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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 291

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 410/21, Beschluss v. 20.01.2022, HRRS 2022 Nr. 291


BGH 5 StR 410/21 - Beschluss vom 20. Januar 2022 (LG Dresden)

Anforderungen an die Beweiswürdigung bei DNA-Mischspuren.

§ 261 StPO

Leitsatz des Bearbeiters

Während bei DNA-Einzelspuren jedenfalls das Gutachtenergebnis in Form einer numerischen biostatistischen Wahrscheinlichkeitsaussage mitgeteilt werden muss, ist bei Mischspuren hingegen grundsätzlich darzulegen, wie viele Systeme untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben haben und mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination bei einer anderen Person zu erwarten ist.

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 2. Juli 2021 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „gemeinschaftlichen unerlaubten“ Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Das Rechtsmittel des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.

Die Strafkammer hat sich von der (Mit-)Täterschaft des diese bestreitenden Angeklagten unter anderem aufgrund von in der Bunkerwohnung gefundenen übereinstimmenden DNA-Mischspuren überzeugt. Diese wurden an einem Koffer und an einer Plastiktüte festgestellt, in denen sich jeweils Betäubungsmittel befanden. Die Darstellung der Ergebnisse der molekulargenetischen Gutachten entspricht jedoch nicht den Anforderungen, die der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung daran stellt.

Insoweit gilt: Während bei Einzelspuren jedenfalls das Gutachtenergebnis in Form einer numerischen biostatistischen Wahrscheinlichkeitsaussage mitgeteilt werden muss, ist bei Mischspuren hingegen grundsätzlich darzulegen, wie viele Systeme untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben haben und mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination bei einer anderen Person zu erwarten ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. August 2018 - 5 StR 50/17, BGHSt 63, 187; vom 9. November 2021 - 4 StR 262/21; vom 18. August 2021 - 5 StR 217/21; vom 12. August 2021 - 2 StR 325/20; vom 14. Juli 2021 - 6 StR 303/21, jeweils mwN). Daran fehlt es jeweils.

Der Senat kann angesichts der Bedeutung, die das Landgericht diesen Beweisanzeichen beigemessen hat, nicht ausschließen, dass das Urteil auf dem Rechtsfehler beruht. Denn ungeachtet der im Übrigen für eine Täterschaft des Angeklagten streitenden Indizien (wie etwa die Anmietung der Wohnung und Besitz eines zugehörigen Schlüssels, die DNA-Einzelspuren an Gummihandschuhen, die von Zeugen beschriebenen Verkaufsgeschäfte, das Notizbuch mit Schuldnerlisten, die Behandlungsunterlagen) hat das Landgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung zur Tatherrschaft maßgeblich darauf abgestellt, dass der Angeklagte Mitverursacher der Mischspuren an Koffer und Plastiktüte sei, was seinen Zugriff auf die in der Wohnung gefundenen Betäubungsmittel belege.

Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass der Anrechnungsmaßstab für die erlittene Auslieferungshaft (§ 51 Abs. 4 Satz 2 StGB) in der Urteilsformel zum Ausdruck kommen muss (vgl. BGH, Beschluss vom 18. August 2021 - 5 StR 218/21). Demgegenüber hat die Kennzeichnung der Tat als „gemeinschaftlich“ begangen zu entfallen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Mai 2020 - 3 StR 99/19) und ist die ausdrückliche Bezeichnung als „unerlaubt“ im Betäubungsmittelstrafrecht entbehrlich, da Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz ausschließlich den unerlaubten Umgang mit Betäubungsmitteln betreffen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. April 2020 - 3 StR 55/20).

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 291

Bearbeiter: Christian Becker