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HRR-Strafrecht
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
August 2001
2. Jahrgang
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1. Eine auf die Verletzung von § 338 Ziff. 6 StPO i. V. mit § 169 GVG gestützte Verfahrensrüge kann nur Erfolg haben, wenn eine eingetretene faktische Beschränkung der Öffentlichkeit dem Vorsitzenden zuzurechnen ist (BGHR StPO § 338 Nr. 6 - Ortstermin 2; Zuhörer 4; jeweils m.w.N.; im Fall wegen Unkenntnis verneint).
2. Ob ein Tatbeteiligter eine Tat als Täter begeht, ist in wertender Betrachtung nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfaßt sind, zu beurteilen (BGHSt 37, 289, 291). Wesentliche Anhaltspunkte können sein der Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft (BGHSt 37, 289, 291), so daß Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (BGHR StGB § 25 Abs. 2 - Mittäter 13, 18 und Tatinteresse 2). Bei der Gesamtbewertung steht dem Tatrichter ein weiterer Beurteilungsspielraum zu.
3. Lag die Tatherrschaft nahezu ausschließlich beim Angeklagten, kommt dem eigenen Tatinteresse als Abgrenzungskriterium allenfalls eine marginale indizielle Bedeutung zu (für die Tatbeteiligung durch einen Strohmann vgl. BGHSt 38, 315, 317).
Das Vertrauen auf ein Ausbleiben des für möglich gehaltenen tödlichen Erfolges wird in der Regel dann zu verneinen sein, wenn der vorgestellte Ablauf eines Geschehens einem tödlichen Ausgang so nahe ist, daß nur noch ein glücklicher Zufall diesen verhindern kann (vgl. BGHSt 36, 1, 10; BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 38). Ob dies zutrifft, kann für das Legen eines Brandes am Fuße einer in ein offenes Treppenhaus führenden Holztreppe in einem von Menschen bewohnten mehrstöckigen Gebäude - ebenso wie für Brandanschläge auf bewohnte Gebäude unter Einsatz von Brandflaschen (vgl. BGHR StGB 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter, 38, 39) - nicht allgemein beantwortet werden, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Dabei sind insbesondere von Bedeutung die Beschaffenheit des angegriffenen Hauses im Hinblick auf Fluchtmöglichkeiten und die Brennbarkeit der beim Bau verwendeten Materialien, die Angriffszeit wegen der erhöhten Schutzlosigkeit der Bewohner zur Nachtzeit, die Belegungsdichte sowie die konkrete Angriffsweise (vgl. BGH aaO).
1. Konkurrenzen zwischen Bestechlichkeit und Untreue. (BGHSt)
2. Bei Bestechlichkeit und Untreue stehen Ansprüche des durch die Untreue Verletzten der Verfallsanordnung entgegen, wenn der Bestechungslohn zugleich den durch die Untreue zugefügten Vermögensnachteil darstellt. (BGHSt)
3. Soweit der Bundesgerichtshof zwischen Bestechlichkeit und einer Straftat, die Bestandteil der von dem Amtsträger vorgenommenen pflichtwidrigen Diensthandlung ist, Tatmehrheit angenommen hat, hat er abstrakt darauf abgehoben, daß die pflichtwidrige Diensthandlung nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs nicht zum Tatbestand der Bestechlichkeit gehört (BGH NStZ 1987, 326, 327). Das trifft zu, denn die Bestechlichkeit ist bereits vollendet, sobald der Amtsträger einen Vorteil gefordert hat; zu der pflichtwidrigen Diensthandlung muß es nicht kommen. Hieraus läßt sich aber nur ableiten, daß eine Dienstpflichtwidrigkeit, die zugleich den Tatbestand einer strafbaren Handlung verwirklicht, regelmäßig in Tatmehrheit zur Bestechlichkeit stehen wird. Der allgemeine Grundsatz, daß Tateinheit zwischen zwei Delikten besteht, wenn die Verwirklichung beider Tatbestände wenigstens in einer Ausführungshandlung zusammentrifft, wird dadurch für die Bestechlichkeit und die mit ihr zusammentreffenden Delikte jedoch nicht in Frage gestellt (so auch BGHSt 7, 149, 152). (Bearbeiter)
4. Tatbestandliche Ausführungshandlungen der Untreue können bereits vor dem Erwachsen des Vermögensnachteils zu einem früheren Zeitpunkt vorgenommen worden sein, nämlich wenn der Täter bereits eine Handlung ausgeführt hat, die seine Vermögensbetreuungspflicht verletzt. In der bloßen Ankündigung, sich pflichtwidrig verhalten zu wollen, läge eine Verletzungshandlung i.S.d. § 266 StGB noch nicht. Sie wäre aber anzunehmen, wenn der Angeklagte in einem Gespräch bereits Einzelheiten etwa einer Preisabsprache oder der Manipulation eines Auftrags konkret verabredet hätte. (Bearbeiter)
5. Die Begehungsformen des Forderns und des Sichversprechenlassens gehen nicht in der Annahme von Vorteilen auf, sondern stehen selbständig neben den beiden anderen Begehungsarten der Bestechlichkeit. Die Beendigung tritt erst mit der Annahme des letzten Vorteils ein (BGHSt 11, 345, 346 f.). Eine tatbestandliche Handlungseinheit hat der Bundesgerichtshof nur anerkannt, wenn die Annahme auf eine Unrechtsvereinbarung zurückgeht, die den zu leistenden Vorteil genau festlegt, mag er auch in bestimmten Teilleistungen zu erbringen sein (BGHR StGB vor § 1/Serienstraftaten Bestechlichkeit 1 und Bestechung 1; so auch BGHSt 41, 292, 302 für die Bestechung). (Bearbeiter)
6. Für die Frage, ob Bestechungslohn und Untreueschaden identisch sind und ob deshalb der Hintergangene Verletzter i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ist, kommt es nicht darauf an, ob die beiden Tatbestände zueinander in Tateinheit oder in Tatmehrheit stehen. Grenze für die innere Verknüpfung ist allerdings die prozessuale Tat. (Bearbeiter)
1. Für die Strafvorschrift der Bedrohung eines Menschen mit der Begehung eines gegen ihn gerichteten Verbrechens genügt die Bedrohung allein einer juristischen Person grundsätzlich nicht.
2. Allgemeine Ankündigungen dieser Art sind ebenso wenig tatbestandsmäßig im Sinne des § 241 StGB wie bloße Verwünschungen.
§ 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB ist auch erfüllt, wenn nach Einbruch oder Einsteigen in die Wohnräume eines Gebäudes die Wegnahmehandlung selbst, aus einem (angrenzenden) Geschäftsraum erfolgt. (BGHR)
1. Die Annahme dieses Mordmerkmals setzt gemäß § 211 Abs. 2 StGB voraus, daß der Täter die Tötungshandlung vornimmt, um eine andere Straftat zu verdecken. Dabei kann die Tötungshandlung unmittelbar an die zu verdeckende Straftat anschließen (vgl. BGHSt 35, 116). Als Vortat eines Verdeckungsmordes im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB kommt auch ein gegen die körperliche Unversehrtheit gerichtetes Delikt in Betracht (BGH aaO). Handelt der Täter allerdings bereits von Anfang an mit Tötungsvorsatz gegen das Opfer, fehlt eine zu verdeckende Vortat, auch wenn der Täter im Zuge der Tatausführung den Tötungserfolg zusätzlich auch deshalb herbeiführen will, um seine vorherigen Tathandlungen zu verdecken (std. Rspr.; vgl. zuletzt BGH NStZ 2000, 498 f. m.w.N.). Allein das Hinzutreten der Verdeckungsabsicht als eines weiteren Tötungsmotives macht die davor begangenen Einzelakte nicht zu einer anderen Tat. Handelt der Täter mit einem durchgängigen Tötungsvorsatz, ist für die Annahme eines Verdeckungsmordes deshalb kein Raum. Dabei ist auch unerheblich, ob er zunächst mit bedingtem und erst später mit direktem Tötungsvorsatz auf das Opfer eingewirkt hat (BGHR StGB § 211 Abs. 2 - Verdeckung 5). Hat der mit jedenfalls bedingtem Tötungsvorsatz handelnde Täter bereits den Versuch eines Tötungsdelikts begangen, dann verdeckt er, wenn er auch aus Angst vor Strafverfolgung die Gewalteinwirkung fortsetzt, lediglich die Tat, die er gerade begeht. Dies ist aber keine andere Tat, sondern das nämliche Tötungsdelikt (BGH NStZ 2000, 498).
2. Anders ist die Rechtslage nur zu beurteilen, wenn zwischen einer (erfolglosen) Tötungshandlung und der erneuten mit Verdeckungsabsicht vorgenommenen zweiten Tötungshandlung eine deutliche zeitliche Zäsur liegt. Faßt der Täter dann den Entschluß, das (zumindest aus seiner Sicht zunächst überlebende) Opfer auch deshalb zu töten, um die Aufdeckung des versuchten Tötungsdelikts zu verhindern, ist das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht erfüllt (BGHR StGB § 211 Abs. 2 - Verdeckung 11). Die spätere Tötungshandlung bezieht sich dann auf eine zunächst abgeschlossene Tat, mithin also auf eine andere Tat im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB.
Nach ständiger Rechtsprechung entscheidet darüber, wie lange ein Gebäude als Wohnung dient, der Wille des tatsächlichen Alleinbewohners bzw. aller Bewohner. Der Entschluß, eine Räumlichkeit als Wohnung aufzugeben, kann nach Sachlage auch dadurch zum Ausdruck kommen, daß der Alleinbewohner einen Brand selbst legt oder durch einen anderen legen läßt (vgl. BGH NStZ 1994, 130 m.w.N.). Darauf, ob der Nutzer das Gebäude für den Fall des Fehlschlagens der Brandstiftung weiter bewohnen will, kommt es nicht an.
Zur Befriedigung des Geschlechtstriebs tötet, wer das Töten als ein Mittel zur geschlechtlichen Befriedigung benützt, wer im Augenblick des Entschlusses zur Tötung und der Tötungshandlung von sexuellen Motiven geleitet ist. Gerät der Täter anläßlich einer aus sonstigen Gründen verübten Tötung in sexuelle Erregung, liegt es anders (vgl. BGHSt 2, 60, 62).
1. Nicht jeder vorsätzliche Schlag oder Stoß, der das Opfer trifft, stellt eine tatbestandliche Körperverletzungshandlung dar.
2. Die strafschärfende Wertung des jugendlichen Alters des getöteten Opfers steht nicht mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Einklang, wonach der strafrechtliche Schutz des Lebens Wertabstufungen grundsätzlich nicht zuläßt.
3. Auch für Strafschärfungsgründe gilt der Zweifelsgrundsatz.
4. Generalpräventive Erwägungen innerhalb der Strafzumessung setzen die Notwendigkeit allgemeiner Abschreckung für den Gemeinschaftsschutz voraus (st. Rspr.; BGHR StGB § 46 Abs. 1 Generalprävention 3).
Der Begriff der Bande setzt auch beim Bandenraub mindestens drei Personen voraus.
1. Der Tatbestand der §§ 177, 178 StGB (a.F.) setzt eine (qualifizierte) Drohung mit einer Gefahr für Leib oder Leben des Opfers voraus. Hierfür genügt deshalb nicht jede Drohung mit einer Körperverletzung, vielmehr erfordert das Merkmal der Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben eine gewisse Schwere des in Aussicht gestellten Angriffs auf die körperliche Unversehrtheit (vgl. BGHR StGB § 177 Abs. 1 Drohung 8 m.w.N.). Die bloße Androhung von Schlägen reicht daher nicht.
2. Der Tatbestand des § 179 Abs. 1 Nr. 1 StGB a.F. setzt voraus, daß das Opfer aufgrund einer krankhaften seelischen Störung, einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit - unter Umständen auch im Zusammenwirken mit einer besonderen Tatsituation - keinen zur Abwehr ausreichenden Widerstandswillen bilden, äußern oder durchsetzen kann (BGHSt 36, 145, 147).