rechtfertigt es nach seiner Ansicht nicht, den Wortlaut des § 24 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz StGB in den Fällen kausaler Verhinderung auszudehnen.
Ein gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 StGB strafbefreiender Rücktritt vom Versuch eines unechten Unterlassungsdelikts setzt nicht voraus, dass der Täter, der die Vollendung der Tat erfolgreich verhindert und dies auch anstrebt, unter mehreren Möglichkeiten der Erfolgsverhinderung die sicherste oder optimale gewählt hat. Der erste Senat verlangt jedoch, dass der Täter die von ihm gewählte, objektiv und aus seiner Sicht geeignete Verhinderungsmöglichkeit ausschöpft (BGHSt 31, 46, 50 unter Ziff. 2.).
1. Das Zusammenwirken des Täters einer Körperverletzung mit einem Gehilfen kann zur Erfüllung des Qualifikationstatbestandes der "mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich" begangenen Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB) ausreichen. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn der am Tatort anwesende Gehilfe die Wirkung der Körperverletzungshandlung des Täters bewußt in einer Weise verstärkt, welche die Lage des Verletzten zu verschlechtern geeignet ist. (BGHSt)
2. Für § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB ist nicht wegen der Erfassung des Zusammenwirkens eines Täters mit einem Gehilfen durch diesen Qualifikationstatbestand ein grundsätzlich erweiterter Anwendungsbereich für die Mittäterschaft zu eröffnen. Es gilt daher auch hier uneingeschränkt, dass die tatrichterliche Wertung bei der Abgrenzung zwischen (Mit-)Täterschaft und Beihilfe vom Revisionsgericht bis zur Grenze des Vertretbaren hinzunehmen ist (vgl. BGH StV 1998, 540 m.w.N.). (Bearbeiter)
Nach der Rechtsprechung ist derjenige, der durch eine vor der Tat abgegebene Erklärung seine Mitwirkung bei der Beuteverwertung zusagt und dann diese Zusage auch einhält, nicht Mittäter, sondern nur Anstifter oder Gehilfe bei der Vortat: er kann außerdem Hehler sein (BGH NStZ 2002, 200, 201 m.w.N.). Dies gilt auch für Bandentaten; denn ein Tätigwerden im Interesse der Bande ohne konkreten Bezug zu einer Straftat genügt nicht, eine Strafbarkeit als Bandentat zu begründen (vgl. BGH StV 2001, 459). Es gelten vielmehr - auch bei der Bandentat - die allgemeinen Teilnahme- und Zurechnungsregeln (vgl. BGHSt - GSSt - 46, 321, 338; BGH StV 2002, 191, 192 f.).
1. Das Tatbestandsmerkmal des Ausnutzens der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs ist erfüllt, wenn der Täter sich eine Gefahrenlage zunutze macht, die dem fließenden Verkehr eigentümlich ist. Eine solche besteht vor allem während des Fahrvorgangs; sie kann auch während eines verkehrsbedingten und sogar während eines sonstigen vorübergehenden Halts im Verlauf einer noch andauernden Fahrt vorliegen (Bestätigung von BGHSt 38, 196, 197; BGHR StGB § 316 a Abs. 1 Straßenverkehr 10).
2. Eine geladene Schreckschusswaffe, bei der beim Abfeuern Pulvergas nach vorne aus der Revolvermündung austritt, kann auch bei bloßer Drohung mit einem Nahschuss aus der Waffe als gefährliches Werkzeug im Sinne von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB verwendet worden sein (vgl. BGHR StGB § 250 Abs. 2 Waffe 2; BGH, insoweit auch Bestätigung von BGH, Beschl. vom 3. April 2002 - 1 ARs 5/02).
1. Wer beim Versuch einer räuberischen Erpressung mindestens leichtfertig den Tod eines Menschen verursacht, ist wegen versuchter räuberischer Erpressung mit Todesfolge (§§ 22, 23 Abs. 1, 255, 251 StGB) zu bestrafen. Dies gilt auch dann, wenn der Täter den Tod vorsätzlich herbeigeführt hat (vgl. BGHSt 39, 100).
2. Der Tatbestand des § 251 StGB setzt nicht voraus, dass der Tod unmittelbar durch die Nötigungshandlung verursacht wird. Vielmehr ist es ausreichend, wenn die den Tod des Opfers herbeiführende Handlung derart eng mit dem Tatgeschehen verbunden ist, daß sich in der Todesfolge die der Tat eigentümliche besondere Gefährlichkeit verwirklicht (vgl. BGH NStZ 1998, 511).
Die Verdeckungsabsicht braucht nicht die einzige Triebfeder für den Tötungsentschluss zu sein, sie kann mit anderen Beweggründen zusammenfallen. Ihr steht auch nicht entgegen, dass der Täter schon aus anderen Gründen zur Tötung des Opfers entschlossen war. Er kann seine anfänglichen Tatmotive später um das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht ergänzen, bevor er mit der Tötungshandlung beginnt.
Auch bei Serienstraftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung müssen die Tatbestandsmerkmale der finalen Gewaltanwendung oder der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben für jede Tat konkret und individualisiert festgestellt werden. Zwar dürfen bei einer Vielzahl von sexuellen Übergriffen an die Individualisierbarkeit der einzelnen Taten im Urteil keine überspannten Anforderungen gestellt werden, aber eine unzureichende Konkretisierung darf auch nicht dazu führen, dass der Angeklagte in seinen Verteidigungsmöglichkeiten beschränkt wird (vgl. BGHR StGB § 176 Serienstraftaten 7, 8).