HRR-Strafrecht

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

August 2001
2. Jahrgang
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II. Strafzumessungs- und Maßregelrecht


Entscheidung

BGH 1 StR 574/00 - Urteil v. 12. Juni 2001 (LG Traunstein)

Aussetzung der Vollstreckung einer Maßregel zur Bewährung; Ablehnung eines Sachverständigen (Befangenheit wegen vorheriger Gutachten, keine eigenen Ermittlungen des Revisionsgerichts); Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus; Gefährlichkeitsprognose; Fehlende Therapiemotivation; Verhältnismäßigkeit; Weisungserteilung; Schizophrenie; Vorbefassung

§ 67b StGB; § 24 StPO; § 74 StPO; § 63 StGB; § 62 StGB; § 268a Abs. 2 StPO

1. Daß ein Sachverständiger bereits in der Vergangenheit mehrere für die Beschuldigte ungünstige Gutachten über die Frage der Schuldfähigkeit erstellt hatte, schafft für sich genommen keinen Ablehnungsgrund (vgl. dazu BGHSt 8, 226, 232; 41, 200, 212).

2. Einzelfall der unverhältnismäßigen Ablehnung der Aussetzung der Vollstreckung einer Maßregel zur Bewährung.


Entscheidung

BGH 5 StR 181/01 - Beschluß v. 27. Juni 2001 (LG Dresden)

Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (Unterlassene Prüfung); Schätzung beim Verfall (Darlegung / Erforderlichkeit von Schätzungsgrundlagen)

§ 64 Abs. 1 StGB; § 73b StGB; § 73c StGB

Auch bei der Anordnung von Wertersatzverfall können Umfang und Wert des Erlangten geschätzt werden (§ 73b StGB). Die Vorschrift ist auf Fälle zugeschnitten, in denen nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden kann, in welcher Form und in welcher genauen Höhe Gewinne angefallen sind (BGHR StGB § 73b - Schätzung 1). Allerdings darf das Gericht auch in einem solchen Fall nicht willkürlich und ohne ein Mindestmaß an zureichenden Anhaltspunkten vorgehen; die notwendigen Einzelheiten müssen vielmehr soweit geklärt sein, daß eine hinreichend sichere Schätzungsgrundlage gegeben ist (BGH, aaO).


Entscheidung

BGH 4 StR 178/01 - Beschluß v. 7. Juni 2001 (LG Bochum)

Beweisantrag; Anordnung der Sicherungsverwahrung; Schutz der Allgemeinheit vor gefährlichen Straftätern; Fehlerhafte Strafzumessung (Ziel der Ermöglichung der Sicherungsverwahrung)

§ 244 StPO; § 66 StGB; § 174 StGB; § 46 StGB

Das Interesse der Allgemeinheit, vor einem gefährlichen Straftäter durch dessen Unterbringung in der Sicherungsverwahrung geschützt zu werden, ist kein Umstand, der gemäß § 46 StGB bei der Strafzumessung zu seinen Lasten berücksichtigt werden darf. Indem § 66 Abs. 1 StGB die (obligatorische) Anordnung der Sicherungsverwahrung davon abhängig macht, daß der Täter zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt wird, setzt die Vorschrift dem von ihr bezweckten Schutz der Allgemeinheit vor gefährlichen Straftätern Grenzen: Als Anlaßtaten sollen nur solche Vergehen und Verbrechen in Betracht kommen, bei denen Unrecht und Schuld des Täters besonders schwer wiegen. Das schließt eine Berücksichtigung des Sicherungsinteresses bei der Zumessung der Strafe für die Anlaßtat aus.